66 IS : i ■ Apeltauer, E. (2009b;. „Beobachtet, geiordert, sprachlich top? Sprachstands-erhebungen und Sprachförderung im Vorschulalter." In Schüler, Wissen für Lehrer 2009 (Friedrich Verlag). 60-64. Holec, H. (1979). Autonomy and Foreign Language Learning. Oxford (Per-gamon) [2. Auflage 1981] Holstein, S./Wildenauer-Jozsa, D. (2008). „Wissenskonstruktion und Lera-motivation." (n Ahrenholz. B./Oomen-Welke. I. (Hrsg.) Deutsch als Zweitsprache. Baltmannsweiler, 81-95. Kumaravadivelu. B. (2003). Beyond methods: macrostrategies for language teaching. New Haven. La Ganza, W. (2008). .,Learner Autonomy - teacher autonomy: Interrelating and the will to empower." In Lamb, T. /Reinders, H. (Eds.) Learner and Teacher Autonomy, Concepts, realities, and responses. Amsterdam, 63-79. Little. D. (1991). Autonomy, Definitions. Issues and Problems. Dublin. Little, D. (1999). ..Learner autonomy is more than a western cultural construct." In Cotterall, S./Crabbe, D. (Eds.) Learner autonomy in language learning: defining the field and effecting change. Frankfurt/M, 11-18. Pollard, A. (2002). Reflective Teaching. London Rebel, K. (2001). „Das Autonome des Lernens am Beispiel des Fremdspra-chenlernens. Überlegungen anlässlich des .European Year of Languages 2001'" Pädagogisches Handeln 5. Jg. H. 1, 144-149. Roth, G. (2003). „Warum sind Lehren und Lernen so schwierig?" Report-Literatur- und Forschungsreport Weiterbildung 26/2003, H 3, 20-28. Schwartz, B. (1977). Permanent Education, Final report CCC/EP. Sercu, L./St. John, O. (2007). „Teachers beliefs and their impact on teaching practice: a literature review." In Jimenez Raya, M./Sercu. L. (Eds.) Challenges in Teacher Development: Learner Autonomy and Intercultural Competence. Frankfurt/M. 41-64. Trebbi. T. (2008). ..Freedom - a prerequisite for 'earner autonomy?: Classroom innovation and language teacher education." In Lamb, T. / Reinders, H. (Eds.) Learner and Teacher Autonomy, concepts, realities, and responses. Amsterdam. 33-46. Weinert, S./Doil, H./Frevert. S. (2008). „Kompetenzmessungen im Voschul-alter: Eine Analyse vorliegender Verfahren." In Weinert, S. /Roßbach, H.G. (Hrsg.) Kindliche Kompetenzen im Elementarbereich: Förderbar-keit. Bedeutung und Messung. Berlin (Bundesminsiterium für Bildung und Forschung) . I 67 Landeskunde ohne Mauerl n t - ein Ost-West-Dialog 20 Jahre danach Rainer Bettermann (Jena), Uwe Koreik (Bielefeld) 1. Motto und Anliegen „Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremd." (Christa Wolf, aus Kindheitsmuster, 1976) Wir haben uns - auch wenn es ein Hauptvortrag auf der IDT war - gegen einen „klassischen" wissenschaftlich-akademischen Vortrag und für einen (auch persönlich gefärbten) Dialog entschieden, um unser Anliegen möglichst authentisch vorzubringen.1 In einer medial überbordenden Zeit schien es uns dabei zudem angebracht, selbst multimedial vorzugehen und damit anzudeuten, wie unserer Meinung nach Landeskunde heute realisiert werden kann. Die Menge an verfügbaren Informationen hat so dramatisch zugenommen, dass es geraten schien, intensiver darüber nachzudenken und exemplarisch zu erklären wie man auf diese Informationen zugreift, wie man sie bewerten und sortleren und für sich annehmen oder ablehnen kann, in- 1 Die Autoren, Rainer Bettermann und Uwe Koreik haben sich 1993 kennengelernt, als in Bielefeld die Idee entstand (angeregt durch einen Studenten), dass man ja vielleicht einmal ein „Tandem-Seminar" zur Landeskunde zwischen den Seminarteilnehmern einer ost- und einer westdeutschen Universität mit einem DaF-Studiengang durchführen könnte. Es fanden seitdem statt: ein Tandemseminar im Jahr 1993 mit Treffen in Bielefeld und Jena (vgl. Bettermann/Koreik 1994) ein Tandemseminar im Jahr 2003 in Hannover und Jena und ein Tandemseminar im Jahr 2008 mit Treffen in Bielefeld und Jena. Das zweite und dritte Treffen war in starkem Maße medial unterstützt (vgl. Bettermann/Koreik/Kuhn 2003). Es soll hier nicht verheimlicht werden, dass aus den Leitern dieser Tandemseminare und den Vortragenden schon seit langem Freunde geworden sind, die nicht nur das Fachgeschehen gemeinsam verfolgt, sondern auch die privaten Entwicklungsprozesse mit Anteilnahme begleitet haben. Dies ist ein maßgeblicher Hintergrund für den in irgendeiner Weise als ..experimentell" zu charakterisierenden Vortrag, wobei gleichzeitig klar ist, dass die persönliche Note des Vortrags, die zugleich beabsichtigtes „Programm" war, weil „Landeskunde" sich eben auch stark auf der persönlichen Ebene niederschlägt, sich nicht in der Textsorte „Wiedergabe eines Plenarvortrags" auch nur annähernd adäquat wiedergeben lässt (das Biographische spiegelt zumindest in den Anfängen eine gesellschaftliche Grundströmung - die des miteinander Redens, damit „zusammen wächst, was zusammen gehört'* - wider, hat darüber hinaus aber weiter Bestand gehabt.) 