Ubersetzung Translation Traduction Ein internationales Handbuch zur Über Setzungsforschung An international Encyclopedia of Translation Studies Encyclopedie internationale de la recherche sur la traduction Herausgegeben von / Edited by / Edite par Harald Kittel • Armin Paul Frank • Norbert Greiner Theo Hermans • Werner Koller • Jose Lambert Fritz Paul In Verbindung mit / In association with En association avec Juliane House • Brigitte Schultze 1. Teilband / Volume 1 / Tome 1 Offprint Walter de Gruyter • Berlin • New York 16. Kulturanthropologie und Übersetzung 155 Van den Broeck, R. (1988). "Translation Theory after Deconstruction." Linguistica Antwerpiensia 22: 266-288. Vossler, K. (1923). Gesammelte Aufsätze zur Sprachphilosophie. München. Vossler, K. ([1925]1963). „Sprachgemeinschaft als Gesinnungsgemeinschaft." Das Problem des Ubersetzens. Ed. H.J. Störig. Darmstadt. 196-219. Wandruszka, M. (1979). Die Mehrsprachigkeit des Menschen. München, Zürich. Winograd, T. (1991). "Thinking Machines: Can There Be? Are We?" The Boundaries of Humanity. Humans, Animals, Machines. Eds. J.J. Sheehan, M. Sosna. Berkeley, Los Angeles, Oxford. 198-223. Wittgenstein, L. (1960). „Philosophische Untersuchungen. Nr. 23." Schriften. Frankfurt/Main. Wittgenstein, L. (1977). Tractatus logico-philosophi-cus. Frankfurt/Main. Kurt Mueller-Vollmer, Palo Alto (California) 16. Kulturanthropologie und Übersetzung 1. Einführung 2. Ethnolinguistik, Fcldforschungsparadigma und Übersetzung 3. Kultur als Text 4. Übersetzung und Repräsentation 5. Postkoloniale Anthropologie und Übersetzung 6. Literatur in Auswahl 1. Einführung Kulturanthropologie hat nicht nur ein Interesse an Fragen der Übersetzung. Sie ist vielmehr selbst eine Wissenschaft der Übersetzung, und zwar der Übersetzung von und zwischen den Kulturen: "Translation is one of the things that ethnographers undertake (together with analysis and description) in order to give readers an understanding of the beliefs and practices of unfamiliar peoples" (Asad 1995, 326). Das zentrale Problem der Übersetzung von und zwischen den Kulturen zieht sich -allerdings oft nur implizit - durch die vielfältigen theoretischen Ansätze und Richtungen der Kulturanthropologie/Ethnologie hindurch. Insgesamt jedoch weist es, im Unterschied zur philologischen Übersetzungsforschung, über Sprachübersetzung hinaus. Übersetzung wird als eine soziale Praxis bzw. als eine Form der interkulturellen Kommunikation aufgefasst, die je nach sozial-kulturellem Kontext, Situation oder Verwendungszusammenhang eine Vielschichtigkeit von Bedeutungen freilegt. Auch die philologische Übersetzungswissenschaft gewinnt hier wichtige Anhaltspunkte für eine Erweiterung ihres Untersuchungshorizonts (vgl. Bachmann-Medick 1997). Ein Hauptproblem kulturanthropologischer Übersetzung besteht darin, fremde Kulturen insbesondere außerhalb Europas in die Sprache, die Kategorien und die Vorstellungswelt westlicher Rezipienten hinein zu 'übersetzen'. Gleichzeitig soll jedoch gewährleistet bleiben, dass fremde Kulturen - wie es Clifford Geertz und die interpretative Kulturanthropologie fordern - am Leitfaden ihrer Selbstauslegung erfasst werden, also ihrer eigenen einheimischen Denkweisen, Symbole und Begriffe (vgl. Geertz 1983). Deren ethnologische Übersetzung ist schon deshalb problematisch, als sie gerade auch die impliziten Bedeutungen fremder Sprachen und Handlungen vermitteln soll (Asad 1986,160ff.). Damit wird deutlich, dass der Forschungsprozess der Kulturanthropologie ein komplexer Übersetzungsvorgang ist, der ohne eine Analyse, Interpretation, ja Konstruktion von Kulturen nicht auskommt. Der kulturanthropologische Forschungsprozess bringt Übersetzung auf verschiedenen Stufen ins Spiel: Mit der Praxis der Feldforschung in der modernen Kulturanthropologie ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts die Notwendigkeit verbunden, die jeweilige fremde Sprache zu lernen und zu übersetzen. Ethnologen übersetzen gesprochene Wörter und Handlungen in den Kontext einer ganzen Lebensweise und rekonstruieren daraus einen Kulturzusammenhang (vgl. Malinowski 1935; Gelmer 1987). Er/sie kann also nicht auf einen kulturellen 'Originaltext' zurückgreifen. In einer zweiten Stufe des Übersetzungsprozesses werden indigene Konzepte und rekon- 156 III. Übersetzung als Gegenstand der Reflexion und des wissenschaftlichen Diskurses 16. Kulturantt struierte Kulturzusammenhänge in die Sprache und Darstellungskonventionen hinein übersetzt, welche den Lesern der Ethnographien vertraut sind. Die ethnographische (Feldforschungs-) Erfahrung einer fremden Kultur wird in einen monographischen Text übersetzt: "Whatever else an ethnography does, it translates experience into text" (Clifford 1986, 115). Damit verbunden sind "the dangers involved in representing oral discourse in textual form; and finally, the need to find an appropriate language for translating concepts and attitudes encountered in the field when the monograph, or scholarly paper, is written" (Asad/Dixon 1985, 170). Einerseits wird also die Notwendigkeit, mündliche Diskurse und Handlungen in einen schriftlich fixierten Text zu übersetzen, zur ständigen Herausforderung für eine kritische Reflexion kulturanthropologischer Forschung. Andererseits muß die Ethnologie als eine kulturenvergleichende Wissenschaft mit komparativen Begriffen und analytischen Konzepten arbeiten - z.B. Verwandtschaft, Ritual, Macht, soziale Konflikte, Hierarchie, Religion usw. Damit begibt sie sich in das Dilemma, beim Übersetzen fremder Kulturen auch noch die einheimischen Konzeptualisierungen in einer westlichen Begrifflichkeit beschreiben