Kontrastive Stilanalyse literarischer Übersetzungen (Dt-Tsch) Schwerpunkte: Schwerpunkte: •1. Stilistik – Stil - Stilistische Textanalyse •2. Stilelemente und Stilfiguren •3. Stilistische Spezifik literarischer Texte •4. Einführung in die Translatologie, Spezifik der literarischen Übersetzung •5. Kontrastive Fallstudien (Übersetzungen literarischer Texte von Herta Müller, Ingo Schulze, Elfriede Jelinek, Judith Herrmann, Juli Zeh u.a., Jaroslav Rudiš •6. Selbständige kontrastive Stilanalyse Abschlusstest •1. Wer ist der/die AutorIn des vorliegenden Textauszuges? •2. Welche Stilmittel sind für ihn/sie typisch, wie würden Sie seinen/ihren Stil charakterisieren? • 3. Suchen Sie das Stilmittel aus, das für die Übersetzung Schwierigkeiten bereitet/bereiten könnte! •4. Übersetzen Sie den Textauszug ins Tschechische! Jaroslav Rudiš • •Jaroslav Rudiš ist ein tschechischer Schriftsteller, Dramatiker und Drehbuchautor, der am 8. Juni 1972 in Turnov geboren ist. Er ist aber in der Stadt Lomnice nad Popelkou aufgewachsen. •In Turnov besuchte er das Gymnasium, danach studierte er Germanistik, Geschichte und Journalistik an der Pädagogischen Fakultät der Technischen Universität in Liberec. Er studierte aber auch in Prag, Zürich und Berlin, wo er zwischen 2001 und 2002 als ein Journalist-Stipendiant an der Freien Universität tätig war. •Trotz seiner Studienrichtungen arbeitete er in seinem Leben in verschiedensten Arbeitsbereichen – z. B. als Bäcker in den Alpen, Hotelportier, DJ und Tonmeister in einem Rockclub, Lehrer, Manager einer Punkband, Vertreter einer tschechischen Brauerei in Deutschland, Maurer, Verkäufer in einem Milchgeschäft, Kulturredakteur der tschechische Tageszeitung Právo usw. •Er ist in den Musikgruppen U-Bahn, Jaromír & The Bombers und Kafka-Band tätig. Mit dem Dichter Igor Malijevský organisiert er regelmäßige Veranstaltungen im Prager Theater Archa - Literaturkabarett EKG. •Zurzeit lebt und arbeitet Rudiš in Deutschland und Tschechien (Berlin, Prag, Brünn und Leipzig) • Jaroslav Rudiš - Werk •Nebe pod Berlínem (Labyrint, 2002) •Grandhotel (Labyrint, 2006) •Deutsche Übersetzung von Eva Profousová: Grandhotel (Luchterhand Literaturverlag, 2008) •Der zweite Roman erschien 2006 und fast gleichzeitig wurde er auch verfilmt (Regie: David Ondříček). •Die Geschichte spielt sich in dem futuristischen Hotel auf dem Berg Ještěd in der Nähe von Liberec/Reichenberg in Nordböhmen (ehemaliges Sudetenland) ab. Der Hauptprotagonist Fleischmann hat Liberec nie verlassen, seine Eltern emigrierten und ließen ihn allein. Sein größtes Hobby ist Meteorologie, er weiß alles über das Wetter. Er war nie mit einer Frau. Er hat nur einen Cousin, der gleichzeitig auch sein Chef ist – Jégr, der sich mit nostalgischen Schmuckstücken aus der DDR umgibt und nur die Geschichten über Frauen erzählt. Bald stellt Fleischmann fest, dass der einzige Weg aus diesem Ort und auch aus eigenem Leben durch die Wolken führt. • • •Potichu (Labyrint, 2007) •Deutsche Übersetzung von Eva Profousová: Die Stille in Prag (Luchterhand Literaturverlag, 2012) •Ein Roman aus Prag, der von fünf Menschen erzählt. Alle lösen Beziehungsprobleme, Einsamkeit