Golo Mann DEUTSCHE GESCHICHTE DES 19. UND 20. JAHRHUNDERTS S. Fischer Verlag INHALTSVERZEICHNIS ,£Ä,SSäEfl?»am Main 1958 VORWORT.................. ii ERSTES KAPITEL Grundtatsachen der deutschen Geschichte..... 19 ZWEITES KAPITEL Stürmischer Beginn (1789-1815) ........ 55 Deutschland und die Französische Revolution ... 57 Neuordnung von oben............. 62 Weltbürgertum und Nationalstaat........ 85 Ende und Erbschaft Napoleons.......... 90 Zwischenbetrachtung.............. 100 Hegel.................... 103 DRITTES KAPITEL Alte und neue Götter (1815-1848)........ 112 Kongreß-Europa............... H4 Metternich-Deutschland............ 118 Ein Beispiel: Joseph Görres........... 128 Perioden und Ereignisse............ 134 Deutschland und seine Nachbarn ........ 150 Geist und Staat................ 158 Heinrich Heine................ 166 Karl Marx.................. 176 VIERTES KAPITEL Achtzehnhundertachtund vierzig ........ 193 5 r ERSTER TEIL: DER HERGANG .......... 193 Märzrevolution................ *94 Ungelöste Fragen............... x99 Irrungen, Wimmgen............. 204 Die Paulskirche................ 209 Rückschlüge................. 213 Schleswig-Holstein.............. 215 Wien und Berlin............... 2*9 Großdeutscli und klcindeulsch.......... 225 Der Bürgerkrieg................ 229 Die preußische Union............. 232 ZWEITERTEIL: BETRACHTUNG.......... 234 Deutsche und Französische Revolution...... 234 Die Großmächte und die deutsche Revolution ■ ■ ■ ■ 237 Die Frage der Nationalitäten.......... 239 Der Klassenkampf .............. 242 Führer und Geführte............. 247 Was blich.................. 249 FÜNFTES KAPITEL Noch einmal Restauration (1819-1862)...... 251 Reaktionsjahre................ 255 Reaktion in Preußen.............. 25g Krimkrieg.................. 264. Staat und Nation in Deutschland ........ 266 Ideen am Werk................ 273 Lassalle .................. 2g2 Arthur Schopenhauer............. 287 6 Preußisches Zwischenspiel............ 293 Einigung Italiens............... 295 Nationalverein und Fortschrittspartei ...... 300 Verfassungskonflikt.............. 307 SECHSTES KAPITEL Preußen erobert Deutschland (1861-1871) . . . . 316 Porträt Bismarcks .............. 317 Bismarck, die Fortschrittspartei, Lassalle..... 331 Krisen-Diplomatie .............. 340 Bismarcks Kriege............... 344 Verwirrung und Neugruppierung........ 356 Der Norddeutsche Bund............ 365 Süddeutschland................ 370 1870.................... 376 Betrachtung................. 383 SIEBENTES KAPITEL Im neuen Reich (1871-1888) .......... 396 Die Gesellschaft und ihre Klassen ........ 399 Parteien .................. 416 Das System Bismarck............. 433 Diplomatie.................. 449 Bürgerzeit.................. 460 Ein Rebell: Friedrich Nietzsche......... 471 ACHTES KAPITEL Kaiserzeit (1888-1914) ............ 481 Der Ausgang Bismarcks............ 483 7 Kaiser und Reich............... 494 Weltpolitik.................. 5°6 Parlament und Macht............. 53° Geist und Ohnmacht.............. 546 Ein Blick auf Österreich............ 553 Die Dauerkrise................ 563 NEUNTES KAPITEL Krieg.................. • • 570 Juli 1914 .................. 571 Kriegsschuldfrage............... 578 Stimmungen ................ 590 Gescheiterte Pläne . . ............ 597 Kriegsziele und innerer Streit.......... 602 Veränderungen................ 615 Gang der Ereignisse.............. 623 Das letzte Jahr................ 636 Trübes Ende, trüber Anfang.......... 648 Betrachtung................. 657 ZEHNTES KAPITEL Weimar................... 669 Zwei Grunddokumente ............ 671 Unruhe, dann scheinbare Festigung....... 682 Leistungen.................. Die Intellektuellen .............. 7lg Von Stresemann zu Brüning .......... 738 Krise und Auflösung der Weimarer Republik . . Betraclitung......... ELFTES KAPITEL Machtergreifung............... 814 Zwischenbetrachtung............. 837 Außenpolitik ................. 843 Der Nazistaat ................ 862 Billige Siege................. 873 Entfesselung des Zweiten Weltkrieges ...... 889 Betrachtung................. 897 Dennoch Kriegsschuldfrage........... 903 Charakter undV erlauf des Krieges........ 915 Widerstand................. 947 Das Ende.................. 95^ ZWÖLFTES KAPITEL Potsdam und die Teilung............ 966 Die Bundesrepublik.............. 981 Adenauer.................. 992 Deutschland und Osteuropa .......... 1007 Die neue Gesellschaft.............. 1022 Die »unbewältigte Vergangenheit«........ 1032 »Les Allemagnes« .............. 1036 BIBLIOGRAPHIE .............. 1049 NAMENVERZEICHNIS........... 1055 8 9 nal« zum Kampf sein, aber die Nazis hatten es selbe, t-ren müssen, weil die Gegner nichts taten. Darum hatd.e! tatur von den Anfängen bis 1959 nur wenige Tausend V schenleben gekostet, Hinrichtungen, Morde, Selbstmord, offenen Kampf fiel keiner. Wenn das, verglichen echten ehrlichen Bürgerkrieg, seine Vorzüge hatte, sn Ii: i. wieder etwas ungewöhnlich Widerliches in diesem seh».. den, unbarmherzig ausgenutzten, aber kampflosen Sie; Teiles der Nation über den anderen. Dieselbe Methode der Überrumpelung, die zu kampl gen führte, gebrauchte H. weiterhin. Erst in Deutsrhir und dann in Europa. Auch das Blutbad vom 30. Juni «au Kampf, nur eine Schlächterei .Die neuen Gegner. Kon* ■ tive und Ultra-Nazis, handelten ebenso wie vorher die Sie kündeten an, es sei Zeit, der Katze eine Schelle unmi gen, aber machten keinen ernsthaften Schritt dazu. II spaßte nicht, wo es um die Macht ging. Darin beruht' Überlegenheit. Er war jederzeit im Krieg, und im h jeder Vorteil, während seine Gegner glaubten, im Fnrr unter Gesetzen zu leben. Man sehe nur, wie leicht w ■ spiel General von Schleicher sich fangen und töten m nicht einmal an Warnungen glaubte, die man ihn gehen lassen. H. wußte das sehr gut, höhnte darüber. W" die Welt auf, es ihm doch nachzumachen: Die Welt W sehr lange nicht, und so lange schritt er von Trim ' umph. Als sie sich endlich entschloß, es ihm gl™'1 mit dem gleichen Ernst zu begegnen wie er ihr, w,rc' loren. Dies kampflose Überrumpeln nahm den Siegen H.saii' » guten Teil von ihrer Realität. So gern er die Worte 1 Vernichten, Ausrotten gebrauchte, er unterdrückt deutschen Bundesländer, selbst Bayern, das älteste, s unter ihnen, schienen 1933 für immer ausgelöscht. H^' sie aber wieder da. So die poKtischcn Parteien; so «■** J schatten. Sie waren wieder da, sie erhoben sich w» überall identisch mit ihren Vorgängern, aber dodi I * lieferungen fortsetzend, sobald der Spuk von ihnen gc" 542 war. Man hat dann in Deutschland erstaunlich wenig Nationalsozialisten finden können. Wie anders in Rußland. Dort, wo ein wirklicher, furchtbarer Bürgerkrieg stattgefunden halle, wurden die alten Klassen und Einrichtungen in der Tat ver-niditet; sie können nicht wiederkommen. Für den Augenblick schloß ein großer Teil der Besiegten sich den Siegern an, sei es aus Opportunismus, sei es aus Überzeugung. Daß die politischen Parteien ihr Schicksal verdienten, sdiien ihr ruhmloses Ende zu beweisen. Die Republik selber, man mußte es zugeben, hatte nicht viel getaugt. War der Liberalismus nicht wirklich veraltet, Parteidiktatur und »totaler Staat« das Zeitgemäße? Daß man nun keine in Freiheit geschriebenen Leitartikel mehr lesen konnte, war für manchen ein Ärgernis, aber dafür ging es aufwärts mit der Wirtschaft. F.s ging aufwärts auch mit der äußeren Politik - eine Entwicklung, die nicht verfehlen konnte, dem Herzen eines jeden Patrioten, Nazi oder Nicht-Nazi, wohlzutun. 1932 noch ■war Deutschlands Stellung in der Welt - angeblich - eine bedrohte, ohnmächtige und entehrte gewesen. Anders zwei, drei Jahre später. Da warb man um das Reich von allen Seiten und machte ihm Zugeständnisse, von denen sich zu Stresc-» nanns, zu Brünings Zeiten kein Mensch hätte träumen lassen. Außenpolitik ■» lebte mit wenigen einfachen Ideen. Die Natur ist grausam. Zu ihr gehört der Mensch; auch er darf grausam sein. *^*t*n ist Krieg. Krieg ist immer; nur seine Formen wechseln. wie ein Raubtier auf Kosten anderer Tiere, so lebt ein Volk *uf Kosten anderer Völker. Was es genießen will, muß es an-ercn wegnehmen. Um in Sicherheit zu genießen, muß es •^mc Nachbarn entweder ausrotten oder, wenigstens, zu dau- 843 ernder Ohnmacht zwingen. Miti^"**^' Nächstenhebe, Wahr-heitsliebe, Vertragstreue, alle die «^fc**"'^'^ Tugenden sind Erfindungen der Feigen und Schw-^ct^x. Die Natur kennt sie nicht. Der Starke übt sie nicht. EVar schlägt den Schwächeren tot; er lügt, bricht Verträge, wo es "Vorteil bringt. So ist es immer gewesen, so sind alle großero. I^nperien entstanden, das römische, das britische, so muß das deutsche entstehen.,. Wie sehr diese Ansicht der Dinge si durch des Mannes gan- zes bewußtes Leben zieht, wie offen. sie jederzeit aussprach, wie genau er nach ihr handelte, Asl rvi her kann nur staunen, wer das Staunen nicht ganz verlern ~t ii st. Auf der ersten Seite seines ersten Buches hatte er gesät* jc-ieben: »Erst wenn des Reiches Grenze auch den letzten Deutschen umschließt,ohne mehr die Sicherheit seiner Ernährubieten zu können, ersteht aus der Not des eigenen Volkes d a s moralische Recht zur Erwerbung fremden Grund und Bodens. Der Pflug ist dann das Schwert, und aus den Tränen des Klx-ieges erwächst für die Nachwelt das tägliche Brot.« Zwanzig Jahre später, wenige Monate vor dem Ende, philosophier-1 es er in einer Rede vor deutschen Offizieren: »Zu den Vorgäa^r^-en, die wesentlich unveränderlich sind, durch alle Zeiten Ii in. durch gleich bleiben und sich nur in der Form der angewandten Mittel ändern, gehört der Krieg. Die Natur lehrt uns fc» ei jedem Blick in ihr Walten, in ihr Geschehen hinein, daX3 das Prinzip der Auslese sie beherrscht, daß der Stärkere Sieger bleibt und der Schwächere unterliegt... Es ist eine an d e?:re Weltordnung und ein anderes Weltgesetz nicht denkbar, in einem Universum, in dem die Fixsterne Planeten zwingen, um sie zu kreisen, und Planeten Monde in ihre Bahn zwirx ^:G-tn m dem im gewaltigsten, gigantischen Geschehen Sonnen, eines Tages zerstört werden und andere an ihre Stelle treten . Sie lehrt uns auch, daß, was im Großen gilt, im Kleinen g-enau s0 als Gesetz selbstverständlich ist. Sie kennt vor allesrm nicht den Begriff der Humanität, der besagt, daß der Sein, ächere unter allen Umständen zu erhalten und zu förde*-;«^ sei.. • Diese W» haben nicht wir Menschen geschaffen, soxxjern wir sind nur ganz kleine Bakterien oder Bazillen auf d iesem Planeten. Wir 844 können diese Gesetze nicht ableugnen, wir können sie nicht beseitigen... Das, was dem Menschen als grausam erscheint, ist vom Standpunkt der Natur aus selbstverständlich weise. Ein Volk, daß sich nicht zu behaupten vermag, muß gehen und ein anderes an seine Stelle treten... Die Natur streut die Wesen auf die Welt aus und läßt sie dann um ihr Futter, um ihr tägliches Brot ringen, und der Stärkere behält oder erobert diesen Platz und der Schwächere verliert ihn oder er bekommt keinen. Mit anderen Worten, der Krieg ist selber an sich unvermeidlich. Die Kleinheit eines Staates, einer Nation oder eines Volkes bestimmt nicht etwa die Natur zu einem Mitleid, sondern im Gegenteil, was nicht stark genug ist, wird von ihr unbarmherzig beseitigt, und in dieser scheinbar unbarmherzigen Grausamkeit liegt letzten Endes die kalte Vernunft.« -Dies war die Philosophie; roher Naturalismus, von schlechten Schülers-Schülem Darwins gelernt und auf die Politik übertragen. Mit ihrem banal Richtigen und banal Falschen wäre sie nicht der Rede wert, hätte ihr Prophet, welcher der deutsche Staatschef war, sich nicht im Ernst angeschickt, europäische Völker in ihrem Sinn zu traktieren. Was dann seinen praktischen Plan betraf, so zerfiel er ungefähr in vier Arbeitsgänge, vier Vorstöße, von denen jeder dem nachfolgenden von seiner Schwungkraft mitzuteilen hatte. Zunächst, wie es hieß, galt es, Deutschland von den »Fesseln des Versailler Vertrages« zu befreien. Das Ziel war populär und Plausibel; daß am Versailler Vertrag manches falsch war, haben wir gesehen. Aber das Ziel hielt H. für völlig unzurei-^nd; die bloße Wiedergewinnung der Reichsgrenzen von »914 lohnte nicht die Aufopferung von Millionen deutscher Menschenleben. Zweitens mußte man Bismarcks kleindeut-«Aen Nationalstaat zum gesamtdeutschen machen, ihn nach Österreich und Böhmen so weit ausdehnen, wie die deutsche Zunge reichte. Drittens wußte man, schon seit 1848 daß ein »Iches gesamtdeutsches Reich seine eigene Dynamik hatte; « würde bei ihm nicht bleiben, die kleineren slawischen und Donauvölker mußten ihm auf die eine oder andere Weise Untertan werden. Endlich kam Rußland. Es hatte der Mensch 845 ernder Ohnmacht zwingen. Mitleid, Nächstenliebe. V, heitsliebe, Vertragstreue, alle die christlichen Tugenden sind Erfindungen der Feigen und Schwachen. Die Natur kennt sie nicht. Der Starke übt sie nicht. Er schlägt den Schwächeren tot; er lügt, bricht Verträge, wo es Vorteil bringt. So ist es immer gewesen, so sind alle großen Imperien entstanden, das römische, das britische, so muß das deutsche entstehen... Wie sehr diese Ansicht der Dinge sich durch des Mannes ganzes bewußtes Leben zieht, wie offen er sie jederzeit aussprach, wie genau er nach ihr handelte, darüber kann nur staunen, wer das Staunen nicht ganz verlernt hat. Auf der ersten Seite seines ersten Buches hatte er geschrieben: »Erst wenn Reiches Grenze auch den letzten Deutschen umschließt, ohne mehr die Sicherheit seiner Ernährung bieten zu können, ersteht aus der Not des eigenen Volkes das moralische Recht zur Erwerbung fremden Grund und Bodens. Der Pflug ist dann das Schwert, und aus den Tränen des Krieges erwädist füruV Nachwelt das tägliche Brot.