zu müssen. In einer dritten Stufe ist die kulturanthropologische Übersetzung ihrerseits als eine spezifische kulturelle Praxis zu betrachten und an ihr jeweiliges diskursives und epistemo-logisches Umfeld rückzubinden, wie etwa an Kolonialismus, Orientalismus (Said 1978). Kulturübersetzung ist eingebunden in Machtverhältnisse und zumeist in Beziehungen kultureller Ungleichheit, dies schon allein aufgrund der historischen Kooperation der Ethnologie mit dem Projekt des Kolonialismus: "The possibilities of inadequate translation are greatly increased by an unwillingness, or inability, on the part of the anthropological profession, to examine critically the ways in which processes of structured power operate on and through their work" (Asad/Dixon 1985, 177). Worin also liegen die Vielschichtigkeiten der ethnographischen Übersetzung? Sie entstehen durch Übertragung von Erfahrungen in Texte, von Feldforschung in Monographien, von Mündlichkeit in Schriftlichkeit, von fremden Denkweisen außerhalb Europas in vertraute westliche Darstellungsformen und Theorien. In diesem breiten Problemspektrum erweitert die kulturanthropologische Übersetzungspraxis und -reflexion den Übersetzungsbegriff von Sprachübertragung hin zu Kulturübertragung bzw. zur Übertragung kultureller Kodierungen. Dies bedeutet auch für die philologische Übersetzungsforschung eine Horizonterweiterung. Auch die Text- bzw. Sprachübersetzung ist mehr als nur ein Transfer von Wörtern und Texten. Sie umfasst deren kulturspezifische Einbindung in Denkweisen, Weltbilder und Praxisformen und kann somit kulturelle Differenzen markieren, ja selbst zu einem Faktor kulturenübergreifender Kommunikation bzw. interkultureller Auseinandersetzung werden (Bachmann-Medick 1997). 2. Ethnolinguistik, Feldforschungsparadigma und Übersetzung In der ersten Phase der amerikanischen Kulturanthropologie seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts ergibt sich die Frage der Übersetzung weitgehend aus der empirischen Untersuchung fremder Sprachen, vor allem der Indianersprachen. Die daraus gezogenen Erkenntnisse für die anthropologische Linguistik sind in theoretischer Hinsicht mit der Sapir-Whorf-Hypothese verknüpft, d.h. mit einer relativistischen Sprachtheorie, wonach verschiedene Sprachen auch verschiedene kulturelle Lebenswelten und Welterfahrungen determinieren. Nach dieser sprachdeterministischen und kulturrelativistischen Vorstellung erscheint Übersetzung, jedenfalls exakte Übersetzung, zwischen verschiedenen Kulturen unmöglich (vgl. Werner/Campbell 1973, 398; vgl. auch die universalismuskritische Position von Quine 1960). Die Weiterentwicklung der anthropologischen Linguistik in Richtung auf eine Ethnographie der Kommunikation und des Sprechens seit den 1960er Jahren legt den Schwerpunkt weniger auf die Grammatik sprachlicher Strukturen und stärker auf die Funktion der Sprache (Hymes 1981). Auf der Ebene vergleichbarer Funktionen wird Übersetzbarkeit behauptet und auch auf nonverbale Elemente ausgedehnt. Dieser Strukturfunktionalismus in der (amerikanischen) Ethnolinguistik weist deutliche Parallelen zur englischen Sozialanthropologie auf, die das Übersetzen ausdrücklich zu einer Hauptaktivität der ethnologischen Forschung erklärt und durch die Feldforschungsmethode der 'teilnehmenden Beobachtung' fundiert hat. Ansätze zi von Kulture sehen Ausar thode seit A Die Methode bedeutet eine Erfahrung vi Sprachkennt briandisch) zum Verstän« ziten und höc lyse des Übei graphie geht nächst vom Ii tureller Sprac arbeitet seir Übersetzung "translation nowski 1935 ge einer „The zierung von 363), die niel text der Kulti ästhetische W geren Kontex Wörtern, Aki akte) berücks weist sich die ihre rituelle fremdkulture „Ohne sachk Momente de; gen, Eigennai me von Fall nicht zu über Die ethnolo zwar auf die Ausgangskull Hinausgehen the natives" mit Hilfe wiss nographische bungen und Im Gefolge E. Evans-Pnt setzungsprobl wird die Über Schlüsselkonz 1950er Jahren finition in der verwendet 1986, 302; 1959, Leach 1972): "The have mostly imposed on (Beattie 196 16. Kulturanthropologie und Übersetzung 157 Ansätze zu einer Theorie der Übersetzung von Kulturen gehen bereits von der klassischen Ausarbeitung der Feldforschungsmethode seit Anfang des 20. Jahrhunderts aus. Die Methode der teilnehmenden Beobachtung bedeutet eine Verschmelzung von persönlicher Erfahrung und wissenschaftlicher Analyse. Sprachkenntnis allein (z. B. Kiriwinisch, Tro-briandisch) gilt keineswegs als ausreichend zum Verständnis einer Kultur. In einer expliziten und höchst genauen Reflexion und Analyse des Übersetzungsproblems in der Ethnographie geht Bronislaw Malinowski zwar zunächst vom linguistischen Material fremdkultureller Sprachäußerungen und Texte aus. Er arbeitet seine Reflexion ethnographischer Übersetzung jedoch i.S. einer umfassenderen "translation of whole contexts" aus (Malinowski 1935,12). Damit entwirft er Grundzüge einer „Theorie der kontextuellen Differenzierung von Bedeutungen" (Malinowski 1986, 363), die nicht nur den umfassenderen Kontext der Kultur (Bedeutungen, moralische und ästhetische Werte usw.), sondern auch den engeren Kontext der Situationen (Funktion von Wörtern, Aktivitäten, Interessen und Sprechakte) berücksichtigt. Als Schlüsselproblem erweist sich die Funktion magischer Worte bzw. ihre rituelle Wirkung, deren Auslegung auf fremdkulturelle Informanten angewiesen ist: „Ohne sachkundigen Kommentator, der die Momente des Unheimlichen, die Anspielungen, Eigennamen oder magischen Pseudonyme von Fall zu Fall interpretiert, ist Magie nicht zu übersetzen" (Malinowski 1986,175). Die ethnologische Übersetzung