681S e i t e dem wir in den Vortrag Filmausschnitte (aus Nachrichtensendungen, Dokumentär- und Spielfilmen), Hör-Texte aus Lehrwerken und Liedaufnahmen sowie Fotos und Abbildungen von Gemälden integriert haben, ist klar, dass dieser Vortrag keine auch nur annähernde Widerspiegelung durch einen Text erfahren kann. Unsere besondere Aufmerksamkeit galt einem Thema der neuesten deutschen Geschichte, welches auch das Fach Deutsch als Fremd-und Zweitsprache in besonderem Maße bewegt hat und noch bewegt und das symbolisch in dem Wort „Mauerfall" amalgiert ist. Wir sind uns beide einig in der Meinung, dass ein Verständnis für die Gegenwart nicht ohne Einblicke in die Geschichte möglich ist (allerdings ist unser Vortrag auch insofern nicht wirklich übertragbar in einen Text, als die auch durch Gestus und z.T. auch spontane Bezugnahmen persönliche Komponente verloren geht. Zudem hat der Rekurs auf Jahrestage immer auch den Hauch einer offiziösen Landeskundedarstellung.) Unter dem unmittelbaren Eindruck des Mauerfalls stehend, hatten die Autoren der ABCD-Thesen im Mai 1990 die Notwendigkeit betont, „auch historische Themen und Texte im Deutschunterricht zu behandeln. Solche Texte sollten Aufschluss geben über den Zusammenhang von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, über unterschiedliche Bewertungen sowie über die Geschichtlichkeit der Bewertung selbst." (ABCD 1990: 307) 2. Begegnung im Dialog Der Dialog wurde zunächst eingeleitet durch zwei kurze Filmsequenzen: Mit dem Einspiel einer dokumentarischen Videosequenz (Ausschnitt aus „Zeitworte", Gl) ging es uns darum, exemplarisch zu betonen, dass das Ereignis Mauerfall mit den Vorgängen in Ungarn (Abbau des Stacheldrahts an der ungarisch-österreichischen Grenze) und der Tschechoslowakei (DDR-Flüchtlinge in der Prager Botschaft) eine Vorgeschichte hat und die Geschichte der deutschen Einheit eine europäische Dimension besitzt. Die Filmausschnitte - so bekannt angesichts eines Jahrestages auch immer -sprechen für sich und haben eine affektive Wirkung. Die suggestive Kraft der Bilder lässt tatsächlich den Eindruck entstehen, dass alle Bürger der DDR auf dem Weg in den Westen waren oder sogar auf der Mauer tanzten. Eine derartige, teils auch unumgängliche Fokussierung auf die im Bild erfassbaren Akteure blendet die in sich wiederum sehr differenzierte, „unsichtbare" Mehrheit aus und verführt im Nachhinein zu Vereinfachungen. Mit der zweiten dokumentarischen Videosequenz zur „friedlichen Revolution" und dem „Mauerfall" (Zeitworte, Gl) wollten wir unterstreichen, dass Geschichte heute wesentlich als mediales Ereignis wahrgenommen wird, mit den damit verbundenen Vorteilen wie Authentizität und den nicht zu unter- 69 schätzenden Problemen wie z.B. der Reduktion von Geschichte durch eben die suggestive Kraft der Bilder. Bezeichnenderweise sind alle Aufnahmen vom Westen aus gemacht, d.h., dass wir im Rückblick den Fall der Mauer überwiegend aus der Westperspektive wahrnehmen. Massenmediale Dokumentationen sind attraktiv, aber ein unreflektierter, unkritischer Umgang mit ihnen führt zu irrtümlichen Identifikationen mit Wirklichkeit, zu schematischen Vorstellungen und bewirkt letztlich eine unproduktive Distanz zwischen Wahrgenommenem und Wahrnehmenden. Mit der Aneignung kritischer Kompetenz allein ist es nicht getan. Es geht um das „Zusammenspiel" modernster und traditioneller Medien. Mit Hilfe von Literatur können beispielsweise die Unterschiede von eigener und fremder Wirklichkeit und die Subjektivität ihres Erlebens bewusst gemacht werden, „zumal literarische Texte gerade dadurch motivieren, dass sie ästhetisch und affektiv ansprechen." (ABCD 1990:307). Wir meinen, dass in dem folgenden kurz nach dem Mauerfall geschriebenen Gedicht von Reiner Kunze (Conrady 1993) der Impuls zur Nachdenklichkeit besonders markant ist. zumal auch durch Kunzes Biographie darauf verwiesen ist, dass die Betroffenheit des „wir" nicht auf ein simples „Ost" versus „West" zu reduzieren ist. i Reiner Kunze Die matter Zum 3. Oktober 1990 Als wir sie schleiften, ahnten wir nicht, wie hoch sie ist in uns Wir hatten uns gewöhnt an ihren horizont Und an die windstille In ihrem schatten warfen alle keinen schatten Nun stehen wir entblößt jeder entschuldigung Von besonderer Wirkung sind Lieder, die mit ihren Aspekten Text, Musik und Inszenierung (Raith 2007 : 404) als populärer und zugleich singularer 70 ! r, , Ausdruck des Zeitgeistes Authentizität, Emotion und Spannung m den Unterricht bringen. „Didaktisch wichtig an Liedern im Fremdsprachenunterricht ist, dass sie erlauben, sedimentierte kulturelle