Werner Schwab wurde 1958 in Graz geboren, studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Wien; mit seinen ersten Slük-ken katapultierte er sich 1991 zum gefragtesten Bühnenautor im deutschsprachigen Raum - Die Präsidentinnen, Volksvernichtung, Übergewicht, unwichtig: Unform u. a. -und blieb in dieser Position in den wenigen Jahren seiner Produktivität bis zu seinem Tod in der Silvesternacht 1993. Die Schauspiele Schwabs erschienen bei Droschl in 3 Bänden: Fäkaliendramen (1991), Königskomödien (1992), Dramen III (1994); dazu der Essay Der Dreck und das Gute. Das Gute und der Dreck(1992). ebenfalls 1992 erschien die Prosa Abfall, llergland, Cäsar. Wen km Schwill) DER REIZENDE REIGEN nach dein Reigen des REIZENDEN HERRN ARTHUR SCHNITZLER Personen EINS Alle männlichen Figuren haben abschraubbarc Geschlechtsteile. Alle weiblichen Figuren haben austauschbare Muttern. Raum Der tendenziöse Raum ist die Voraussetzung für eine umfangreiche Sammlung. Sprache I >ll- unerhörte Sprache gehört einfach standrechtlich erschossen von EINER Sprache. DIE HURE UND DER ANGESTHI I IV. Wien, Stadtrand. HURE • Na, du schönes schnelles Auto, willst du nicht machen etwas mit deiner einsamen Karosserie Abend? an der meinigen|l|Person am heutigen ANGESTELLTER Ich bin kein schönes schnelles Auto, ich bin ein waschechter Angestellter. Ich bin durch und durch gul angestellt und ich bin mir zu jung und /.ii schlank und zu gut ausgelastet, auf daß ich mir schon eine Bezahlung leisten müssen tüte für die Witze in der Geschlechtlichkeit. IIHKF Aber ein gutgeslellter Angestellter mul.i doch kein lintgell abliefern für die erregende Freude, die er der Frauenwelt antun kann. Ein schöner Zugestellter kriegt ja fast selber ein Geld, wenn er sich einmal vergeuden tut. ANGESTELLTER Was, dein ganzer Arsch mit den Löchern darin ist gratis? HURE I 'ii- wonnigliche I.nsl bezahlt den richtigen Preis dci Welt. Die l.usl, dir in.i< Iii das Ali/.ililin dem, i Iii vom llochpunkl in die Schulden •.im /i 5 ANGESTELLTER Nun ja, das stimmt schon auch auf mich hinauf. Schließlich bin ich mit mir ja noch nicht einmal verheiratet, also bin ich noch frei für die vieldeutige Erfahrung. Und jung bin ich überhaupt und gut zusammengebaut ... HURE Jetzt mußt du versuchen, deine Geschichte hinter dem Schließmuskel zurückzuhalten. Eine Lust hat niemals eine Vergangenheit. (Sie tritt an ihn heran, öffnet seinen Reißverschluß und beginnt ihn zu fellationieren. Dann steht sie auf und entfernt sich, an seinem Plastik-glied saugend, von ihm. Er krümmt sich weiter zu Ende, bis er einknickt. Die Hure kommt wieder zu ihm und stopft ihm sein Ding in den offenen Hosenschlitz. Er ilchzl hoch) HURE Nu, mein angcslellicr Jutif.e, hei deinem kleinen Mausesi hwan/ kuslcl die natu halle- Saehe einen Taiisendei ANGESTELLTER Waaas, du gierige Sau, jetzt hast du mir ein ganzes Leben ausrinnen lassen und jetzt willst du eine Bezahlung für dein Lustverbrechen an mir? HURE (hebt die Faust gegen den Himmel und spricht hinauf) Mein Gott, du hast wirklich einen boshaften Feuerarsch wie dcrSatan. Jetzt hast du mir schon wieder so einen klcinsehwünzigen (in'ißen-wahnsinnigen vni die Slnekelsclmlic e.eschisscn. (zum Angestellten) I 'ii .llv'rl ."feiet Vi il Ii i dl le|, ,1h wilsl dll doch iii. Iii IlllßOI ll.l 111 v.ui einem < irliKpirl einbilden, iliill n Ii vni liillli . i ieilheil de...... I'. y, n WIIMtl .■«i-.he I ' i i .1 .........•. ,|iii Ii. .