richtet sich zwar auf die sprachlichen Gegebenheiten der Ausgangskultur, verlangt aber durchaus ein Hinausgehen "beyond the conceptual outfit of the natives" (Malinowski 1935,18), und zwar mit Hilfe wissenschaftlicher Begriffe und ethnographischer bzw. linguistischer Beschreibungen und Kommentare. Im Gefolge Malinowskis reflektiert Edward E. Evans-Pritchard das ethnologische Übersetzungsproblem weiter. Nicht nur bei ihm wird die Übersetzung von Kulturen zu einem Schlüsselkonzept, das dann verstärkt seit den 1950er Jahren zur Grundlegung der Selbstdefinition in der britischen Sozialanthropologie verwendet wird (zusammenfassend Asad 1986, 302; Evans-Pritchard 1965; Lienhardt 1959, Leach 1973, Beattie 1964, Needham 1972): "The fact that social anthropologists have mostly worked in unfamiliar cultures has imposed on them a problem of translation" (Beattie 1964, 31). Nicht zufällig trägt die Festschrift für Evans-Pritchard den Titel "The Translation of Culture"(Beidelman 1971). Dieser Titel bezieht sich auf Evans-Pritchards grundsätzliche Erörterung des Übersetzungsproblems: Wie sind völlig verschiedene Sprachen und vor allem die besondere Metaphorik und Denkweise von Stammesgesellschaften in europäische Sprachen und Rationalitätsvorstellungen hinein zu übersetzen, z. B. die Behauptung der Nuer, Zwillinge seien Vögel (Evans-Pritchard 1957, 131 f.; hierzu Aoki 1992). Brennpunkte des Übersetzungsproblems sind Glaubensbegriffe, die nur durch ein breites Spektrum von Übersetzungswörtern zu vermitteln sind (Needham 1972,44). Selbst bei einem Gelingen der Wortübersetzung bleibt das ethnographische Grundproblem möglicher Bedeutungsverfälschung und schwer erreichbarer Bedeutungskongruenz (zwischen Einheimischen und westlichen Lesern) bestehen (vgl. Evans-Pritchard 1981, 44ff., 157f.; zur Gefahr von Verzerrungen und Fehlwahrnehmungen der übersetzten Kultur durch europäische Dichotomien wie heiligprofan, Magie-Religion, Individuum-Gesellschaft usw. vgl. später auch Hastrup 1990; In-gold 1993). Die weitere Reflexion des kulturanthropologischen Problems der Übersetzung schließt kritisch an die britische Sozialanthropologie an, indem sie die Forderung nach Kontextua-lisierung beim Übersetzen von Feldforschungserfahrungen verstärkt. Dies zeigt sich besonders in der entscheidenden Relativismus-Rationalitäts-Debatte, in der - exemplarisch bei Peter Winch (1964), mit kritischem Bezug auf Evans-Pritchards Zande-Forschungen (1937) - die erkenntnistheoretischen Grundlagen kulturanthropologischen Übersetzens diskutiert werden: Die Frage nach der Übersetzbarkeit und Verstehbarkeit fremder Denkweisen überhaupt, die Infragestellung der problematischen Annahme einer objektiven, sprachunabhängigen Wirklichkeit sowie die Kritik an universalistischen Rationalitätskriterien. In der Folge dieser Debatte (vgl. auch Mor-ton/Finnegan 1973) wird die Kontextabhängigkeit von Kultur-Übersetzung und Fremdverstehen zentral. So geht es einerseits um das Problem der Kontextualisierung von Wörtern, um Klassifizierung, z.B. Farbklassifikationen (Saunders/van Brakel 1995), um Einbindung in fremde Konzepte und Handlungs-zusammenhänge, z.B. in rituelle Verwendungszusammenhänge. Andererseits bleibt solche Kontextualisierung nicht auf bloße Wort- und Sprachübertragung beschränkt. Sie 158 III. Übersetzung als Gegenstand der Reflexion und des wissenschaftlichen Diskurses fordert die eigene Übersetzungshaltung dazu heraus, sich umfassend auf fremde Denkweisen und Weltansichten einzulassen: "It is not the 'word' that we must translate, but another way of understanding things about the world that we must comprehend and learn" (Overing 1987, 76). Übersetzung kann eben nicht nur einem einseitigen, eurozentrischen Transfer, sondern auch einer Reziprozität zwischen Kulturen dienen. Hierfür wird von James Clifford bereits das Beispiel einer eher ungewöhnlichen missionarischen Praxis angeführt: Die evangelistische Übersetzungsarbeit Maurice Leenhardts in Neu Kaledonien 1902-26: "It is an example of how a missionary can, perhaps must, be personally involved, and changed, in the complex productive work of reciprocal translation inadequately glossed by the term 'conversion'" (Clifford 1994, 627). Der Kern der Übersetzungsauffassung besteht hier darin, dass auch die christliche Terminologie auf fremde Glaubenshaltungen und Begriffe hin geöffnet wird, so dass in einer Art 'inverse acculturation' auch die Europäer von den Einheimischen - in diesem Fall den Me-lanesiern - lernen können. Für Leenhardt -so Clifford - wird Übersetzung zum Bestandteil einer kreativen wechselseitigen Durchdringung von Kulturen. Betont wird hier das Unabgeschlossene und Provisorische im Prozess der Übersetzung von und zwischen den Kulturen, das dann in der postkolonialen Aufwertung kultureller Zwischenräume, Fragmentierungen und Dekanonisierungen noch stärker in den Vordergrund rückt (Bhabha 1994, 228 f.). Angesichts der Machthierarchien im Projekt missionarischer, aber auch anthropologischer Übersetzung wird das Gelingen kultureller Reziprozität allerdings fraglich. Dies betont insbesondere Talal Asad in seiner ausführlichen Auseinandersetzung mit kontroversen Übersetzungspositionen der britischen Sozialanthropologie (Asad 1986). Asad beschäftigt sich hier kritisch mit einem durch Ernest Gellner (1987) vertretenen Ansatz, mit Gellners Vorwurf, die funktionalistische Sozialanthropologie übersetze die Diskurse fremder Gesellschaften affirmativ und mit „übermäßiger Nachsicht" (vgl. Quine 1960), statt sie mit kritischer Vernunft zu erklären und zu beurteilen. Durch die Methode kontextueller Interpretation und durch