oskar lächelt: Wirklich? Ida fühlt Oskars Blick, es wird ihr unheimlich; plötzlich rennt sie nach rechts ab. havlitschek lacht. Rittmeister kommt von links; er ist bereits seit dem Zusammenbruch pensioniert und daher in Zivil; jetzt grüßt er Oskar. _. . oskar und havlitschek verbeugen sich — und der Walzer ist aus: Rittmeister Also das muß ich schon sagen: die gestrige Blutwurst — Kompliment! First dass! oskar Zart, nicht? Rittmeister Ein Gedicht! oskar Hast du gehört, Havlitschek? Rittmeister Ist er derjenige welcher? havlitschek Melde'gehörsamst ja, Herr Rittmeister! Rittmeister Alle Achtung! havlitschek Herr Rittmeister sind halt ein Kenner. Ein Weltmann. Rittmeister zu Oskar: Ich bin seinerzeit viel in unserer alten Monarchie herumtransferiert worden, aber ich muß schon sagen: Niveau. Niveau! oskar Ist alles nur Tradition, Herr Rittmeister! Rittmeister Wenn Ihr armes Mutterl selig noch unter uns weilen würde, die hätt eine Freude an ihrem Sohn. oskar lächelt geschmeichelt: Es hat halt nicht sollen sein, Herr Rittmeister. Rittmeister Wir müssen alle mal fort. oskar Heut vor einem Jahr ist sie fort. rittmeister Wer? oskar Meine Mama, Herr Rittmeister. Nach dem Essen um halbdrei — da hatte sie unser Herrgott erlöst. Stille. *cn"&.- Rittmeister Ist denn das schon ein Jahr her? Stille. 'oskar Entschuldigcns mich bitte, Herr Rittmeister, aber ich muß mich jetzt noch in Gala werfen — für die Totenmess. Ab. ______ Rittmeister reagiert nicht; ist anderswo^' Stille. Rittmeister Wieder ein Jahr — Bis zwanzig gehts im Schritt, bis vierzig im Trab, und nach vierzig im Galopp— 3£S Stille. havlitschek frißt nun wieder: Das ist ein schönes Erd-■ I . begräbpis gewesen von der alten gnädigen Frau. ^'Rittmeister Ja, es war sehr gelungen --Er läßt ihn, ^''"'stehen und nähert sich der Tabak-Trafik; hält einen, Augenblick vor dem Skelett der Puppenklinik; jetzt spielt wieder jemand im zweiten Stock, und zwar den, Walzer »Über den Wellen«. .*<■/.(< havlitschek sieht dem Rittmeister nach, spuckt die Wursthaut aus und zieht sich zurück in die Fleischhauerei. Mathilde eine bergeri'cfiiete Fünfzigerin, erscheint in der\ Türe ihrer Tabak-Trafik. rittmeister grüßt. ': mathilde dankt. S,istS-,:.-. f< Rittmeister Dürft ich mal die Ziehungsliste? Mathilde reicht sie ihm aus dem Ständer vor der Tut. ]:\ Rittmeister Küßdiehand! Er vertieft sich in die Ziehungsliste; plötzlich bricht der Walzer ab, mitten im Takt. Mathilde schadenfroh: Was haben wir denn gewonnen, Herr Rittmeister? Das große Los? Rittmeister reicht ihr die Ziehungsliste wieder zurück: Ich hab überhaupt noch nie was gewonnen, liebeTm| Mathild. Weiß der Teufel, warum ich spiel! Höchstens, daß ich meinen Einsatz herausbekommen hab.v^䣣l Erstes Bild Sr»7/e Straße im achten Bezirk. Von links nach rechts: Oskars gediegene Fleischhauerei mit halben Kindern und Kälbern, Würsten, Schinken und Schweinsköpfen in der Auslage. Daneben eine Puppenklinik mit Firmenschild »Zum Zauberkönig« — mit Scherzartikeln, To'tenkopfen, Puppen, Spielwaren, Raketen, Zinnsoldaten und einem Skelett im Fenster. Endlich: eine kleine Tabak-Trafik mit Zeitungen, Zeitschriften und Ansichtspostkarten vor der Türe. Über der Puppenklinik befindet sich ein Balkon mit Blumen, der zur Privatwohnung des Zauberkönigs gehört. oskar mit weißer Schürze; er steht in der Türe seiner Fleischhauerei und manikürt sich mit seinem Taschen-J lauscht er, denn im zweiten Stock i manikürt sten nm .