Deutungsmuster einer Sprechergemeinschaft gleichsam schichtenweise freizulegen, weil sie in ihrer Verfasstheit mehrdimensional daherkommen: Musik, Sprache und Bilder (der Musiker.) greifen ineinander-' (Raith 2007: 407). Als ein Beispiel sei hier das Lied „Halb und halb" des „ostdeutschen" Liedermachers Hans-Eckardt Wenzel (1988) angeführt. Nicht allein der Text, sondern auch die wankend-schwankende Melodie und die clowneske Inszenierung des Künstlers lassen den nur mit Worten schwer beschreibbaren Schwebezustand zwischen Rebellion und Resignation erahnen, in dem sich eine zuvor eher nicht widerständige gesellschaftliche Gruppe am Ende der 1980er Jahre in der DDR befand: Das Geld halb musgeschmissen für einen halben Rausch, zur Nacht ein halbes Kissen, ein Fifty-Fifty-Tausch. Der Mensch halb Stier, halb Affe, halb tierisch meine Lust, und alles, was ich schaffe, ist halb gewollt, gemusst. Immer nur die Mitte, immer nur das halbe Glück. halber Zorn, halbherzige Bitte, vom Leben nur ein halbes Stück. Halb und halb, halb heiß, halb kalt, halb leid, halb froh, halb so, halb so. Ein halb gemeintes Wort, halb bin ich lang schon fort. Halb lieb ich dich, halb lieb ich mich. Halb und halb, halb heiß, halb kalt. Halbfett die Zeitungszeilen, halb gut der liebe Gott. Mein Weh wird halb nur heilen, halbwütig beißt mein Spott. Die Halbzeit halb gewonnen, die Welt zur Hälfte gut. Das Gift nur halb genommen, besänftigt halb die Wut. Immer nur... Halb Mensch und halb Maschine, der Polizist mein Freund. Die Stadt, wo ich verdiene, ist halb nur eingezäunt. Auf Halbmast weht die Fahne, das Glück zum halben Preis, ein halbes Pfund Schlagsahne auf halbgefromem Eis. Immer nur... Ähnliche Effekte der subjektiven Wahrnehmung von Wirklichkeit finden sich in der bildenden Kunst, die in der Kultur-und Landeskunde-Didaktik nicht länger als „hohe Kultur" m Gegensatz zur „Alltagskultur" gestellt werden sollte. „Bei der Arbeit mit Bild- und Musikkunst im Fremdsprachenunterricht kann für kurze Zeit eine modellhafte Situation entstehen, die auch die Begegnung mit einer fremden Kultur charakterisiert..." (Badstübner-Kizik 2007: 20). So wurde für den Vortrag das Bild von Johannes Itten „Die Begegnung" (1916) benutzt, um Distanz und Nähe in der Begegnung zwischen Ost und West und letztlich auch die der Autoren sinnlich zu verdeutlichen. Ein Gemälde Jörg Immendorfs aus dem Zyklus „Cafe Deutschland" (1978) sollte andeuten, wie in der subjektiven Wahrnehmung des „westdeutschen" Künstlers mit dem Hintergrund der Freundschaft zum damals noch „ostdeutschen" Maler A. R. Penck die Trennung in Ost und West in Frage gestellt wird und wie eine Bildwanderung in ein spannendes landeskundliches Thema führen kann (Albrecht 1999:30-32). 3. Erlebte Landeskunde Erinnerung an den „Mauerfall" Mit einem Lehrwerkbeispiel aus studio d wollten wir u.a. auf eine Tendenz in der Landeskunde und damit auch auf die Lehrwerkgestaltung hinweisen, welche die Erinnerung als ein angemessenes Konzept zur Verbindung von subjektiver Wahrnehmung und „objektiver" Geschichte anwendet. Gleichzeitig wird angedeutet, dass Zeitzeugen geschichtliche Ereignisse sehr verschieden erinnern und daher weitere Zugänge dokumentarischer Art als Kontext erschlossen werden sollten. In den letzten beiden Jahrzehnten ist eine auf Denken setzende kognitive Landeskunde oft verzerrt als faktenvermittelnd dargestellt worden. Zeitzeugenberichte in Lehrwerken (z.B. studio d, Bl) verdeutlichen, dass eine verstehende Einordnung durch die Lernenden nicht ohne unterstützende Fakten möglich ist. In den zwei gewählten Beispielen aus studio d berichtete zunächst ein Westdeutscher wie er die Ereignisse aus Israel verfolgte und im Mittelmeer badend über die Ereignisse in Deutschland nachdachte und sodann eine DDR-Bürgerin, die an einer in Jena an Donnerstagen stattfindenden Demonstrationen teilgenommen hatte und abends und in der Nacht fassungslos und glücklich am Fernsehen mit Freunden die Ereignisse verfolgte. Auch unsere eigenen Erinnerungen an den Tag des ..Mauerfalls" haben wir bemüht: sie sind entweder lückenhaft oder bedürfen zusätzlicher Erklärungen. So war der „Ostler" dieses Beitrags sich bis zum Tag des Vortrags auf der IDT sicher, am Vorabend einer landeskundlichen Exkursion mit ausländischen Studierenden, die Pressekonferenz, auf der „versehentlich" die Maueröffnung verkündet worden war. zu Hause im DDR-Femsehen erlebt 72 I S i i e 173 zu haben, obwohl er zu dieser Zeit gar keinen Fernseher besaß. Der „Westler" indessen arbeitete zu der Zeit in England, hatte an dem Tag einen Freund zur Fähre gefahren, kam erst spät nach Hause und wurde von seiner Frau mit den Worten begrüßt: „Deine Dissertation kannst Du vergessen, die Mauer ist auf (das geplante Thema war: die deutsche Frage im Landeskundeunterricht für DaF). 