kulturrelativistische Einstellungen würde fremdes Denken mit Sinn und Kohärenz ausgestattet. Das Kohärenzprinzip der Kulturübersetzung zeige sich beispielhaft bei Godfrey Lienhardt (1967) sowie ansatzweise schon bei Edward E. Evans-Prit-chard und dessen interpretierender Überset-zungsrefiexion der Nuer-Behauptung 'Zwillinge sind Vögel'. Gellners Position einer kritischen Distanz beim ethnographischen Übersetzen ließe sich dagegen nicht auf fremde Denkstrukturen ein, sondern folge den Standards westlicher Rationalität, Objektivität und Logik. Solche Einengung der ethnologischen Übersetzungsreflexion auf die Übertragung und Erklärung fremder Konzepte wird von Asad in Frage gestellt, indem er die ethnologische Übersetzungspraxis ihrerseits als eine institutionalisierte soziale Praxis zwischen ungleichen Gesellschaften in den Blick rückt. Ethnographische Übersetzung selbst sei von Machtstrukturen und sprachlich-kultureller Ungleichheit geprägt: "I have proposed that the anthropological enterprise of cultural translation may be vitiated by the fact that there are asymmetrical tendencies and pressures in the languages of dominated and dominant societies" (Asad 1986,164; vgl. Hastrup 1990, 54 f.). Auch eine kritisch distanzierte Übersetzung sei der Ungleichheit der Sprachen, d. h. der Hierarchie zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit sowie dem Machtgefälle zwischen Sprachen der 1. und 3. Welt ausgeliefert und damit der Anfechtbarkeit durch die Mitglieder der 'übersetzten' Kultur entzogen. Solche 'Asymmetrie' kulturanthropologischer Übersetzung wird noch verstärkt durch die verbreitete Anwendung des Darstellungsprinzips zeitloser „ethnographischer Gegenwart" (vgl. Hastrup 1990). Mit diesem Stilmittel werden fremde Kulturen festgeschrieben bzw. essentialisiert. Sie werden aber auch durch ein "denial of coevalness" (Fabian 1983, 35; zu solcher distanzierender Übersetzungsstrategie vgl. Sturge 1997, 31) aus der Möglichkeit eines dialogischen Austauschs herausgehalten: "But its [der Sozialanthropologie - DB] elaborate translations of non-Western 'tribals' set them in a synchronic present time, essentializing their habits and customs, repressing the context of colonial power that was rapidly changing tribal society" (Niranjana 1992, 77). 3. Kultur als Text Talal Asads Kritik ist auch für eine weitere Hauptposition kulturanthropologischer Übersetzungsreflexion geltend zu machen: Für die Vorstellung von Kultur als Text, wie sie vor allem von Clifford Geertz (1975a) vertre- 16. Kulturanthropologie und Übersetzung 159 ten worden ist. Kulturanthropologische Forschung richtet sich hiernach auf die Übersetzung des "native's point of view" (Geertz 1983) auf dem Hintergrund der Metapher von 'Kultur als Text', d.h. der Lesbarkeit und Übersetzbarkeit kultureller Praktiken in Analogie zu Texten. Ein fremder Kulturzusammenhang wird objektiviert, indem ihm ein Textstatus zuerkannt wird. Damit lassen sich kulturelle Bedeutungen jenseits von Subjektintentionen und flüchtigen situativen Hand-lungsumständen festhalten und in einem gesellschaftlichen System von Bedeutung und kulturinterner Selbstauslegung verankern. Kultur ist das von den Mitgliedern einer Gesellschaft 'selbstgesponnene Bedeutungsgewebe', durch das Handlungen permanent in interpretierende Zeichen und Symbole übersetzt werden (Geertz 1975b). Im Horizont einer solchen kultursemiotischen Auffassung von Kultur als Zeichensystem und Textgefüge wird eine grundsätzliche Übersetzbarkeit von Kulturen behauptet. Doch zugleich kommt die Frage nach den Einheiten der Kulturübersetzung auf: Nicht etwa ganze Kulturen, sondern Symbole, Rituale, Praktiken usw. werden als kulturelle Bedeutungsträger in den Blick genommen. Auf ihnen gründet eine synekdochische Übersetzungsstrategie, welche kulturelle Ganzheiten durch signifikante Teile interpretiert und repräsentiert (vgl. Bachmann-Me-dick 1998, 22ff.). An dieser Gelenkstelle trifft die textorientierte interpretative Kulturanthropologie mit einer 'anthropologischen Wende' in der Literaturwissenschaft (vgl. Bachmann-Medick 1998a) sowie in der Übersetzungsforschung (vgl. Bachmann-Medick 1997) zusammen. Besondere Gefahren des kulturanthropologischen Projekts der Übersetzung von Kulturen werden von Roger M. Keesing (1985) reflektiert. Keesing geht von den epistemologi-schen Schwierigkeiten bei der Übersetzung von Metaphern aus: Die Alltagsrede ist in allen Kulturen durchdrungen von konventionellen Metaphern (vgl. Lakoff/ Johnson 1980), indem man etwa über einen Erfahrungsbereich (z. B. über Gefühle) mit Hilfe von Begriffen aus anderen Diskursen spricht. Angesichts dieses "universe of metaphoric discourse" (Keesing 1985, 206) entsteht aber die Gefahr, dass der Ethnologe in die Alltagsrede fremder Kulturen eine größere Bedeutungstiefe hineinlegt als ihr eigentlich zukommt. Indem man eine fremde Redeweise als Ausdruck metaphysischer Ideen überinterpretiert statt sie einfach als konventionelle Metapher, Sprachfigur oder Trope aufzufassen, indem man theologische Projektionen und kosmologische Unterstellungen macht oder metaphysische Weltbilder konstruiert, kann es zu Missverständnissen, ja zu „mistranslation" kommen (Keesing 1985, 203). Dies ist auch der Fall, wenn man Verben durch Nomen übersetzt und damit eine Welt von Prozessen und Beziehungen (z.B. geschlechtsspezifische Perspektivierun-gen der Wortbedeutungen) durch eine Welt von Entitäten ersetzt, etwa im Fall von 'Ma-na', 'Herz', Tabu' (Keesing 1985,204; zu letzterem ausführlich vgl. Aoki 1992), oder wenn man die Vielfalt fremdkultureller Vorstellungswelten und Begriffscluster auf einen westlichen Begriff einengt, z.B. 