|m. I .In . , • . , ml, ■ . Schwein. Das sind die ".eilen Kiiihilduiif.sItiMri. die u Ii loitvei k.nile. daß alles gratis ist für ein richtiges Geld. Das sag' Ich vor jedem Schwanz herunter, daß er zu schön ist für eine Banknote. Aber die meisten wissen am Ende automatisch um eine Bezahlung, bloß du gehörst der geringfügigen Idiotenschaft an, die ihren Stummelschwanz ernst nimmt. ANGESTELLTER (verdattert) Die Luge verdient das größte Geld heutzutage. Die Lüge steuert das menschliche Auto in den Abgrund hinunter. Die Lüge verdüstert die immermenschlichen Beziehungen. HURE So, und jetzt erleichterst du deine schnelle Hose um einen Tausender, auf daß du endlich verschwinden kannst. I H;i< ANGESTELLTE I :n,i i ii ihi undi>ai kl sie •im Hals) l'in ein ('eile', I liiicnllciseli den iii'enj'eMinden Menschen abzahlen, Ii.iV Die si hle< lilnu nr.i hin Inn Mensi heu iiiilei-.lnl/en, ll.l'' Elllei I lee.i hei neu KlnllUlv bei ein < leid ausliefern, hä? Da mach' ich hui ja in» Ii hebei eine iiilnj'.e Spende in ein Afrika hinunter, oder ich befreunde mich finanziell mit der kiich liehen Menschenhilfe, bevor ich dem deinigen Loch einen Goldrand rundherumbezahle. (Er stößt sie ?.u Boden und geht ab) HURE (keuchend) Kirchenarschvollfickcr, Ncgcrfertigfresser. Dein Stum-melschwanzkrüppel wird dir schon noch die Geschichte erzählen müssen vom lel/len lepiakranken /weif. U'i der Schneewittchen ... f. 7 ZWEI AN« IESTELLTER DER ANGESTELLTE UND DIE FRISEUSE Im Frisiersalon. Faschingsdienstag, FRISEUSE Daß Sie sich gerade am Faschingsdienstag die volle Haarpracht verschönern lassen wollen, das ist aber ein auffälliges Zeichen (lacht). ANGESTELLTER I )er Fasching nimmt den Menschen in das grelle Auge, das vorläufig noch lustig ist, aber ganz, leicht in die Seriosität hinaufrutschen kann, wenn am Mittwoch d;is Leben die Asche verstreut. FRISEUSE Aber Sic sind ja richtig eine intelligente Frisur, und heule sind Sie auch noch so gesprachig, wo Sie doch noch nie eine freundliche Sprachvertauschung haben wollten unter meinem Schneiden der Haare. ANGESTELLTER Aber mein Innenauge hat Sie schon lange in einer langfristigen Sicht, Fräulein. Ich bin ein Suchender, wissen Sic, einer der genau aussucht, und dann schlägt sich das Gefundeneden Kopf auf. Es gibt Dinge, die gehören einem, wenn man sie lange genug onbetrachtel. I KIM-.1 INI*. • ' Mi Ii Ii.........I........ In Up .\11)'*.I iiM 11ii '.i in I ,1.1 11111)* .«Iii 11 . lug Es isl alles geplant. Das Denken hat an alles gedacht. Dci I'hm eines Beobachters stimmt immer. Die gemeine Betrachtung ist der Plan. Wir weiden uns näher auskennen müssen mit uns, mein Fräulein, weil der Plan das entschlossen hat. Denn eines Tages, mein Fräulein, wird mich mein Haareschneiden nichts mehr kosten müssen. FRISEUSE Jetzt sind Sie mir aber schon zu lustig ernst, mein Herr. Der Faschingsdienstag macht vieles frei, aber man soll den Aschermittwoch nicht vorzeitig übertreiben (frisiert ihn heftig). ANGESTELLTER Übertrieben ist nur der Fasching als Dienstag, mein Fräulein. Der Tod lungert überall herum. Und wenn man überallmenschlich ZU hoch gespielt hat, dann kann es einem passieren, daß man ganz, unlersäeh-lieh stirbt, Dci Tod hal keinen echlen Humor, nur einen gespielten, und die ein/ige Rettung ist dei Gedanke der Familie der Menschen, der Vermehrung dei Menschen und der Totalernährung dei Menschen für eine Ewigkeit, die einmal immerwährend sein wird. FRISEUSE Ob der Gedanke nicht zu eisenschwer sein