« Zwanzig Jahre später, wenige Monate vor dem Ende, philosophierte er in einer Rede vor deutschen Offizieren: »Zu den Vorgängen, die wesentlich unveränderlich sind, durch alle Zeiten hindurch gleich bleiben und sich nur in der Form der angewandten Mittel ändere, gehört der Krieg. Die Natur lehrt uns bei jedem Blick in ihr Walten, in ihr Geschehen hinein, daß das Prinzip der Auslese sie beherrscht, daß der Stärkere Sieger bleibt und der Schwächere unterliegt... Es ist eine andere Weltordnung und ein anderes Weltgesetz nicht denkbar, in einem Universum, in dem die Fixsterne Planeten zwingen, um sie zu kreisen, und Planeten Monde in ihre Bahn zwingen, in dem im |M tigsten, gigantischen Geschehen Sonnen eines Tages zerstört werden und andere an ihre Stelle treten. Sie lehrt uns auch, daß, was im Großen gilt, im Kleinen genau so als Ge*» selbstverständlich ist. Sie kennt vor allem nicht den Bender Humanität, der besagt, daß der Schwächere unter all« Umständen zu erhalten und zu fördern sei... Diese haben nicht wir Menschen geschaffen, sondern wir sind nu. ganz kleine Bakterien oder Bazillen auf diesem Planeten. leimen diese Gesetze nicht ableugnen, wir können sie nicht lM-seitigea... Das, was dem Menschen als grausam erscheint, ist vom Standpunkt der Natur aus selbstverständlich weise. Ein Volk, daß sich nicht zu behaupten vermag, muß gehen und ein anderes an seine Stelle treten. . . Die Natur streut die Wesen auf die Welt aus und läßt sie dann um ihr Futter, um ihr tägliches Brot ringen, und der Stärkere behält oder erobert diesen Platz und der Schwächere verliert ihn oder er bekommt keinen. Mit anderen Worten, der Krieg ist selber an sich unvermeidlich. Die Kleinheit eines Staates, einer Nation oder eines Volkes bestimmt nicht etwa die Natur zu einem Mitleid, sondern im Gegenteil, was nicht stark genug ist, wird von ihr unbarmherzig beseitigt, und in dieser scheinbar unbarmherzigen Grausamkeit liegt letzten Endes die kalte Vernunft.« -Dies war die Philosophie; roher Naturalismus, von schlechten Schülcrs-Scliülern Darwins gelernt und auf die Politik übertragen. Mit ihrem banal Richtigen und banal Falschen wäre sie nicht der Rede wert, hätte ihr Prophet, welcher der deutsche Staatsdief war, sich nicht im Ernst angeschickt, europäische Volker in ihrem Sinn zu traktieren. Was dann seinen praktischen Plan betraf, so zerfiel er ungefähr in vier Arbeitsgänge, vier Vorstöße, von denen jeder dem nadifolgenden von seiner Schwungkraft mitzuteilen hatte. Zu-nädist, wie es hieß, galt es, Deutschland von den »Fesseln des Wsailler Vertrages« zu befreien. Das Ziel war populär und plausibel; daß am Versailler Vertrag manches falsch war, haben wir gesehen. Aber das Ziel hielt H. für völlig unzurei-diend; die bloße Wiedergewinnung der Reichsgrenzen von '9'4 lohnte nicht die Aufopferung von Millionen deutscher Menschenleben. Zweitens mußte man Bismarcks kleindeut-^"•n Nationalstaat zum gesamtdeutschen machen, ihn nach ^erreich und Böhmen so weit ausdehnen, wie die deutsche Zunge reichte. Drittens wußte man, schon seit 1848, daß ein »Iches gesamtdeutsches Reich seine eigene Dynamik hätte; ■ *ürde bei ihm nicht bleiben, die kleineren slawischen und ■^nauvölker mußten ihm auf die eine oder andere Weise un-krtan werden. Endlich kam Rußland. Es hatte der Mensch 844 845 sich avisgerechnet, daß nur in Rußland der Raum zu finden sei, dessen die Deutschen bedurften, um ein Zweihundert-millionen-Volk, ein Herrenvolk, ein Weltherrschaftsvolk zu werden; und daß der Bolschewismus, den er für eine jüdische im Grunde schwächliche Regierungsform hielt, ihnen eine willkommene Chance dazu gäbe. In Westeuropa war nicht \:. zu holen. Beherrschen mußte man es wohl. Besiegen mußte man es wahrscheinlich, weil es sich Deutschlands I ferrschaft nicht friedlich würde gefallen lassen. Trotzdem war Westeuropa nur ein Nebenschauplatz, die deutsch-französische Feindschaft etwas bei Gelegenheit mit der linken Hand rasdi zu Erledigendes. Mit England hätte er sich am liebsten vertragen vielleicht, wenn die Leute dort mit sich reden ließen, konnte man bis zu einem gewissen Punkt die Herrschaft mit ihnen teilen .. . Dies die Grundkonzeption. Sie war in dem 1925 veröffentlichten Buch »Mein Kampf« entwickelt, und H. ist in zwanzig Jahren von ihr nicht abgegangen. Drei Tage, nachdem er Kanzler geworden war, erklärte er in einer Ansprache an die Befehlshaber der Armee, »die Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose GermanM* rung« werde das Ziel seiner Politik sein. Die einzelnen Gedanken und Gefühlsstücke kamen ihm alle von irgendwo her; aus Österreich Judenhaß und Slawenhaß. der großdeutsche Nationalismus; aus der Kriegszeit der Begriff des Lebensraums, das nahezu unbegrenzte Erobern nach allen Seiten und besonders im Osten; von deutschen Historikern und Philosophen das Ineinssetzen von Macht und Recht, dir Verachtung des Moralischen. Sein eigenerBeitragwardieWil-lensstärke und verrückte Konsequenz, mit der er in allen diesen Dingen Ernst machte. Dazu kamen Erlebnis und Beurtedun« einer einzelnen geschichtlichen Erfahrung. Felsenfest war « davon überzeugt, daß Deutschland bei besserer Führm Weltkrieg hätte gewinnen können, ja, daß hierzu eigrntlio. nichts notwendig gewesen wäre als das zeitige Niedersdilac<-n aller »marxistischen Verräter«. Nun wollte er Deutschland » regieren, daß, wie er tausendmal sagte, »kein zweites 19' 4 möglich wäre. Wir schreiben allgemeine Geschichte, nicht Biographie, und brauchen uns mit den dunklen Gründen der Person, aus denen diese Kräfte, diese Motive und Beurteilungen aufstiegen, nicht zu befassen. Der Plan war nicht nur unpraktisch, mußte, wenn man an seine Ausführung ging, früher oder später sich selbst zerstören; er war auch in sich nicht stimmig, nicht echt, er «U schlechte Literatur. Wer so die Menschheit haßte und das eigene Volk auf Kosten der Menschheit wollte blühen lassen, .wr konnte auch das eigene Volk nicht lieben, zumal es auch aus Menschen bestand. Macht über das eigene Volk, welches zufällig das deutsche war, und durch das eigene Volk Macht uherdie Welt; aber nicht, wie er sich und ihm einredete, dem eigenen Volke zuliebe. Sich selber zuliebe; dem Teufel zuliebe. II hatte viele Gesichter. Als er aber 1945 äußerte, die Deutschen seien ihm gleichgültig und wenn sie ihm nicht bis zum Ende folgen könnten, so verdienten sie unterzugehen, und als er entsprechend handelte - da zeigte er sein wahrstes Gesicht. Wläufig, solange Deutschland nicht kriegsbereit war, mußte er vieles verbergen, nicht nur die unterste Schicht seines Plauens, Wesens und Wollens, sondern auch manches mehr. Der Mann des Krieges mußte den Mann des Friedens spielen. Das war sdiwierig oder hätte schwierig sein sollen, weil er in frü-MOO Jahren im Ausplaudern seiner Wunschträume ziemlich Mit gegangen war; die Dinge standen da, schwarz auf weiß. Aber die Welt will betrogen sein, will es besonders dann, wenn '»an ihr sagt, was ihr an sich wahr, begehrenswert und vernünftig scheint. Sie vergißt dann nur zu gern, wer es ist, der es ■ sagt. Konnte der wilde Mann nicht etwa, in der Reife der Jahre und unter der Bürde der Verantwortung, vernünftig ge-»orden sein? Offenbar, er war es; denn was er sagte, was er ,unf Jahre lang in ungezählten »Friedensreden« das friedens-*hnsüchtige Europa hören ließ, war alles gut und weise. Krieg Wahnsinn, könnte nur zur Vernichtung der Zivilisation füh-kein Volk sei friedensbedürftiger als das deutsche; es wol-'e nur, wie jeder Ehrenmann, die eigene Ehre wiedergewin-10n und «ei bereit, Ehre und Lebensinteressen anderer Natio-tlcn- der großen und kleinen, ritterlich anzuerkennen; nicht 846 847 Herrschaft, nur Gleichberechtigung sei sein Ziel und so fort -wer konnte dem widersprechen? Schritt für Schritt ging er vor, dem Ziele, dem Kriege zu. Jeder Schritt war gewagter alt der vorhergehende. Nach jedem Schritt machte er Halt und sorgte durch neue Friedensreden und Angebote dafür, daß dir Welt ihm noch immer glaubte, noch immer nichts Wirksames gegen ihn unternähme, indem er, was er auch tat, im Sinne ihrer eigenen Philosophie, Gerechtigkeit, wirtschaftlich.-Vernunft, Selbstbestimmungsrecht der Völker und so fort interpretierte. Dieser Betrug muß ihm einen enormen Spaß gemacht haben, und er hätte wohl selber nicht geglaubt, daß dir Welt sich so leicht, so lange würde betrügen lassen. Ein Betraf, war es auch an der eigenen Nation. Das half, denn hätten dir Deutschen wissend mitgespielt, hätten sie gewußt, was gespielt wurde, dann wäre es unmöglich gewesen, die Welt zu betrügen. Ein ganzes Volk kann nicht Komödie spielen. Aber die Deutschen in ihrer überwältigenden Mehrheit, waren so friedliebend wie Franzosen und Briten. Auch sie hörten gem. was ihr Führer ihnen von Ehre, Gleichberechtigung und Aufbauarbeit schmeichelnd erzählte; und hörten es um so lieber, als er damit genau so viel männliches Auftrumpfen verband, wie er ohne Gefahr wagen konnte. Eingeweiht in die innersten Gedankengänge des Mannes war nur ein kleinster Kreis, und selbst der wurde es nur allmählich. Andere wußten, ohne eingeweiht zu sein, auf Grund von Erinnerungen an das früher Proklamierte und Gedruckte, mehr noch auf Grund unmittelbarer, untrüglicher ästhetischer und moralisch drücke. Diese, ob sie nun zu Hause blieben oder in die Emigration gingen, hatten das bittere Los Kassandras. Als H. zur Macht kam, fragte der Diktator oder Halb-Diktator Polens, Marschall Pilsudski, in Paris an, ob es nicht das bestf wäre, sofort zu handeln und die hier erscheinende Gefahr im Keim zu ersticken. Die Franzosen fanden die Entschluß'"'11 nicht, und eine erste große »Friedensrede« des neuen Mann« erschwerte es ihnen gewaltig, sie zu finden. Damit wardasi dell für alle folgenden diplomatischen Krisen zwischen 1*9 und 1939 gegeben. Wenn eine Macht - Frankreich, Po«1' 848 England, Rußland - wirklich oder angeblich zu handeln bereit war, waren es die anderen nicht, und da keine allein handeln wollte, so handelte keine. Nicht gegen Deulvhl.iiiil jede der europäischen Mächte fand sich hin und wieder l>ereit auf eigene Faust mit Deutschland zu handeln, so daß > Das Reich gerät in Konllikl mit Osierrri.h, der ■ in diplomatischer, zugleich auch ein politis«her odei inneii|Hi litischer ist. I )enn in Österreich liegen die Dinge unpMl M wie die Luge in Hävern gewesen wäre, halte es sn Ii im M.n/ 1933 nicht ergeben. Auch Österreich ist oder bekennt lirji al« ein deutscher Staat. Aber es gehört nicht zum Iteidi r* ist nicht »gleichgeschaltet«. Es regieren dort die Christlidi S.n.i-len, eine stark österreichisch akzentuierte Abart des Zentrum. Die Spannungen sind in Österreich viel scharfer ab in Hävern, und zwar nicht nur zwischen den Ohrisllirli-Sozialrii und dm österreichischen Nazis, die praktisch eine Vereinigung «Irr •Ostmark« mit dem Reich erstreben, auch zwivberi il«i 1 Kieriuigspiirtei und den Sozialdemokraten, welche die Hauptstadt Wien verwalten. Eine doppelte Spaltung des Volk« ab». Her Bundeskanzler, Dollfuß, sieht, um dem Schicksal Barerm zu entgehen, keinen anderen Weg als den der Diktatur, Reübt durch seine eigene Partei. Die Organisationen der San» «■erden verholen, Deutschland antwortet mit IWmnrn WM dem Schließen der Grenzen; jeder Deutsche, der nach ö«f «•ich reisen will, muß die Erlaubnis dazu mit da« I Summe bezahlen. Österreich ist ärmer als DruUchlaiK die Überwindung der Wirtsdiafukrisegchtdort*talll vorwärts. Dies wie auch die alten, großdeutsrhen und 1 "«tischen Traditionen des Landes lassen die verbot«» Na«i-I'nrtei weiter ansteigen. '953, Herbst. Eine »Abrüstungskonferenz, die in ( br»ngt nichts zuwege. Im Prinzip ist l>utsthlanddii ^••chtigung« längst zugestanden. Aber Frankreich, da. lagt. riefe den Deutschen an Bevölkerungszahl, Industrie und Lei*.,,, kraft weit unterlegen weiß, will nicht ernsthaft abrüsten, nur darüber reden. Das gibt H. einen willkommenen U er habe nicht Waffen für Deutschland, nur Gleichberechtigunj, nur Abrüstung der anderen gefordert. Da diese billige Kord,, rung wieder und wieder unerfüllt geblieben sei, so ■ Deutschland leider den Genfer Völkerbund verlassen Geste gefällt den Deutschen. Es ist eine Geste der Frei! des Stolzes, und sehr wohllautend begründet. Rasch wird dir Nation gefragt, ob sie die Außenpolitik »ihrer Reichsregicruns. billige, und sie antwortet mit einem überwältigenden JA. wozu diesmal nicht einmal viel Druck von oben not«. ... Mittlerweile hat das heimliche oder nichtheimliclic Rii das Aufstellen neuer Divisionen längst begonnen. Januar 1934. Polen und Deutschland erklären, sie fortan keine Gewalt gegeneinander anwenden, Schwierig» ten, welche noch auftauchen könnten, friedlich lösen und in Freundschaft zusammen leben. Die Erklärung soll zunädiit einmal für zehn Jahre gelten. Ein geschickter SdiachzuR. Er trägt dazu bei, das französische Allianzsystem im Osten zu unterminieren, läßt Möglichkeiten einer deutsch-polnisdirn Zusammenarbeit gegen Rußland am fernen Horizont BW» nen. Er zeigt - oder tut er das nicht? -, daß die neue deutsdir Führung ungleich mehr Mut und Macht hat als die alte wimarische, welche niemals zu einem freundlichen Verhältnis mit Polen zu kommen gewagt hätte, solange es den »Korridor, gab und Danzig und Oberschlesien. All das scheint 11 für zehn Jahre wenigstens, hinzunehmen... Warum. W er im vertrauten Kreise, soll ich nicht heute einen VC** unterzeichnen, wenn es Vorteile bringt, und ihn brechen? 1934, Februar. Der Österreicher, Dollfuß, um zu zeigen. Al auch er ein starker Mann und kein Marxistenfreund sei. h*-zum Schlag gegen die Wiener Sozialdemokratie aus. Die «<■••■ sich, resoluter als die deutsche; aber die regierende Partei 11 ihre Kampfverbände sind stärker. Nun hat auch 0s'cr* seinen Einparteistaat, seine gefüllten Gefängnisse, i 850 mordeten Sozialisten, nur alles freilich sehr im Kleinen Engen. Dahinter steht Mussolinis Italien, das Österreich wie Ungarn an sich zu schließen und gegen Deutschland auszuspielen sucht. 1954, Juli. Die österreichischen Nationalsozialisten schlugen los; versuchen die Macht zu erobern, nicht legal, nach der Art des Januar 1933, vielmehr nach der Art des November 1923. Dollfuß, der Diktator, wird in seiner Amtswohnung umgebracht. Aber wieder erweist sich der Staat, wenn er sich nur zu verteidigen wagt, als stärker als die Putschisten. Die Nazis iniigen ein gutes Drittel aller Österreicher hinter sich haben; trotzdem läßt sich der Staat von ihnen nicht erobern. Und da nun Mussolini seine Divisionen drohend oder schützend am lirenner aufmarschieren läßt, so wagt H. es auch von außen nicht. Eilends zieht er sich aus der Affäre zurück. Mit den bedauerlichen Vorgängen in Österreich, heißt es nun, habe das Reith gar nichts zu schaffen; wer auch nur den Schein, als sei das anders, zu erwecken mitgeholfen habe, werde seiner Strafe nicht entgehen ... Das rasche Nachgeben des Mannes in du m 1 Phase, sobald er auf festen Widerstand trifft, ist interessant, und man könnte wohl daraus lernen. Es bleibt aber das einzige Mal zwischen 1933 und 1938, daß eine fremde Macht ihm widersteht. 