'Glaube' (vgl. Needham 1972; Gellner 1987), 'Wut', 'Liebe' (Lutz 1985; Röttger-Rössler 1997). Solche Einsichten in die Schwierigkeiten der Kulturübersetzung und die Skepsis an der Übersetzbarkeit der „Begriffswelten fremder Kulturen" (Aoki 1992, 57) weisen über sich selbst hinaus. Sie erweitern zugleich die Übersetzungsauffassung in der Kulturanthropologie: Übersetzung wird nicht mehr nur als Vehikel von Verstehen (Fremdverstehen, Kulturverstehen) betrachtet, sondern auch als Moment eines konstruktiven Missverstehens (vgl. Röttger-Rössler 1997, Berg 1997). Nicht das Gelingen, sondern das Misslingen von Kulturübersetzung wird hier als die größere kulturanthropologische Herausforderung ernst genommen. 4. Übersetzung und Repräsentation Die kulturanthropologische Übersetzungsreflexion erfährt im Zuge der linguistischen/ literarischen Wende in der Ethnologie eine weiterreichende Modifikation. Sie verlagert sich von der hermeneutischen Ebene des Kulturverstehens und der Textinterpretation hin zu einem neuen Schwerpunkt der Repräsentationskritik. So hat die sogenannte Writing Culture Debatte seit den 1980er Jahren die Aufmerksamkeit auf den Prozess des Schreibens und auf die rhetorischen Darstellungsmittel gelenkt. Statt um 'Treue' zu einem kulturellen 'Original' geht es verstärkt um die Frage der Darstellungskonventionen, der rhetorischen Figuren und narrativen Mittel (Metaphern, Tropen, Synekdochen), der historischen und sozialen Diskursbedingungen, unter denen fremdkulturelle Konstruktionen entstehen: "The maker [...] of ethnographic texts cannot avoid expressive tropes, figures, and allegories that select and impose meaning 160 III. Übersetzung als Gegenstand der Reflexion und des wissenschaftlichen Diskurses as they translate it" (Clifford/Marcus 1986,7). Ethnographische Beschreibungen sind also in Wirklichkeit interpretierende Übersetzungen mit dem Status eines eigenen Textes, der von literarischen und rhetorischen Strategien, von Darstellungsmitteln wie Ironie, Metaphern, Tropen etc. Gebrauch macht. Es gibt keine exakte Übersetzung, sondern nur eine allegorische Übertragung (Clifford 1986). Damit wird die Vorstellung, man könne durch ethnographisches Übersetzen einen authentischen Zugang zu fremden Kulturen vermitteln, als fundamentale Fehleinschätzung entlarvt. Übersetzung gilt als Repräsentation von Repräsentationen (vgl. Sperber 1993, 162f.). Seit die Writing Culture Debatte das Problem der interkulturellen Repräsentation genauer beleuchtet hat, wird die (monologische) Übersetzung von Erfahrungen in monographische Texte ebenso problematisch wie die Herausbildung kultureller Fiktionen im Verlauf der Kulturübersetzung (Erfindung von Kulturen). Die Übersetzungskategorie wird neu akzentuiert, insofern die anthropologische Praxis selbst als ein kreativer Übersetzungsprozess verstanden werden kann, der Momente der Synthetisierung und damit Erfindung kultureller Ganzheiten enthält (vgl. Sperber 1993, 168f.), der aber auch intertex-tuelle und methodisch-wissenschaftliche Voraussetzungen, Konventionen der Darstellung und Veränderungen des Kulturbegriffs selbst reflektieren kann. Das anthropologische Konzept von Übersetzung ist allzulange dem Zwang zur (monologischen) Repräsentation gefolgt. Aus der 'Krise' und Kritik der monologischen (Fremd-)Repräsentation heraus entsteht die sogenannte 'dialogische Anthropologie', die auf Selbstrepräsentation durch Dialog mit den Einheimischen setzt. Sie zieht zwar kulturelle Bedeutungen nicht auf ein kohärentes Kulturganzes zusammen, sondern betont die Notwendigkeit einer multiperspektivischen Übersetzung, die den unterschiedlichen und oft widersprüchlichen Stimmen einer Kultur gerecht zu werden versucht. Doch auch eine dialogische Übersetzungsstrategie kann das Machtgefälle und das ethnographische Selektionsmonopol nicht aufheben. Die Perspektive eines veränderten Kulturverständnisses hingegen hat stärkere Auswirkungen auf die ethnographische Übersetzungskonzeption selbst, die schließlich allzulange abgetrennte, holisti-sche Kulturgebilde vorausgesetzt hat (vgl. In-gold 1993, 229). Eine neue Ethnographie, die durch ein "going beyond boundaries" gekenn- zeichnet ist (Pälsson 1993), redefiniert die traditionellen Schlüsselkonzepte wie der Andere/ Fremde, teilnehmende Beobachtung und kulturelle Übersetzung. Damit kommt es im Gefolge der Writing Culture Debatte auch zu einem Umschwung in der ethnologischen Übersetzungsreflexion (vgl. den Sammelband von Pälsson 1993 in Anschluss an eine einschlägige Konferenz in Reykjavik 1990). Kulturübersetzung bleibt hier nicht mehr nur auf Wort/ Schrift/Text/Diskurs fixiert, sondern bezieht Situationspragmatik, Sprechakte und Perfor-manz ausdrücklich ein. So hat Unni Wikans Ansatz zu einer expliziten kulturanthropologischen Übersetzungstheorie das Ziel eines "going beyond words", so dass Kulturübersetzung über einen Bedeutungstransfer hinaus auch Sprachgebrauch und -Wirkung, Sprecherintentionen der Handlungssubjekte und nonverbale Kommunikation vermitteln soll (vgl. auch Aoki 1992). Im Unterschied zur Vorstellung von Kultur als Text und in Erweiterung der Textualisierungsstrategie einer 'dialogischen Anthropologie' wird hier die intersubjektive Hervorbringung von Bedeutungen und ihre Verknüpfung mit Sprecherintentionen betont (Wikan 1993). Damit wird eine einseitige Übersetzungsautorität der europäischen Ethnologie besonders weit in Frage gestellt. Die Frage der Autorität ist durch einen bahnbrechenden Aufsatz von James Clifford aufgeworfen worden (Clifford 1988). Ethnographisches Übersetzen enthält immer Übersetzungsautorität, selbst wenn es dialogisch