Von Lessing bis Goethe. Kontinuitäten in der Spätaufklärung und danach 19. OKTOBER 2018, KOMBI-STUDIUM Immanuel Kant: Was ist Aufklärung? (1784) Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung. Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen hatte, dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es Anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. […] Daß der bei weitem größte Teil der Menschen (darunter das ganze schöne Geschlecht) den Schritt zur Mündigkeit, außer dem daß er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte: dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben. Nachdem sie ihr Hausvieh zuerst dumm gemacht haben und sorgfältig verhüteten, daß diese ruhigen Geschöpfe ja keinen Schritt außer dem Gängelwagen, darin sie sie einsperrten, wagen durften, so zeigen sie ihnen nachher die Gefahr, die ihnen droht, wenn sie es versuchen allein zu gehen. […] 05 AUFKLÄRUNG Historischer Hintergrund europaweite Bewegung (England) Deutschland: Kleinstaatdespotismus Absolutismus, aufgeklärter Absolutismus Bürgertum: ◦bürgerliche Moral ◦bürgerliche Bildung ◦bürgerliche Erziehung ◦bürgerliche Familie 05 AUFKLÄRUNG Aufklärung und Parallelströmungen Rationalismus Moralische Wochenschriften extensives Lesen freie Schriftsteller Poetiken ◦Gottsched: Versuch einer critischen Dichtkunst vor die Deutschen (1730): Mimesis-Prinzip Pietismus Empfindsamkeit ◦Gefühlskultur ◦Selbstbeobachtung, Selbstbeschreibung Poetiken ◦Bodmer (Critische Abhandlung von dem Wunderbaren in der Poesie, 1740) und Breitinger (Critische Dichtkunst, 1740): Phantasie 05 AUFKLÄRUNG Lessing 1: „Gemischte Charaktere“ auf der Bühne Gotthold Ephraim Lessing: Minna von Barnhelm (1767) ◦Major Tellheim, seine gekränkte Ehre, Minna von Barnhelm ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦Vorbild: Shakespeare (statt Corneille) ◦Identifikation als Wirkungsbasis ◦daher „gemischter Charakter“ gefordert 05 AUFKLÄRUNG Lessing 2: Vermittlung von „Mitleiden“ „Wie unendlich besser und sicherer sind die Wirkungen meines Mitleidens! Das Trauerspiel soll das Mitleiden nur überhaupt üben und nicht uns in diesem oder jenem Falle zum Mitleiden bestimmen. Gesetzt auch, daß mich der dichter gegen einen unwürdigen Gegenstand mitleidig macht, nämlich vermittelst falscher Vollkommenheiten, durch die er meine Einsicht verführt, um mein Herz zu gewinnen. Daran ist nichts gelegen, wenn nur mein Mitleiden rege wird, und sich gleichsam gewöhnt, immer leichter und leichter rege zu werden.“ (Lessing: Briefwechsel mit Mendelssohn und Nicolai über das Trauerspiel, 1756) Lessing 3: Bürgerliches Trauerspiel Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti (1772) ◦Prinz Gonzaga, Gräfin Orsina, Marinelli, Emilia Galotti, Appiani, Odoardo Galotti ◦ ◦ ◦bürgerliche Tugend ◦Umkehrung der Rollen von Aristokratie und Bürgertum ◦Frauengestalten! ◦ ◦ 05 AUFKLÄRUNG Emilia Galotti: „Tugend ist wahre Gewalt!