><,... messer; ab und zu lauscht er, denn im zweiten Stock ! spielt jemand auf einem ausgeleierten Klavier die »Geschichten aus dem Wiener Wald« von Johann Strauß. ida ein elfjähriges herziges mageres Mäderl, verläßt mit ihrer Markttasche die Fleischhauerei und will nach rechts ab, hält aber vor der Puppenklinik und betrachtet die Auslage. : havlitschek der Gehilfe Oskars, ein Riese mit blutigen Händen und ebensolcher Schürze, erscheint in der Türe . der Fleischhauerei; er frißOeine kleine Wurst und ist 'wü&nd: Dummes Luder, dummes — oskar Wer? havlitschek deutet mit seinem langen Messer auf Ida: Das dort! Sagt das dumme Luder nicht, daß meine • Blutwurst nachgelassen hat — meiner Seel, am liebsten '' tat ich sowas abstechen,1' und wenn es dann auch mit dem Messer in der tiurgel herumrennen müßt, wie die 'gestrige Sau, dann tat mich das nur freuenl ii ■ r es ja schon lange passen, wenn ich schon unter c Erden war - nicht? Aber ich geh halt noch nicht, ichW noch nicht — Da! Sie gibt der Mutter eine Ohr fei Verfaulen sollt ihr alle, die ihr mir den Tod wünscht!j$i mit ihrer Zither in das Häuschen. •*>.'•• Stille. ' , die mutter schluchzt: Na, das sollst du mir büßen—-'/ nach. 'n! Ii Zauberkönig nimmt langsam die Hand vom Gesicht: Def zweite Schlaganfall, der zweite Schlaganfall - rieiriyji nein, nein, lieber Gott, laß mich noch da, lieber Gott ^ Er bekreuzigt sich. Vater unser, der du bist im Hirn mel - groß bist du und gerecht - nicht wahr, du bist|| gerecht? Laß mich noch, laß mich noch - Oh, du bisti gerecht, oh, du bist gerecht! Er richtet sich seine Krawatte und geht langsam ab. Valerie zu Alfred: Wie groß war er denn schon, der kleine Leopold? alfred So groß - Valerie Meine innigste Kondolation. Alfred Danke. Er zieht Geldscheine aus seiner Hosentasche. Da. Jetzt hab ich gestern noch telcgraphisch gesetzt und hab in Maisons-Laffitte gewonnen - und heut wollt ich meinem Sohne vierundachtzig Schilling bringen- Valerie Wir werden ihm einen schönen Grabstein setzen. Vielleicht ein betendes Englein. Alfred Ich bin sehr traurig. Wirklich. Ich hab jetzt grad so gedacht - so ohne Kinder hört man eigentlich auf. Man setzt sich nicht fort und stirbt aus. Schad! Langsam ab mit Valerie. Marianne Ich hab mal Gott gefragt, was er mit mir vorhat. - Er hat es mir aber nicht gesagt, sonst war ich nämlich nicht mehr da. — Er hat mir überhaupt nichts angesagt. - Er hat mich überraschen wollen. - Pfui! 5skAr Marianne! Hadere nie mit Gott! ||!'arianne Pfui! Pfui! Sie spuckt aus. ißlille. IffsKAR Mariann. Gott weiß, was er tut, glaub mir das. \rianne Kind! Wo bist du denn jetzt? Wo? I'skar Im Paradies. \Rianne So quäl mich doch nicht -IsQ'skar Ich bin doch kein Sadist! Ich möcht dich doch nur trösten. - Dein Leben liegt doch noch vor dir. Du stehst doch erst am Anfang. - Gott gibt und Gott nimmt. Imarianne Mir hat er nur genommen, nur genommen -$fpsKAR Gott ist die Liebe, Mariann - und wen er liebt, den : schlägt er — Imarianne Mich prügelt er wie einen Hund! oskar Auch das! Wenn es nämlich sein muß. Nun spielt die Großmutter auf ihrer Zither drinnen im I Häuseben die »Geschichten aus dem Wiener Wald« von 7V Johann Strauß. oskar Mariann. Ich hab dir mal gesagt, daß ich es dir nie wünsch, daß du das durchmachen sollst, was du mir angetan hast - und trotzdem hat dir Gott Menschen gelassen - die dich trotzdem lieben - und jetzt, nachdem sich alles so eingerenkt hat. - Ich hab dir mal gesagt, Mariann, du wirst meiner Liebe nicht entgehn - Marianne Ich kann nicht mehr. Jetzt kann ich nicht mehr - oskar Dann komm - Er stützt sie, gibt ihr einen Kuß auf den Mund und langsam ab mit ihr - und in der Luft ist ein Klingen und Singen, als spielte ein himmlisches Streichorchester die »Geschichten aus dem Wiener Wald« von Johann Strauß. Ende des dritten und letzten Teiles zo6