68 Mandala der friedvollen und zornvollen Gottheiten Tibet, ca. 17.-18.Jh. Thangka, Gouache auf Baumwolle H 127cm; B 93 cm Kloster Palkhor Chöde, Gyantse Die einhundert friedvollen und zornvollen Gottheiten auf diesem Thangka sind Wesenheiten aus dem »Tibetischen Totenbuch«, die dem Verstorbenen im Zustand zwischen Tod und Wiedergeburt erscheinen. Da sie nach der Tradition des Schatzfinders [gter ston] Karma Lingpa [karma gling pa] gemalt sind, spricht man von den »friedvollen und zornvollen (Gottheiten) des Karma Lingpa« [kar gling zhi khro]. Das »Tibetische Totenbuch« gehört zu einer Textsammlung, deren Titel »Die tiefgründige Lehre der natürlichen Befreiung durch Meditation über die friedvollen und zornvollen (Gottheiten)« [zab chos zhi khro dgongs pa rang grol] lautet. Die tibetische Tradition schreibt diesen Textzyklus dem indischen Tantriker Padmasambhava zu, der zur Regierungszeit des Königs Trisong Detsen (756-797) nach Tibet kam. Der Legende nach hat Padmasambhava die Texte als »Schatz« [gter ma] im Gampo-Dar-Berg [sgam po brdar gyi ri] in Dagpo [dwags po], einer Region im Südwesten Tibets, versteckt. Etwa sechshundert Jahre später, im Laufe des i4.Jhs., sollen die Texte von Karma Lingpa1 gefunden worden sein; er schrieb sie im Alter von 15 Jahren in tibetischer Schrift nieder.2 Der »entdeckte« Schatz enthielt unter anderem einen Sädhana-Text, der die Meditation über das Mandala der 100 friedvollen und zornvollen Gottheiten beschreibt. Der gesamte Text-Zyklus wird in der tibetischen Kultur als »Karling Shidro« bezeichnet, »die friedlichen und zornvollen Gottheiten nach Karma Lingpa« [kar gling zhi khro]. Die westliche Welt erfuhr zum ersten Mal im Jahre 1927 von der Existenz dieses Zyklus durch die Pionierübersetzung von Kazi Dawa-Samdup und Evans-Wentz. Als »Tibetisches Totenbuch« erlangte eine Auswahl dieser Texte im Westen große Verbreitung.3 Die Texte beschreiben die visionären Erlebnisse, die dem Verstorbenen nach dem Augenblick seines Todes bis zu seiner Wiedergeburt widerfahren. Diesen Zeitraum bezeichnen die Tibeter als »Bardo«, als »Zwischenzustand« [bar do]. Die Vorstellung von einem Zwischenzustand geht vermutlich auf indische Ursprünge (5. bis 10.Jh.) zurück: Schon bei Vasubandhu (400-480) findet sich der Begriff »Bardo« [skr. antaräbhava]. Vasubandhu unterscheidet vier Perioden im Leben eines Menschen: 1. die Periode der Geburt [skr. upapattibhava], 2. die Periode von der Geburt bis zum Tod [skr. pürvakälabhava], 3. die Periode des Todes selbst [skr. maranabhava] und 4. die Periode vom Tod bis zum nächsten Leben [skr. antaräbhava].4 Die Bardo-Literatur wurde in Tibet von buddhistischen wie auch von nicht- buddhistischen (Bön-) Lehrern und Autoren zwischen dem 10. und dem 14.Jh. weiter ausgeformt. Gesicherte Quellen sind die Lehren der beiden indischen Mahäsiddhas Tilopa (988-1069) und Näropa (1016-1100), die Marpa Chökyi Lodro (1012-1097) ins Tibetische übersetzt hat. Die Bardo-Unterweisungen finden sich in Marpas Tradition in den sogenannten >Sechs Lehren des Näropa<, die in der Kagyü-Schule und später auch in der Sakya- und Gelug-Schule weitergegeben wurden. Die Nyingma-Interpretation der Bardo-Lehren hängt eng mit der Lehre der Großen Vollendung [rdzogs chen] zusammen, deren grundlegende Quellen, die sogenannten 17 Dzogchen-Tantras, höchstwahrscheinlich im 11. Jh. in Tibet entstanden sind.5 Es ist zu vermuten, daß das Mandala-System der 100 friedvollen und zornvollen Gottheiten auf zwei indische Tantras zurückgeht, die schon im 8. Jh. aus dem Sanskrit ins Tibetische übersetzt wurden: das »Tantra des Netzes der Magischen Erscheinungen« [sgyu 