“ Emilia: Ehedem wohl gab es einen Vater, der seine Tochter von der Schande zu retten, ihr den ersten, besten Stahl in das Herz senkte – ihr zum zweiten Male das Leben gab. Aber alle solche Taten sind von ehedem! Solcher Väter gibt es keinen mehr! Odoardo: Doch, meine Tochter, doch! – Gott, was hab ich getan? Emilia: Eine Rose gebrochen, ehe der Sturm die entblättert. – Lassen Sie mich sie küssen, diese väterliche Hand. Lessing 4: Religiöse Toleranz Gotthold Ephraim Lessing – Nathan der Weise (1779) ◦Jerusalem: Nathan, Sultan Saladin, Tempelherr, Recha ◦Ringparabel ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦Streit zwischen Lessing und Pastor Goeze um den Deisten Reimarus ◦ 05 AUFKLÄRUNG Nathan der Weise, Ringparabel Hat von Euch jeder seinen Ring von seinem Vater: So glaube jeder sicher seinen Ring Den echten. - Möglich; dass der Vater nun Die Tyrannei des einen Rings nicht länger In seinem Hause dulden wollen! - Und gewiss; Dass er euch alle drei geliebt, und gleich Geliebt: indem er zwei nicht drücken mögen, Um einen zu begünstigen. - Wohlan! Es eifre jeder seiner unbestochnen Von Vorurteilen freien Liebe nach! Es strebe von euch jeder um die Wette, Die Kraft des Steins in seinem Ring' an Tag Zu legen! komme dieser Kraft mit Sanftmut, Mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun, Mit innigster Ergebenheit in Gott Zu Hilf'! Und wenn sich dann der Steine Kräfte Bei euern Kindes-Kindeskindern äußern: So lad ich über tausend Jahre Sie wiederum vor diesen Stuhl. 05 AUFKLÄRUNG Bürgerliches Trauerspiel vor und nach Emilia Galotti Lessing: Miss Sara Sampson (1755): Gegen den herrschenden Adel Schiller: Kabale und Liebe (1784): Liebe gegen Willkür Friedrich Hebbel: Maria Magdalene (1846): Tragik aus strengen Moralbestimmungen des Bürgertums Arthur Schnitzler: Liebelei (1895): Tragik als Zufall Weiterführende Quellen: -Karl S. Guthke: Das deutsche bürgerliche Trauerspiel. Metzler, Stuttgart 2006 -Peter Szondi: Die Theorie des bürgerlichen Trauerspiels im 18. Jahrhundert. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1973 -Franziska Schößler: Einführung in das bürgerliche Trauerspiel und das soziale Drama. Wiss. Buchges., Darmstadt 2003 Kabale und Liebe (1783). Intrigen, Moralbegriff. Wurm: Wir setzen also in aller Stille den Musikus [Luises Vater] fest – um die Not noch dringender zu machen, könnte man auch die Mutter mitnehmen -, sprechen von peinlicher Anklage, von Schafott, von ewiger Festung und machen den Brief der Tochter zur einzigen Bedingung seiner Befreiung. Präsident: Gut! Gut! Ich verstehe. Wurm: Sie liebt ihren Vater. Die Gefahr seines Lebens – seiner Freiheit zum mindesten – die Vorwürfe ihres Gewissens, den Anlass dazu gegeben zu haben – die Unmöglichkeit, den Major zu besitzen – endlich die Betäubung ihres Kopfs, die ich auf mich nehme – es kann nicht verfehlen – sie muss in die Falle gehen. Präsident: Aber mein Sohn? Wird der nicht auf der Stelle Wind davon haben? Wird er nicht wütender werden? Wurm: Das lassen Sie meine Sorge sein, gnädiger Herr. – Vater und Mutter werden nicht eher freigelassen, bis die ganze Familie einen körperlichen Eid darauf ablegt, den ganzen Vorgang geheim zu halten und den Betrug zu bestätigen. Präsident: Einen Eid? Was wird ein Eid fruchten, Dummkopf? Wurm: Nicht bei uns, gnädiger Herr! Bei dieser Menschenart alles. Sturm und Drang: Emanzipation der Gefühle Sturm und Drang als Negation und Weiterführung der Aufklärung: ◦Enzyklopädie, Systematik X Erlebnis, Individualität. monade Quellen: Rousseaus Zivilisationskritik („Zurück zur Natur!