4. Zur Landeskundediskussion „ Westperspektive " Landeskunde spielte in der Bundesrepublik Deutschland eher eine ..Aschenputtelrolle" im Fach DaF. welches 1989 erst auf ein Jahrzehnt der Fachgeschichte an westdeutschen Hochschulen zurück blicken konnte. Die Bedeutung als eines der „Standbeine" des Fachs wurde zwar betont, aber in der Lehre war sie eher marginal (ca. 15 Prozent der Lehrangebote waren ihr gewidmet (vgl. Henrici/Koreik 1994). Es gab an den Hochschulen keine spezifischen Stellen für diesen Bereich des Fachs, was naturgemäß Rückwirkungen auf die Forschung hatte. Wer hätte in ein Arbeitsfeld mit einer größeren Forschungsarbeit investieren sollen, in dem es zunächst keine Arbeitsplätze gab. Forschung gab es deswegen nur vereinzelt, und die landeskundliche Materialerstellung erfolgte häufig eher unsystematisch und zumeist ohne ein grundlegendes theoretisches Konzept. Eins war jedoch klar: Kritikfähigkeit galt als höchstes Gut, das Thema Umweltschutz eroberte die Lehrwerke, und eine positive (West-)Deutschlanddarstellung war eher verpönt. Mit einem kritischen Blick schaute man deshalb auf die wissenschaftlichen Produkte aus der DDR. die eine klare (und oft wenig differenzierte) Positionierung eines Landesbildes der DDR zu propagieren schienen und deren positiv daher kommenden und dennoch grau und farblos wirkenden Lehrmaterialien wenig zu überzeugen vermochten. Vor der Wende wurde kaum wahrgenommen, dass sich hier mit theoretischen und vor allem konzeptionellen Überlegungen so langsam auch einiges in Bewegung setzte. Theoretische Impulse kamen in der westdeutschen Diskussion eher aus den Nachbarwissenschaften (z.B. der Romanistik), was nicht bedeutet, dass an dem Thema gar nicht gearbeitet wurde. Als Beispiel dafür soll hier auf den umfassenden und nachhaltigen Überblicksartikel von Delmas/Vorderwül-becke (1982) verwiesen werden. „ Ostperspektive " Das Gebiet Deutsch als Fremdsprache in der DDR und mit ihr die Landeskunde waren trotz der für die Fachentwicklung extrem hinderlichen ideologischen Doktrin, wie u.a. von Gerhard Heibig erinnert (Blei 2003: 72), in Theorie und Praxis nicht ohne internationale Reputation. Im Jahrzehnt von Solidarnosc, Glasnost und Perestroika suchte eine jüngere Generation von Wissenschaftlern besonders seit Mitte der 1980er Jahre in Dresden, Jena und Leipzig nach modernen konzeptionellen Ansätzen in der Landeskunde. Dieser wenig dokumentierte emanzipatorische Weg wurde durch die Dynamik des Prozesses der deutschen Einheit abgebrochen. Was könnte man als bleibende Erfahrungen aus der DDR-Landeskunde festhalten? a) Die Landeskunde in Deutsch als Fremdsprache besaß offiziell einen hohen Stellenwert. Dies kam in der Lehrwerkproduktion, in landeskundlichen Curricula und der personalen Struktur an universitären Zentren, ansatzweise auch in Forschung und Publikationstätigkeit und einer begrenzten Internationalität zum Ausdruck. b) Die Experten der Landeskunde standen wie auch die Fachvertreter insgesamt im regelmäßigen Erfahrungsaustausch untereinander und mit Experten anderer Philologien. Dieser Erfahrungsaustausch hatte trotz aller manipulatorischen Einflüsse bereichernde Aspekte für die fächeroffene Entwicklung des Faches. c) Die Landeskunde in der DDR leistete einen nachhaltigen Beitrag zur Entwicklung des integrativen Gedankens, d.h. der wissenschaftlichdidaktisch begründeten Verbindung von Spracherwerb und Landeskunde im Fremdsprachenunterricht, was sich auch in den ABCD-Thesen (1990) niederschlug. d) Durch die ideologische Instrumentalisierung wurde das Fach beschädigt und seine freie Entwicklung verhindert. Dies betraf auch die aussichtsreich erscheinenden Bestrebungen, die Landeskunde als Wissenschaft, als Lehrfach und als Prinzip im Sprachunterricht zu gestalten. 5. Von ABCD zu D-A-CH-L Mir (R.B.) stellt sich nach rund 20 Jahren das Mai-Treffen 1990 von DaF/Landeskunde-Vertretern aus den damals noch vier deutschsprachigen Ländern in einem wenig anheimelnden Gebäude Leipzigs als eine Brücke für den gemeinsamen Weg in die Zukunft dar. Das war damals ganz und gar nicht selbstverständliche Praxis und allgemeine Norm. Ein Jahr darauf, nach vollzogener deutscher Einheit, traf sich die ABCD-Gruppe am Schwarzsee im Kanton Fribourg in der französischen Schweiz. Und es begann sich in diesem Kreis der Gedanke durchzusetzen, dass nicht einfach das deutschsprachige Haus größer geworden war, sondern dass der 74 ! S c ■: i • ..Mauerfair auch für die Landeskunde zu einer neuen Qualität führen müsste, die einerseits europäisch dimensioniert und andererseits auf neue Weise binnendifferenziert sein müsste: ..Infolge der Veränderungen sind wir heute in