angelegt ist. Denn die konkrete Erfahrung der Feldforschung wird in einen "authoritative written account" verwandelt, in das kulturelle Gesamtbild einer 'synthetischen Kulturbeschreibung' (Clifford 1988, 25). Bei diesem Übersetzungsprozess ist entweder die Autorität der Beobachtung oder die Autorität der Darstellungsrhetorik am Werk. Kulturübersetzung bedeutet darüber hinaus Sprechen für andere und führt damit in politische Wirkungsfelder hinein. Dass auch die Literaturübersetzung unter dem Aspekt der Autorität als eine Darstellungs- und Verfügungsmacht über Sprachen und Kulturen neu gesehen werden kann, wird schon durch Edward Saids Kritik des Orientalismus angeregt (Said 1978). Schon hier ist der Blick auf den diskursiven Kontext und auf den Machtaspekt von Übersetzungen gelenkt worden: "Cross-cultural translation is never entirely neutral; it is en-meshed in relations of power" (Clifford 1997, 182 mit Bezug auf Asad 1986). 16. Kulturanthropologie und Übersetzung 161 Diese Einsicht in die Machtbeziehungen von Kultur- und Textübersetzungen schafft eine wichtige Gelenkstelle zwischen der Kulturanthropologie und der postkolonialen Theorie. An dieser Gelenkstelle wird das ethnographische Übersetzungs- und Repräsentationsproblem politisch aufgeladen. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf die "politics of translating ('Third World') cultures" (Ding-waney/Maier 1995, 3). Betont wird die Offenlegung und Kritik der Machteingebundenheit von Übersetzungen bis hin zu deren Praxis gewaltsamer Aneignung (Asad/Dixon 1985). Betont wird aber auch die kulturpolitisch wichtige Forderung einer Umgestaltungsbereitschaft der 'starken' Sprachen der 1. Welt unter dem Einfluss der 'schwächeren' Sprachen der 3. Welt (Asad 1986, 323 f.) - dies in Anlehnung an die Übersetzungsperspektive Walter Benjamins und des deutschen Übersetzers Rudolf Pannwitz, auch die eigene Sprache durch die fremde inspirieren zu lassen (hierzu Asad/Dixon 1985, 173f.; Niranjana 1992, llOff.). 5. Postkoloniale Anthropologie und Übersetzung Übersetzung im politischen und kulturpolitischen Kontext - Macht, Kolonialismus, Ungleichheit der Sprachen - wird von kulturanthropologischer Seite aus (1) in empirischen Studien und (2) auf epistemologischer Ebene reflektiert. Ausgangspunkt der Übersetzungsreflexion ist vor allem das Verhältnis zwischen Kolonisierten und Kolonialisten, die missionarische Übersetzungstätigkeit und insbesondere die Komplizenschaft zwischen Ethnographen und missionarischen Übersetzern fremder Texte im europäischen Kolonialismus (vgl. Simon/St-Pierre 2000). In diesem Zusammenhang wird Übersetzung auch als kulturelle Aktivität der Konstruktion von Rasse und Geschlecht herausgestellt (vgl. Niranjana 1992, 47 f.). Ein weiterer Ausgangspunkt ist die Diskursbindung von Übersetzungen bzw. ihre Funktionalisierung, wie sie beispielhaft von Edward Said am Fall des Orientalismus aufgezeigt worden ist. (1) Exemplarisch seien drei empirische Fallstudien genannt: Michael Cronin (1996), der die Aufmerksamkeit auf den innereuropäischen Kolonialismus lenkt und in diesem Zusammenhang auch Übersetzung als Reduktion der 'native language' betont (z.B. Minoritätensprache Irisch versus Majoritätensprache Englisch). Die Auffassung von Überset- zung nicht als harmonischen Transfer, sondern als Unterdrückung von Minoritätensprachen und 'native languages' findet sich auch bei Vincente L. Rafael (1988) mit Bezug auf die Kolonisierung der Philippinen durch die Spanier. James T. Siegels (1986) Fallstudie behandelt innerkulturelle Übersetzungsvorgänge in vielsprachigen Ländern mit Hunderten von lokalen Sprachen als Medien der Reproduktion und Infragestellung der sozialen Statushierarchie. (2) Epistemologische Ansätze betonen das Projekt der wechselseitigen Übersetzung, also nicht mehr Übersetzung als einseitig westlicher Aneignung fremder Kulturen (Dingwa-ney/Maier 1995, 7), sondern Übersetzung als interaktiven Prozess der wechselseitigen Beeinflussung im Prozess der kulturellen Auseinandersetzung. Übersetzung im traditionellen Verständnis setzt zwei verschiedene Diskurse voraus, wobei einer das Objekt des anderen ist. Die neuere Ethnologie dagegen betont zunehmend eine Intersubjektivität und Intertex-tualität, welche beide Welten verknüpft (Hastrup 1990), welche mit dichotomischen Denkweisen bricht (Bhabha 1994) und welche im Zuge einer Neuöffnung der Kulturanthropologie für eine indigene Rezeption bzw. Rückübersetzung ethnographischer Texte plädiert (Diskurs mit den Einheimischen, nicht über sie) (Gottowik 1998,76 f.). Auch in diesem Zusammenhang richtet sich die Auffassung von Kultur als Übersetzung gegen das Prinzip einer dichotomischen Fremdwahrnehmung (Said 1978; Bhabha 1994). Das Übersetzungsproblem stellt sich besonders bei der Übernahme von Konzepten aus einer Kultur in eine andere, und zwar nicht nur in eurozentrischer Hinsicht, sondern auch beim Aufnehmen westlicher Konzepte in den Modernisierungs- und Transformationsprozess außereuropäischer Kulturen. Die Übersetzungstheorie hat hier noch stärker das breite Spektrum der unterschiedlichen kulturellen Praktiken (nicht nur der Denkweisen) einzu-beziehen: "We need a more systematic consi-deration of the social preconditions and con-sequences of translating Western discourses on a ränge of social practices: Law, banking, public administration, education [...]" (Asad 1995, 329). Dies vor allem, weil der Diskurstransfer zu einer starken Übernahme von entsprechenden Praxismodellen geführt hat, wie z.B. zur Übernahme europäischer Gesellschaftsmodelle in der japanischen Gesellschaft, besonders im Prozess der Modernisierung (Shimada 1998 und 2000). Übersetzung 162 III. Übersetzung als Gegenstand der Reflexion und des wissenschaftlichen Diskurses wird in solchen Fällen zur Eintrittskarte in die globale Weltkultur. Aber auch die Kehrseite dieser Entwicklung wird zunehmend reflektiert. Der Blick richtet sich hier auf Erscheinungsformen kultureller Resistenz gegen transnationale Übersetzung und Übersetztwerden, die in kulturspezifischen Praktiken und regionalen Widerständigkeiten ihren Ort haben. "Any transnational cultural study must 'translate', each time locally and specifically, what decentres and subverts this transnational globality" (Bhabha 1994,241). Auch rewriting und re-translation fallen als Akte des Widerstands gegen die Geschichte des Kolonialismus in diesen Problembereich (Niranja-na 1992, 172). Die Verwirklichung von Übersetzung im globalen Zeitalter steht unter dem Vorzeichen einer Überlagerung und Transformation verschiedener kultureller Schichten und Erfahrungen im konfliktreichen Spannungsfeld von Migration und Diaspora. Dadurch wird die Vorstellung von Kultur als einer in sich geschlossenen traditions- und identitätssichern-den Instanz immer fragwürdiger. Ein holisti-sches Kulturverständnis wird mehr und mehr infragegestellt. Kulturen werden nicht nur übersetzt, sie konstituieren sich vielmehr in der Übersetzung und als Übersetzung, d. h. sie sind als Bestandteile oder Ergebnisse von Übersetzungsvorgängen aufzufassen: "Culture [...] is both transnational and translational" (Bhabha 1992, 438). Kulturelle Realität ist aufgrund ihres Konstruktcharakters immer bereits übersetzt (Niranjana 1992, 71). Kultur als Übersetzung bedeutet hier jedoch nicht bloß eine anti-essentialistische Metapher, sondern bezeichnet vor allem die Existenz kulturinterner Gegendiskurse, Diskursformen von Widerstandshandlungen und heterogener Diskursräume innerhalb einer Gesellschaft. Kulturanthropologie und Postkolonialismus haben die Aufmerksamkeit nicht nur auf Differenzen und Übersetzungen zwischen den Kulturen, sondern auch innerhalb von Kulturen, gelenkt. Solche Übersetztheit von Kulturen wird als Hybridität bezeichnet (Bhabha 1994). Dabei kommt es zur Entdeckung neuer Übersetzungseinheiten: Nicht mehr abgegrenzte Nationen und Kulturen sind hier entscheidend, sondern neue transnationale Formationen der Übersetzung zwischen Lokalität und Globalität im Zuge weltweiter Migration. Kulturen gelten nicht mehr als Objekte von Übersetzung, sondern als Prozesse von Konflikt, Differenz, Überlagerung, Vermischung. Der Übersetzungsbegriff wird so zentral, dass er eine Veränderung des Kulturbegriffs hin zu einem dynamischen Begriff von Kultur als Praxis des Aushandelns kultureller Differenzen und hin zu kultureller Überlappung (Hybridität), Synkretismus und Kreolisierung anzeigt (Bhabha 1994,125). Übersetzung wird unter postkolonialem Vorzeichen zu einem immer zentraleren kulturanthropologischen Projekt. In diesem Kontext wird am Beispiel von Salman Rushdie eine wichtige Variante der Übersetzung von Differenzen betont: "Translation not merely across languages and cultural borders but among interest groups and discourses competing for hegemony within social arenas, be they local, national, or transnational" (Fischer/Abedi 1990,108). Auf der sozialen Ebene schafft Übersetzung eine soziale und politische Praxis der Auseinandersetzung zwischen den Kulturen, auch innerkulturell - etwa im Sinne einer Bereitschaft sozialer Gruppen und sozialer Bewegungen, sich in ihrem sozialen und diskursiven Umfeld eine Position zu erkämpfen, wie es z. B. Martin Fuchs am Beispiel der Dalit-(Unberührbaren-)Bewe-gungen in Indien dargestellt hat (Fuchs 1999, bes. 315ff., 385ff.): Übersetzungsbereitschaft als Aushandeln von Differenzen. Lebensweltliche Übersetzungspraktiken -im Zusammenhang sozialer Gruppen oder auch globaler Beziehungen und Kulturenvermischungen - regen neue methodische Differenzierungen des Kulturverständnisses und des Kulturenvergleichs an. Im Zeitalter globalisierter interkultureller Beziehungen und 'displacements' ist beim kulturanthropologischen Übersetzen davon auszugehen, dass Kulturen nicht vorgängig existieren, sondern dass sie durch kulturelle Kontakte überhaupt erst Gestalt annehmen (Clifford 1997, 3): Im Sinne von Kontaktzonen, vom 'Dritten Raum' der Übersetzung kultureller Differenzen (Bhabha 1994; Bachmann-Medick 1998b; Wolf 2000) bzw. von interkulturellen Zwischenräumen (Hastrup 1990). Auf dieser methodisch-episte-mologischen Ebene schließt James Clifford an die Vorstellung von Kultur als Übersetzung (Bhabha 1994) an. Mit Blick auf vergleichende Kulturanalysen versteht er die komparatisti-schen Konzepte der Kulturanthropologie selbst als 'Übersetzungsbegriffe', die unvollständige Äquivalenzen bezeichnen. Wie die Position des Ethnographen nicht fixiert, sondern ein Ort von Übersetzung und interkulturellen Beziehungen ist, so müssten auch die Untersuchungsbegriffe selbst relational aufgefasst werden - jedenfalls nicht nur als westliche 16. Kulturanthropologie und Übersetzung 163 Begriffe in ihrer Verallgemeinerung und Uni-versalisierung. "By 'translation term' I mean a word of apparently general application used for comparison in a strategic and contingent way" (Clifford 1997, 39), z.B. Kultur, Reise, Kunst, Gesellschaft, Frau, Modernität usw., also Begriffe, die mit ihrem erweiterten Anwendungshorizont geeignet sind für globale Kulturvergleiche. Solche Übersetzungsbegriffe sollen nicht nur Vergleichbarkeit ermöglichen und zugleich Differenzen freisetzen. Sie könnten auch die Kulturanthropologie ihrerseits für eine (makroanthropologische) Neudefinition im Hinblick