könnte für die Freuden des Faschings? Einmal muß man nichts auswählen müssen, da wäre es doch eine Blödheit, wenn man sich für das ganze Leben verschränkt. ANGESTELLTER 1 )ie großen Pläne schmiedet der Schmied unter der Narrenkappe. Das ist als i iedankc eine neue Erfindung, Sie sollen stolz auf mich sein l......... i KISI i INI ■,|ii|,< .ml Sil ' I Sil |'i lliill ii Ulli lllll Ii g.ll IUI hl an 9 ANGESTELLTER ANGESTELLTER Aber Sie gehören der meinigen Vollmenschlichkeit an, aber Sie werden womöglich Zeit brauchen müssen, um um Ihre Anhänglichkeit zu wissen. FRISEUSE (ärgerlich) Aber was ist denn das für eine aufgerührte Übertreibung heute? Ein netter Mensch, wie Sie es sind da sind Sie jetzt aber nicht innerhalb der Vornehmheit, wie Sie sich aufführen unter Ihren Haaren. ANGESTELLTER I );i bist du aber in der Feigheit angcineldcl heule. Wi> du doch sonst Mi eine lustfidele Frau bist, was ich schon so lange habe beobachten I ■ ■ 11111 11 heim Ktli/.fii ilci allgemeinen Haare PRISE! INI' Alui warum reden Sie denn aus, was Sic denken'' Was Wullen Sie denn, ;iul daß Sic auf einmal reden müssen? Ich bin doch auch ein echter Mensch. ANGESTELLTER Das weiß ich ja eh. Aber was willst du denn machen sonst, als meinen Kerl heiraten ... sonst bist du ja verloren wie eine Schildkröte im Gebirge. FRISEUSE Abel ich kenn" Sic doch üherwirklieh gar nicht, mein Herr. Du mußt keine Herren kennen, dafür weide, ich schon sorgen können. Und die Liebe liegt in der regelmäßigen Dauerhaftigkeit. An alles wirst du dich gewöhnen. Auch der Tod wird uns verbinden. FRISEUSE Ich will nicht... ich will ja gar nicht ... ANGESTELLTER Suche die Ruhe jetzt und die Freude in dir. Hier kommt mein Zeichen... (Er langt in die Hose, holt seinen kleinen Plastikschwanz heraus und überreicht ihn ihr feierlich. Sie betrachtet das Ding, bekommt einen I achkrampj tnul gibt es ihm zurück. Verdattert steckt eres wieder ein) FRISEUSE i lud den kleinen Faschingssi hcrzhasl du inu lebenslänglich andrehen Wollen, du komische Kapelle ohne K in Iiiiii in'' ANGESTELLTER Gar nichts ... gar nichts habe ich vorausgesetzt ... gar nichts. Das ist ja sowieso alles gemein mit dem geschlechtlichen Totalverkehr. Das Geschlechtliche, das ist außerdem überhaupt kein General, das ist höchstens ein kleiner Zugführer im Lebensmilitär. FRISEUSE (beginnt wieder seine. Haare zu bearbeiten) Wenn du schon so ein riesengroßes Maul hasl, dann brauchst du auch einen großen herrischen Mann in deinei I lose / \lu Iii mit Aci Vi Inn in am ii I vftballotl, da pliit.t) In I I ANGESTELLTER Ich erbitte eine Entschuldigung und eine Unterwerfung erst in der späteren Folge. Sie werden mich schon noch in sich liincinverstehen, Fräulein. Das Leben wird eben rund, wenn man es mit einer gemütlichen Zweisamkeit auffüllt. Ich wollte Ihre Unterleiblichkeit ja keineswegs zusammenführen. Aber eine zukünftige Familie muß ja mit einer echten Erotik anheben, sonst haltet das ganze Leben eine Ehe nicht aus. Verzeihen Sie mir, Fräulein? Sagen Sie doch was ... FRISEUSE (kämmt ihn heftig) Verdienen Sie viel auf Ihrem Posten, der Sie arbeiten läßt? ANGESTITITER < Ii uß;ii lij'i's (leid überläßt mir meine Arbeit. Einsam bin ich mit meinem (leid, weil es nicht an der Zukunft arbeiten kann mit einer gesunden jungen Frau. FRISEUSE Naja, vielleicht täte sich doch etwas herausarbeiten lassen können aus der Faschingsdienstagsgeschichte. ANGESTELLTER Wirklich, Fräulein? Werden Sie jetzt doch die