'phrul drwa ba'i rgyud; skr. mäyäjäla-tantra]6 und das »Tantra der Essenz des Geheimen« [gsang ba'i snying po'i rgyud; skr. guhyagarbha-tantra].7 Nach den Lehren über den Bardo befinden sich die 58 zornvollen Gottheiten im Gehirn, die 42 friedvollen Gottheiten im Herzzentrum sowie zusätzlich die zehn »Wissenshaltenden Gottheiten« [rig 'dzin; skr. vidyädhara] im Kehlzentrum. Während des Sterbeprozesses, im sogenannten »Zwischenzustand der Wahrheit« [chos nyid bar do], werden diese Gottheiten als überwältigende Visionen dem Verstorbenen sichtbar. Um sich auf die Konfrontation mit diesen Visionen vorzubereiten und den Sterbeprozeß als Gelegenheit wahrzunehmen, die Befreiung und die Erleuchtung zu erlangen, übt sich der Yogin in der Visualisierung und dem Ritual des Mandala der 100 Gottheiten nach den Anweisungen des Sädhana-Textes. Als Visualisierungshilfe dient ihm dabei ein Rollbild wie das vorliegende. In der Tradition des Karma Lingpa visualisiert der Yogin sich selbst als Ädi-Buddha Vajrasattva und meditiert die Gottheiten des »Mandala der hundert heiligen Familien der friedvollen und zornvollen Gottheiten« [zhi khro dam pa rigs brgya'i dkyil 'khor] als Körper-Mandala [lus dkyil]. Ikonographische Beschreibung Im Zentrum des Rollbildes dominiert das Mandala der 58 zornvollen Gottheiten. Die 42 friedvollen Gottheiten sind auf die Ecken und Ränder verteilt und nicht geschlossen als Mandala dargestellt. Der Sädhana-Text des Schatzfinders Karma Lingpa nennt die 100 Gottheiten in der Reihenfolge, in der sie auch im Bardo, dem Nachtodzustand, erscheinen. Das gesamte Mandala entwickelt sich dort aus dem Ädi-Buddha Samantabhadra, dem Symbol des Absoluten. Zuerst erscheint das Mandala der friedvollen Gottheiten, das sich danach in das Mandala der zornvollen Gottheiten wandelt. Während des Rituals visualisiert sich der Yogin zunächst als weißer >Sambhogakäya<-Buddha Vajrasattva in Vereinigung mit seiner weißen Partnerin; dieses Paar ist auf dem Linke Seite: Kat. 72:1 Detail: Das Zentrum des Mandala des Sarvavid Vairocana Mandala Kat. 68:i Thangka nicht dargestellt. Dann stellt er sich in seinem Herzzentrum den blauen Adi-Buddha Samantabhadra in Vereinigung mit seiner weißen Partnerin SamantabhadrI vor (1-2). Samantabhadra symbolisiert den >Dharmakäya<, die höchste Ebene der Erkenntnis, aus der heraus alle Gottheiten des gesamten Mandala hervorgebracht werden. Wir sehen Samantabhadra und seine Partnerin in der Mitte des oberen Bildrandes. Als nächstes visualisiert der Yogin die >Fünf Tathägatas< mit ihren Partnerinnen und ihrem jeweiligen Gefolge. In der Mitte des oberen Bildrandes, direkt unter Samantabhadra, sitzt der weiße Tathägata Vairocana in Vereinigung mit DhätvTsvari [dbyings phyug ma] (3-4). In der linken unteren Ecke des Rollbildes befindet sich im Zentrum des Kreises der blaue Tathägata Aksobhya in Vereinigung mit dem weiblichen Tathägata Buddha-Locanä [sangs rgyas spyan ma]. Das Paar ist umgeben von den beiden männlichen Bodhisattvas Ksitigarbha [sa yi snying po] und Maitreya sowie von den beiden weiblichen Bodhisattvas Läsyä und Puspä (5-10). In der linken oberen Ecke des Rollbildes befindet sich im Zentrum des Kreises der gelbe Tathägata Ratnasambha-va mit Mämakl [ma ma ki], umgeben von den beiden männlichen Bodhisattvas Samantabhadra [kun bzang] und Äkäsagarbha [nam mkha'i snying po] sowie den weiblichen Bodhisattvas Mala und Dhüpä (11-16). In der rechten oberen Ecke des Rollbildes befindet sich im Zentrum des Kreises der rote Tathägata Amitäbha mit Pändaraväsim [gos dkar mo], umgeben von den beiden männlichen Bodhisattvas Avalokitesvara [spyan ras