“) und Pädagogik kultur0658 Johann Caspar Lavater: Was ist Genie? „Oder nenn es, beschreib es, wie du willst! Nenn´s Fruchtbarkeit des Geistes, Unerschöpflichkeit, Quellgeist! Nenn´s Kraft ohne ihresgleichen, Urkraft, kraftvolle Liebe! Nenn´s unentlehnte, natürliche, innerliche Energie der Seele! Nenn´s Schöpfungskraft; nenn´s Menge in- und extensiver Seelenkräfte, Sammlung, Konzentrierung aller Naturkräfte; nenn´s lebendige Darstellungskunst; nenn´s Wirksamkeit, die immer trifft, nie fehlt in all ihrem Wirken, Leiden, Lassen, Schweigen, Sprechen […]“ Geniekult: Originalgenies, Naturgenies. Das Genie ist freier Schöpfer, er lehnt alle Regeln ab: Es ist reine Individualität, die es jedoch auf Gerechtigkeit und Freiheit für alle abzielt (vgl. Prometheus). In deutschen Verhältnissen wendet sich die neue Lehre v. a. gegen Gesellschaftsnormen, Gewalt, Zwang, Unfreiheit. Sie wollen die Unterdrückten befreien. prometheus „Große Kerle“, Selbsthelfer: kraftvolle Individuen Kämpfer gegen die Despotie, vorprogrammiertes Scheitern Verstrickung in Schuld Goethe: Götz von Berlichingen (1773) Schiller: Die Räuber (1781) Karl-Moor ◦ Johann Wolfgang Goethe: Zum Shakespeares-Tag (1771) „Erwarten Sie nicht, daß ich viel und ordentlich schreibe, Ruhe der Seele ist kein Festtagskleid; und noch zurzeit habe ich wenig über Shakespeare gedacht; geanhdet, empfunden, wenn´s hoch kam, ist das Höchste, wohin ich´s habe bringen können. […]“ J. W. Goethe: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand (1773) Schwäbischer Ritter aus der Reformationszeit, Anführer eines Bauernaufstandes Götz als der „große“ Mann: Einfach, frei, charismatisch. Götz, Bischof von Bamberg. Adelbert von Weislingen, Adelheid von Walldorf. Franz von Sickingen, die Bauern. Fazit- Götz: „Himmlische Luft – Freiheit! Freiheit!“ (Er stirbt). – Elisabeth: „Nur droben, droben bei dir. Die Welt ist ein Gefängnis.“ Goetz_von_Berlichingen Brennende Themen: Moral, Erziehung, Soldaten, Kindesmörderinnen Kritik am Missbrauch elterlicher Rechte, gegen falsche Erziehung und erzwungene Partnerwahl. J. M. R. Lenz: Der Hofmeister oder die Vorteile der Privaterziehung (1778): Satire, Groteske. Spannender Aufbau. J. M. R. Lenz: Die Soldaten (1776) F. M. Klinger: Sturm und Drang (1776) H. L. Wagner: Die Kindesmörderin (1776) galgen (Der empfindsame) Goethe: Leiden des jungen Werthers (1774) Briefroman Werther, Lotte, ihr Verlobter Albert. Werther-Manier: blauer Frack, ledergelbe Weste, braune Stulpenstiefel. Werther-Fieber: Selbstmordwelle Plenzdorf: Die neuen Leiden des jungen W. (1972) goethe_1773 lotte Interesse an der Volksdichtung. G. A. Bürger (1747-94): Volksballaden Einfluss: ◦Gesänge Ossians (von James McPherson „entdeckte“ altirische Gedichte) ◦Edda (altgermanische Mythologie, niedergeschrieben im 13. Jahrhundert von Snorri Sturlurson) J. G. Herder: „Stimmen der Völker in Liedern“ ◦Im Einklang mit Rousseau wendet sich Herder zu dem „Ursprünglichen“, dem „Unverfältschten“: Volkslieder, Mythologien ◦Großer Einfluss auf slawische Nationalbewegungen lenore Bürger: Lenore Lenore fuhr ums Morgenrot Empor aus schweren Träumen: "Bist untreu, Wilhelm, oder tot? Wie lange willst du säumen?" - Er war mit König Friedrichs Macht Gezogen in die Prager Schlacht Und hatte nicht geschrieben, Ob er gesund geblieben. Der König und die Kaiserin, Des langen Haders müde, Erweichten ihren harten Sinn Und machten endlich Friede; Und jedes