und ihre Lebenswege kreuzen sich in einem Augenblick. Petr ist von seinem Mädchen verlassen worden und arbeitet als Straßenbahnfahrer, immer ist bei ihm seine Hündin namens Malmö. Einmal trifft er die 17-jährige Punkerin Vanda, für die das Wichtigste ihre Musikgruppe „Kill The Barbie“ darstellt. Der Anwalt Wayne hat bis jetzt ein erfolgreiches Leben geführt, aber jetzt hat er Angst um seinen Bruder, der im Irak als Soldat tätig ist. Waynes Freundin Hana ist auch erfolgreich, vor allem in ihrem Berufsleben. Jetzt aber zweifelt sie an ihrer Liebe zu Wayne und will anders leben. Der alte Vladimír hat seine liebe Frau verloren und den Auslöser für alle Übel sieht er im Lärm. Er beginnt also für die Stille zu kämpfen. •Im Jahre 2007 wurde der Roman auch als Audiobuch herausgegeben, es liest Richard Krajčo. • •Konec punku v Helsinkách (Labyrint, 2010) - Vom Ende des Punks in Helsinki •Der Roman spielt sich in einer ostdeutschen Großstadt ab und erzählt „über die letzte Punkgeneration und darüber, was daraus nach 20 Jahren übriggeblieben ist, über Beziehungen, über die Welt, die sich so schnell ändert.“ Ole, ein 40-jähriger ehemaliger Punker besitzt eine kleine Bar „Helsinki“, wo sich seine alten Freunde immer noch treffen. Er denkt an seine Lebensmomente zurück - an seine Jugendzeit, an seine Liebe, an seine Beziehungen und an die Augen einer jungen Punkerin, an die er in Pilsen bei einem illegalen Konzert vor der Wende gestoßen ist. Gleichzeitig kehrt der Leser mittels ihres Notizbuchs in diese Zeit zurück. •Der Roman wurde ins Finnische, Französische, Polnische und Ukrainische übersetzt. Die deutsche Übersetzung sollte im Jahre 2014 in die Buchläden kommen. •http://jaroslavrudis.wordpress.com/60-2/ 17.10.2013 • •Erzählungen/Novellen: •Alois Nebel: Bílý potok, Hlavní nádraží, Zlaté hory (Labyrint, 2003-2005, Gesamtausgabe 2006) •Deutsche Übersetzung von Eva Profousová: Weißbach (2003), Hauptbahnhof (2004), Zuckmantel (2005) – Gesamtausgabe Voland & Quist, 2012) •Es geht um eine Graphic Novel-Trilogie, die Rudiš gemeinsam mit dem Zeichner Jaromír 99 (Jaromír Švejdík) geschaffen hat. •Die Hauptfigur heißt Alois Nebel, der als Fahrdienstleiter an einem kleinen Bahnhof in Bílý Potok im Altvatergebirge arbeitet. Der Bahnhof liegt in dem früheren Sudetenland an der tschechoslowakisch-polnischen Grenze. Alois ist ein Einzelgänger, der die Gesellschaft von Menschen nicht mag. Er ist lieber allein, sein einziges Hobby ist Sammeln alter Fahrpläne. Später leidet er an Halluzinationen, in denen er verschiedene düstere Szenen aus der Geschichte Mitteleuropas sieht – z. B. aus dem Zweiten Weltkrieg (Judentransporte), die Vertreibung der Deutschen in 1945, die sowjetische Besatzung. Schließlich endet Alois in einer Nervenheilanstalt, wo er gegen diesen Dämonen der Vergangenheit kämpft. •Die Geschichten wurden im Jahre 2011 vom tschechischen Regisseur Tomáš Luňák verfilmt. Die Weltprämiere fand auf dem Filmfestival in Venedig statt und dadurch wurde Alois Nebel auch in Europa berühmt. Ein Jahr später gewann der Film den Europäischen Filmpreis in der Kategorie Bester Animationsfilm. Die Hauptrolle im Film stellte