'O^Si Januar. Die Saarländer stimmen über die Frage ab, oh sie unter der Verwaltung des Völkerbundes bleiben oder zu Deutschland zurückkehren wollen. Der Versailler Vertrag hat das für fünfzehn Jahre nach dem Friedensschluß vorgesehen. Die Sozialdemokraten am Ort kämpfen für den »Status quo«. v°n ihrem Standpunkt aus mit gutem Grund; aber das natür-lidie Gefühl der Zugehörigkeit zum großen, so sichtbar aufzeigenden Vaterland, zusammen mit Goebbels' Propagan-da. ist stärker als alle politischen Künsteleien. Die Saar stimmt fur Anschluß an Deutschland; und eine neue Welle von Emi-Kranten, braven Arbeitern, die sich von der Politik haben aus-nu''en und betrügen lassen, wird nach Frankreich hinüber-eespült. ">34- '935- Unter dem Eindruck der deutschen Drohung rückt 851 tím lluuiand Stalini nhhrr an Wrslriiropii hrran. In .I.. ■ Ul/trr Kmit iil. kanu niemand uteru; tn wringt wif rniilhnft 11.» rlirluriuhe Angriffe auf drn I fl mul Jrdrllllllls, (lir Sms |.1111111.11 wird Milghnl .1., \ bundef. SietchlirDl »gar. igvs. ein VritndiKiuiKihundim Ir.inkreii ll alt, mi ilnit man drnu wieder ..'i (Irrn 1'ui.i! , ■ lan«l wárr, drn mnu 11)17 vrrlirlt: dir HiiKrlmarhto rp> dal itarkr l.aiul tlrr Mittr. Aber wrdrr I rnnkrndi, on I )iuImIiIiim.I. Ilii.ll HllUIllUll Mllll. Was 11.' lNi|, m,ii.: ,. fmli wiederholt dir (ieirjiirhlr lirh nicht. In 1'raiikmdl wt •illrin balancieren sich (lir politischen lUmk- Hnliir liti 1 kr. iirutraliiirren lieh dir ürsiiinunttm, Wunithr und Aa#* (Irnirl, dal! iilirrlniii|il keine Tat daraus kommen kann, www 111 drr riiirn imk-Ii in (Irr anderen Kiditiine:. Dir Hr.hiri.iikm Tradition nutil iiiitu.niilislisrh und drut«iifrindlirh, aba mni im«rmji.i 11 von II.« Antikiimmunisimis; den kiinntr nun >»i In.Iii dii.ll milm.i. Ilrn. Dir I.illkr Iii illlrl I'i.kIii.'" d.Mllsilitirimdllill und pazifistisch; 111 (Irin (IchImIitii Ilm »cfiaflliyilrin 11111O sir ihren l'rind m-hrii; nlx-i iirln. «•> II lul (..In n.ic.l. silirml 1I11 Ii..l/.lcm rullliK; sir wrlll indil. »« »ir will. Iiuirrr /wirtraiiit, BiifiirrrKlrs Ni.lilslun, rmlw" Alinrll. tl.i|'. iiiiii in (Irr Vrr»T,alli;rliliri( nllrs l.tli(li . Iint und nutil jetzt iillr* fnlirh minfil - (Im iit dir hrdr nni* in der taugliche Allianzen wachten. Da» runaliehfrani'*««'» lliiiidms l.l.-il.i l.l,.11. v l'apirr. Mar». IOV> II. Rclit riiirn Schritt wrilrr; proklamiert • ■ Kü»tun(t»frrilint und dir nllKrmrmr W. hrpflicht. K* 1* neue Sache; nur dai drnmatisihr Kurl/irlim dr» Sehlrtrn rinrr Sadir, dir rv langst schon «all \us (In I"'"' ii»*r'" " dir .Wrhrmadil« Sir wird tleni I nelni diriini. rudl M Knrg, wirtl Humpa vor drm HolKJirwiunu» »cbutM« U» -|a wahr, dai i»t ja richtig; wnnim »II l)rul*hlan« nirlit tun dürfen, wni alle anderen lun? .. Dir VontrlIuM* tlrr Uniiiwitiiir wrrdrn mehr der Form wrgrn ab a|k< praküuiirn /wrek rrhobrn und kimnrn dir «MB» Irrndr. jubrlndr Militärparadr vor drm Hrrlinrr Sddal«** vrrtlrrbcn. Drri Monate tpatcr »chlirßt Kngland aal alf* »Ii imi l'iin/ip fiu rtigl.a.1 Wwinaiikuiicen (In YrtM.llrt Witt««*, tmm .In Su-granir. n,d«ullm |- JIJ,|___ ..l.l.l....l.t.g ttbullrll r,muknmkmmm . natu «•in Kiir(iiiiimitrhitira in Alna« ■ illriiibih imilnimi mul lha «dl Itmli et tut Akla*. ftn> 1 »!«■(. Hr.1,1.1,,,,,1, ,u ,,*,nM, hofll M IMI „.,,, Addn Abeba. Dar Yalaawba • halllnhr Saiiktiiiiw-n« |tpn dm Alfmin ■1» «-.(«■ Kiu-clulirun« rtktri r„,.th«n WnklMHlrli 1 »W1.1.1KI. Iirlirn ihnen ab« aiaMM uiWKnl.,1«, Verrat aa aVm ... mmtm mk ato < ■Knbi .Ir, \ .,lkr.lm«baaaJi.| linln« «a M dr. Venia« na U-.mo """""i -. .Im II im Mar« .oil »»tri .uwlUlKbr. hulmb •kw «...Ii rmr all», im . dir .1 »rtmillaf I .l.«l «r.11,,1, dr. V 85a Garnisonen unterhalten. Ein Ersatz für den Pufferstaat, den Clemenccau 1919 nicht zugestanden erhielt; ein militür-freier Gürtel, dem man zutraute, Frankreich und Belgien vor überraschenden Angriffen zu sichern. Man schützt sich aber nicht durch solche angeblich neutralisierten Zonen. Nui schickt H. ein paar Bataillone über den Rhein; ein Symbol zunächst, dem gewichtigere Dinge, der Bau von Befestigungen entlang der Grenze, folgen sollen. Es ist schon die gewohnte Vorfrühlingsüberraschung. Den Deutschen gefällt sie. und warum sollte ihnen nicht gefallen, was doch eigentlich nur Wiedergutmachung, der Bruch eines veralteten boshaften (je-setzes ist? Der Erzbischof von Köln selber feiert die deutsdie Garnison mit einem herzhaften Glückwunschtelegramm. Trotzdem war die Bheinlandbesetzung ein entscheidende* Ii eignis, auf ihre Art so wegweisend wie der Beichstagsbrand. Wenn die Westmächte die Zerreißung des Locarno-Vertrages hinnahmen, dann würden sie auch Weiteres hinnehmen, dann würden sie Deutschland zur Vormacht wenigstens in Mittat und Osteuropa werden lassen. Das französische Allianzsystem würde dann schnell in Staub zerfallen. Wenn aber Frankreidi jetzt handelte, drohte, marschierte, so mußte H. seine Bataillone eilends über den Rhein zurücknehmen und es war dann nahezu alles möglich, selbst der Sturz der Diktatur. 'I al lieh erwarteten die deutschen Generäle, Blomberg, Fritsdi, Beck, eine französische Aktion, und tatsächlich warnten sie vor dem Abenteuer. Und drei Tage lang schien es, als habe H. diesmal zu gewagt gespielt. In Frankreich wurden Truppen zusammengezogen und zum ersten Mal seit 1933 ernsthaft drohende Reden gehalten. Aber dann ließen die französischen Politiker sich aufs Verhandeln ein, nicht mit Deutschland zunächst, sondern mit ihren englischen Freunden und dann, H. fröhlich beobachtete, »konnten sie es nur noch zerreden«. Wieder war das Land durch Zweifel paralysiert: Warum die Deutschen nicht sich ein Recht nehmen sollten, das allen anderen Völkern zustünde? Warum man sie daran hindern sollte, gegen Bußland zu marschieren, wenn das wirklich ihr or » ben sei? ... Die deutsche Propaganda vollbrachte ihre bis dal»" staunenswerteste Leistung. Das Unternehmen, dessen Zweck . Frankreich zu isolieren und von seinen Bundesgenossen im Osten zu trennen, wurde als ein Angebot ewiger Freund-, /.wischen Deutschland und den Westmächten dargestellt; l]l ,l:is Ausstrecken einer Bruderhand über den Rhein. Wie-,wie nach dem Austritt aus dem Völkerbund, wurde die aufgefordert, in einem Plebiszit das Geschehene zu billigen; und die wahre Frage bei dieser Abstimmung sei eben, ob die Wähler die Einheit Europas, die endliche Überwindung der deutsch-französischen Erbfeindschaft wollten oder nicht. Auf dieser Basis wurde der »Wahlkampf« geführt. Nachdem das Volk ein paar Wochen lang mit »Friedensre-:i überschüttet, zum Schluß noch mit einer Minute Schweiften, dann mit dem Läuten aller Glocken, dem Heulen aller S 1 Inn regaliert worden, schritt es zur Urne - »wer nicht zur Wahl erscheint, ist ein Landesfeind«; und was Wunder, daß neunundneunzig vom Hundert alle die schönen Dinge bejahten, um die es angeblich ging? Damals hatte die Popula-itat des Diktators ihren Höhepunkt erreicht. Auch der Außen-«H leihe sich das mit. Wenn man in London sich noch we-I ige früher über scharfe, gegen das Reich zu unterneh-'"inilc Schritte beraten hatte, so ging jetzt eine Welle pro-Btsdier Sympathie über England, von der auch die Begierig nicht unberührt blieb. Die Chance für einen blanken, instruktiven Neubeginn sei nun endlich gegeben, ein zweites, »Locarno« müsse das erste ersetzen... H. ging als ' rillI"phator aus dem kühnsten bis dahin von ihm unternommen Abenteuer hervor, gegen alle Welt, und besonders ent-11 'Im Warnungen seiner eigenen Generale. Man kann W» sagen, daß diese Erfahrung seinen Charakter verändert ■abe. Der war schon vorher geprägt, wie auch seine Ziele im ,r°ßen schon vorher feststanden. Aber es machte ihn noch si-«« in dem Glauben, daß er der Erwählte, Unfehlbare sei, widbeschl Zu cunigte gewisse Entwicklungen. "W,Wle der deutsche Außenminister bemerkte, galt es, das ; ,Cm an° zu »verdauen«, nämlich dort die Befestigungen an-°Sen' Wekhe später der »Westwall« genannt wurden; so 854 855 lange war Friede. Eine Epoche der Beruhigung, des » Appca*-. ment«, wie der neue englische Premier, Neville Chamberlain es nannte. Der spanische Bürgerkrieg fällt in diese Zeit. Aber er gehört nicht in eine deutsche Geschichte. Er war spanisch in seinem Charakter und hätte mit den europäischen Gegensätzen. Deutschland und die Westmächte, Deutschland und Rußland. Faschismus und Kommunismus, Kapitalismus und Sozialismus, mit diesen an sich schwankenden und vagen Gegensätzen nie identifiziert werden dürfen. Spanien war ein einsames Land, und in seiner Einsamkeit hätte man es damals lassen sollen; sein innerer, durchaus nur spanischer Konflikt wäre dann vielleicht etwas rascher und etwas weniger furchtbar ausgetragen worden. Tatsächlich halfen Deutsche und Italiener dem General Franco, Russen und Franzosen den Republikanern, (ihm Block, der aus gemäßigten Liberalen, Sozialdemokraten, Re-gionalisten, Anarchisten. Kommunisten und Mordbanden sich bunt zusammensetzte. Die Hilfe wurde nicht aus Nädisten-liebe gegeben, sondern zu politischen, strategischen, auch w»hl bloßen militärischen Übungszwecken. Daß es geschah, daß in Spanien Weiße und Rote einander jahrelang hinschlachteten mit europäischer Hilfe, warf ein schauerliches Licht auf die Epoche der »Beruhigung«. Trotzdem war Spanien nur ein Nebenschauplatz der deutschen, italienischen, russischen Politik; hier fielen letzthin keine europäischen, nur spanische Entscheidungen. Mittlerweile verschoben sich die Gewichte des europäischen Mächtespiels von Monat zu Monat. Das Deutsche Reich stand wieder im Mittelpunkt, nicht passiv und jammernd wie in den zwanziger Jahren, sondern aktiv wie vor 1914; ein Zentnim der Unruhe, der Bedrohung, der Anziehung. Dies, obwohl es noch keines der 1919 verlorenen Territorien zurückgewonnen hatte, nur durch seine inneren Energien und seine Führung, deren alles daransetzende, blutig-ernste Geschicklidikeit so sehr abstach von dem schwachen, folgenlosen Gebaren der Westmächte. Noch stand Frankreichs kompliziertes AllianöV stem auf dem Papier, Polen, die Tschechoslowakei, Rumani«. Jugoslawien waren alle mit ihm verbündet, wozu nun der französisch-russische Pakt kam. Aber dieser verwirrte das System anstatt es zu stärken; die kleinen Oststaaten fürchteten Hiißland und hatten Grund, es zu fürchten. Daß der russischfranzösische Pakt selber nur auf dem Papier stand, verbesserte nichts. Je stärker Deutschlands militärische Position im Westen wurde, desto mehr verdichtete sich die Angst, es könnte Frankreich seine mitteleuropäischen Verbündeten heimlich sdion aufgegeben haben; desto begieriger wurden die Donau-und Balkanstaaten, korrupte Halbdiktaturen zumeist, einst so frech, so großmannssüchtig, sich der aufsteigenden Zentral-inadit gefälliger zu erweisen. Wie sollte der ein Bündnissystem aufredit und wirksam erhalten können, der sich selber nicht traute, der nicht wußte, was er wollte, der am liebsten von aller Welt in Ruhe und allein gelassen gelebt hätte? Es bedurfte Kar keiner dramatischen Schläge, um das französische Hündnissystem aufzulösen, es verfaulte allmählich. Wirtschaftliche Faktoren spielten mit hinein. Deutschland, nicht Frankreich, war seit eh und je der große Käufer und Verkäufer auf den mitteleuropäischen Märkten. Unter dem sogenannten »Neuen Plan« Hjalmar Schachts nahm dies Verhältnis merkwürdige Formen an; um die Ausgabe von fremden Geldsorten, »Devisen«, zu vermeiden, wurde eine Reihe von zweiseitigen Abkommen geschlossen, eigentlichen Tauschgeschäften, «eiche die Staaten Mittel- und Südosteuropas in zunehmende Abhängigkeit von Deutschland brachten. Solange Deutschland mit brauchbaren Fertigwaren bezahlte und nicht mit Plunder, war gegen diese Methode kaum etwas einzuwenden. Auch sah man etwa in England die hier vorgezeichnete Entwicklung als im Grunde natürlich an. Wenn Deutschland die 'iRene Wirtschaft und jene der Südoststaaten durch einen in-Jfnsiven Wechselverkehr wiederbelebte, meinte Neville Cham-*riain gutmütig, dann sei das kein Grund zur Beunruhigung; '""er oder später würde dabei auch für die englischen Exporteure etwas abfallen ... Dies schien die Richtung der Er-^'Snisse, dies der Weg in der Zeit des »Appeasement«. Die ^gestellungen und Gegensätze des Weltkrieges waren ver- 856 857 altet, längst war Deutschland nicht mehr der Besiegte von 1918. Es stand so gefürchtet und mächtig da wie unter ,\„, Hohenzollern, ja mächtiger, weil Frankreich schwädier war als ehedem, weil das ganze europäische System schwächer war. und weil man in Mitteleuropa es nicht mehr mit der Habs-burg-Monarchie, sondern mit einem Rudel künstlicher, um,-» sich selbst mißtrauischer und neidischer Kleinstaaten zu tun hatte. Sie mußten nun alle wohl oder übel unter den poliii. sehen, wirtschaftlichen, moralischen Einfluß des deutsdirn Reiches geraten. Dazu bedurfte es keiner großen Krise, kenn. scharfen Erprobens des französischen Allianzsystems, das von selber dahinschwand. Eben die Schwäche Europas vcrlmU H., weiterzugehen. Der Ausblick auf eine friedliche Entwicklung* auf unspektakuläre, allmählich und indirekt errungene Siege genügte ihm nicht. Er hatte die Macht über Deutsdi-land erobert, um den Weltkrieg noch einmal zu führen, k Vermeidung aller der Fehler, welche seiner Überzeugung nach das erstemal begangen worden waren und mit den rientiga Zielen; nicht um seinem Nachfolger das Reich in den Greil/' n von 1914, viel weniger denen von 1919 zu übergeben. Die Haltung der Tschechen paßte ihm hier in den Kram. Sie. unter allen zwischen Rußland und Deutschland lebenden Völkern, waren die einzigen, welche die neue Entwicklung nidit mitmachten, dem neuen Ton sich nicht anpaßten. Unter ihrem Außenminister, demnächst Präsidenten, Eduard Benrsdi. setzten sie nach wie vor auf das französische Bündnis, selumr chelten sich, zwischen Frankreich und Rußland iMMgW und geistig eine Brücke zu bilden, hielten 'fest an der so sidit-bar und elend dahinschwindenden Tradition des Völkerbundes. Man versteht, warum. Rumänen, Serben, Polen, Staatsvölker von gewisser Erprobtheit, glaubten ihre nationale txi-Stenz auch in einem von deutscher Macht überschatteten hu-ropa retten zu können. Die tschechischen Politiker glaub''■ das nicht. Allzu neu war ihr Staat, allzu billig entstand'" allzu tief in den deutschen hineingezwängt, allzu bunt in der Zusammensetzung seiner Völkerschaften; ein Nationalstaat-dessen angeblichen Träger, die »tschechoslowakische« Nation ,, nnht gab, und dessen beherrschende nutznießende Nationa-,,, die tschechische, sich gegenüber den anderen Völkcrschaf-„.