Meinige meiner eigenen Freude an der Zukunft? FRISEI LSF Ii Ii könnte freilich darübei nachdenken wollen, wenn man sieh eine si hönhoitlii Ix' /ukunli ausdenken wollte ANGESTELLTER Denken Sie, Fräulein, denken Sie sich voll mit einem möglichen Glück. Sagen Sie ein Ja. Ich erflehe Sie mit meiner ganzen Menschlichkeit um Ihren Segen. FRISEUSE So Gott will eben ..., dann gib halt schon her. ANGESTELLTER Danke, danke, nichts wirst du bereuen können in dieser Verbindung. (Er öffnet seinen Hosenschlitz und übergibt ihr seinen Plastikschwanz. Sie hebt ihren Arbeitskittel und steckt ihn sich hinein. Er windet sich im Sessel, sie frisiert ihn stöhnend fertig) FRISEUSE So, die Frisur ist ZU Ende, mein Heu. (gibt ihm den Schwanz zurück) I Icule sind die 1 laare gratis. Haid werde ich den Haaren der Menschen kündigen und eine Ehe erreichen. (bürstet ihn umsichtig td>) ANGESTELLTER (stellt sich vor dem Spiegel auf und betrachtet sich selbstgefällig) Ausgezeichnet, mein Fräulein, Sie haben Ihre Fähigkeiten schon wieder bei weitem übertroffen, (wendet sich zum Gehen) Nun, dann auf morgen oder lieber nächste Woche. Adieu. DIE FRISEUSE (verdattert) Auf.., Morgen... auf.. Wiedersehen. 13 DREI DIE FRISEUSE UND DER HAUSHERR Das neureich eingerichtete Wohnzimmer des Hausherrn. Die Friseuse sitzt bequem und frischt ihre Schminke auf. Der Hausherr hantiert noch im Nebenraum. HAUSHERR (aus dem Nebenraum) Ich bin praktisch schon unterwegs. Es kommt gleich. FRISEUSE (laut) Jaja. (Er tritt ein, sie will auf stehen) HAUSHERR Bleiben Sie ganz unbescheiden sitzen. Ich bin der neue Hausherr. Es ist freilich natürlich eine lange Geschichte. Ich bin selbstverständlich der neue Herr nach meinem alten Vater geworden, der am letzten Sonntag seinen letzten Funken verbraucht hat, wie Sie wissen, und mir die ganze Hausverwaltung anverwaltet hat. FRISEUSE Das ist aber eine günstige Eigenschaft von Ihnen, daß Sie alle unteren Mieter persönlich kennenlernen wollen ... als Hausherr. I I IIAUSUEKK Kommend Itcilu Ii uns dem philosoplÜM In n B.....h, mein PrMull In Ständiges ausdauerndes philosophisohoi Wottfülton und |#tZl Will I der Fuchtel der Häuser meines Vateis, die er augciu htcl hat, die Häuser eben und die 1 lausbcwohner. FRISEUSE Ja, alle Häuser sind anstrengend und abstrengend. Die Behausungen der Menschen sind schwerfällige Gehilfen der Menschen. HAUSHERR Oho, auch das Fräulein mit philosophischen Impulsen in der Gehirn-scelc. FRISEUSE Ja nun, als Friseuse ist man ja vollständig bei den Köpfen der Menschen beschäftigt. Die Menschen tragen oft regclrechl ihre eingeborene I .ehensaii.schrifl auf der Kopfliaul. HAUSHERR Das ist ja ein hohes Interesse, was Nie da in meinem philosophischen Gehirnzimmer anzetteln, geehrtes Fräulein. Ich hoffe, Sie werden noch oft mein Wohnzimmer besetzt halten. (Er setzt sich neben sie, sie rückt ein Stück ab) Aber was, wollen Sie auswandern aus unserer Gesprächigkeit, weil Sie sich so weit fortsetzen mit sich von Ihrem Hausherrn? Bekommen Sie einen unsympathischen Anfall im Innenkorb meiner Aura? FRISEUSE Aber freilich nein, das isl bloß so eine Art zukünftige Verzückung, daß es jetzt einen jungen I Inuspliilosophcn geben kann in unserem Haus, weil... oh, ich ei lulle eine i iesenhaltc Verzeihung ... weil diese 15 Trauer bei Ihnen ... um Ihren Herrn Vater. Das ist mir jetzt aber eine Peinlichkeit bei meiner losen Zunge ... HAUSHERR Aber ich bitte Sie, so eine Pietät ist ja so konservativ. Das