Miroslav Krobot dar. •Das Buch wurde ins Deutsche, Polnische und Französische übersetzt. • • •Eva Profousová (*1963) studierte Bohemistik, Russistik und Osteuropäische Geschichte in Hamburg und Glasgow. Zwischen den Jahren 1992 und 2002 arbeitete sie als Leiterin des Honorargeneralkonsulats der Tschechischen Republik in Hamburg. Seit 2002 ist sie als Literarturübersetzerin und Publizistin tätig. Sie übersetzte ins Deutsche Bücher von Autoren wie z. B. Jáchym Topol, Radka Denemarková, Michal Viewegh, Petr Zelenka oder Tereza Boučková. Für ihre Übersetzungen erhielt sie Georg Dehio Buchförderpreis (2012) und Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzungen (2010). In Hamburg lebt sie mehr als 30 Jahre. • Die Übersetzungen aus dem Tschechischen •Tereza Boučková •Indianerlauf (Indiánský příběh) – zusammen mit Katrin Liedtke, Rowohlt, 1996 •Radka Denemarková •Ein herrlicher Flecken Erde (Peníze od Hitlera) – DVA, 2009 •Martin Šmaus •Mach mal Feuer, Kleine (Děvčátko, rozdělej ohníček) – DTV, 2011 •Jáchym Topol •Die Schwester (Sestra) – Volk und Welt, 1998 •Nachtarbeit (Noční práce) – zusammen mit Beate Smandek, Suhrkamp, 2003 •Miloš Urban •Die Rache der Baumeister (Sedmikostelí) – Rowohlt, 2001 •Michal Viewegh •Völkerball (Vybíjená) – Deuticke Verlag, 2005 •Der Fall untreue Klára (Případ nevěrné Kláry) – Zsolnay/Deuticke, 2007 •Engel des letzten Tages (Andělé všedního dne) – Carl Hanser Verlag, 2010 • Nebe pod Berlínem •Nebe pod Berlínem (Labyrint, 2002) •Deutsche Übersetzung von Eva Profousová: Der Himmel unter Berlin (Rowohlt Verlag, 2004) •Während des Studienaufenthalts in Berlin entstand sein erster und gleichzeitig auch erfolgreichster Roman Nebe pod Berlínem. In demselben Jahr erhielt er für dieses Buch den Jiří-Orten-Preis, der jedes Jahr jungen Schriftstellern und Dichtern unter 30 Jahre verliehen wird. •Wie schon der Titel andeutet, geht es im Grunde genommen um eine Anspielung. Man kennt den Himmel über Berlin (1987) als Titel des weltberühmten Filmes vom Regisseur Wim Wenders. •Rudiš selbst sagt über das Buch, das es für „lebendige und tote“ bestimmt ist. • • •Der dreißigjährige Lehrer Petr Bém, der gleichzeitig auch der Erzähler ist, ruft dem Schuldirektor, dass er nie wieder in die Arbeit kommt. Er will von Prag nach Berlin fliehen, weil in Prag seine Freundin Žeňa ein Kind erwartet und er hat Angst vor den zu festen Verbindungen zu dem Kind, zu der Freundin, zu seiner Arbeit. Er hat (wahrscheinlich) keine Lust ein „organisiertes“ Leben zu leben. •Petr entscheidet sich nach Berlin zu fliehen vor allem deswegen, weil er zu dieser Stadt seine Erinnerungen aus der Kindheit hat, seine Lieblingsmusikgruppen stammen aus Berlin usw. Er spielt Gitarre in den U-Bahnhaltestellen, wo er einmal auch Pancho Dirk kennen lernt. Petr beginnt mit Pancho Dirk zu wohnen, zu arbeiten und gemeinsam gründen sie auch eine Punkgruppe namens U-BAHN. Gerade das Milieu der Berliner U-Bahn spielt eine wichtige Rolle im ganzen Buch. Die Musik-Gruppe realisiert ihre ersten Konzerte, die ziemlich erfolgreich werden. •In Berlin verliebt sich Petr in Katrin, die ursprünglich Pancho Dirk anbaggern wollte. Der