einer Situation, die ein neues Nachdenken über Landeskunde geradezu erfordert. Nachdem die Notwendigkeit der übermäßigen Betonung der deutsch-deutschen Unterschiede weggefallen ist. können wir uns zunehmend auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen deutschsprachigen Länder oder, vielleicht noch besser, der verschiedenen deutschsprachigen Reeionen besinnen." (Lananer und Marsch 1991:30; Die schon 1988 begonnen Kooperation zwischen Experten aus den deutschsprachigen Ländern war eine nachhaltige Voraussetzung für die Gestaltung des Übergangs im Fach Deutsch als Fremdsprache nach dem „Mauerfall". Die entstandenen fachlichen und persönlichen Kontakte erwiesen sich insgesamt stärker als alle mit dieser Kooperation ursprünglich sicher verbundenen politischen und ideologischen Absichten. Die Langlebigkeit wesentlicher Inhalte der ABC D-Thesen lassen sich u.a. mit den Synergien erklären, die sich ergeben, wenn es gelingt, Fachleute zusammenzuführen, die verschiedene bis konträre Positionen vertreten und als gemeinsames Ziel die Verbesserung des Deutschunterrichts in aller Welt anstreben. 6. Der Mauerfall in Lehrwerken Die Öffnung der Grenze ist zu einem Standardthema in DaF-Lehrwerken geworden. In kaum einem Lehrwerk bleibt dieses .Jahrhundertthema" ausgeklammert. Dabei ist manches verkürzt oder fehlerhaft dargestellt. So heißt es beispielsweise: „Am 9. November 1989 wurde von der Regierung der DDR die Mauer Z geschlossen Z geöffnet?" in ..Schritte international 6" (Hilpert et al. 2008: 142) oder „9. November 1989: Die DDR-Regierung öffnet die Mauer. Ostberliner und Westberliner liegen sich in den Armen ..." im „Orientierungskurs" (Kilimann und Plisch de Vega 2005: 40). Der Zwang zur sprachlichen und inhaltlichen Reduktion, vielleicht auch Oberflächlichkeit oder Kompetenzdefizite von Lehrbuchautoren führen nicht selten zu verzerrten Darstellungen. Dabei gibt es durchaus Instrumentarien, die als Orientierungshilfe dienen könnten, wie beispielsweise die Kriterien zur Bewertung der landeskundlichen Komponente in Lehrwerken von Mejer und Jenkins (1998). Ein besonders fragwürdiges Beispiel ist eine fiktive „private Geschichte im November" in „Berliner Platz 3" (Köker et al. 2004: 45), in die auf der Basis eines Hörtextes die korrekten Präteritumformen in einen Lückentext eingesetzt werden sollen. Die Geschichte handelt vom Trennungsstreit eines Paares, das. als es in den Nachrichten vom Mauerfall hört, dann auch eine private Wiedervereinigung in Erwägung zieht. Insbesondere ./ • , I 75 die abstoßende Überzeichnung der Karikatur des Paares und ein mehr als kitschiger Text bewirken genau das Gegenteil dessen, was mit geschichtlichen Themen u.a. angestrebt werden sollte: Neugier auf andere Leute in spannenden Situationen wecken und Verstehen ohne Manipulation ermöglichen. Nur in wenigen von uns betrachteten Lehrwerken gelingt es, die notwendigen sprachlichen Vereinfachungen so zu realisieren, dass keine sachlichen Simplifizierungen oder Verfälschungen die Folge sind. Von besonderem Wert sind daher auch zusätzliche, fundierte Materialien, die als Ersatz oder Ergänzung für Lehrwerk-Sequenzen eingesetzt werden könnten, wie z.B. das Arbeitsbuch „Erinnerungsorte" (2007). Nach wie vor ist es erforderlich, so genannte authentische Medien und Materialien einzusetzen, mit denen der Zusammenhang von Bild, Sprache und Landeskunde erlebbar gemacht werden kann: beispielsweise die Bedeutungserschließung und Diskussion landeskundlich relevanter „Worte des Jahres" (Reisefreiheit - 1989) und Unworte des Jahres (ausländerfrei - 1991). Fast unersetzbar für subjektives Nachempfinden scheinen uns Spielfilme zu sein. Eine in einer Westberliner Kneipe spielende Szene aus dem Film „Herr Lehmann" nutzten wir daher, um die allgemeine Euphorie des „Mauerfalls" zu kontrastieren mit einer ansonsten schwer beschreibbaren Stimmung zwischen gleichmütiger Distanz und ängstlicher Irritation aus „westlicher" Perspektive. 7. Entwicklungslinien Das als Nachfolge von ABCD verstandene DACHL-Konzept orientierte besonders auf eine auf Veränderungen in der Fremdsprachendidaktik reagierende Neuorientierung der Landeskunde-Didaktik. (Barkowski und Krumm 2010: 41) Die Verschiedenheit von bezugswissenschaftlichen Ansätzen erweist sich als geeignet, der Vielfalt der Rahmenbedingungen des Faches zu entsprechen. An die Stelle einer noch immer spürbaren tendenziellen Abwertung von landeskundlichem Wissen als funktionsloses faktisches Wissen sollte sich die landeskundlich bezugswissenschaftliche Forschung auf das differenzierte Zusammenwirken von Wissen und Können unter den Bedingungen der zusammenwachsenden Welt konzentrieren. .Landeskunde' hat sich trotz ermüdender Diskussionen zwar als Begriff