gzigs dbang phyug] und Manjusri ['jam dpal] sowie von den weiblichen Bodhisattvas Gltä und Älokä (17-22). In der rechten unteren Ecke des Rollbildes befindet sich im Zentrum des Kreises der grüne Tathägata Amoghasiddhi mit Samaya-Tärä [dam tshig sgrol ma], umgeben von den männlichen Bodhisattvas Sarvanlvaranaviskarnbhin [sgrib pa thams cad rnam par sei ba] und Vajrapäni [phyag na rdo rje] sowie von den weiblichen Bodhisattvas Gandhä und Nrtyä (23-28). Außerhalb des zentralen Mandala der zornvollen Gottheiten sehen wir in den vier Richtungen die vier Türhüter in Vereinigung mit ihren Partnerinnen. Es sind: der weiße Vijaya [rnam par rgyal ba] (29-30), der gelbe Yamäntaka [gshin rje gshed po] (31-32), der rote Hayagriva [rta mgrin] (33—34) und der grüne Amrtakundalin [bdud rtsi 'khyil ba] (35-36). Ferner sind in den Zwischenräumen auf dem Rollbild die sechs Munis [thub pa drug], d.h. die Buddhas der sechs Daseinsbereiche, in stehender Haltung dargestellt: (37) Sakra [brgya byin], der Buddha der Götterwelt; (38) Vemacitra [thag bzang ris], der Buddha der Titanen; (39) Säkyamuni [shäkya thub pa], der Buddha der Menschenwelt; (40) Dhru-vasimha [seng ge rab brtan], der Buddha der Tierwelt; (41) Jvalamukha [kha 'bar ma], der Buddha der Hungergeister und (42) Dharmaräja [chos kyi rgyal po], der Buddha der Höllenwesen. Diese letzten sechs Buddhas des Mandala der friedvollen Gottheiten meditiert der Yogin nicht im Herzzentrum, sondern am Scheitelpunkt, am Hinterkopf, im Herz, im Nabel, im Genitalbereich und an den Fußsohlen. Das Mandala der 58 zornvollen Gottheiten bzw. der »Achtundfünfzig flammenden Bluttrinker« ['bar ba khrag mthung Inga cu nga brgyad] in der Bildmitte ist die Transformation der Gottheiten des friedvollen Mandala. Der Yogin visualisiert die zornvollen Gottheiten in seinem Kopf, an der Stelle, die das Gehirn einnimmt. Im inneren Kreis des Rollbildes erkennen wir sechs zornvolle Gottheitenpaare. Es sind MahäsrT-Heruka [che mchog he ru ka] und seine Partnerin sowie die fünf männlichen Bluttrinker [khrag mthung yab Inga] mit ihren Partnerinnen, den fünf weiblichen Bluttrinkern [khrag mthung yum Inga]. MahäsrT-Heruka und Partnerin (0-0) sind die zornvolle Manifestation des Adi-Buddha Samantabhadra samt Partnerin. Um auf exakt 58 zornvolle Gottheiten zu kommen, werden MahäsrT-Heruka und seine Partnerin bei der Zählung einfach ausgelassen. Die >Fünf Tathägatas< 386 Mandala wandeln sich zu den fünf Heruka-Paaren (Bluttrinkerpaaren), nämlich Buddha-Heruka (43-44), Vajra-Heruka (45-46), Ratna-Heruka (47-48), Padma-Heruka (49-50) und Karma-Heruka (51-52). Der nächste Kreis zeigt 20 Gottheiten (53-72). Es handelt sich um die »Acht zornvollen Königinnen der heiligen Plätze« [gnas kyi khro mo chen mo brgyad], auch als die »Acht Muttergottheiten der heiligen Plätze« [gnas kyi ma mo brgyad] bekannt. Sie sind zornvolle Manifestation der acht männlichen Bodhisattvas. Ebenfalls sehen wir die »Acht Mischgottheiten der heiligen Länder« [yul gyi phra men brgyad], die Manifestationen der acht weiblichen Bodhisattvas. Diese 16 Gottheiten werden im »Hof« ['khyams] des Götterpalastes meditiert. In den vier Himmelsrichtungen dieses Kreises befinden sich die vier Türhüterinnen [sgo ma bzhi]. Der Yogin visualisiert diese vier Gottheiten in den Toren des Mandala. Der dritte und äußere Kreis des Mandala zeigt die »Achtundzwanzig mächtigen Göttinnen« [dbang mo nyi shu brgyad] (73-100), die außerhalb des Götterpalastes, im sogenannten »äußeren Hof« [phyi 'khyams], visualisiert werden. Es sind Emanationen der vier Türhüterinnen. Sie werden in vier Gruppen zu je sieben tierköpfigen Göttinnen