„ innerhalb der eigenen langgezogenen Staatsgrenzen, den Deutschen, Slowaken, Ukrainern, Ungarn, in der Minderheit befand. Keine sehr zuverlässige Brücke zwischen Frankreich ul„l Kußland, man muß es gestehen. Eine Figur im europäi-sdien Spiel vielmehr, so schwach und gespreizt dastehend, daß sie den Starken, Abenteuerlustigen wohl verführen konnte, sie umzustoßen; wobei dann das ganze Versailler Kunstsystem über den Haufen fallen mußte. Dann gab es noch immer den österreichischen Staat. Auch er u.ir eine Nachkriegsschöpfung; widerwillig ins Leben getreten, arm und abgeschnürt, voll böser sozialer Spannungen. Seit existierte Österreich unter einer Diktatur, welche das Keieli. noch mehr Italien, nachahmte. Wieviele Anhänger H.s es dort eigentlich gab, kann man nicht sagen, denn nie wurden sie in Freiheit gezählt; auch war das ja keine ein für allemal fixierte Eigenschaft, ein »Nazi« zu sein; man war es gestern noch nicht, man war es heute, und vielleicht morgen wieder nidit, je nach den Umständen. Ungefähr mögen die österreichischen Zahlen den deutschen von vor 1933 entsprochen haben; gewisse Gegenden waren verstockter im Irrtum als etwa Bayern oder Württemberg oder Hamburg. Hieß das, daß Österreich den »Anschluß« wollte? Solche Fragen sind falsch erstellt. Ein Land ist ja kein Lebewesen mit einem einzigen 1 W illcn; Österreich, zerfallen in Glaubensgruppen und Klassen, die unlängst noch buchstäblich Krieg gegeneinander eeführt hatten, Proletariat, Bauern, Mittelstand, war es noch »eiliger als andere Länder. Soviel mag man metaphorisch sa-ffen: 191g hatte es den Anschluß an ein föderalistisches Deutschland in der Tat gewollt, später hatte es sich allmählich i()n dem Gedanken entfernt und eigene Wege gesucht. Selbst den österreichischen Faschisten kam es wohl nicht so sehr auf |ereinigung mit Deutschland an als auf den Gewinn der ■ 'acht in Österreich, von der sie sich nur eine ungefähre Verging mit dem Reich erwarteten. Tatsächlich befand das nd sich in einer Sackgasse. Ein großer Teil der Bevölkerung, 858 859 die Sozialdemokratie, war politisch mundtot gemacht, verbittert, für seine Verteidigung nicht mehr zu mobilisieren. Seine Regierung bestritt nicht, daß Österreich deutsch sei, der »andere deutsche Staat«, ein »unabhängiges, deutsches, christlich« Österreich«, und was noch. Das war ungeschickt, denn wenn Österreich deutsch war, so gab es eigentlich keinen Grund, warum es nicht zu dem großen einen deutschen Staat gehören sollte, in dem nun einmal, der modischen Theorie nach, die Nation sich politisch verwirklichte. Auch verdankte es ja ursprünglich seine Existenz nicht eigenem Willen, sondern französischer Gleichgewichtsdiplomatie, dem Siegerwillen, dem Völkerbund. Nun war der Völkerbund nur noch eine Legende, Frankreich schwach, tatenunlustig und ohne Sympathie für den klerikalen Halbfaschismus, welcher in Österreich regierte Die man anfangs zur Selbständigkeit gezwungen, denen man noch 1931 die bloße Zollunion mit Deutschland töricht boten hatte, man ließ sie nun sich auf eigene Faust nadi einem Beschützer umsehen. Zu ihrer eigenen Überraschung fanden sie ihn in Italien. So recht heimelig war das nicht, da es traditionell zwischen Italien und Österreich keine Freundschaft gab; auch war kein Verlaß auf den großsprecherischen Mussolini. Geblendet von H.s aufsteigendem Stern verband der italienische Diktator seit 1937 das Schicksal seines Landes eilends mit dem des Deutschen Reiches. Es entstand das, was die »Achse Berlin-Rom« genannt wurde, so als ob Europa darum drehte; noch kein Bündnisvertrag, aber die Aussidit auf einen solchen. Von da ab war es um die Chance Österreichs, die Krise der Zeit heil zu überdauern, schwach bestellt-Ein schwaches System, dies System von Staaten zwischen Rußland und Deutschland, schönrednerisch und unrecht, kraftlos von innen her, gefälschte Nationalstaaten, gefälschte Demokratien, gefälschte Monarchien, gegründet auf die vorn * gehende Ohnmacht der Deutschen und Russen. Staaten, heim lieh bereit, jetzt mit Deutschland zu paktieren, wenn nur ^ durch die Erhaltung des ihrigen, oder ein wenig unl"u,^t Gewinn zu erreichen wäre. Im Osten die gewaltige «1^ union, von Deutschland bedroht, offenbar sich fürchten u Bundesgenossen suchend, aber gefürchtet auch und gründlich unbeliebt; übrigens heimgesucht von inneren Verfolgungen, Hochverrats- und Hexenprozessen, die ihre Bündniswürdigkeit in trübem Licht erscheinen lassen. Im Westen die alten Siegerstaaten, die ihren Sieg längst aufgegeben haben; England gutgläubig und rechtswillig, noch immer hoffend, daß, tsi■im man Deutschland nur alles ließe, worauf es irgend An-sprudi hat, dann doch wohl dauernder Friede sein könnte; Frankreich in sich geteilt und zerrissen, ein Wille, der weder beizeiten etwas einräumen, noch das, was er nicht einräumen will, ernsthaft verteidigen mag, eine Diplomatie, die Bundesgenossen sammelt, aber ihnen nicht traut, die notfalls Hilfe erwartet, ohne zum Hilfegeben Lust zu haben. In der Mitte das Reich, regiert von einem, der weiß, was er will, und das Spiel mit tödlichem Ernst betreibt, dem jede Kombination BMcbt und der bereit ist, sie alle nacheinander zu benutzen und wieder aufzugeben; der die Ideen wie Waffen gebraucht, je nach dem politischen Gelände, »Gleichberechtigung«, »Befreiung«, »Vereinigung aller Deutschen «,»Lebens-raum«, »Europa«; der die Welt um so gründlicher verachtet, je länger er ihre Toleranz, Leichtgläubigkeit, Zerfahrenheit und Ohnmacht erfährt; das Reich, regiert von einem, für den immer Krieg ist, da wo die anderen glauben, daß von nun an immer Frieden sein soll, und der selbst noch mit der Friedensliebe seiner Partner und Gegner als mit einer brauchbaren Haffe operiert... Wie schön wußte H. zu reden! Wie vernünftig und weise und ritterlich; wie wußte er den Gegnern ^appetitlichsten Argumente vom Tisch zu nehmen und dann ' nen a's die Produkte seiner eigensten, innersten Überzeugung zu Bieren. Anders klang es, wenn er mit seinen Herren em war- Am 5. November 1937 erklärte er vor einem klei-n,,,i Kreise militärischer und politischer Mitarbeiter: die Zeit ' 'I Entscheidungen rücke heran. Die deutsche Volksgemein-l'dft braUche mellr Lebensraum, und der sei nur auf Kosten ,™<_rer Kölker und nur in Europa zu gewinnen. Das werde 'j ohne Krieg zu machen sein; spätestens 1943 werde man agen müssen, vielleicht aber schon viel früher, je nach- 860 861 dem. Die anwesenden Militärs waren von diesen Eröffnungen sehr unliebsam berührt. Als Überraschung können sie ilin-m aber eigentlich nicht gekommen sein. Der Nazistaat Wir müssen hier noch einen Blick auf den Staat werfen, der in das große Abenteuer geführt werden sollte. Der »Nationalsozialismus«, haben seine Wortführer oft gesagt, sei eine »Weltanschauung«. Im Grunde war er das nicht; nicht in dem Sinn, in dem etwa der Kommunismus eine war. Dieser war ein ausgeklügeltes System von Doktrinen über Welt, Mensch und Geschichte; falsche Wissenschaft, falsche Religion, die von vielen im Ernst geglaubt wurde. Viele sind tur den Kommunismus wissentlich und freiwillig gestorben, auch deutsche Kommunisten; wo man ihre Partei verbot und M folgte, da gingen sie Untergrund und wenn, Jahrzehnte später, der Druck von ihnen genommen wurde, so waren sie HJMW da - echte, unausrottbare Fanatiker, die sie waren. Audi die Nazis rühmten sich ihres fanatischen Glaubens, das Wort »fanatisch« gebrauchten sie sehr gern; aber es war nicht weit M damit. Fanatismus verlangt Glauben; und was glaubt'"" M'' denn? Als H.s Reich zerschlagen wurde, hat man fast gar keine Nationalsozialisten gefunden. Sie waren es nie gewesen. M hatten nichts gewußt, sie hatten nur gezwungen mitgeniadit oder mitgemacht, um zu mildern und zu verhindern. M» um ihren Glauben zu erfüllen. Nur in den unistntf"'" Grenzgebieten, wo die Nazisache mit der großdeutsdi-uati"-nalistischen momentweise ein und dasselbe war, wie in Osler-reich 1934, gab es Todesbereitschaft für die Sache. Das war die Ausnahme, nicht das Typische. Demokraten, Sozial^'"-Studenten, konservative Edelleute, Gewerkschaftler, haben • Deutschland ihr Leben für die Sache menschlicher Anständig- rwagt. Die Nazis wollten leben und genießen. Im Moment, in dem dies niedergeschrieben wird, sagt man, daß es in Deutschland noch oder wieder »Nationalsozialisten« ■ben soll. Fragt sich, warum man sie so nennt. Darum etwa, glauben, daß manches, was H. gemacht hat, doch ganz ,1 genesen sei; daß Deutschland ein Recht gehabt habe, den Ifenailler Vertrag zu zerreißen; daß der Westen ihm nicht bitte in den Rücken fallen sollen, als es Europa gegen den Bol-ewbttttta verteidigte; daß die Deutschen nun einmal das [tfe Volk in Europa seien; daß feste, dauernde Begie-autorität nottue; und andere solche Sachen mehr? Es waren Gefühle und Meinungen, deren auch der Nationalsozialismus sich bediente. Aber es gab sie schon vorher; sie haben 1 überlebt; und wenn man sie alle zusammenzählt, dann rrhiilt man noch lange nicht, was der Nationalsozialismus ricentlich war. Was war er denn? Ein geschichtlich Einmaliges, an das Individuum und den Augenblick Gebundenes, das so niemals wiederkommen kann. Ein Rauschzustand, durch ein Rudel von Hi'rauschungstechnikern hervorgerufen und wenige Jahrelang durchgehalten. Eine Maschine zur Erzeugung von Macht, Siran Macht, Erweiterung von Macht. Die Maschine tend in Deutschland, folglich waren es deutsche Energien, dcutsdic Interessen, Leidenschaften, alte Ideen, von denen sie KS nährte. Die brauchte sie, aber gebrauchte sie nur, war «Hit identisch mit ihrer Summe. »Wir wollen die Macht!« -'''«er Ruf des Jahres 1932 war das Herzstück der neuen Bot-^ft. Macht bedeutete Organisation, Indoktrination, Befehls-«alt; sie bedeutete Unterdrückung alles Selbständigen, Wi-'"dskräftigen. Sie war in diesem Sinn etwas wesentlich es. Es ist denn auch die Macht des Nationalsozialismus "l^eutscruand erst in dem Moment vollständig geworden, ' as Reich dem Zusammenbruch nahe, sein Heer schon zer-^'affenwar. 'isität des Machtwillens war beträchtlich; die Doktrin res nicht. Wer könnte heute auch nur sagen, was die Nazis 862 863 eigentlich »lehrten«? Die Überlegenheit der nordisdien R«. se? Sie machten sich selber darüber lustig, gestanden, wenn «r unter sich waren, ein, daß es nur eine Machtwaffe sei und kti-ne Wahrheit. Nur wenige unter ihnen scheinen den Unfuji ernsthaft geglaubt zu haben. Den Judenhaß? Der war wohl das echteste Gefühl, dessen H. fähig war, aber schwerlidi ein* Weltanschauung. Auch hat er die Phantasie des Volke» nicht bewegt, unter den Deutschen war der Antisemitismus nidil stärker als unter den meisten anderen Völkern. Später, ah dir Obrigkeit befahl, Europas Juden umzubringen, fanden udi Leute, die es taten, so wie sie jeden anderen Befehl ausgeführt hätten. Himmler selber hat kurz vor dem Ende gemeint, eim Zeit, daß Deutsche und Juden das Kriegsbeil begrüben und wieder gut zueinander wären. Jetzt, da er sich selber rettri: und bei den Alliierten anbiedern wollte, gab er die ganze Ju-denmörderei als ein bedauerliches Mißverständnis aus. ü« war kein Glaube, sondern Verbrechen durch schlechte Literatur. So mit den alten Programmpunkten der Partei, die verworfen wurden, sobald die Macht erreicht war, den wirtsdiaft-liehen Theorien, dem Gerede von der Volksgemeinschaft. Linn von der Bande, der Präsident des Volksgerichtshofes wahrend der Kriegsjahre, hat erklärt, der Nationalsozialismus habed»» mit dem Christentum gemein, daß er den ganzen Mcnsdirn verlange. Aber auch das war nur schlechte Literatur, Prahlern. Nachahmung der Kommunisten, der Jakobiner. Was d« eigentlich war, wozu der Nationalsozialismus den ganzen Menschen verlangte, hätte er gar nicht sagen können. Die ra-gleichsweise interessantesten Formulierungen der Lehrestwimen von Leuten, die, von außen kommend, ihr Talent ra«<> in den Dienst der neuen Macht stellten und ihr allerlei hl**-sen andichteten. So war es auch manchem deutschen Gelehrten gar nicht so schwer gefallen, sich dem ganzen blutige* Hokuspokus zu entziehen und seine Sache weiterzun«*' wie vorher; weit weniger schwer, als es das unter dem kw munismus ist. Ein Wille von furchtbarer Intensität, der nur sich selber wollte und daher eins war mit zynischem Opp°rto nismus - dies war der »Nationalsozialismus« in seiner Sp""* 864 und ohne ihn war er überhaupt nicht. Deshalb ist er im Nichts «ndiwunden, sobald H. tot war, und es sahen damals die Leute sich verdutzt an, als erwachten sie aus langer Verzauberung. Wenn die Nazis einen Glauben hatten, so war es der an den großen Mann. Wenn er einen hatte, so war es der (ilaube an sich selber; eine Uberzeugung von sich, seiner Be-•iiheit. die in den letzten Jahren seines Lebens kaum noch menschlich zu nennende Ausmaße annahm. In dem Opportunisten, der Ideen gebrauchte, ohne ihnen die zu halten, sahen die Leute das ihnen Beliebige. Gute Bürger, welche sich, trotz leider unleugbarer Ausschreitungen, Dritten Reich« alles in allem recht wohlfühlten, bewunderten den Mann der Ordnung, der wiederhergestellten Disziplin. Lin preußischer Historiker von der nationalliberalen '-. I'reimd und Schüler Treitschkes, der Bismarck verhim-iml noch persönlich gekannt hatte, Erich Mareks, glaubte il leine alten Tage einen zweiten, einen gar noch größeren iiik zu erleben, das Werk des Eisernen Kanzlers nun rndlidi prachtvoll gekrönt zu sehen. Für andere war H. der iitiorüire Nationalist, der Sozialist, der Befreier von Bürden der Vergangenheit; wieder für andere gar der große Internationalist und Einiger Europas. Für sehr viele war er ein-U der Mann, der Glück hatte und der schon wissen würde, • l'-wnls das Hechte war. heute dies, morgen jenes. Wenn es '"" und etwas Dramatisch-Erfreuliches geschah, etwa dir Annexion Österreichs, dann war tatsächlich die überwältigen-^ Mehrheit der Deutschen »Nazi«. Ging es langweilig, dann drückend, dann gefährlich, dann fürchterlich zu, so war's schrumpfende Minderheit, weit geringer als 193s». •wn Sdiluß war es