gehalten, auch wenn im universitären Kontext gehäuft von ,Kulturstudien' die Rede ist, der ganze Diskursbereich ist insgesamt jedoch sehr viel heterogener geworden. „Seit Ende der 1990er Jahre werden verstärkt kulturwissenschaftlich begründete Konzepte diskutiert, welche sich angesichts globaler kultureller Prozesse von homogenen Kulturbegriffen lösen, auf kulturelle Differenz, Transkulturalität und Hybridität von Kulturen setzen und damit eine Neupositionierung der L. im Sinne eines lebensweltlich konzipierten, offenen und prozesshaften Projekts im Rahmen der interkultureilen Begeg- 76 I S : t v nung erfordern." (Barkowski und Krumm 2010: i80) Zwar wurde in der Landeskunde im Fach DaF bereits seit den 1980er Jahren immer Anregungen vor allem aus der Romanistik und Anglistik übernommen, inzwischen stellt sich .Landeskunde' jedoch noch stärker als eine die Philologien übergreifende Diskussion dar, wobei gleichzeitig eine trenn sc harte Abgrenzung der Landeskunde von Konzepten wie z.B. interkulturelles Lernen bzw. interkulturelle Kompetenz kaum noch möglich erscheint. Spätestens seit den cultural turns lassen sich deutliche Schnittmengen in Forschungsfragen und -methodologien zwischen diesem Bereich des Fachs einerseits und den Philologien und den Sozial- und Kulturwissenschaften andererseits beobachten, (vgl. Koreik und Pietzuch 2010: 1441) Eindeutige Defizite sind im Bereich der Wirkungsforschung zu verzeichnen: Wie wirkt sich landeskundlicher Unterricht aus? Welche tatsächliche Rolle spielen Lehrkräfte, Lehrmaterialien, Medien und die diversen Außeneinflüsse auf den Erwerb von landeskundlichen Kenntnisbeständen und vor allem auf Einstellungen und ihre mögliche nachhaltige Veränderung? Diese Fragen standen immer schon im Raum, werden aber zunehmend in Forschungsarbeiten angegangen, so dass wir auf neue Erkenntnisse hoffen dürfen, die ihren Niederschlag im Unterricht finden werden. 8. Das Ende von Ost-West? Zwanzig Jahre nach der Öffnung der Mauer wirkt Deutschland von außen wie eine Einheit und von innen wird diese nicht nur von Politikern oft beschworen. Soll dies heißen, dass die konstatierte „innere Einheit" zugleich Überwindung aller Unterschiede und Gegensätze bedeutet? Die per Folie eingeblendete Deutschlandkarte mit der Aufteilung der Bundesländer ließ das ehemalige Gebiet der DDR in dunklen Rottönen erscheinen, während die westlichen Bundesländer (mit Ausnahme von Bremen) in helleren Farben gekennzeichnet waren. Auf der Folie (Quelle: Paritätischer Gesamtverband) waren die Armutsquoten des Jahres 2007 nach Bundesländern in Prozent abgebildet und farblich gekennzeichnet. Deutschlands Osten ist auch zwanzig Jahre nach dem Mauerfall der ärmere Teil Deutschlands. Eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit aus dem Jahr 2007 zeigte, dass die fünf neuen Bundesländer und Berlin deutlich an der Spitze der Arbeitslosenzahlen stehen (auch hier direkt gefolgt von Bremen), während es in den westlichen Bundesländern besser oder sogar deutlich besser aussah. Deutschlands Osten ist immer noch stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als fast alle westlichen Bundesländer. Im universitären Bereich haben insbesondere in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern überproportioniert Wissenschaftler aus den „alten" ■ .; : 1 77 Bundesländern die entscheidenden Professuren inne. Was sich aus einer allgemeinen Statistik schon deutlich ablesen lässt, ist im Fach Deutsch als Fremdsprache noch auffälliger: Von neun Professuren für Deutsch als Fremdsprache in den neuen Bundesländern und Berlin (hier nur die Humboldt-Universität gerechnet) kommen gegenwärtig acht der Stelleninhaber aus dem Westen. Um jedoch diesen richtigen aber isolierten Fakten etwas gegenüber zu stellen, verdeutlichten wir anhand einer Karte mit eigezeichueten Pfeilen die Herkunftsorte der Mitarbeiterinnen des Faches Deutsch als Fremdspra-che/Auslandsgermanistik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena: es war eine schöne Mischung aus Ost und West, dem Norden, aber nicht aus dem Süden der Bundesrepublik. Wir wachsen zusammen, sollte die Botschaft sein, die wir mit einer abschließend eingeblendeten Karikatur von Hans-Eberhard Ernst („Michel"), auf der vier „Michel" mit Zipfelmützen und der Aufschrift „Noddi", „Wessi", „Ossi" und „Süddi" mit einem unterschiedlichen Gesichtsausdruck zum Betrachter schauen, noch unterstreichen wollten. Der „Mauerfall" als historisches Jahrhundertereignis wird noch lange ein wichtiges Thema für den DaF-Unterricht bleiben. Auch weil er medial so vielfältig und unterschiedlich dokumentiert ist, bietet er sich für eine sicherlich beeindruckende und Emotionen auslösende Unterrichtseinheit an. Dabei gilt es jedoch die Wirkmächtigkeit von Bildern im Blick zu behalten und im Zusammenspiel mit Texten, Liedern, künstlerischen Werken und Zeitzeugendokumenten der Komplexität des Themas mit seiner Vorgeschichte und seinen Folgen mit (medien-)didaktischem Sachverstand gerecht zu werden. Literatur ABCD- Thesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht (1990). Fremdsprache Deutsch 3, 306-308. Albrecht, U. in Zusammenarbeit mit Schroedter-Albers, H. (1999). Jahrhundertschritt. Zeitkunst - Zeitfragen. 