unterteilt, von denen vier als äußere, in den Kardinalrichtungen plazierte Türhüterinnen auftreten. Man erkennt sie an ihren Attributen Eisenhaken, Fangschlinge, Eisenkette und Glocke. An der unteren Seite des Rollbildes sind die fünf Paare der »Wissenshaltenden Gottheiten« zu sehen (a-e, Kat. 68:2). Diese werden vom Yogin im Kehlzentrum visualisiert.8 AK 69 27 Kilas Tibet, 17. Jh. Holz, Bemalung mit Kaltgold und Farben, lackiert H 20-30 cm Potala, Lhasa Wenn der Tantriker ein ausführliches Ritual des Yidam Vajraklla durchführt, wird im Tempelraum ein Mandala dieser Gottheit aufgebaut. Etliche Gottheiten des Vajra-klla-Mandala werden durch Kilas, dreischneidige, dolchartige Keile mit den Köpfen von Gottheiten oder Tieren, dargestellt und stehen auf dreieckigen Kila-Ständern [phur gdan]. Von den 27 hier gezeigten, bunt bemalten Holz-Kilas stellt einer den dreiköpfigen »Klla des höchsten Sohnes«, den »Sechog-Kila« [sras mchog phur pa], dar; die übrigen 26 Kilas sind einköpfige Tiergottheiten. Zum Mandala des Vajraklla (siehe Kat.-Nr. 57) gehören u. a. auch die »Zwanzig tierköpfigen Botinnen« [khra thabs nyi shu], die vom »Klla des höchsten Sohnes« angeführt Mandala werden (vgl. auch Kat.-Nr.70). Diese Gottheiten werden als Visualisierungshilfen während des Rituals eingesetzt oder während der Ritualtänze in den Händen getragen. Unter den hier vorgestellten Kllas befinden sich noch weitere, nicht zu dieser Gruppe gehörende Formen, deren Zuordnung nicht bekannt ist. Alle 27 Kllas sind sowohl Gottheiten als auch Waffen. Bei allen 27 Gottheiten entspringt der rot grundierte, dreischneidige Keil [phur pa'i dbal zur gsum pa] dem Maul eines Seeungeheuers [chu srin; skr. makara], aus dem sich Bündel von Schlangen [sbrul pa'i chun po] an der Klinge herabschlängeln. Uber dem Kopf des Seeungeheuers befindet sich der »untere Knoten« [rgya mdud 'og ma], dann folgt ein doppelkonischer, lotosförmiger Nodus mit »acht Facetten« [lcam zhog zur brgyad pa], als nächstes der »obere Knoten« [rgya mdud gong ma] und schließlich der Kopf der Gottheit am oberen Ende [tog] des gesamten Klla. Der »Klla des höchsten Sohnes« hat ein gelbes, ein rotes und ein grünes Gesicht mit jeweils drei Augen (Abb. 69:1). Seine drei Köpfe tragen mit Schädeln verzierte Kronen der >Fünf Weisheiten<, an den Ohren hängen große Schmuckscheiben, und das rötliche Haar ist zu einem einzigen großen, flachen Haarknoten hochgebunden. Die übrigen Kllas stellen tierköpfige Gottheiten dar und haben Köpfe von Hund, Bär, Rabe, Leopard, Löwe, Hirsch, Wolf, Fledermaus, Pferd, Ziege, Makara, Garuda und anderen Tieren. Zu Beginn des Rituals steckt einer der Sädhakas [sgrub pa po], d.h. der Meditierenden, die das >Sädhana< [sgrub thabs], das Ritual, durchführen, die Grenzen des Mandala mit Kllas ab und schlägt sie symbolisch in den Ecken ein. Dadurch wird das magische Areal gesichert und vor dämonischen Einflüssen geschützt. Innerhalb dieses geschützten Areals werden die Gottheiten des Vajraklla-Mandala visua-lisiert und meditiert.9 Die Sädhakas bedienen sich verschiedener Visualisierungshilfen oder »Visualisierungsstützen« [dmigs rten], die ihnen die Meditation über die Gottheiten erleichtern. Als wichtiges Hilfsmittel dient dabei ein Rollbild mit der Darstellung der Gottheit. Unabdingbar ist auch der Aufbau eines Mandala-Tisches im Tempelraum. Das Mandala wird meist kunstvoll aus farbigem Sand [rdul tshon] geschaffen; aber auch ein auf Leinwand gemaltes Mandala [ras bris] ist durchaus angemessen. Auf dieses Mandala werden weitere Visualisierungsstützen und Ritualgegenstände gesetzt. Auf das Vajraklla-Mandala werden Kllas mit