beinahe niemand mehr. es 111 Deutschland \ iel Skeptizismus, \ iel Zynismus Entwurzelung. Die meisten glaubten den Machthabern ■ ol llflrUrC^en S'e a^er von Amts wegen gefragt, ob sie »die Zk ''lrCr ^eicnsregierung« hilligten, dann stimmten sie I Oit Ja. Das Leben war hart, wie hart, hatte man un- ln den Jahren der Wirtschaftskrise erfahren. Jetzt, da II •* Arbeit und Aufstiegsmöglichkeiten und leidliche 865 Sicherheit gab, wäre man ja dumm gewesen, das alles zu p-fährden um bloßer politischer Meinungsverschiedenheit « len. Der Erfolg gab denen da oben recht. Wer sich quer stellte und es besser wissen wollte, nun, den erwischte es eben und dem wurden dann in Konzentrationslagern oder Gestapokrl. lern die wahren Machtverhältnisse vordemonstriert. Das wir schlimm für ihn, aber warum war er auch so leichtsinnig und eigensinnig gewesen; und für die anderen, die große Mehrzahl, die so etwas nicht erlitten, war es am Ende nicht so s<-rer und was noch eine kleine Verantwortung zu tragen, n f horchen und zu befehlen. Die Natur der Jugend, die m* der Deutschen, die Natur des Menschen, die norrnalerwr." das Helfen mehr befriedigt als das Schinden und Quälen. »'< stärker als die verrückten Befehle von oben; nicht immer, a oft und im Breiten. Die Nazis lebten im Lande wie trMB*^ oberer, beuteten es aus, zeigten dem Volke, wie es s durch kahle, plumpe Prachtbauten, durch Aufmarsch«1 un raden, bei denen der einzelne sich sehr klein fühlen so durdi Kolonnen riesiger Automobile, darinnen die schwarz uniformierten Herren saßen, schließlich durch die Wachttür-m und Maschinengewehre der Gefangenenlager. Sie wußten, man die Macht erschreckend zur Darstellung bringt. Aber dann wußten sie sich auch wieder als eins erscheinen zu las-, mit den Massen, die sie erobert hatten, wußten ihnen hei-HB Sdireie der Begeisterung zu entlocken und der Jugend ein Gefühl des Wohlseins und Glückes zu geben. Sie konnten die i 11 cke&den Tyrannen spielen und die gemütlichen Volks-inänner, die lustigen Hanswurste selbst, und sich beliebt ma-me nie ein deutscher Monarch beliebt gewesen war. Sagt man, ihre Herrschaft sei im Grunde landfremd gewesen, so sagt man etwas Wahres damit. Sagt man dagegen, sie sei die im editesten deutsche, in allen modernen Zeiten populärste llegierungsform gewesen, so sagt man auch etwas Wahres. Was sie eigentlich war und wirkte, läßt sich nicht auf einen einzigen Begriff bringen, oder allenfalls auf einen, dessen lonnulierung recht künstlich klingen muß: Es war eine Verbindung von Identität und Nichtidentität. Der Nazismus war I ti-iitscheste vom Deutschen, hervorgebracht und getrageo von einer Schicht der Nation, viel breiter als sie je zuvor ein •'"'■es Kcgierungssystem getragen hatte;das istderschwer-«e Vorwurf, den man den Deutschen machen kann. Und ' war er auch wieder etwas Fremdes im eigenen Land, *ar wie der Hauptmann von Köpenick, der sich als Befehlshaber der Stadt verkleidete und dem die Stadt gehorchte, weil >"e etwas anderes als Gehorchen nicht gewohnt war. Die Stadt, ^weitere Umwelt, die Außenwelt selbst fielen auf die Verkleidung herein. Daß H. der legitime Vertreter Deutschlands xi. daß man mit ihm, nicht aber mit einer verräterischen Op- ""'H '»^Deutschland sich vertragen müsse, war 1958 die '"'•rgische Überzeugung des englischen Premierministers. Noch ,ä"KP nac'1 *945 haben französische Historiker, berufsmäßige ^"'sAlandkenner, die profundesten Untersuchungen über je Vorgeschichte des Nationalsozialismus angestellt und be-^•n wollen, daß die deutsche Geschichte seit hundert Jah-■esem Katarakt mit unbeirrbarer Sicherheit zueilte. Sie 866 867 haben die Identität gesehen; die Nicht-Identität übersahen sie .. . Von dieser letzteren nun ist zu sagen, daß sie Machthabern nicht schadete; ja, daß auch sie ihnen fa zugute kam. Denn sehen wir ab von den eigentlichen \, schwörungen der Kriegsjahre, so ging das Gefühl der Fremdheit und des Ekels,welches viele Deutsche gegenüber ihrer Rr-gierung empfanden, nicht ein in staatsgefährdende Tätigkeit Es ging ein in nützliche Leistungen, weil gegenüber einer verachteten Autorität und Öffentlichkeit das private Leben, dai ausgeübte Können die beste Zuflucht war. Aber dies eben brauchte der Staat zur Erfüllung seiner aussen weifendltat Pläne: Gelehrte, Bürokraten, Techniker, die ihre Pflicht taten. Die Armee ist hierfür das sprechendste Beispiel. Generäle, welche ihren neuen Oberherrn verachteten, widmeten sich nur um so ernster ihren sachlichen Aufgaben. Junge Leute, angeekelt von den Gemeinheiten des Begimes, meldeten sich freiwillig zum Heeresdienst, weil sie in dessen Bannkreis anstin Luft zu atmen, zuverlässigeren Rechtsschutz zu genießen hofften. Da taten sie, und taten gut, was ihnen anvertraut war; das hieß, sie halfen H.s großen Krieg vorbereiten. Die Macht sollte total sein, aus einem Guß. in Partei und Staat. Das war sie nicht. Groß war der Einfluß des Menschen an der Spitze, und jene, die ihn für das bloße Werkzeug t gendwelcher Interessen hielten, irrten sich gründlich. Die Entscheidungen über Krieg und Frieden, wie später über die v: tegie im Kriege, lagen bei ihm allein. Unter ihm aber war Unordnung, wühlende Konkurrenz und nahm jeder sich snvirl Macht, wie er irgend sammeln konnte. Die Höflinge um den Diktator herum und die Gewaltigen in der Provinz, Minister Gauleiter, Statthalter, Oberpolizisten, sie alle bildeten Mi» Zentren, regierten gegeneinander, hatten ihre eigene Kullur politik, ihre eigenen Spionagesysteme, ihre eigenen Uru und Erpressungsmittel. Bis zu einem gewissen Grad entspra das H.s Absichten; das Gegeneinanderausspielen von Möschen und Mächten ist ja ein alter Tyrannentrick. Hiera ging es weit über das hinaus, welches im Interesse der frn macht gelegen hätte. i Partei war außerdem nicht die einzige Macht im Staat. - Litte ihn »erobert«, der Ausdruck hatte seinen guten Sinn. \bcr gerade darin lag, daß das Eroberte weiterexistierte, an-iL in Kußland, wo die Bolschewisten mit einem blutigen Nichts und ganz von unten neu anfingen. Mit dem durchzivi-Unlen deutschen Staat und allen seinen feinnervigen, le-bctiswiditigen Organismen konnte man das nicht machen. Trutz aller Korruption, aller »Richtlinien von oben« und Ein-misdiungen der Partei setzte die Beamtenschaft im Kern ihre ::,i(liti()ii('lle Arbeit fort und konnte mancher tüchtige Verwal-inn seine Laufbahn machen, wie er sie ungefähr auch kiiserrcich oder Republik gemacht hätte. Ähnliches gilt für :.<■ Wirtschaft. Man hat darauf hingewiesen, daß die deutsche Industrie sich unter H. in der Richtung weiterentwickelte, die • ldkon in der Hohenzollern- und Weimarer Zeit genommen ■hatte: Rationalisierung, Konzentration, Vertrustung, Abhängigkeit von Staatsaufträgen. Man hat daraus geschlossen, daß iler Nazistaat, wie wild und unabhängig er sich auch gebärde-'■■ im Grunde doch im Dienst industrieller Interessen gestan-n hätte. Ist das nicht ein Fehlschluß? Das Leben ging weiter. M ging weiter in der alten Spur, von der war kein Wegkommen. Neu war die Politik, und sie war das, was H. interessierte. Die Wirtschaft ließ er im wesentlichen weitermachen wie vorher, solange sie ihm die für seine Politik benötigten Güter lieferte. Das beweist nichts gegen die Unabhängigkeit und ge-srn die entscheidende Funktion der Politik. Freilich gibt es Historiker, die glauben, der falsche Aufbau seiner Wirtschaft '••be Deutschland zum Krieg gezwungen, 1914 wie 1939. M*rdas ist Metaphysik. Es kann nicht bewiesen werden. Die "den, welche von der Industrie zu den Entscheidungen im "I» e H.s gegangen sein sollen, können nicht gezeigt werden. u braucht man diese Hypothese nicht, um zu verstehen, "un Jahre 1939 und danach geschah. DieDiktaturwareine ( Je stärker H.s persönliche Stellung wurde, desto '"hner, dri angender, schamloser wurde seine Politik, desto nä-1 * der Ausführung seiner eigensten Pläne. Seine Stel-- B Parkte sich in aufeinanderfolgenden Schüben. Der Som- 868 869 mer 1934 brachte einen solchen Schub; dann wieder der Frühling 1936. Im Herbst des gleichen Jahres proklamierte er ei-nen neuen »Vierjahresplan«, der Deutschland von der Einfuhr von Rohstoffen so weit unabhängig machen sollte, wie durrh die heimische Produktion synthetischer oder Ersatz-Stoffe m erreichen war. Es war inhaltlich nicht weit her mit dem Plan, und der mit seiner Durchführung beauftragte Parteimann, der korrupte Hermann Göring, verstand nichts davon. Al»-: er war geeignet, die Industrie noch mehr als bisher parteilichen und politischen Zwecken zu unterwerfen. Scharhts»Nem-r Plan« war noch von wirtschaftlichen Gesichtspunkten bestimmt gewesen: Reduktion der Einfuhr von Fertigwaren zugunsten der Einfuhr von Rohstoffen und Nahrungsmitteln. Steigerung des Exports. Auch Schachts Amtsführung diente schon der militärischen Rüstung, aber sozusagen mit der linken Hand, in den Grenzen, die er volkswirtschaftlich für erträglich hielt. Seit 1936 ging man über diese Grenzen hinan* Es komme, hieß es in den Denkschriften und Konferenzen der Machthaber, nicht mehr darauf an, daß wirtschaftlich produziert würde, sondern daß überhaupt und um jeden Preis produziert würde; das Wort »unmöglich« gebe es im Wortsdial: des Nationalsozialismus nicht; gegenüber der Notwendigkeit. Deutschland die beste Armee der Welt zu geben, müßte jede» fachmännische Bedenken schweigen; die Wirtschaft werde eingespannt werden »ohne alle Bücksicht auf Privatinterr»-sen, Rentabilität und was sonst. Das Wirtschaftsministermm hat nur die Aufgabe zu stellen, die private Unternehmend»* mag sich die Köpfe zerbrechen über die Möglichkeit der Durchführung. Zeigt sie sich unfähig, ihre Aufgabe zu erfüllen. » wird der nationalsozialistische Staat schon selbst die Probleme zu lösen wissen ... Dann wird aber nicht Deutschland ruiniert werden, sondern nur gewisse Wirtschaftler! Binnen vier I ren muß die deutsche Armee kampfbereit und die acut «■ Wirtschaft fertig sein zur Mobilisation für den Krieg.« ( " schrift H.s aus dem Jahre 1936) Ungeduldige ßR*,*2 reien, aber nicht ohne praktische Folgen. Von nun an ^ die Industrie ihre Aufträge mehr und mehr von Gonng- * Summen gingen in unrentable Unternehmungen, Gebrauchswaren wurden knapp. Die »Vorfinanzierung« machte ,..','„r durch nichts mehr gehemmten Inflationsfinanzierung Platz. In alledem diktierte nicht die Wirtschaft der Politik. [),e Politik diktierte der Wirtschaft; wie die Polizei mehr und mehr dem Bürger diktierte und ihn schreckte; wie die »Propaganda« mehr und mehr den öffentlichen Geist knebelte und betrog. nun der Tyrann seine wahren Pläne allmählich offen-«, iden ließ, wurde eine neutrale, tolerierende oder unpolitische Mitarbeit schwieriger. Die Illusionen des Anfangs fielen: heimliche Zentren der Kritik, der Abneigung, des Hasses entstanden. Wie gering die Opposition 1933, zur Zeit des Ermächtigungsgesetzes, gewesen war, haben wir gesehen; damals schlossen nur die Sozialdemokraten - die Kommunisten fragte man nicht mehr - sich von dem allgemeinen Uber-liwange aus. Die Konservativen machten mit, das ehemals liberale Hürgertum machte mit, die Armee machte mit. Männer wie Schacht, wie der Oberbürgermeister von Leipzig, Carl («lerdeler, machten freudig mit, und selbst der Massenmord von 1954 vermochte noch nicht, ihnen den Charakter der Diktatur im wahren Licht erscheinen zu lassen. Das änderte sich i''tzt. Schacht wie Goerdeler traten 1937 von ihren Ämtern ; und fingen zu einer Art von Opposition über. Es war in halbes Drinnen- und ein halbes Draußenstehen, ein Spekulieren über das, was unter gewissen Umständen vielleicht '"tun sei, mit wenigen Freunden, zugleich noch ein Kontakt-Wten mit den Machthabern selber oder doch mit Männern, J™ inneren Machtkreis nahestanden, denen man aber «Wiche Gesinnungen zutraute: Generalen, Staatssekretä-2 °tSchaftern. Industriellen. Wenn H. den schwachen Wei- loTt niCht außen hatte stürzen können, dann nm ein paar enttäuschte Konservative, hinter denen k«nPUnHrlel^einebreiten Volkssympathien standen, den star-nu ruchlosen Nazistaat erst recht nicht von außen stür- pM lnTu 3i S h0ffen k°nnten' war' durch Warnun-te Beeinnussungen, auch durch Informationen und 870 87 t Ratschläge zu Händen des Auslandes das Schlimmste, den Krieg, zu verhüten. Hier schien der Schlüssel wieder cinnul bei der Generalität zu liegen, da der gesunde Mensdiemr stand sagte, daß man ohne gelehrte Kriegsfarlmiiinn< ■ Krieg nicht führen kann. Die Generäle wollten ihn nicht. Es war ihre berufliche Pflicht ihn vorzubereiten, so wie es, mit mehr oder weniger Tüditis-keit, in allen Ländern Europas geschah. Sie wollten ihn nidil. sie fürchteten, Deutschland könnte in einem Zweifrontenkrnv schlechter fahren als 1918, und den erwarteten sie von jedem neuen H.sehen Abenteuer. Aber die politische Macht da res war jetzt längst nicht mehr so groß wie 1933, und selbvi damals hatte sie, wie wir sahen, zu einer gcschichtscnwlin-denden Aktion nicht ausgereicht. Die militärischen Fnchleui. waren dem Politiker so sehr unterlegen wie die wirt-< chen. Sie hatten alle Hände voll zu tun, die neuen Divisionen aufzubauen, aus dem Hunderttausendmannheer einMi11 heer zu machen. Diese Aufgabe meisterten sie. Nicht zu ihrem eigenen Vorteil, insofern sie politischen Ehrgeiz hatten. Da* neue Massenheer konnte noch weniger ein zuverlässiges Instrument in ihrer Hand sein, als die Reichswehr es gcwevi, war. Sie liebten die überhastete, ungründliche Aullu nicht, zu der man sie zwang, den Bluff, das Vabanque-Spi'--des »Führers« nicht und nicht die Gemeinheit der I'artcibon-zen. Sie tauschten besorgte Briefe miteinander, braditen Im Konferenzen ihre fachmännischen Bedenken vor. Aber sie regierten nicht; sie waren Fachleute. Sie ließen sidi übrigem-wenn es dazu kam, noch immer entehrende Demütigungen p fallen. So im Winter des Jahres 1938, der H. einen abermalig Machtzuwachs brachte. Damals traten der Kriegsinui^'1 I der Oberbefehlshaber des Heeres, von Fritsch, von ihren rn-tern zurück; dieser auf Grund eines widerwärtigen, von ' Geheimen Staatspolizei gegen ihn geführten Verleumdung feldzuges. Die Generäle kannten die Unschuld ihres Ka.n^ den, aber ließen ihn gehen. Nicht ohne Zorn, nicht OM» ^ hendes Rumoren, so wie 1953 und wieder nach Schlei ■ aordung; der Stabschef des Heeres, Ludwig Beck, hätte da-1,1, rinen Hauptschlag gegen die Verleumder, die Polizei-i l'arlcigcwaltigen geführt - wenn die Generäle ihm gelten. Sie folgten nicht. Fritschs Nachfolger, von Brau-dutsdi, begann seine Tätigkeit damit, daß er sich von H. eine ;roße Geldsumme schenken ließ. Der Minister hatte gar keinen Nachfolger. Anstelle des Kriegsministeriums trat ein .iinmando der Wehrmacht«, welches der Diktator sich aiterstellte: »die Befehlsgewalt über die gesamte Wehrmacht übe ich von jetzt an unmittelbar persönlich aus.