Leben spricht ab einem gewissen Lebenszeitpunkt eben eine unterirdische Sprache und füllt den fertiggesprochenen Menschen auf mit den weißen und fidelen Maden. Außerdem hat der alte Herr gar nie ein Verständnis haben wollen mit meinem Zeitgeist, der schon von Geburt hoch das aktuelle Leben übersetzen hat wollen in eine gescheite Philosophie. Immer der Mammon, Fräulein, Häuser voller Hausverwaltung, Mieter voller Mietzins. FRISEUSE Das isl aber ziemlich traurig, daß Sie Hu Lehen hinter den lliiiisein nicht ausleben haben können, Herr Mausherr. HAUSHERR Sie sind so schön einfach, Fräulein, und so einfach schön. Wollen Sic nicht noch ein genaueres Leben von meiner Kopfhaut herunlcrlescn? (Sie tritt hinter ihn und krault seinen Kopf) Also beim Kopfhautlesen bin ich ein Analphabet, da bin ich nur ein proletarischer Genießer ... aaah ... (Erfaßt nach hinten zwischen ihre Beine) FRISEUSE Das ... das ist aber keine Kopfhaut nicht ... HAUSIIEKK Ahn I l.i.ii.- Mini ■ um I. iiimI iiiil einem Ii. ir Ith einen lingeispoil (Sic stöhnt) Ein junger Vermieter und eine junge Mieterin müßten doch eine Miete finden können für die jungen Möglichkeiten der unverbrauchten Menschen. FRISEUSE Aber... aber da muß man schon schön aufpassen können, daß es etwas Ausgefallenes wird, wo einem Menschen dann auch wirklich die Luft wegbleibt, sonst bleibt ja nichts übrig von einer Liebesmiete. HAUSHERR Jaaa, man muß es philosophisch anstellen, damit es herausfallen kann aus dem Bilderbuch der vorgekauten Licbcsregelung. Jaaa, die Luft muß wegbleiben einem bei allem. (Er gelit hinaus und kommt wieder mit einem Schaff Wasser. Er packt sie. steckt ihren Kopf in das Schaff, holt seinen Plastikschwanz aus der Hose und gibt ihn ihr unter den Rock. Sie gurgelt, er liij.it ab von ihr. Schwer atmend stehen beide da) 1 >as warjel/.l über eine 1 .iifllosigkcit, nicht? Das war gar nicht einfach. Jetzt kannst du wenigstens sagen, daß du in einem atemlosen Erlebnis eingekesselt warst. (Er tritt an sie heran und hält die Hand auf. Siefaßt unter ihren Rock und gibt ihm seinen Plastikschwanz zurück, den er in sein Hosenturl hineinsteckt) So, ich habe zu arbeiten jetzt. Jetzt muß ich wieder andocken bei meinen lebenslänglichen Notizen und bei der ganzen Hausverwaltung. Jetzt wirst du fortgegangen sein müssen, aber du kannst wieder einkehren bei meinen Möglichkeiten und ersparst dir die halbe Miete und die Betriebskosten. 17 Aber ... aber, ich weiß nicht, ich ... nun, dann halt alles ohne Wasser bei der nächsten Vorstellung. FRISEUSE DER HAUSHERR UND DIE JUNGE FRAU Wieder das Wohnzimmer des Hausherrn. Er holt Bücher aus einem Schrank und legt sie aufgeschlagen überall hin. Dann geht er zur Hausbar und schenkt sich einen großen Schnaps ein. Er trinkt, geht an einen anderen Schrank, entnimmt ihm einen Mundspray und benutzt ihn. Jetzt setzt er sich, versucht zu lesen, springt wieder hoch, holt einen Raumspray und sprüht. Er will sich wieder setzen, stutzt aber, öffnet seine Hose und riecht hinunter. Geekelt stürzt er mit offener Hose an den Schrank, entnimmt ihm einen Intimspray, um sich heftig anzusprühen. Er gibt den Spray zurück in den Giftschrank und streckt sich behaglich, als es läutet. Er stürzt hinaus und kommt mit der jungen Frau herein. HAUSHERR Ich bin ja ganz entgeistert von Ihnen bei mir. Jetzt sind Sic da. Jetzt halicn Sic mich endgültig cingcfaiigcn. Es isl alles überraschend. JUNGE FRAU Man darf die Menschen eigentlich ja nicht