40 Jahre getrenntes Deutschland. 10 Jahre vereintes Deutschland. Ein Arbeitsbuch der Landeskunde für Sekundärschule r II im Fach Deutsch als Fremdsprache. München. Badstübner-Kizik, C. (2007). Bild-und Musikkunst im Fremdsprachenunterricht. Frankfurt/Main. Barkowski H./Krumm H.-J. (Hrsg.) (2010). Fachlexikon Deutsch als Fremd-und Zweitsprache. Tübingen und Basel. Bettermann, R./Koreik, U. (1994). „»Wir sind uns ja doch noch ganz schön fremd«. Bericht über ein „Tandem-Seminar" im Bereich Landeskunde an 78 1 S e i t v der Universität Bielefeld und der Universität Jena". Informationen Deutsch als Fremdsprache 21,1, 108-110. Bettermann, R./Koreik, U./Kuhn, C. (2003). „West-östliche Begegnungen. Ein Tandem-Seminar zur Landeskunde - nicht nur auf einer interaktiven Oberfläche". In Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 29, 411419. Blei, D. (2003). Zur Fachgeschichte Deutsch als Fremdsprache, Frankfurt/Main. Conrady, K. 0. (Hrsg.) (1993). Von einem Land und vom andern. Gedichte zur deutschen Wende. Edition Suhrkamp Leipzig SV. Frankfurt/Main. Delmas, H./Vorderwülbecke, K. (1982). Landeskunde. In Ennert, R. (Hrsg.). Einführung in das Studium Deutsch als Fremdsprache. Frankfurt am Main, 190-222. Funk, H. u.a. (2007). studio d. B1: Deutsch als Fremdsprache. Kurs-und Übungsbuch mit Zertifikatstraining. Berlin, Audio- CD 1/2003. Hilpert, S./Roben. A/Schümann, A./Specht, F./Gottstein-Schramm, B./Kal-ender, S./Krämer-Kienle, I. (2008). Schritte international 6 - Kursbuch und Arbeitsbuch. Ismaning: Hueber. Langner, M./Marsch. E. (1991). ABCD-Landeskunde. Arbeitskreis DaF in der Schweiz. Rundbrief Nr. 17, 27-33. Meijer, D./Jenkins» E.- M. (1/1998). Landeskundliche Inhalte - Die Qual der Wahl? Kriterienkatalog zur Beurteilung von Lehrwerken. Fremdsprache Deutsch Heft 18 Landeskundliches Lernen, S. 18-25. Kilimann, A./Plisch de Vega, S.. (2005). 30 Stunden Deutschland, Materialien für den Orientierungskurs. Stuttgart. Köker. A/Lemcke. C./Rohmann, L./Rusch, P./Scherling, T./Sonntag, R.. (2004). Berliner Platz 3. Lehrbuch. Berlin und München. Koreik, U./Pietzuch, J. P. (2010). Entwicklungslinien landeskundlicher Ansätze und Vermittlungskonzepte. In Fandrych, C./Hufeisen. B./Krumm, H.-J./Riemer, C. (Hrsg.). Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Ein internationales Handbuch. Berlin/New York, 1040-1053. Raith, M. (2007). Didaktische Überlegungen zum Verhältnis von Sprache, Musik und Identität. Info DaF 34, 4, 403-408. Schmidt, S./Schmidt, K. (2007), Erinnerimgsorte. Deutsche Geschichte im DaF-Unterricht. Materialien und Kopiervorlagen. Berlin. Wenzel, H. E. (1988). Album Reisebilder. Atniga. Wolf, C. (1976). Kindheitsmuster. Berlin und Weimar. - ■ ii .- I 79 Forschendes Lehren als Instrument der Qualitätsentwicklung - Wie Lehrende den eigenen Unterricht erforschen und dabei weiterentwickeln können Klaus-Borge Boeckmann (Wien) 1, Was ist forschendes Lehren? Im Grande geht es dabei um eine Haltung, und zwar eine, die Lehrenden von vornherein nicht fremd sein sollte: Das eigene Lehren, das eigene Praxishandeln nicht zur unreflektierten Routine erstarren zu lassen, nicht beim einmal Erreichten stehen zu bleiben, sondern sich weiterzuentwickeln, indem an die eigene Praxis immer wieder Fragen gestellt werden, wie z.B. Bin ich mit dem Unterricht persönlich und professionell zufrieden? Setze ich geeignete Materialien und passende Übungsformen ein? Sind meine Lernenden motiviert und haben das Gefühl, vom Unterricht zu profitieren? Was könnte ich verändern oder verbessern, um meinen Unterricht (noch) erfolgreicher zu machen? Ich denke, dass diese Fragen Ihnen als Unterrichtende nicht unbekannt vorkommen, sondern Sie sich diese selbst schon in dieser oder ähnlicher Form gestellt haben. Diese Art der Reflexion des eigenen Unterrichts ist ein ganz natürlicher Bestandteil des Lehrberufs und im Grande geht es darum, diese immer wieder stattfindende Reflexion im Sinne eines reflective teaching, also eines reflexiven Unterrichtens, zu systematisieren. Gebhard/Oprandy (1999) sprechen in einer schönen Analogie zur Sprachbewusstheit (language awareness) von der „Sprachlehrbewusstheit" (language teaching aware-ness). Der entscheidende Punkt dabei ist, dass das, was sonst