« Secli-• Offiziere wurden in den Ruhestand versetzt. Das gleiche Los traf eine Reihe von Diplomaten, die als unzuver-lissig galten. Ein dünkelhafter und törichter Nazi übernahm Uißenministerium. - Es ist eine alte Erfahrung, daß jemand einen falschen Weg, den er schon lang gegangen ist, auch '• gehen wird, und das römische Sprichwort: »Wehren muß man sich am Anfang« bleibt immer wahr. Billige Siege Khnnlandbesetzung und Aufrüstung hatten Handelsfreiheit «Ben geschaffen, die Unterwerfung des Heeres im MmU 68 Sehr sdmdL Die Ziele fanden fest; die J«lcn nicht, die Daten nicht. So wie aber die Machter-; ™K in Deutschland seit dem Reichstagsbrand rascher ^gangen war, als H. erwartet hatte, so ging nun die ; ^.fung in Mitteleuropa früher und leichter vor sich, >rw,r„™ N°Iember ^37 für wahrscheinlich hielt. Im- '«üßen wÜT , ZU Warten' zu lauern' mit weisen- ho J J »vorten zu betriio-or, A„— i „ ^ , Die "greife zu betrügen, dann blitzschnell Gelegenhei- üs^eiehische zuerst. Sicher seiner Beute, hätte er hier 872 873 greifen; wenn einer dasselbe Spiel von Hetze, Drohung f sehen Angeboten, Friedensschalmei und Kriegsgekri mer und immer wiederholt - wo sollte da noch Spannung herkommen? In den Tagen der Tschechenkrise hatte der englische Botsdud ter aus Berlin berichtet: »Die Stimmung geht entschieden gen den Krieg, aber die Nation befindet sich hilflos im Gl des Nazisystems... Die Menschen sind wie Schafe, die zur Schlachtbank geführt werden. Wenn der Krieg ausbricht, u ■ den sie marschieren und ihre Pflicht tun, mindestens fQj Zeit.« Eine gute Beobachtung, für 1939, wie für das Jahr w her. Isoliert, verhetzt, betrogen wie sie waren, fiel ein I Deutschen - nur ein Teil - auf H.s »Alibi« herein, sonst kein Mensch in der Welt hereinfiel; sie glaubten lieh, es sei in letzter Stunde ein annehmbares Angebot gemacht worden und die blinden, fanatischen Polen lui abgelehnt. Sie glaubten wohl auch an den polnischen Angriff den H. durch verurteilte, in polnische Uniformen gesteckte am Tatort zu Tode gespritzte Verbrecher fingieren ließ. ÜM auch wenn sie all den unsagbaren Schmutz nicht geglaubt ■ hätten, so hätten sie trotzdem gehorcht und jeder die ihm angewiesene Arbeit getan. Dahin war es nach sechs Jahren n tiefer krallender Naziherrschaft gekommen: ein einziger konnte befehlen, was er wollte. Fünfundsiebzig Millionen Möschen folgten nach. Sie gehorchten ohne Freude, sie glaubten ohne Freude. Der Kriegsausbruch war keine ErlüMin 1914; nur das Weiterschleichen der längst vertrauten Krise in ein neues, unbekanntes und gefährliches Stadium. So \M willkommen war der deutschen Nation der Krieg, daß die p-gierenden Oberpsychologen in den ersten Tagen das M ber vermieden und von einer Polizeiaktion oder l>l< geltungsmaßnahmen« gegen Polen sprachen. So ist 6M •'" auch während dieses langen, letzten, schlimmsten und dum"'-sten der europäischen Kriege geblieben. Siege madien <•«* Freude, wie sehr auch die Propaganda Stolz und Haß W» peitschen suchte; sie wurden gleichgültig hinSenommeju|i^ derlagen bestätigen das, was die meisten von Anfang an hnt hatten. Nur solche Siege, die das Ende näher zu bringen schienen, fanden ein Interesse; Friedensgerüchte lösten Im einzigen echten Jubel aus. Betrachtung 1 ur den Beginn des Zweiten Weltkrieges gibt es keine .kriegsschuldfrage«. Auch solche bewährten Nationalisten und langjährigen, spät oder nie abgefallenen Mitarbeiter H.s wie Hjalmar Schacht oder Franz von Papen teilen uns in ih-m Krinnerungen mit, daß er allein für den Krieg verantwortlich zu machen sei. Er selber hat das 1939 im vertrauten Kreise gern und stolz bestätigt. Und Göring wußte es, als er am ersten Tag, wie vor dem eigenen Tun schaudernd, äußerte: • Wenn Deutschland diesen Krieg verliert, so Gnade ihm Gott.« - Die Einfachheit des Hergangs war kein Trost während der kriegsjahre. Später war sie eine Bequemlichkeit. Sie hat uns das wissenschaftliche und scheinwissenschaftliche Gezänk um ■ Verantwortung erspart, welche die Zeit nach 1918 vergifte. Bleibt nur, die Irrtümer herzuzählen, welche den Schuldigen zu seinem Verbrechen antrieben. Es ist eine Schichtung ron Irrtümern; vom falschen historischen Urteil und der dar-m gezogenen Lehre an der Oberfläche reicht sie bis zur blas-i'l"'inischen Selbstvergötterung und zum Wahnsinn auf dem Grunde. Von Anfang an war H. entschlossen, den Ersten Weltkrieg noch ■Hl und diesmal richtig zu führen. Dazu gehörte vor allem, ''IT keinen 9- November 1918 mehr geben dürfte, ein Vergehen, das er nicht einmal, sondern tausendmal gegeben derS ei*" 6r fanatisdler und mit verzerrterem Gesicht bei Nov lT WCnU 6r 63 abgab- Eine Wiederholung des 9. m°er 1918 zu verhindern, Deutschland entsprechend — zu 896 897 regieren, den Krieg entsprechend zu IxJrm-^r*^^ ~ ™Ä Leitmotiv seines ganzen Werkes; und zv*^^1" kam es mk Uberzeugung, daß ohne den 9. Novemb «=? ^ XJeutschland det Ersten Weltkrieg hätte fortführen und scti 1 *- «^ßlich 6«™ können. Es war ein Irrtum. Aber es bedix x*ft «3- des entsetzlii-sten Experimentierens, um zu beweisen, eine jede Gemeinde in ihrem Lande. Daß H. die deuten Juden quälte, hinderte England nicht daran, fünf Jahre •Den Die Juden 3 mg seine »Beschwichtigungspolitik« ™^ sie , . nucn einmal Völkerwanderung- s_ spiew"!*" * . liBAi.«J <*~ rr"> ein auch durch die äußersten Schandtaten gam. i cll^t durchführbarer Knabentraum. Das Problem ihrer Ernälaanjng, der«-haltung ihres hohen Lebensstandards gab es fii «zi ± e Deutsch» so gut wie für die Engländer, die Italiener, die=- JT «s*. jmner. Ab« so ließ es sich nicht lösen. Tatsächlich leben die- _HZ> eutsc Moment, in dem dies niedergeschrieben wird, t-». n ^sarJ.eich als sie zu der Zeit lebten, da Polen und die U jro.ineuii1 Balkan-Halbinsel von ihnen ausgeplündert wur-R seine »Beschwichtigungspolitik« zu treiben. Die Juden pben in Deutschland, die meisten von ihnen, weil sie nicht »ußten, wohin sie gehen sollten, und auch weil sie gute Pa-'olen waren, die an das ihnen drohende Urteil nicht glauben ntpn; und sie blieben so lange, bis sie ein grauenvolles Ende " «i- Auch der Bolschewismus stand nicht unter jüdischem ^ uß, wie H. behauptete. Wenn zu Lenins Zeiten einige J*" >n Rußland führende Stellungen innegehabt hatten, so 10 von Stalin alle längst abgesetzt und ausgerottet. Die 7 ^rscnwörung des Judentums war eine Chimäre. Auf das C vT*6 Volk der Welt hat H"sidi gestürzt>nein> auf gar ^irdp0 '^nonen einzelner Menschen, die sich den ver-,}jissenstj|n Völkern zugehörig fühlten, und hat sie um ihrer ■>■' Ph"i'' ^amens willen zu Tode bringen lassen. dai°S°Phie dahinter war die> daß im Krie§e alles erlaubt 1 in der Natur immer Krieg war, daß der Mensch zur 898 899 Natur gehörte. »Herz verschließen gegen Mitleid. Brutal« Vorgehen. Achtzig Millionen Menschen müssen ihr Recht bekommen. Ihre Existenz muß gesichert werden. Der Stärkere hat das Recht. Größte Härte.« Verträge heute zu unterschreiben und morgen zu brechen, zu täuschen, zu betrügen, einzelne zu morden, ganze Rassen auszurotten - das war unter Menschen immer so gewesen; derjenige, meinte H., würde gewinnen, der solche Künste auch jetzt und mit Konsequent iu üben den Mut hatte. - Blickt man auf die Weltgeschichte, nicht, wie sie nach christlicher Morallehre sein sollte, sondern wie sie wirklich ist, so kann man dieser Theorie nicht jede Wahrheit absprechen. Unrecht wird viel geübt, unter Völkern wie unter einzelnen, manch großes Unrecht ist triumphierend und nie gestraft in die Geschichte eingegangen. So steht es im Machiavelli, so steht es im Thukydides. Auch wird man dem deutschen Tyrannen zugestehen müssen, daß er für das Unrecht der anderen, die Heucheleien der christlichen, westlichen Demokratien einen scharfen Blick hatte. Den Widerspruch zwischen ihren Worten und Taten erkannte er. Im Irrtum befand er sich aber auch hier, und von jeder Moral abgesehen in einem praktischen Irrtum. Und zwar darum, weil er übertrieb. Wenn immer Unrecht geübt worden ist, so gab es in un-serm zwanzigsten Jahrhundert, im Herzen Europas, geübt von einer der zivilisiertesten Nationen der Erde, ein Maß v,n Unrecht, das der Welt nicht erträglich war. H. trieb es so weit, daß zum Schluß niemand mehr mit ihm verhandeln wollte, das stolze, tief anständige England schon seit dem Septem ' 1939 nicht mehr, und seit dem Juni 1941 überhaupt nlfm""fh Er trieb es so weit, daß schließlich nahezu die ganze Welt gegen ihn zusammentat, Amerikaner, Engländer. Russen, der. Diese unnatürliche Allianz hielt keinen Tag ,än^*^ als er selber aushielt, aber so lange hielt sie, sie hatte ei anderen Zweck, als den einen, unerträglichen Menschen ^ zuwerden. Er ruinierte sich durch dieselben Künste. u ^ er sich hochgebracht hatte. Ruchloser zu sein als die das war sein einfacher Trick gewesen, damit hatte er _ erst über Deutschland, dann über Europa gewonnen. ,. ■ wurde die Welt so ruchlos wie er, gegen ihn und gegen Volk das er sich zum Instrument seines Willens gefugig ladnhatte. Da wirkte denn der Trick nicht mehr, und es Inten nun die Alliierten gegen ihn und seine Deutschen i4> Reclit des Stärkeren üben. Wie sollte die Welt nicht stärker * als ein einzelner Mensch und ein einzelnes Volk? - Es ist «neganz einfache Geschichte, bei aller Schrecklichkeit. Kndlich überschätzte der Mensch sich selber. Intelligenz, In-tuiiioo, Phantasie, Willenskraft, die hatte er und wußte es. Auch Glück hatte erlange Zeit. Daraus schloß er, daß er einer h grüßten Männer aller Zeiten sei, auf der anderen Seite es aber nur mit Kleinzeug zu tun hätte. »Die Gegner haben saht mit meiner großen Entschlußkraft gerechnet. Unsere .'•sner sind kleine Würmchen. Ich sah sie in München.« Seine Gegner waren jedoch nicht so erbärmlich, wie er glaubte, weil rr ihren Langmut und guten Willen für Erbärmlichkeit hielt. In Churchill, Roosevelt, Stalin fand er Gegenspieler, die ihm »w in der ausdauernden Kraft des Willens gewachsen warn. Im gewissen Sinn war das Spiel, welches England und Frank-M 1939 spielten, so veraltet wie H.s eigenes Spiel. Es entwich den europäischen Realitäten und Europas veränderter -fllung in der Welt nicht mehr. Aber eines entsprach dem indem. Der Plan H.s, Europa im Napoleonstil sich zu unteren und zugunsten der Deutschen auszuplündern, Deutsch-durch Europa zur Weltmacht zu erheben, war in der Mit-"«seres Jahrhunderts eine barbarische Kinderei, nichts wei-" antworteten die Westmächte, indem sie, im alten eng-„ ™ Antl-Napofeon-Stil, Gleichgewichtspolitik betrieben: ^MUg entworfenes System von Allianzen um Deutschland , die »große Koalition«. Sie nahmen die Sache da wie-■nadeWTS* 1918 hatten fallenlassen; die Engländer ihre ;^PaderWnnZ0Sen ^ Stellung^rieg. Indem aber * ,8'5 od g6genÜber die Lebenskraft nicht mehr hatte ^.reichte" 19H' ha"e 65 Sle aUch gegen sich selber nicht ''WnTT eur°Päischen Gleichgewicht nicht mehr. 11 madlten die altgewohnten Gesten, führten im 900 901 August 1939 die alte feine Diplomatensprache, aber nicht mehr das alte Schwert; es war keine Kraft, keine Lust, keine Hoffnung hinter ihren Gesten. Das Allianzsystem im Osten brach zusammen wie ein Kartenhaus. England hatte wohl nodi den Stolz und den Mut, aber nicht mehr die Macht. Es konnte den Krieg niemals entscheiden, nur so lange fristen, bis etwas vollständig anderes aus ihm wurde, kein europäischer, kein Gleichgewichtskrieg mehr. Es ist dann auch die europäi» Ordnung, die man retten wollte, 1945 nicht wiederhergestellt worden und ist insofern der ganze Krieg umsonst gewetfl Man hatte sich sechs Jahre lang bemüht, einen gewissen II zufriedenzustellen und hat dann sechs Jahre lang gescl...... und Bomben geworfen, um ihn loszuwerden. Was auch erreicht wurde; aber sonst nicht viel. Dennoch Kriegsschuldfraget Etwa zwanzig Jahre lang gab es für 1939 keine »KrlfRV schuldfrage«. Es gibt sie auch heute unter ernsten ForscJieni und ehrlichen Politikern nicht, weder deutschen, nodi nie» deutschen. Aber die Intelligenz, lehrt uns Schopenhauer, ist die Magd des Willens. Indem Deutschland wieder zu Kräften kam, kamau der Wille gegen eine beschämende Wahrheit wieder zu h ten. Nicht im Betrieb der Wissenschaft, der nach wie vor ein beispielhaft wahrheitswilliger ist, wohl aber im Geist \ Demagogen und jener, die sich von ihnen gern betrugen^ sen. Prompt haben sich dann auch ein paar angelsa Schriftsteller eingestellt, die, sei es in der Torheit lhr"vj(ifr. zens, sei es in schierer Sophistenfreude, dem neuen . _ .stand gegen die Wahrheit ihre witzlosen oder uberJ^ Argumente liehen. Lohnt sich die Auseinandersetzung nen? Wissenschaftlich lohnt sie sich nicht, denn die Wissenschaft ist sich einig. Lohnen mag sie sich, insofern die Aufsähe des Historikers ja auch mit der des Lehrers und Erziehers etwas gemeinsam hat. : - sei denn also im Folgenden der »Ausbruch« des Ersten Krieges noch einmal verglichen mit der »Entfesselung« des ten, der zugleich eine geisterhafte Wiederholung, eine Fortsetzung, eine Steigerung des Ersten war und auch völlig neue Elemente ins Spiel brachte. Daß der Erste Weltkrieg eine Fortsetzung haben würde, hat Marschall Foch schon 1919 prophezeit, als er meinte, der Friede von Versailles sei kein Friede, sondern ein Waffenstillstand, der zwanzig Jahre dauern würde. Es ist erstaunlich wie, auf das Jahr genau, die Menschen manchmal voraussehen oder ■raten. Die Wiederholung ist überall, bis ins Persönliche. Churchill und Roosevelt waren im Ersten Krieg schon tätig, nur eine bis wi Stufen tiefer. Roosevelt wiederholte 1942 nicht bloß sich «■Iber; er wiederholte auch Woodrow Wilson, dessen bewundernder Freund und Schüler er war. Er wollte es besser ma- '■'■ als Wilson, realistischer, belehrt durch mannigfache Erzwingen, aber die Grundkonzeption blieb die gleiche: Kampf ur Demokratie und nationale Selbstbestimmung, gegen Autokratie und Barbarei, Völkerbund und »Nie-wieder-Krieg« am " c' Wobei das Unheimliche ist, daß, was 1917 nur zu einem «•"igen Teil zutraf, was damals den Kern der Sache nicht r ' 1942 v°Uig traf oder noch nicht einmal erreichte. 