Vater von Katrin arbeitet als U-Bahnfahrer, Petr und Katrin besuchen ihn oft und er mit seinen Kollegen erzählt die Geschichten aus der U-Bahn. Diese Geschichten handeln vor allem über Menschen, die mit dem Sprung unter den Zug mit ihren Leben Schluss machten. Einer von ihnen heißt Bertrám, der auch nach seinem Tod in Berliner U-Bahn lebt. Interessant war, dass Petr ihn manchmal sehen konnte, obwohl Bertrám schon tot war. Einmal sucht Bertrám Petr auf und bittet ihn ein Konzert zu Bertráms Geburtstag in der U-Bahnhaltestelle zu spielen und Petr sagt „ja“ dazu. Das Konzert wird zu einem großen Erfolg, es wird „für lebende und tote“ gespielt. •Katrin erhält ein Stipendium nach Island und Petr ist fast von demselben Dilemma wie in Prag eingeholt – soll er mit Katrin nach Island fahren und dort ein gemeinsames Leben führen? Die Antwort erfährt man vielleicht in einem anderen Buch… • • Textbeispiele: Idiome •Tschechisch: To jsem jednou četl vyryté na záchodě v Bunkru, kam jsme chodili pařit se Žeňou a kde to ze začátku dobře šlapalo. (S. 8) •Deutsch: Das stand auf der Klotür geritzt, im Bunker, wo Žeňa und ich uns die Nächte um die Ohren gehauen haben, als es dort anfangs so super gut lief. (S. 8) •„sich die Nacht um die Ohren hauen / schlagen“ •Bedeutung: (ugs., salopp) die ganze Nacht wach bleiben, z. B. um zu feiern, um zu arbeiten (http://redensarten-index.de/) • Metaphern •Tschechisch: Vyšel z domu a seběhl Příběnickou pod natažené nohy mostů k tunelu, který polyká tramvaje a vypouští oblaka prachu. (S. 8) •Deutsch: Verließ das Haus und rannte unter den ausgestreckten Brückenpfeilern die Příběnická hinunter, bis zum Tunnel, der Straßenbahnen verschlingt und Wolken von Staub ausspuckt. (S. 9) Umgangssprache •Tschechisch: Nejdříve se s ní poznal Pancho Dirk. Byl jsem u toho, jak ji sbalil. Málem mě to stálo život. Byl jsem u toho, když se ji pokoušel dostat do postele. To ho málem stálo čest. Ale Pancho Dirk je z těch, kteří kopačky neberou jako rány osudu. (S. 9) •Deutsch: Pancho Dirk hatte sie als Erster kennen gelernt. Ich war dabei, als er sie anbaggerte. Das hätte mich beinah das Leben gekostet. Und ich war dabei, als er versuchte, sie ins Bett zu kriegen. Das hätte ihn beinah die Ehre gekostet. Aber für Leute wie Pancho Dirk bedeutet ein Laufpass noch lange nicht das Aus. (S. 11) • Realien •Tschechisch: Určitě byli z těch východoněmeckých turistů, co si ke svíčkové omáčce objednávali hranolky, k řízku knedlíky a zelí, číšníky z toho může i dnes chytnout amok, stejně jako chytal amok československé turisty, když na Rujaně museli stát před hospodou dvě hodiny ve frontě, aby dostali řízek s hnědou omáčkou a malé pivo se zeleným sirupem. (S.9) •Deutsch: Bestimmt die Sorte ostdeutsche Touris, die zum Lungenbraten mir der obligaten Sahnesauce Pommes und zum Schnitzel Knödel mit Rotkohl bestellt haben, noch heute kriegen die Kellner davon einen Rappel, genauso wie die tschechoslowakischen Touris einen Rappel kriegten, als sie auf Rügen zwei Stunden lang vor einem Wirtshaus anstehen mussten, bloß um Schnitzel mit brauner Sauce und ein kleines Bier mit grünem Sirup vorgesetzt zu bekommen. (S. 11 – 12)