stören, sonst zerstört man sie und sich womöglich. Womöglich gleiten Sie dann gedanklich in mir, und ich habe dann Ihre privaten Gedanken vernichtet. Am besten, ich gehe wieder fort aus Ihnen, wie aus einer unberührten Landschaft. Ich ei liehe Sie, wandern Sie auf mir, pflügen Sie mich um, bewirt-si Ii.dien Sie mich. Wissen Sie, mein Gehirn, mein abgetakeltes Ge- I..... im (iiuiide das Ihiigc (iehiin. Mein deiniges Gehirn entrüstet KU Ii i rl I.ii i ..... Ii du. ei /.ilill niii die drinige Existenz. HAUSHERR IN 19 JUNGE FRAU Da sind Sie aber ganz ein sentimentalistischer Mensch für einen Hausbesitzer. HAUSHERR Ich erbitte Sie, das ist meine aufgezwungene Zweitexistenz, zu der ich aber schon überhaupt keine Kameradschaft empfinde. Berufungs-mäßig bin ich ja zum Denker verurteilt. Sie sehen ja die ganzen Bücher da... JUNGE FRAU So, meinen Besuch haben Sie empfangen dürfen. Jetzt muß ich wieder heim mit mir. Mein Mann bekommt sonst womöglich eine Nervosität in seine Ehe hinein. HAUSHERR Tun Sic nur das nicht den meinigen Edclluslgclühlcn an Ihnen an, wo du doch weißt, wie bedcutungsschwangei du für mich bist. Ich habe doch keinen wirklichen Menschen in meinem Seelenstall. JUNGE FRAU Das kann mir über meine Lebensmännererfahrung aber nicht glaubhaft erscheinen, mein Lieber. Die Männer sagen für ein Beispiel, daß sie ganz ruhig sind, und dabei steht ihnen der Schaum vor dem Mund. Alle Männer bewohnen gerne die Lüge. HAUSHERR Da bin ich eine offene Ausnahme auf der Manncswelt. Außerdem gewinnt die Liebe jeden WellkiH-f rej'rn die I Hyx (Ii nähert \ifh Uli, kil/lt wV, hlii kl Mi h tun! . u In ilu ,lm A\ | Ii.'. //1 Ni heilt. JUNGE FRAU Was? Was ist denn? HAUSHERR Ohne Strapse geht nix. JUNGE FRAU Dann ziehe ich halt welche an auf mich. Ich hab' sowas in der Handtasche. HAUSHERR Das ist zu spät jetzt. Strapse müssen angeboren ausschauen. Aber ... aber warum führst du solchcrncs mit dir herum innerhalb deiner Tasche? JUNGE FRAU Nun, ah .... weil ... weil manche Herrn ... Itckannlc ... Freunde ... so wie du ... auch sliap.sesüchtig sein müssen. HAUSHERR Was hast du mich da vcihinlei gangen da ... JUNGE FRAU Aber was soll ich denn da gegangen sein mit dir. Du kannst halt nur mit Strapsen eine Lust aufteilen. HAUSHERR Und ich li.il>' hui heieini'.ebildeil, daß du über (leinen uhcij'.ioßen I < Ii-] Mint vi-i.lin v.i n vi i Ii) ii. iti i l'i.i. daß du um bist wie det Si Inn e lim KiliinniiiK( luim 'I JUNGE FRAU Ich bin eben auch nur praktisch angeliciralel, mil vielen ausgleichenden Ablegern. HAUSHERR Ich bin noch ganz erschüttert von mir, daß ich alles entdecken habe müssen. JUNGE FRAU Du süßer kleiner Dummkopf. HAUSHERR Aber dann bist du ja gar keine schneeweiße Hochgcbirgsmoi aklame. (Er umarmt sie.) Komm her, du hast ja kiloweise Strapse in deinem sittlichen Gehirn. JUNGE FRAU Ja, du bist in der starken Wirklichkeil ja auch kein Bücher mensch. Deine Bücher kennen dich genau so wenig, wie mich eine totale Ehebereitschaft kennen kann. Mach es jetzt mit mir, du Wurm ohne Büchergescheitheit. (Er holt sein Plastikglied hervor und transportiert es unter ihren Rock) HAUSHERR Arghh ... was für eine großgutc Sauerei ... JUNGEFRAU limaa ...die Schweine sind dir I ilKlissyiuhollicuiidc der Meiisi Inn (Sie gdit ihm um lUuv ■„,„, k Man ut.t Mi I, ,i.u hla//t) HAUSHERR I ja, jetzt bist du doch noch geschafft worden von meinem Mann. Ein Verhältnis hat sich angebahnt. Jeder Tag verwandelt sich in eine lustvollc