1917 ■"te man »Wolf« gerufen, aber der Kaiser war keiner. Nun er Wolf da und noch grausamer als man wußte, amerikanisch-russische Konkurrenzkampf um die Gunst ,äi ^nfrcien Teiles der Welt, um die Gunst einer echten oder ffreich" ^re'^e'tsg°ttm' 1917 un(l wieder 1941 begonnen, te beide Male seinen Höbepunkt nach Kriegsende. *ieh ^iederh°Ite Wilhelm und Ludendorff, indem er es un-sser machen wollte als sie. »Damals war es der Kai-* letzt "1 •Wh ln es- ■ •« Überaus schicksalsträchtig sind seine ""gen zu Ludendorff, in dessen angeregtem und wir- 902 903 rem Kopf die Eliminierung des Unterschiedes zwischen politischer Führung und Kriegsführung, zwischen Zivilisten und Soldaten schon 1916 spukte, der später in seinem Budi übet den »Totalen Krieg«, zumal im Kapitel über den »Feldherm« genau das Amt beschrieb, das Hitler einnehmen sollte - einschließlich des letzten Hitler'schen Apercus, wonadi der Feldherr für sein Volk zu groß sein könnte. Die beiden fanden sidi bald nach 1919 zusammen. Was sie wieder auseinanderlnrl), waren verschiedene Anschauungen, nicht so sehr der Sache, wir der Rolle, welche sie selber in der Sache zu spielen gcdadi-ten. Wiederholung war die Mäclitckonstellation in ihrem Kern. Deutschland gegen England, Frankreich, Rußland und Amerika. Ein »renversement des alliances« gab es nur auf M rangigen Theatern, Ralien, Japan. Dieses spielte im Zweiten Krieg eine ungleich aktivere Rolle als im Ersten, aber doch nur eine sekundäre. Sobald Deutschland gefallen war, fiel Japan auch und war bereit, aufzugeben, schon vor Hiroshima. Bei» Male kämpfte Deutschland gegen die Welt; beide Mule war für alle seine konzentrierte Kraft die Last zu groß. Niemand wollte die Wiederholung. Alle hatten sidi Mcthodrn. Grundsätze, kodifizierte Gesetze ausgedacht, um sie zu vermeiden. Die Amerikaner ihre Neutralitätsgesetzgebung, die sie cm für allemal davor bewahren sollte, in einen europäischen Krie« hineinbetrogen zu werden. Die Franzosen ihre MaginoUinie Die Engländer ihre »Beschwichtigungspolitik«: kein Wettrüsten, keine Teilung Europas in zwei Bündnissysteme; keine Vereinsamung des potentiellen Gegners, mit dem diesmal rn«n reden, reden und wieder reden und ihm jede Geredltip»" zuteil werden lassen wollte. Das gipfelte im Münchner ertrag; einer völlig beispiellosen Operation, und einer, die gerecht war oder scheinen konnte, wäre nur ihr Nutznic gewesen. »München«, das ist ungefähr so, wie wenn ■ land im Jahre 1913 den Franzosen freiwillig Elsaß-L0"1"^. zurückgegeben hätte, damit endlich Friede wäre, leicht wäre danach wirklich dauernder Friede gewesen. 1 904 , v. , Handlungen haben nicht die gleichen Wirkun-" ' iLSn. Vielleicht wäre auch 1914 «** ^ g£Ä damals Sir Edward Grey sich zu 1 S nach Berlin entschlossen, oder hätte er eindeutig LnLnen, was England im Kriegsfall tun wurde. .„Letztere tat Nevil Chamberlain seit Marz i939. eben weil Grrv es nicht getan hatte. Jetzt die Erklärungen und War-BU„gen, die überhasteten Bindungen und Bündnisse - um die Wiederholung zu vermeiden. \on dem gleichen Willen war Adolf Hitler völlig besessen, lad war war, was er nicht wiederholen wollte: der Juli 14; die Jahre 14-18; der November 18. kein neuer Juli 14. Kein unbemeisterter »Ausbruch« eines trauen Krieges, sondern die mit eisernen Nerven zum rechten Moment durchgeführte Entfesselung eines beschränkten; kei- * Kaskade von Kriegserklärungen in Unfreiheit, sondern ein Cberfall in Freiheit; kein Mehrfrontenkrieg, sondern die Ver-nxhtung der Gegner Stück für Stück bei ungewisser Reihen-Wje. keine Jahre 14-18. Keine für den Krieg unbereite, gespaltene frei-diskutierende Nation, sondern die eisern geeinte, einem Ngd Willen unterworfene. Daher der in den Friedensjah- * aufgebaute Nazi-Staat; daher im Krieg'die Arbeit der iVganda und der Scharfrichter. Keine »Kriegszieldiskussi- keine Verstrickung in völkerrechtliche Grundsätze, kein *Sadie ungemäßes Maß; daher das Uberfallen von einem * tond Neutraler, die erstrebte Vernichtung ganzer Natio-J".«*Eroberungen, denen überhaupt keine Grenze gesetzt 1918 mehr Daher die absolute Unteren G1 V 15 Umer P0liÜker- die B«trafung des «°£^Z£ Niederla^e mit d- Tod, das Weiterem tLtzd n naCh ZWÖlf * •'Molte'F? Sidl ***** ln gesPenstischer Übersteigerung *P°>- tÜ TfährnaCh Plan bis Zum hinter '^^C?^ge^en' die f-nzösisdi-«tion war eme papierene, die nicht wirkte. 905 Frankreich wurde einzeln niedergeworfen und Jugoslawien da-nach. Daß auch Rußland einzeln niedergeworfen werden wurde, war die Überzeugung aller, zum Beispiel der eingeweihte, sten Amerikaner. Was Hitlers Kette von Einzelüberfällen dennoch zum Weltkrieg werden ließ, was die Konstellation \a) U.'fien *deen, die hier am Werk waren, stammten aus •Miaten 19. Jahrhundert. Die fauligen Energien - Ideen "erfiie wirken nicht - aus dem Ersten Krieg und der ' *"'te k'C 61 Insofern, aber nur insofern, stammte der ••■hn e"? ErSten Und SetZte er ihn fort- Der WiUe' . ^entfesselte und weitertrieb, war ein anderer. :.-,p ")eU}"nd gteichzeitig ganz und gar anachronistisch. t»L dje n8U te 1938 an Krieg nicht mehr. Darum, noch ein-eschwichtigungspolitik. darum das langsame Auf- 907 Touren-Kommen des Krieges, das leichte Uberranntwerden Frankreichs. Die Franzosen, die sich im Ersten Krieg so glorreich geschlagen und das Vergebliche aller Opfer und Siep erfahren hatten, wollten diesmal nicht kämpfen. Glaubte Deutschland an Krieg, Sieg, Herrschaft? Daß die Generale nicht daran glaubten, ist notorisch. Und die Leute? In einer Schweizer Zeitung vom September 19^9 wird mit Der-lin berichtet: »Im wenig belebten Stadtzentrum begonnen nachmittags um ein Uhr dreißig Lautsprecherwagen zu zirkulieren, um das heute dem britischen Botschafter überrriditr Memorandum zu verbreiten. Das Publikum, das mit der ziemlich lang geratenen Polemik gegen England nicht viel anzufangen wußte, gab weder Zeichen des Beifalls noch der Mißbilligung und zerstreute sich, sobald die Wagen sidi wieder entfernten. Gegen drei Uhr nachmittags waren nodi keim-Extrablatter erschienen. Allmählich strömten die Leute aul dem Wilhelmplatz zusammen, der nach und nach sdiwnn. von Menschen wurde, die schweigend zu den Fenstern der Reicht-kanzlei aufblickten. Schon die benadibarten Straßen worrn aber einsam und verlassen.« - Bekanntlidi wurde selbst dt» Wort »Krieg« in den ersten Tagen vermieden. Auch die Deutschen glaubten nicht mehr an ihn und wollten ihn nidii gehorchten; das ist alles. Sic hatten Hitler nicht gewählt, damit er ihnen Krieg brärhte Damit er sie von den Qualen der Wirtschaftskrise erlöste, hatten sie ihn gewählt; die Wirtschaftskrise hatte mit dem Zweiten Weltkrieg so wenig zu tun wie mit dem Ersten. Aber nachdem Hider einmal da war und seine Madit gesichert bitte. konnte er tun, was er wollte; ein anachronistischer Zufall kann es in der Geschichte kommen; was plötzlich da >«t. « einem momentanen Anfall von Massenmißlaunc und W"** wahn akzeptiert wurde, kann Eigengesetzlichkeit """"jl^ und eine neue Ursachenreihe beginnen. So wie eine krankheit plötzlich beginnt, dann aber ihren eigenen V »u nimmt. . Dem Anachronismus entspricht die ödigkeit der fc**^ Zynismus, der mangelnde Glaube überall. Der Zweite 908 u»*ungleich mehr Opfer gefordert als der Erste, aber er KTl*E*L heische Gewicht. Den Kriegshandwer- kn nicht das gleiche historische Gewicht, auch er und ebenso interessieren; den Histonker 1 Man vergleiche die Literaturen, welche beide Kriege her ... „ 1?_ t?: 11 _ t Im „Araditen. Man vergleiche die Spannungen, die Fülle wider-oxdirnder Tendenzen und Möglichkeiten in Deutsddand, «Reichtum an bedeutenden Figuren während der Jahre 1,-18 mit der Eintönigkeit von Propaganda und Sdiarfridi-im im Zweiten Krieg, einer Nacht, in der der 20. Juli das «rundeinzige tragische Licht bedeutet, v.: jeher hat man von einem »Ausbrechen« des Ersten Krie-(Bjesprochen. Für den Beginn des Zweiten hat der Schweizer llutoriker Walter Hofer den Begriff der »Entfesselung« vor-tMi.ajen und durchgesetzt. Beide Worte sind nützlidi zum imtindnis der Sachen und ihres Unterschiedes. Wden allerersten Blick bietet sich eine gewisse Ähnlichkeit "(wollten die österreidier, auch die Deutsdien, eine betete Strafaktion gegen Serbien, und hofften, sie könnte Visiert bleiben, stellten aber die Möglichkeit bis Wahr-Wtkeit einer russischen Intervention in Rechnung. 1959 Mög- ^Hitler seinen Krieg gegen Polen und nahm die -Vit-- ™« westlichen Intervention in Kauf, ohne, trotz aller pn, mit ganzem Ernst an sie zu glauben. Serbien ^ wahT1;r ^ MckeM™S «eher; anderenf.ll, u>;:tChThdl das österreichische Ultimatum e„ hl~ jic «juimatum en bloe Mt* Polen fühlte sich der englischen Rückendeckung 11-N■-inderenfalls hätte es vielleicht Ende August kapituliert, ■ n im Moment, aber ganz sicher nicht auf die Dauer ge-r-*tnitte.-Hierhört die Parallele schon wieder auf. '" Österreich Franz Josephs dachte nicht im Traum daran. "3 Wte es daran denken, »Lebensraum« zu erobern oder •••doneKette von Kriegen einzulassen. Auch Serbien woH-* "out erobern, schon allein darum nicht, weil die Magya-■Wat erlaubt hätten, und wußte überhaupt nicht, einem geschlagenen St.»--• Touren-Kommen des Krieges, das 3-Frankreichs. Die Franzosen, die sich, reich geschlagen und das Vergeblich» • erfahren hatten, wollten diesmal nick»- < Glaubte Deutschland an Krieg, Sieg, nerale nicht daran glaubten, ist noto»^* einer Schweizer Zeitung vom 5. Septexrtxn lin berichtet: »Im wenig belebten S nachmittags um ein Uhr dreißig Lauts; ^= lieren, um das heute dem britischen -2= Memorandum zu verbreiten. Das Publi 3-« lieh lang geratenen Polemik gegen En ^ fangen wußte, gab weder Zeichen des _fc=ä billigung und zerstreute sich, sobald d ji • entfernten. Gegen drei Uhr nachmittss*- ^ Extrablätter erschienen. Allmählich siät-«z: dem Wilhelmplatz zusammen, der nach Menschen wurde, die schweigend zu der^»_ kanzlei aufblickten. Schon die benachb» .e*. aber einsam und verlassen.« - Bekannt JLjL Wort »Krieg« in den ersten Tagen vermi e « sehen glaubten nicht mehr an ihn und gehorchten; das ist alles. Sie hatten Hitler nicht gewählt, damit er i Jr Damit er sie von den Qualen der Wirtsche». zf: ten sie ihn gewählt; die Wirtschaftskrise ht .s» ten Weltkrieg so wenig zu tun wie mit derr-*_ dem Hitler einmal da war und seine Ma*. «zrj konnte er tun, was er wollte; ein anachror^ j£ . kann es in der Geschichte kommen; was einem momentanen Anfall von Massenmiß I ^ wahn akzeptiert wurde, kann Eigengesetz X. ^ und eine neue Ursachenreihe beginnen. S»«^» krankheit plötzlich beginnt, dann aber ihre- irr», nimmt. Dem Anachronismus entspricht die ödigk^?-^ Zynismus, der mangelnde Glaube überall- XZI^ 908 1 >te WiemumtMls r » Krsten Kriegnjk. » Her Opfer mi k-J-^ «mpfen. ^-Ä-rsdiaft?DaMefc. m .s * ~I »• Lnd die Leute' i:. m. 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Beide Worte sind nützlich zum Verständnis der Sachen und ihres Unterschiedes. Auf den allerersten Blick bietet sich eine gewisse Ähnlichkeit. 1914 wollten die Österreicher, auch die Deutschen, eine bewaffnete Strafaktion gegen Serbien, und hofften, sie könnte lokalisiert bleiben, stellten aber die Möglichkeit bis Wahrscheinlichkeit einer russischen Intervention in Rechnung. 1939 wollte Hitler seinen Krieg gegen Polen und nahm die Möglichkeit einer westlichen Intervention in Kauf, ohne, trotz aller Warnungen, mit ganzem Ernst an sie zu glauben. Serbien fühlte sich der russischen Rückendeckung sicher; anderenfalls hätte es wahrscheinlich das österreichische Ultimatum en bloc akzeptiert. Polen fühlte sich der englischen Rückendeckung sicher; anderenfalls hätte es vielleicht Ende August kapituliert, was es im Moment, aber ganz sicher nicht auf die Dauer gerettet hätte. - Hier hört die Parallele schon wieder auf. Das Österreich Franz Josephs dachte nicht im Traum daran, noch konnte es daran denken, »Lebensraum« zu erobern oder sich auf eine Kette von Kriegen einzulassen. Auch Serbien wollte es nicht erobern, schon allein darum nicht, weil die Magyaren es nicht erlaubt hätten, und wußte überhaupt nicht, was es mit einem geschlagenen Serbien anfangen sollte. Gegenüber der revolutionären, das Mittel des Mordes nidit verschmähenden südslawischen Einheitsbewegung befand es sich in 909 einer echten Staatsnot. Keine andere Großmacht war 191, so gezwungen weniger expansiv, durch ihre innere Struktur sich auf Verteidigung zu beschränken wie die Donaum chie. Es war ein verzweifeltes Defensivunternehmen, zu dem es sich am 7. und 14. Juli entschloß; ein in jedem Fall Ing. nungsloses, das tut nichts zur Sache. Expansiv war das Deutsche Reich. Aber seine imperial™ Interessen lagen in Ubersee, nicht auf dem alten Kontinent I hatte nichts, jedenfalls nichts Greifbares, nichts Venn, mit seinem an sich so wenig von Erfolg gesegnetem, va tem Imperialismus zu tun, daß es Juli 14 Österreich stütze und antrieb. Deutschland wollte nicht den einzigen. Uno bliebenen Bundesgenossen verlieren; oder dann, wenn schon Krieg sein mußte, ihn in einem Moment führen, der günstiger wäre als spätere, da frühere Momente ungleich günstiger gewesen wären. Mehr nicht. Wo, in den allergeheimsten Dokumenten des Juli, findet sich ein einziges Wort, das auf ein Mehr schließen ließe? Wo etwa die Bemerkung, daß et 1 lieh gar nicht um die serbische Gefahr sondern um Eroberungen gehe? Wo ein Satz, der auch nur im entferntesten mit diesem zu vergleichen wäre: »Danzig ist nicht das Objekt, um das es geht. Es handelt sich für uns um Arrondierung des Lebensraumes im Osten ...« Die Unbewußtheit von 1914. das allenfalls heimliche, verdrängte Wirken von Motiven, die gar nicht mitspielen durften, -war 1959 durch die äußerste, philosophisch-schamlose Bewußtheit ersetzt. 1914 wußte niemand, ob Krieg kommen würde und niemand wollte ihn. Aber allgemein wurde angenommen, daß er einmal »kommen« würde, daß das wechselseitige Sich-Belauem der beiden Allianzsysteme nicht ewig so fortgehen konnte Der Begriff des Krieges als eines legitimen Mittels zum Zweck gehörte zur Diplomatie wie zum inneren Aufbau der Gese • schaft. Die allgemeine Erwartung des Krieges hatte sowohl Furdit wie Lüstern nach dem Gefürchteten im Gefolge. Ebenso der Schluß, den man aus der periodischen Wiederkehr ei Krisen vor dieser Krise zog, ein gedoppelter: es wurde au diesmal gut gehen, weil es etliche Mul gut gegangen wur; et wurde diesmal nicht gut gehen, weil jede Krise gefidirlnhi-r war als die vorhergehende und weil ein Fortdauern des I Indens umso unwahrscheinlicher wurde, je länger er schon gedauert hatte. Dahinter stand, daß keine Macht wußte, was .inileie tun würde, jede frieden wollte, nln-r kein N.nli».'