auf grenzüberschreitende Cultural Studies öffnen (Clifford 1997, 8). Kulturelle Übersetzung wird gegenwärtig besonders zum Aushandeln und zum Überbrücken der Differenzen in einer sich 'verkleinernden' Welt aufgewertet. In diesem Sinne kann man durchaus Edward Leachs frühe Aufforderung zur Entwicklung einer ethnologischen Übersetzungsmethodologie aufgreifen: "Social anthropologists are engaged in establishing a methodology for the translation of cultural language. In a shrunken world of communication satellites and supersonic airliners this is an important and worthwile task, but unromantic" (Leach 1973,772). Leach hat Übersetzung an die Stelle einer Hierarchisie-rung von Kulturen gesetzt. Heute wird die Übersetzung von und zwischen den Kulturen immer mehr zu kultureller 'mediation' ausgebaut (Hannerz 1993, 48). Doch diese wichtige Vermittlungsaufgabe bleibt nicht allein der Kulturanthropologie überlassen. Gegenwärtig geht es verstärkt um 'cultural management' in globalen Symbolwelten (Hannerz 1993,48), eine Aufgabe, die ebenfalls nicht mehr allein durch 'cultural translation' zu bewältigen ist. 6. Literatur in Auswahl Aoki, T. (1992). „Zur Übersetzbarkeit von Kultur." Zwischen den Kulturen? Die Sozialwissenschaften vor dem Problem des Kulturvergleichs. Ed. J. Matthes. Göttingen. 49-67. Ardener, E. (1989). "Comprehending Others." The Voice of Prophecy and Other Essays. Ed. M. Chapman. Oxford. 159-185. Asad, T. (1986). "The Concept of Cultural Translation in British Social Anthropology." Writing Culture: The Poetics and Politics of Ethnography. Eds. J. Clifford, G.E. Marcus. Berkeley, Los Angeles, London. 141-164. Asad, T. (1993). "Übersetzen zwischen Kulturen: Ein Konzept der britischen Sozialanthropologie." Kultur, soziale Praxis, Text: Die Krise der ethno- graphischen Repräsentation. Eds. E. Berg, M. Fuchs. Frankfurt/M. 300-334. Asad, T. (1995). 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Most translation scholars agree that by 1990, a 'cultural turn' had taken place in the field, one marked by the publication of Translation, History and Culture (1990), edited by Susan Bas-snett and André Lefevere. In their co-authored introduction, Bassnett and Lefevere cite advances made by translation studies scholars documenting textual differences in multiple translated versions of the same original in the targeted culture in any given historical period. Yet formal comparative analysis does not explain why translators make such changes. To do so, Bassnett and Lefevere argue that scholars need to "go into the vagaries and vicissitudes of the exercise of power in a society", urging them to use terms such as "patronage" and "ideology" to analyze the role culture plays in the production of translations (Bas-snett/Lefevere 1990, 5). Mary Snell-Hornby in her essay "Linguistic Transcoding or Cultural Transfer?" (1990) in the same volume asks scholars to abandon their "scientistic" attitude, get beyond the sentence and text level as units for analysis, and move on to "culture", a step Bassnett and Lefevere characterize as "momentous" for the field. 2. Translation studies in Europe Earlier evidence of this approach can be found in the work of Belgian scholars Jose Lambert, Theo Hermans, and Hendrik van Gorp, who also used extra-literary factors in their research. In the introduction to their representative 1985 anthology The Manipulation of Literature, Hermans argues for the inclusion of "the norms and constraints that govern the production and reception of translation" (Hermans 1985, 11). From the point of view of the target culture, he argues, "all translation implies a degree of manipulation of the source text for a certain purpose" (Hermans 1985, 11). Jose Lambert and Hendrik van Gorp in their essay "On Describing Translations" in the same anthology posited a methodology for analyzing translations, one which was more functional and semiotic oriented than previous methods. Lambert and van Gorp's method asks that scholars look at extra-linguistic factors influencing translations such as editorial policies and social norms governing translations as well as linguistic factors such as words, sentences, paragraphs and metaphors. In Israel, Itamar Even-Zohar and Gideon Toury have for years used 'polysystem theory' to analyze cross-cultural interaction, the word 'polysystem' referring to the aggregate of literary forms in any given culture. Research published by Even-Zohar in Papers in Historical Poetics (1978) contradicts universal notions that translations belong to secondary systems. Basing his theory on late Russian Formalists such as Boris xenbaum and Jurij Tynjanov, who were beginning to study the role that literature played in social evolution in the 1920s and 1930s, Even-Zohar adopted formalist concepts of system and hierarchy to explore the role translations play in cultural evolution. His work provides new data on how texts are selected for translation and how translated texts adopt certain target culture literary and social norms. For example, in his essay "The Position of Translated Literature within the Literary Polysystem" in Papers in Historical Poetics (1978), Even-Zohar argued that older, larger cultures such as Germany or France tend to relegate translations to secondary status. However, in younger, smaller nations such as Israel or emerging 'Third World' countries, translations tend to play a more central role in cultural evolution. Thus translations cannot be categorized as either primary or secondary, but are always variable, depending upon the specific cultural situation of the receiving country. Even-Zohar's colleague