den Köpfen von Gottheiten oder Tieren gestellt. Im Zentrum steht der Klla des Vajraklla [rdo rje phur pa], der Hauptgottheit des gesamten Mandala, wobei für seine Partnerin Dlptaca-krä ['khor lo rgyas 'debs ma] kein gesonderter Klla aufgestellt wird. Die Plätze in den vier Haupt- und den vier Nebenrichtungen sowie im Zenit und im Nadir werden durch die zehn Kllas der zehn zornvollen Könige [khro Unten und folgende Seiten: Kat. 69 Mandala SK ■ 390 Mandala Mandala Kat. 69 Vorstellung eines Selbst [bdag 'dzin] und die Geistestrübungen [nyon mongs]. Sie werden vom Vajra-Meister durch seine Erkenntnis der Weisheitssphäre [ye shes kyi klong] vernichtet. Außerhalb des Rituals trägt der Vajra-Meister den Aktivitäts-Kila am Gürtel. Den Klla des Vajraklla, der während des Rituals im Zentrum des Mandala-Tisches steht, bezeichnet man als Rezita-tions- [bsnyen phur] oder Praxis-Klla [sgrub phur]. Er wird während des Rituals als Unterstützungsobjekt für die Meditation und Rezitation [sgrub rten, thugs rten, thugs dam gyi rten] genutzt und darf niemals für die Aufgaben des Aktivitäts-Kila eingesetzt werden. Publiziert: Bowers Museum 2003, 74-75, Nr. 23; Shanghai Museum 2001, 124-125, Nr. 45. AK Rechts: Kat. 69:1 Detail: »Klla des höchsten Sohnes«, rotes und grünes Gesicht rgyal bcu; skr. dasakrodharäja] eingenommen (vgl. Kat.-Nr. 57). Dabei wird der Klla des zornvollen Königs des Zenits zu dem des Ostens und der des Königs des Nadirs zu dem des Westens gestellt. Jedem dieser Könige wird rechts und links je eine der zwanzig tierköpfigen Botinnen zur Seite gestellt. Die im Mandala aufgestellten Kilas können aus Holz oder Metall gefertigt sein. Holz-Kllas sollten aus zornvollen Holzarten [drag po'i shing] geschnitzt sein, z.B. aus Akazienholz [seng ldeng; skr. khadira] oder dunklem »Dornen«-Holz [tsher nag]. Metall-Kllas können Eisen-Kllas [lcags phur], Kilas aus Meteor-Eisen [gnam lcags phur pa], Kupfer-Kllas [zangs phur] und dergleichen sein. Ein Eisen-Kila sollte aus den fünf [lcags Inga]10 oder aus neun verschiedenen Arten von Eisen [lcags sna dgu'i phur pa] bestehen. Aber nicht nur auf dem Mandala-Tisch finden sich Kilas. Während des Rituals benötigt der Ritualleiter, der Vajra-Meister [rdo rje slob dpon], den »Aktivitäts-Kila« [las phur], der vor ihm auf einem weiteren Tisch steht. Dieser Klla wird auch als »Stich-Klla« [gdab phur] oder als »Befrei-ungs-Klla« [bsgral phur] bezeichnet. Mit diesem Klla, der einen anderen Aspekt des Sechog-Klla darstellt, führt er die zornvollen Aktivitäten der »Befreiung« oder »Tötung« der Feinde durch. Die wahren Feinde auf dem Weg zur Erleuchtung sind Unwissenheit [ma rig pa], das Festhalten an der 392 Mandala Der Katalog erscheint anläßlich der Ausstellung Tibet - Klöster öffnen ihre Schatzkammern Kulturstiftung Ruhr Essen, Villa Hügel, 19. August bis 26. November 2006 Museum für Asiatische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin, 21. Februar bis 28. Mai 2007 Umschlag: Der indische Mahasiddha Damarupa (Kat.-Nr.4) Vorsatz: Tibet und die Sinmo-Dämonin (Kat.-Nr. 82, Ausschnitt) Frontispiz: Der Yidam Guhyasamäja-Aksobhyavajra (Kat.-Nr. 55, Ausschnitt) Bibliographische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über »http://dnb.dnb.de« abrufbar. © 2006 Kulturstiftung Ruhr, Essen und Hirmer Verlag München Umschlaggestaltung: Polyform, Berlin Karte: Kraftdesign, Essen Layout und Produktion: Joachim Wiesinger Satz: Pro Media, Setzerei Vornehm, München Lithographie: Zanotto/Brisotto, Treviso und Reproline, München Druck: aprinta, Wemding Bindung: Buchwerk GmbH., Darmstadt Printcd and bound in Germany Isbn 978-3-88609-566-7