- ben. Das Nachgeben wäre Ende Juli den Russen immerhin Williger gekommen als den Österreichern. Denn die vitalsten -i,-iii-ii Ihm heu Interessen waren berührt; die vitalen mssi- sihen nicht. Daraus, daß bis zum 51. Juli niemand mit Sicherheit wußte, ob Krieg sein würde oder nicht, daß niemand ihn mit ganzer Fntsdilossenheit wollte, daß der Friede noch zu retten war durch eine Annahme der Grey'schen Konferenz und Ge» spriidisvorschläge, durch den späten und ungenügenden deutschen Versuch, die Österreicher zu bremsen, durch eine Reduzierung des russischen Mobilisationsbefehls auf eine Tcilmo-Inliiiai Innig und so fort, ergibt sich das dramatische Klement, welches die Julikrisc enthält. In seinem Buch »Die 1 rs|inuige des Weltkrieges« schreibt der amerikanische 1 listoriker Sidney Fay: »Nicht nur in Petersburg, sondern überall in den Auswärtigen Ämtern Europas begannen die Verantwortlichen nun unter den Einfluß einer furchtbaren physischen und geistigen Anspannung zu fallen. Überarbeitung, Sorge, Mangel an Schlaf; die unvermeidlichen psychologischen Folgen dieses Zu-standes übersieht man zu häufig, wenn man die Ereignisse zu verstehen und die Schuld zu verteilen sucht. Will man begreifen, wie erfahrene und in ihrem Beruf geübte Menschen manchmal die Telegramme, die sich vor ihnen häuften, nicht mehr verstehen konnten, wie ihre Vorschläge verwirrend klangen und mißinterpretiert wurden und wie sie schnell von pessimistischen Ängsten und Verdächten überwältigt wurden, wie «e in einigen Fällen schließlich zusammenbrachen und weinen, dann muß man auch die Nervenqual in Anschlag bringen, welche die Verantwortung für die Sicherheit des Landes und das Schicksal von Millionen Menschen bedeutete.« Wie anders 1939! Da begriff jeder, was vorging, und keiner 910 911 brach weinend über seinem Schreibtisch zusammen. DasGe. wissen der einen Seite war gut und durfte es sein ; die andere hatte keines. Wenn, sehr im Gegensatz zur letzten Juliwoche 1914, England in den letzten Augusttagen 1939 keine starke Aktivität mehr entfaltete, so darum nicht, weil diesmal der Entschluß darüber, ob Krieg sein sollte oder nicht, nurba einem lag; weil es nach den gemachten Erfahrungen übea> haupt keinen Sinn mehr hatte, diesen durch Kon Zessionen zu beruhigen, über die er ein paar Monate später doch wieder zu neuen Angriffstaten geschritten wäre. Daher das fast Irreal-Langweilige, das Geisterhafte der Vorgänge. Hier war keine echte Krise mehr. Der kranke Friede starb den vora-ussehbarai Tod; die Ärzte hatten endlich die Hoffnung aufgegeben und wandten ihre Routinemittel ohne Glauben an. In den dreißiger Jahren waren die gesellschaftlichen Hierarchien nicht mehr militärisch-feudal bestimmt und war der Krieg kein allgemein akzeptiertes Mittel der Politik mehr. Das wird nicht so sehr durch »Völkerbund« und KLellog-Frie-denspakt bewiesen, wie durch die Haltung der -westeuropäischen Völker und Regierungen. Sie konnten die "Wirklichkeit eines großen europäischen Krieges überhaupt n ich.-t mehr fassen; zu tief hatten sie seine Absurdität erfahren in den Greueln der Opfer und in der totalen Unfruchtbarkeit des Sieges von 1918. So führten sie denn auch den Krieg selbst dann nicht nachdem sie ihn schon »erklärt« hatten. Anfang 1 940 hieltder französische Propagandachef Jean Giraudoüx eine Rede mit dem eleganten Titel »Warum wir diesen Krie^ führen und warum wir ihn nicht führen.« Von Rußland ist hier nicht die Rede. Stalin glaubte an Krieg in dem Sinn, daß er hoffte, die »kapitalistischen«: jvj g^tewürden ihn unter sich führen und er später irgendwie die Früchte ernten. Das Äußerste, was man von Rußland im .August 59 sagen kann, ist, daß es Hitlers Krieg in diesem fVloment f möglicht hat. Verursacht hat es ihn nicht. Die russische Verantwortung ist 1939 geringer, nicht schwerer, als» x q Nur einer glaubte 1939 mit der ihm eigenen radikalen Folgerichtigkeit an den Krieg als Mittel zum Zweclc. Er hat ihn gewollt, er hat ihn gemacht. »Der Leheusruuni, der staatlichen Größe angemessen, ist die Grundlage jeder Macht. Eine zeitlang kann man Verzicht leisten, aber dann kommt die Lösung der Probleme so oder so... Weitere Erfolge können ohne Bluteinsatz nicht mehr errungen werden.« Der Ausdi n< k .den Westen an Jollen«, den er in der gleichen Besprechung erbrauchte, bezeichnet den Geist. Er sah sich, er sah sein Deutschland wie ein wildes Tier. Was alles nicht heißt, daß er den Krieg so wollte, so ihn sich vorstellte, wie er ihn dann bekam. Wie könnte es das heißen, krieg ist ein Abslrnktum, von dem jeder wirkliche Kur" sii Ii immer unterscheiden wird. Daß er es lieber Stück für Stück gemacht hätte, wissen wir. Niemals aber hätte er Frieden Behalten, auch dann nicht, wenn Polen kapituliert hätte. Wenn er nach der ungeheuerlichen Münchner Konzession nicht Ruhe gab, wenn er schon ein paar Wochen danach sich zunächst einmal im Inneren mit der »Kristallnacht« ergötzte, um den Münchner Vertrag demnächst zu zerreißen, wann wohl hätte er Ruhe gegeben? Carl Jacob Burckhardt trifft in seinen Erinnerungen:!» Meine Danziger Mission«) den Kern der Sache, da wo er schreibt: » ... letzten Endes verschafft ihm, wenn er an jenes >Gegenüber< denkt« (nämlich an die ganze noch nicht von ihm beherrschte Welt. GM.) »nur die Ausrottung völlige Ruhe.« - Eine Ruhe, die nicht ganz ohne Kosten für den Rest der Welt zu erreichen war; das muß man gestchen. Dem »Ausbruch« und der »Entfesselung« entsprach der Verlauf beider Kriege. Der Ausbruch war eine freudige Explosion ungeheurer, lange aufgespeicherter Energien. Der Erste Krieg war mit einem Schlag ganz da und geriet dann ins Stocken. Die Entfesselung war eine allmähliche, zwei Jahre lang fast ganz von dem kontrolliert, der »entfesselt« hatte. Das Gleiche gilt für die Kriegsziele. Von dem imperialistischen Geschwätz der Alldeutschen vor 1914, von dem Grübeln dieses oder jenes deutschen Financiers über eine zu erstrebende, unter deutscher Führung stehende wirtschaftliche Union Euro-Pas gehen ganz unsichere Fäden zu den deutschen Kriegszielen von 1917. Diese wurden erst in der Fieberglut des Krieges 912 913 brach weinend über seinem Schreibtisch zusammen. Das Gewissen der einen Seite war gut und durfte es sein; die andere hatte keines. Wenn, sehr im Gegensatz zur letzten Juliwoche 1914, England in den letzten Augusttagen 1939 keine starke Aktivität mehr entfaltete, so darum nicht, weil diesmal der Entschluß darüber, ob Krieg sein sollte oder nicht, nur bei einem lag; weil es nach den gemachten Erfahrungen überhaupt keinen Sinn mehr hatte, diesen durch Konzessionen zu beruhigen, über die er ein paar Monate später doch wieder zu neuen Angriffstaten geschritten wäre. Daher das fast Irreal-Langweilige, das Geisterhafte der Vorgänge. Hier war keine echte Krise mehr. Der kranke Friede starb den voraussehbaren Tod; die Ärzte hatten endlich die Hoffnung aufgegeben und wandten ihre Routinemittel ohne Glauben an. In den dreißiger Jahren waren die gesellschaftlichen Hierarchien nicht mehr militärisch-feudal bestimmt und war der Krieg kein allgemein akzeptiertes Mittel der Politik mehr. Das wird nicht so sehr durch »Völkerbund« und Kellog-Frie-denspakt bewiesen, wie durch die Haltung der westeuropäischen Völker und Regierungen. Sie konnten die Wirklichkeit eines großen europäischen Krieges überhaupt nicht mehr fassen; zu tief hatten sie seine Absurditäterfahren in den Greueln der Opfer und in der totalen Unfruchtbarkeit des Sieges von 1918. So führten sie denn auch den Krieg selbst dann nicht, nachdem sie ihn schon »erklärt« hatten. Anfang 1940 hielt der französische Propagandachef Jean Giraudoüx eine Rede mit dem eleganten Titel »Warum wir diesen Krieg führen und warum wir ihn nicht führen.« Von Rußland ist hier nicht die Rede. Stalin glaubte an Krieg in dem Sinn, daß er hoffte, die »kapitalistischen« Mächte würden ihn unter sich führen und er später irgendwie die Früchte ernten. Das Äußerste, was man von Rußland im August 39 sagen kann, ist, daß es Hitlers Krieg in diesem Moment ermöglicht hat. Verursacht hat es ihn nicht. Die russische Verantwortung ist 1939 geringer, nicht schwerer, als 1914. Nur einer glaubte 1939 mit der ihm eigenen radikalen Folgerichtigkeit an den Krieg als Mittel zum Zweck. Er hat ihn get,eihatihn gemacht. »Der Lebensraum, der staatlichen Seangemessen, ist die Grundlage jeder Macht. Eine zeit-injianiiman Verzicht leisten, aber dann kommt die Lösung eMleme so oder so... Weitere Erfolge können ohne Mmti nicht mehr errungen werdender Ausdruck, »den ifa anfallen«, den er in der gleiclien Besprechung ge-Wite, bezeichnet den Geist. Er sah sich, er sah sein kláland wie ein wildes Tier. Calles nicht heißt, daß er den Krieg so wollte, so ihn sich wlthe, wie er ihn dann bekam. Wie könnte es das heißen. sistem Abstraktum, von dem jeder wirkliche Kňeg sich unterscheiden wird. Daß er es lieber Stück für Stück matt hätte, wissen wir. Niemals aber hätte er Fňeden ge-y auch dann nicht, wenn Polen kapituliert hätte. Wenn íí£* der ungeheuerlichen Münchner Konzession nicht Ruhe m*m er schon ein paar Wochen danach sich zunächst ein-r "*> hneren mit der »Kristallnacht« ergötzte, um den 7Ichner Vertrag demnächst zu zerreißen, wann wohl hätte »fiuhe gegeben? Carl Jacob Burckhardt tňftt in seinen Er-^ningen.-^Meine Danziger Mission«) den Kern der Sache, b*o er schreibt: » ... letzten Endes verschafft ihm, wenn er ffl|enes 'Gegenüber denkt« (nämlich an die ganze noch nicht rot'W beherrschte Welt GM.) »nur die Ausrottung völlige ~ Eine Ruhe, die nicht ganz ohne Kosten für den Rest nef Welt zu erreichen war; das muß man gestehen. Ausbruch« und der »Entfesselung« entsprach der Ver--eider Kriege. Der Ausbruch war eine freudige Explosion Wr, lange aufgespeicherter Energien. Der Erste Krieg *** einem Schlag ganz da und geriet dann ins Stocken Fesselung war eine allmähliche, zwei Jahre lang fast von dem kontrolliert, der »entfesselt« hatte. Gleiche gilt für die Kriegsziele. Von dem K*wätz der Alldeutschen vor ,914. von dem Gmbekdiese «° ienes deutschen Financiers über eine zu erstrebend^ ^deutscher Führung ste^ c W bei Hgehe- 913 ausgeheckt, und nie war sich die Nation, waren sich die ver-schiedenen Führungsgruppen einig darüber. Dagegen war 1959 nicht der Krieg mit einem Schlag da, wohl aber das deutsche Kriegsziel, und war es längst gewesen. Es stand schon in »Mein Kampf«. Es war unvermeidlich, daß deutsche Historiker nach 1918 die These von der Alleinschuld Deutschlands zu entkräften suchten, und es war gerechtfertigt. Daß sie ein Politicum daraus machten, lag an den Siegern selber, die, den Findungen der Wissenschaft plump vorgreifend, selber eines daraus gemacht und ihre Reparationsforderung darauf aufgebaut hatten. Natürlich gingen viele deutsche Schriftsteller zu weit. Aus der »Nicht-Alleinschuld« machten sie die Unschuld oder die Alleinschuld der anderen. Aber elementare Tatsachen wie die, daß die russische Mobilmachung, und nicht erst die deutsche Kriegserklärung alles entschied, daß Frankreich notorisch entschlossen war, auf jeden Fall mit Rußland zu gehen, gleichgültig wie der Rechtsfall lag, daß Österreich in der Tat einen sehr schwerwiegenden Rechtsfall in Serbien auszufechten hatte, ließen, auch abgesehen von den Hintergründen, von dem europäischen Mächtesystem und Mächtespiel, welches wieder nicht Deutschland allein erfunden hatte, auch den wahrheits-treuesten deutschen Forschern keine Wahl, als sich gegen die brutalen Simplifizierungen des Gegners zur Wehr zu setzen. Nicht-deutsche Historiker kamen ihnen alsbald zu Hilfe: gleichfalls solche, die, von politischer Leidenschaft verführt, zu weit gingen, und andere, die gewissenhaft der Wahrheit dienten. Ein ähnlicher »Revisionismus« kann und wird sich im Bereich der Wissenschaft für 1939 niemals ergeben. Mögen die französischen, die englischen Archive einstweilen nur Ausgewän * tes preisgeben, niemals wird man in ihnen finden, was unser Urteil über diesen durchaus öffentlichen, durchaus eindeiil' gen Vorgang im Eigentlichen verändern könnte. Dem histon sehen Erzähler wie dem Pädagogen bleibt nichts, als die Vva heit aufrechtzuerhalten und notfalls für ihre Aufrechterhaiti"1? zu kämpfen, so deprimierend die letztere Aufgabe auch 9H Gern begreifen wir, daß die Jugend von Schuld und Irrtum der Väter, bald der Großväter, von den alten Blutgeschichten zuviel nicht mehr hören will. Die Grundtatsachen müssen trotzdem in unserem Bewußtsein bleiben; denn ohne sie, was auch alles sich zwischen Damals und Heute geschoben hat, ist die Gegenwart nicht zu verstehen. Charakter und Verlauf des Krieges Der Erste Weltkrieg hat den Deutschen wie den anderen Volkern Europas am Anfang große Freude gemacht. Er wurde m't Lust und Großartigkeit, mit ungeheuren Zusammenstößen begonnen; und obgleich auch er sich später erweitert hat durch den Beitritt Italiens, der Balkanstaaten, schließlich Arne-nkas, so war er doch von Anfang an ganz da. Er blieb, was er War, ein europäischer Krieg mit letztlich unbedeutenden Kebenschauplätzen auf anderen Kontinenten, dort wo Europa «gierte. Der Grundcharakter des Kampfes änderte sich wi.li-«nd der vier Jahre nicht, wie sehr auch seine Intensitu! suh Weigerte; zum Schluß wurde er mit ungefähr denselben Halfen entschieden, mit denen er begonnen worden war. Zum Zweiten Krieg hatte außer H. und seinen Spieß«-,-".--eigentlich niemand Lust, und selbst der Tyrann wüßt* nur in den tieferen Schichten seiner Seele, worauf er m, . «in ■<"<»• Kummer lag ig39 über der europäisch.,, ... ■ Gefühl, daß nun alles noch einmal T"*"*^ «»d daß, wenn es das erste Mal trotz a 1er Opfer , gemacht worden war, es das zweite Mal wohl ■ < n ..-i ...1, 1 i.il um-'' i ••-I ulil •"' ■ Gutem führen könnte, n Franky ch ... ..... ........_ fenläJmiung und Niederlage p'f»»''1^ . „I.t dir/..• den Krieg; aber Lust hatten auch s.e kein.- «M/u. eisten, nicht die Soldaten, am wenigsten d.c üeoertie. * 915