eher unregelmäßig und zufällig stattfindet, bewusst und geplant durchgeführt und auch dokumentiert wird. Das Lehren als Forschen also, die Lehrenden als Forschende. Damit ist nicht Forschung im „klassischen" Sinn gemeint, sondern die so genannte Aktionsforschung im Unterricht, deren Akteurinnen nicht universitär Forschende, sondern die Praktikerinnen im Feld sind, also die Unterrichtenden selbst. Ein zweites Merkmal dieser Forschungsrichtung ist, dass der Forschungsprozess nicht allein der Erkenntnis gewidmet ist, sondern auch der Entwicklung, d.h. er will die Praxis nicht nur beschreiben, sondern auch verändern (Altrichter/Posch 2007: 21). Forschung und Entwicklung findet also nicht nur in den Großlabors der Industrie und der Universitäten statt, sondern sie kann auch ganz kleinräumig im Klassenzimmer stattfinden. Andere Namen für diese Art von Forschung sind Handlungsfor- Deutsch bewegt Entwicklungen in der Auslandsgermanistik und Deutsch als Fremd- und Zweitsprache Dokumentation der Plenarvorträge der XIV, Internationalen Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer IDT Jena-Weimar 2009 herausgegeben von Hans Barkowski Silvia Demmig Hermann Funk Ulrike Würz umscniagmotiv: Plakat der IDT Jahrestagung 2009 in Jena Gedruckt auf umweltfreundlichem Papier (chlor- und säurefrei hergestellt). Gestaltung und Layout unter Mitarbeit von Katja Wiorek Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im internet über > http://dnb.d-nb.de> abrufbar. ISBN: 978-3-8340-0654-7 Schneider Verlag Hohengehren GmbH Wilhelmstrasse 13 D-73666 Baltmannsweiler Homepage: www.paedagogik.de Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Vorlanoc ronrnHi í7iort u/arHan Inhaltsverzeichnis Vorwort Uwe Timm Festrede zur Eröffnung der XIV. Internationalen Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer Jena - Weimar 2009 Bernt Ahrenholz Neuere Befunde zum frühen Zweitspracherwerb und Ihre Bedeutung für den Deutsch als Zweit- und Fremdsprachenunterricht Ulrich Ammon Deutsch weltweit, heute und (über)morgen - Entwicklungsperspektiven und Aspekte sprachenpolitischer Intervention Ernst Apeltauer Wie autonom ist die „Lernerautonomie"? Rainer Bettermann, Uwe Koreik Landeskunde ohne Mauerl n) - ein Ost-West-Dialog 20 Jahre danach Klaus-Borge Boeckmann Forschendes Lehren als Instrument der Qualitätsentwicklung -Wie Lehrende den eigenen Unterricht erforschen und dabei weiterentwickeln können Wai Meng Chan Fremdsprachenlernen mittels Mobiltechnologie: Der Einsatz von Lernpodcasts im universitären DaF-Unterricht Peter Colliander Die Zukunftsperspektiven des Deutschen als Fremdsprache im Ausland (DaFiA) am Beispiel Dänemark - ein persönlicher Blick Konrad Ehlich Textfluten und das didaktische Geschäft Hermann Funk 6 I s c i 11 Sene 17 Kim Haataja 149 Der Ansatz des integrierten Sprachen- und Fachlernens (CLIL) aus der Perspektive des Deutschen als Fremdsprache (DaF) - Hintergründe, Ergebnisse und Folgen einer europäischen Bestandsaufnahme zum integrierten Sprachen- und Fachlernen auf Deutsch (CLILiG) Helena Hanuljakova 165 Zukunftsvisionen Deutsch als Fremdsprache aus der Perspektive des Internationalen Deutschlehrerverbands (IDV) Ernest W.B. Hess-Lüttich 179 Intermediale Übersetzung: Sprache und Musik Ursula Hirschfeld 207 Aussprachetraining in Deutsch als 2. Fremdsprache (nach Englisch) Ulrich Kautz Vom Sinn und Unsinn des Übersetzens im allgemeinen Fremdsprachenunterricht 221 Wilfried Krenn 233 Was hat das alles mit mir zu tun? Motivationale Aspekte von Aufgabenstellungen im Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache-Unterricht. Hans-Jürgen Krumm 251 Deutsch - eine europäische Sprache in einer vielsprachigen Welt Michael Langner 263 Alles unter einem D-A-CH-L? Zur Geschichte und Weiterentwicklung des DA CHI - Konzepts Mario Löpez-Barrios 273 Grammatikvermittlung multidimensional - Erschließung von Form, Bedeutung und Gebrauch grammatischer Strukturen Claudio Nodari 301 Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache/Deutsch als Muttersprache - Perspektiven einer Deutschdidaktik Emer O'Sullivan, Dietmar Rösler 315 Kinder- und Jugendliteratur auch im Deutsch als Fremdsprache-Unterricht für Erwachsene? Claudia Riemer 327 Warum Deutsch (noch) gelernt wird - Motivationsforschung und Deutsch als Fremdsprache Heidi Rösch 341 Inter- oder transkulturelle Literaturdidaktik? Masako Sugitani Bildungspolitische Aspekte von Landeskunde und interkulturellem Lernen - Chancen einer sprachenübergreifenden Kooperation in der Lehrerbildung eines sprachenentfernten Landes 353 Isabell Wartenburger Gehini und Sprache - Wie wir Sprächet n> erlernen und verarbeiten 363 Autorinnen- und Autorenliste 373 Bernd Müller-Jacquier .Kultur' in Erstkontaktsituationen 289