Begebenheit. JUNGE FRAU Nun, es war gar nicht übelhaft, beinahe ein richtiger Großglockner. Mit biologischen Strapsen wird es in einer möglichen Zukunft womöglich noch ein Himalaya. Es ist schon eine lange Geschichte über alles, was wir meinen, brauchen zu müssen. Zum Glück können wir in der Wirklichkeit nichts richtig brauchen können. HAUSHERR Ja, nur nicht auskennen, sage ich immer, genußvoll verloren sein muß man. Das sage ich alles immer wieder. JUNGE FRAU Ich auch. Auch ich. Sonst müßte man eine unterwürfige Musik sein ... von einem schlechten Komponisten. HAUSHERR Die ungereimte Schlachtbank, die lieben wir. Eigentlich sollten wir uns doch reizenderweise umbringen. JUNGE FRAU Die Müdigkeit ist das totale Resultat. Aber wo findet sich schon ein Exekutor? II AUSIII'KU I i-.i alles unmöglich, solange man am I .eben ist. 23 JUNGE FRAU Jaja, außerdem ist es jetzt spät und schwermütig. Ich weiß auch nicht, warum so ein Sex immer alles so schwer unterspült. HAUSHERR Ja, das Sterben ist so ein Dessertthema hinter einem Sex. Als Vorspeise ist man halb am Leben und hinterher halb tot. JUNGE FRAU Gehst du zum Dichterling heute abend? HAUSHERR Freilich, der ist ja schon von einer Nobelpreisnoininierung heimgesucht worden. JUNGE FRAU Dann tun wir so dort, als ob wir uns nicht kennen täten. Sowas ist SO schön geil. Tsehüüüs ... (Siegeht ab) HAUSHERR Tschüs tschüs ... Das war jetzt ein philosophisches Eheverbrechen. I l IJNJI ■ DIE JUNGE FRAU UND DER EHEMANN Schlafzimmer. Ein französische.!! Bett, viel Plüsch und Fell. Die junge Frau liegt im Bett und liest. Der Ehemann tritt im Schlafrock ein. EHEMANN Leg die Literatur doch auf die Nachtkiste. Wenn du willst, dann füttern wir uns heule gegenseitig. JUNGE FRAU Was, bat dich deine geschäftliche l'ost heute schon erledigt? EHEMANN Es war die private Sehnsucht hinter den Geschäften, die mich wieder in das echt wirkliche Leben eingeleitet hat. Eine Ehe ist ja ein zwei seeliger Umstand, aber manchmal muß man so einen Dualismus mehrstellig aufbrechen können. JUNGE FRAU Oho. i EHEMANN Ja, heute ist innerhalb meiner Ehe alles so ancinandcrgclchnt. JUNGEFRAU Wirklich? •I 25 1 il IliM ANN Ja, die lUuiiiiiikisliii lliegcn davon, und du- St lilidclköpli lirn lecken sich zusammen in eine einzige Süßigkeit, um in einer WildMiimcn wiese zu verglühen. (Er zieht seinen Schlafrock aus) JUNGE FRAU Nun willst du aber so selten hinaus auf die Weide. Normalerweise versteckst du dich in der Liebe ja meistens hinter den Blumenkisten. EHEMANN Das ist total notwendig für eine Langstreckenehe. Eine Ehe besteht nämlich aus vielen Unterehen, wenn die Überehe gut gehen soll. JUNGE FRAU Das ist mir zu hoch für mein eheliches Verständnis. EHEMANN Ja ... nun, eine Ehe ist der Ernst des Lebens, gemessen am Leben. Und wie das Leben, hat die Ehe auch einen Anfang. Aber wo ein Anfang eine Neuigkeit verspricht, da lauert auch ein Ende wie ein altes Raubtier mit einer Arttrienverkalkung. Ein großer Anfang hat ein viel zu großes Ende, das der Anfänger nicht aushalten können kann. Darum muß man die Großehe aufspritzen in viele kleine ernste Anfänge und Enden. Das sind dann viele kleine fremde Liebschaften innerhalb von einer großen Liebschaftsehe. Und noch einmal darum braucht der eheliche Mensch ein inwärtiges Amt, das die Zeit zwischen den Fnden und den Anfängen günstig verwaltet. Und jetzt ist es wiedci Zeit, die iniu-ic Veiwalliing auf einen Frholungsurlaub zu Kchicken, MIN« II I