1. Ursachen der Wortbildung Das Lexikon einer Sprache ist ein offenes un dynamisches System Wie entstehen neue Wörter? 4- Entlehnung aus einer anderen Sprache 4- Wortschöpfung 4- (am häufigsten) Wortbildung Ursachen für die Einführung eines neuen Wortes: objektiv und subjektiv: 1. Eine objektive Ursache ist die Erscheinung neuer Gegenstände, Sachverhalte, Ideen usw. im Zuge der kulturellen Entwicklung, die benannt werden müssen, z.B. Controlling, Timesheet, Alleinstellungsmerkmal posten, Portal 2. Wegen der sprachlichen Ökonomie ist der Ausdruck, mit dem man einen neuen Gegenstand oder eine Handlung benennt, möglichst kurz und oft nicht länger als ein Wort (z. B. Stream, Download, Upload, App, scrollen, posten, bloggen, liken usw.] Die subjektiven Ursachen hängen mit einer subjektiven Einschätzung bzw. einer subjektiven Absicht bei der Sprachverwendung zusammenhängen, z.B.: l. Euphemisierung: die Absicht der beschönigenden Bezeichnung negativ geladener [Konflikt statt Krieg, Beitrag statt Steuer), sozial minderwertiger [Raumpflegerin statt Putzfrau, Gastarbeiter statt Fremdarbeiter) bzw. tabuisierter Inhalte, insbesondere bezogen auf Tod (abieben, einschlaften, entschlafen, dahingehen usw. statt sterben) und Sexualität [Liebe machen, schlafen, muscheln usw. statt Geschlechtsverkehr ausüben) bzw. allgemein körperliche Prozesse (sich übergeben statt kotzen, in die Hose machen). Werbesprache: das neu gebildete Wort stellt ein Produkt, eine Dienstleistung o.a. als besonders positiv oder fortschrittlich dar, z.B. megasauber, fasertief rein, turbostarke Anti-Fleckleistung, ultrahocherhitzt usw. Streben nach Originalität: Der Sprecher stellt durch die Bildung eines neuen Weil seine Kreativität zur schau, deshalb besonders typisch z.B. in der Dichtung oder in der Sprache der Medien. Da er sein „Ausgehgewicht" von 8000 Gramm erreicht hat, darf der kleine Bar endlich in Freigehege. ... Knut wird Botschafter, %um Beispielfür di Internationale Artenschut^konferen™ im nächsten Jahr in Bonn. Knut istjet^t ein Problemlosungsbar. (Quelle: www.wortwarte.de] Absicht der Abgrenzung von anderen durch Sprache: der Sprachgebrauch, insbesondere die Wortwahl ist charakteristisch für einzelne Gruppen. Besonders typisch: Jugendsprache, z.B. Münzmallorca ,Solarium', abfetzmäßig ,sehr gut', Schmacko ,attraktiver Junge', wacken ,rauchen' usw. Streben nach Ökonomie, d.h. nach Kürze: eine wichtige Ursache insbesondere für die Kurzwortbildung, z.B. OP für Operationssaal, O-Saft für Orangensaft, analogisch A-saft usw. 2. GRÜNDE FÜR NEUE WORTBILDUNGEN: ^> neue Sachverhalte müssen bezeichnet werden [Positronenbeschleuniger], dabei häufig auch Analogiebildungen [Hamburger, Cheeseburger,...] ^> bestehende Wörter erhalten Varianten [Wissenschaftler oder Forscher, zur Anwendung bringen statt anwenden, Aufzug, Lift statt Fahrstuhl] ^> bestehende Sachverhalte werden neu benannt und dabei auch neu perspektiviert: 1. um Ökonomie im Ausdruck zu erzielen (z.B. Univerbierung: Anti-AtomkraftBewegung statt Bewegung zur Sprachgeschichte statt Geschichte der Sprache, Kurzwörter: Abi, Bus] 2. um Motiviertheit zu stärken [Gehweg statt Bürgersteig) 3. um Anschaulichkeit zu erhöhen [Computervirus statt Störprogramm] 4. um Kreativität auszudrücken [mosern analog zu meckern] 5. um zeitgemäß zu erscheinen [updatebar statt aktualisierbar] 6. um Fremd-/LehnWörter zu ersetzen [Fernsprecher statt Telefon 7. um Differenziertheit und Präzision zu erreichen [Postwertzeichen statt Briefmarke] 8. um negative Bewertungen zu vermeiden (z.B. Raumpflegerin für Putzfrau oder noch pejorativer Putze, daraus auch kabarettistisch Fußbodenkosmetikerin] 9. um Bewusstsein für soziale Gruppen zu schaffen [Kauffrau statt Kaufmännin] 10. um sozialen Wandel zu dokumentieren ((körperlich) Behinderte, Rollstuhlfahrer 11. um Problematisches zu verschleiern: Euphemismen {Solidaritätszuschlag statt Sonderahgabe, Konzentrationslager statt Massenvernichtungslager] 12. um zu emotionalisieren [Wendehals für Opportunist] N E U E WORTBILDUNGEN: V O R S C H L Ä G E FÜR VARIANTEN DES BEGRIFFS „WEICHEN Warmduscher Zahnpastatuben-Aufwickler Sockenfalter Vorwärtseinparker Brustbeutelträger Rabattmarkensammler Sauna-Untensitzer Sitzplatzreservierer Vorabend-Einchecker In-Fahrtrichtung-Sitzer Frauenversteher Moorhuhn-Beschützer Benzinpreisvergleicher Mittelspurfahrer ABS-Bremser Wärmflaschen-Schläfer Brötchen-über-der-Spüle- Bei-Mami-Wäscher Aufschneider" In-die-Hand-Huster Sitzpinkler Überraschungsei-Schüttler Garagenparker Wechselgeldnachzähler Schattenparker Landungsklatscher Beckenrand-Schwimmer Balkonraucher" Chef-Grüßer Käserindenabschneider Beipackzettel-Leser 3. Prozesse im Anschluss an die Wortbildung: NEUBILDUNG: OKKASIONALISMEN / AD-HOC-BILDUNGEN / GELEGENHEITSBILDUNGEN / AUGENBLICKSBILDUNGEN: Neubildung, die nach den Regeln der Wortbildung gebildet wurde, aber (fast) nur aus der Situation heraus zu verstehen ist (voll motiviert), nicht im Wortschatz integriert, viele Ad-hoc-Bildungen verschwinden sofort wieder. NEOLOGISMEN: Neugebildete Wörter, die vielfach und situationsübergreifend gebraucht werden, die Lexikalisierung durchlaufen LEXiKALisiERUNG_(Übernahme, Integration in den Wortschatz) Prozess und Ergebnis der dauerhaften Aufnahme eines sprachlichen Ausdrucks in den Wortschatz, Lexeme gehen in kollektiven Besitz der Sprachgemeinschaft über, werden zu reproduzierbaren lexikalischen Einheiten, usuelle Bildungen, dabei Grade der Lexikalisierung, Demotivierung kann hinzutreten DEMOTIVIERUNG UND IDIOMATISIERUNG (Wortbildungskonstruktion wird zu eigenständigem Wort, da semantische Beziehung der Teile verloren geht: erfahren, Zeitlupe, Tischler, Schornstein] 4. Äquivalenzfragen bei Suffixbildungen: Richtung: Deutsch > Tschechisch 1. -er > -ik Komiker, Kritiker, Informatiker > komik, kritik, informatik Aber: Musiker > hudebník (Beruf) dagegen Musikant > muzikant (ugs. Laienmusiker) Krimineller >kriminálník und Kriminaler (ugs.) >kriminalista 2. -er > -(i)án Vegetarier > vegetarián, Lutheraner>luterán, Augustiner>augustinián Aber: Mafioso bzw. Mafiote>mafián 3. -eur > -x Amateur>amatér Wider Erwarten verfügt das Tschechische über keine reihenbildenden Analogien bei den folgenden Entlehnungen aus dem Französischen: Redakteur>redaktor Bankrotteur>bankrotář Kollaborateur>kolaborant 4. -ier > -x Keine analogische reihenbildende Suffixbildung weisen im Tschechischen Maskulina des folgenden Typus auf: Bankier> bankéř, Hotelier>hoteliér, Portier>portýr 5. Sonderfälle (Richtung Tschechisch-Deutsch) keine Suffixanalogie bei programátor Programmierer, stipendista >Stipendiat Weder in Wortart noch Form1 korrespondiert bei: introvert (Subst.) > introvertiert (Adj.) 1 Das tschechische Substantiv personalistika, ins Deutsche übersetzt als Arbeitswissenschaft, gehört auch in die Kategorie der sog. falschen Freunde. Hierzu besteht keine direkte Formativäquivalenz. Personalist ist in der Bedeutung