Heer, mit Sing und Sang, Mit Paukenschlag und Kling und Klang, Geschmückt mit grünen Reisern, Zog heim zu seinen Häusern. Und überall, allüberall, Auf Wegen und auf Stegen, Zog alt und jung dem Jubelschall Der Kommenden entgegen. "Gottlob!" rief Kind und Gattin laut, "Willkommen!" manche frohe Braut; Ach! aber für Lenoren War Gruß und Kuß verloren. Sie frug den Zug wohl auf und ab Und frug nach allen Namen; Doch die erwünschte Kundschaft gab Nicht einer, so da kamen. Als nun das Heer vorüber war, Zerraufte sie ihr Rabenhaar Und taumelte zur Erde Mit wilder Angstgebärde. …….. "O Mutter! Was ist Seligkeit? O Mutter, was ist Hölle? Bei Wilhelm nur wohnt Seligkeit; Wo Wilhelm fehlt, brennt Hölle! Lisch aus, mein Licht! auf ewig aus! Stirb hin! stirb hin! in Nacht und Graus! Ohn' ihn mag ich auf Erden, Mag dort nicht selig werden!" - - …………… Und außen, horch! ging's trap trap trap, Als wie von Rosses Hufen, Und klirrend stieg ein Reiter ab An des Geländers Stufen. Und horch! und horch! den Pfortenring Ging lose, leise, klinglingling! Dann kamen durch die Pforte Vernehmlich diese Worte: "Holla! Holla! Thu' auf, mein Kind! Schläfst, Liebchen, oder wachst du? Wie bist noch gegen mich gesinnt? Und weinest oder lachst du?" - "Ach, Wilhelm! du? - So spät bei Nacht? Geweinet hab' ich und gewacht; Ach! großes Leid erlitten! Wo kömmst du geritten?" - ………………. Ha sieh'! ha sieh'! Im Augenblick, Hu! hu! ein gräßlich Wunder! Des Reiters Koller, Stück für Stück, Fiel ab wie mürber Zunder, Zum Schädel ohne Zopf und Schopf, Zum nackten Schädel ward sein Kopf; Sein Körper zum Gerippe Mit Stundenglas und Hippe. ……………….. Nun tanzten wohl bei Mondenglanz Rundum herum im Kreise Die Geister einen Kettentanz Und heulten diese Weise: "Geduld! Geduld! Wenn's Herz auch bricht! Mit Gottes Allmacht hadre nicht! Des Leibes bist du ledig; Gott sei der Seele gnädig!" Weimarer Klassik: Voraus- und Zielsetzungen Ziel: vollendete Persönlichkeit, geistig UND seelisch, individuell UND sozial. „Edle Einfalt, stille Größe“: Wiederentdeckung des antiken Kunstideals (Johann Joachim Winckelmann) Soziale Basis: Verbindung des Bildungsbürgertum mit dem Adel, Distanzierung vom revolutionären Engagement des Sturm und Drangs Gattungen: Gedankenlyrik, Bildungsroman, Ideendramen – Bildungsbürgertum. Sturm und Drang: Leidenschaft, Bewegung, Widerstand, uneingeschränkte Individualität X Klassik: Ruhe, Ordnung, Harmonie: ausgeglichene Verbindung von Natur/Körper und Geist, von Gefühl und Vernunft, von Sinnlichkeit und Sittlichkeit. klassik „Das Göttliche“ (1783). Klassisches Humanitätsideal. Edel sei der Mensch, Hilfreich und gut! Denn das allein Unterscheidet ihn Von allen Wesen, Die wir kennen. Heil den unbekannten Höhern Wesen, Die wir ahnen! Ihnen gleiche der Mensch! Sein Beispiel lehr uns Jene glauben. Denn unfühlend Ist die Natur: Es leuchtet die Sonne Über Bös und Gute, Und dem Verbrecher Glänzen wie dem Besten Der Mond und die Sterne. Wind und Ströme, Donner und Hagel Rauschen ihren Weg Und ergreifen Vorüber eilend Einen um den andern. Auch so das Glück Tappt unter die Menge, Faßt bald des Knaben Lockige Unschuld, Bald auch den kahlen Schuldigen Scheitel. Nach ewigen, ehrnen, Großen Gesetzen Müssen wir alle Unsreres Daseins Kreise vollenden. Nur allein der Mensch Vermag das Unmögliche: Er unterscheidet, Wählet und richtet; Er kann dem Augenblick Dauer verleihen. Er allein darf Den Guten lohnen, Den Bösen strafen, Heilen und retten, Alles Irrende, Schweifende Nützlich verbinden. Und wir verehren Die Unsterblichen, Als wären sie Menschen, Täten im großen, Was der Beste im kleinen Tut oder möchte. Der edle Mensch Sei hilfreich und gut! Unermüdet schaff er Das Nützliche, Rechte, Sei uns ein Vorbild Jener geahneten Wesen! edel Goethe als Naturwissenschaftler Entdeckung des Zwischenkieferknochens auch bei Menschen Die „Urpflanze“ Farbenlehre: Farben sind Erfahrungen Mineraliensammlungen Leitgedanke: Gemeinsamer Ursprung und gleiches Wesen von aller Schöpfung. „Eine jede Kreatur ist nur ein Ton, eine Schattierung einer großen Harmonie, die man auch im Ganzen und Großen studieren muss; sonst ist jedes Einzelne ein toter Buchstabe.“ „Ginkgo Biloba“ Dieses Baums Blatt, der von Osten Meinem Garten anvertraut, Gibt geheimen Sinn zu kosten, Wie's den Wissenden erbaut. Ist es ein lebendig Wesen, Das sich in sich selbst getrennt? Sind es zwei, die sich erlesen, Daß man sie als eines kennt? Solche Fragen zu erwidern Fand ich wohl den rechten Sinn: Fühlst Du nicht an meinen Liedern, Daß ich eins und doppelt bin? goethe_ginkgo Faust-Dramen: Die Grenzen des tätigen Menschen Quellen: Volksbuch „Historia von D. Johann Fausten“ (1587), C. Marlowe: Faust (1588), Puppenspiele „Urfaust“ im Geist des Sturm und Drang (zwischen 1773 und 1775) Faust I (1808) Faust II (1832) Faust will feststellen, „was die Welt im Innersten zusammenhält.“ (Gelehrtentragödie) Prolog im Himmel: „Es irrt der Mensch, solange er strebt.“ X Rettung Fausts: „Wer immer strebend sich bemüht, / Den können wir erlösen.“ Faust: „Werd ich zum Augenblicke sagen: „Verweile doch, du bist so schön“, Dann magst du mich in Fesseln schlagen, Dann will ich zugrunde gehen!“ Faust, Mephisto, Gretchen (Liebestragödie) In Faust II Helena, Homunkulus etc. Geschichte von Wissensdurst, Schuld und Erlösung Faust_Gretchen Das Balladenjahr (1797) (Balladen sind für Goethe „Ur-Eier der Poesie“) Erlkönig, Zauberlehrling, Der Fischer, Der König in Thule, Der Schatzgräber, Der Rattenfänger, Der Gott und die Bajadere Vertonungen durch Franz Schubert u. a. zauberlehrling Goethe: Erlkönig Goethe: Der Fischer Friedrich Schiller Geboren 1759: Marbach am Neckar, Württemberg Prägende Jugenderfahrung: Despotismus an der Karls-Schule („Militär-Pflanzschule“) in Stuttgart (1773-1780) Ausbildung zum Arzt, Regimentsarzt 1782: Uraufführung der Räuber in Mannheim und Flucht aus Stuttgart Materielle Schwierigkeiten bis in die 90er Jahre hinein, trotz der Geschichtsprofessur in Jena Seit 1795 – Freundschaft mit Goethe 1799 – Umzug nach Weimar 1802 geadelt Friedrich_schiller Mann der Moderne: Über naive und sentimentalische Dichtung (1795) Die Dichter sind überall die Bewahrer der Natur. Wo sie diese nicht mehr ganz sein können und schon in sich selbst den zerstörenden Einfluss willkürlicher und künstlicher Formen erfahren oder doch mit denselben zu kämpfen haben, da werden sie als die Zeugen und als die Rächer der Natur auftreten. Sie werden entweder Natur sein, oder sie werden die verlorene suchen. … Jenes macht den naiven, dieses den sentimentalischen Dichter. Idylle X Elegie „Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht!“ Schiller als Kämpfer für die Freiheit Die Räuber Der Verbrecher aus verlorener Ehre Der Geisterseher Don Carlos Wilhelm Tell usf. Schiller als Tyrannenerzieher: Die Bürgschaft 1793 wird Schiller Ehrenbürger der frz. Republik. Als ihm die Urkunde davon 5 Jahre später zukommt, sind schon alle, die sie unterzeichnet haben, tot. Schiller2 Friedrich Schiller: Die Räuber (1779/1781/1782) Mit 19 begonnen, mit 22 die Uraufführung: „Das Theater glich einem Irrenhause, rollende Augen, geballte Fäuste, stampfende Füße, heisere Schreie im Zuschauerraum. Fremde Menschen fielen einander schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer Ohnmacht nahe, zur Türe. Es war eine allgemeine Auflösung wie im Chaos, aus dessen Nebeln eine neue Schöpfung bricht!“ Motiv der ungleichen Zwillinge: Karl Moor (Räuberhandlung), Franz Moor (Schlosshandlung, Franzens Selbshilfe durch Intrigen), der alte Moor, Amalia von Edelreich, Spiegelberg. GundSImAuto Wilhelm Tell (1804): Vorbildhafter Aufstand Das seit 1789 hoch aktuelle Thema des Aufstands gegen die Tyrannei. Gründungslegende der Schweizer Eidgenossenschaft („Rütli-Schwur“), Ende 13. Jh. Schillers Jäger Tell ähnelt den Selbsthelfer-Gestalten des Sturm und Drang, bis er ein persönliches Motiv bekommt, sich dem Befreiungskampf der Schweizer anzuschließen. Volkstümlicher Ton. Deutung des Aufstands: die ursprüngliche, geschenkte Freiheit, die verloren wurde, wollen die Schweizer als eine bewusste, eine geleistete wieder erringen + Zusammenschluss von Bauern, Adel, Tell Vgl. Max Frisch: Wilhelm Tell für die Schule (1971) tell-ch Schillers Ideenballaden. Balladenjahr 1797. Während Goethe seine Balladen als „Ur-Eier“ der Poesie bezeichnete, bevorzugt Schiller moralische Schwerpunkte, allerdings in abenteuerlichem Gewand. („Lust am höheren Indianerspiel“ Th. Mann) Der Taucher, Der Handschuh, Der Ring des Polykrates, Die Kraniche des Ibykus, Die Bürgschaft usf. Handschlag_kode Der Taucher (1797): Folgen der Willkür „Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, Zu tauchen in diesen Schlund? Einen goldnen Becher werf ich hinab, Verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund. Wer mir den Becher kann wieder zeigen, Er mag ihn behalten, er ist sein eigen." Der König spricht es und wirft von der Höh Der Klippe, die schroff und steil Hinaushängt in die unendliche See, Den Becher in der Charybde Geheul. "Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, Zu tauchen in diese Tiefe nieder?“ …………. Drauf der König greift nach dem Becher schnell, In den Strudel ihn schleudert hinein: "Und schaffst du den Becher mir wieder zur Stell, So sollst du der trefflichste Ritter mir sein Und sollst sie als Ehegemahl heut noch umarmen, Die jetzt für dich bittet mit zartem Erbarmen." Da ergreift's ihm die Seele mit Himmelsgewalt, Und es blitzt aus den Augen ihm kühn, Und er siehet erröten die schöne Gestalt Und sieht sie erbleichen und sinken hin - Da treibt's ihn, den köstlichen Preis zu erwerben, Und stürzt hinunter auf Leben und Sterben. Wohl hört man die Brandung, wohl kehrt sie zurück, Sie verkündigt der donnernde Schall - Da bückt sich's hinunter mit liebendem Blick: Es kommen, es kommen die Wasser all, Sie rauschen herauf, sie rauschen nieder, Den Jüngling bringt keines wieder. taucher JungeFrauSchiller