KAU All, \u l'.l .1.1'. I Ii. I. In Ii .il .o /II VII I. Iii'II EHEMANN Ja, das Leben ist eine Kettenreaktion von lauter Erfahrungen, die ein Mann, will er eine Ehcgroßerlährung einleiten, machen, annehmen und auswerten muß. Bin Mädchen aus einem guten 1 laus tritt aus dem Haus heraus, wenn ein erfahrener Mann an es herantritt, und lehnt sich an den Erfahrungshaushalt des Lebensmannes. (Er steigt zu ihr ins Bett) Komm, lehn dein Kopferl doch an meinen Mann. (Sie tut es) JUNGE FRAU Was meinst du denn mit dem Ding, das eine Erfahrung geheißen wird? EHEMANN Ein männliches Leben muß ein Eraucnlehen auskennen lernen können, wenn es jung ist, das Männchen. c JUNGE FRAU Du meinst die ganzen Probeergüsse bei den Frauen, die gerne die jungen Länglichkeiten in sich hineinschlüpfen lassen. EHEMANN (empört) Aber du dummer Liebling, das sind doch gar nicht die richtig ergehenden Frauen. Das sind die moralischen Affengesichter mit einem ... mit einem ... JUNGE FRAU hui einem lumpfigcn Loch unten und mit geschwollenen Titten. 27 EHEMANN Aber ... aber wie sprichst du denn inwendig über dich als Frau Frauen. JUNGE FRAU Frauenloch. EHEMANN (gibt ihr eine Ohrfeige) Das hast du mir aber jetzt gestatten müssen. Das war ja schon eine richtig dunkelschwarze Geilheil von dem deinheillichen Menschen. JUNGEFRAU Und wenn es sowas angeboren geben muß hinter der Frauenhaut? EHEMANN Aber jetzt erschöpfe dich doch endlich endgültig in deinen untergroß-spurigen Eigenanspielungen. Du mußt dich doch nicht absichtlich unter die Räder der Schlechtigkeit hineinlegen. JUNGE FRAU Vielleicht sieht man einen jeden ganzen Menschen falsch in sich, weil man weltweit immer falsch betrachtet wird von denen, die einen falsch betrachten müssen, weil man sie falsch betrachten muß. EHEMANN Du ... du bist ja heule so weit fort von meiner Ehe ... SO wie ... so wie ein Kichs von einein gesunden Menschen. HINGE FRAU So ein Krebs hal sichei inn eine einzige I leiinal, ii.imlu h den ganzen Menschen. Dei Mensch ist die Einzelhaft von einem Krebs. Und manchmal bricht er aus im Menschen und kann nicht heraus aus dem Menschenland. Und wer nicht ausbrechen kann, wenn er aus dem Gefangenenhaus ausgebrochen ist, der bricht dann so stark aus, bis er verfault sein muß. EHEMANN Jetzt ist es finstertraurig in mir geworden, weil ich dich in deiner Dunkelheit nicht mehr erkennen kann. (Er schmollt) JUNGE FRAU Aber geh', sei doch nicht so ein angeschissener kleiner Blödel. EHEMANN (aufgebracht) Was bin ich? JUNGE FRAU Gar nichts bist du. Komm her, sei ein bisserl lieb, mein kleiner Scheißer. (Sie zieht ihn an sich) EHEMANN Aber ... aber ... Wie schön du bist, wenn du ... wenn du ein bißchen schlecht bist. JUNGE FRAU Ja. komm, gib es mir schon, 29 EHEMANN Jana, ja, natürlich. Da. (Er holt sein Ding unter der Bettdecke hervor, das sie unter die Bettdecke nimmt. Sie liegen nebeneinander und winden sich. Schließlich gibt sie das Plastikding zurück und er verwahrt es wieder) Weißt du, woran ich gerade denken muß? JUNGE FRAU Nein, weil ich denke gerade nicht. EHEMANN Dann denke mit mir an unsere Hochzeit in Venedig. JUNGE FRAU Du meinst, an Venedig, wo wir auch unsere Hochzeit gefeierl hahen. EHEMANN So ... so kann man es auch sagen. JUNGE FRAU Wie du in den Canale Grande geplumpst bist... EHEMANN Ja, das auch, aber das nicht... JUNGE FRAU Oder wie dir so lilic Iii war und «In geglaubt hast, daß du eine 1 ist'hveigilluiig liasl, obwohl du iiiiiui'i hui Wictici Srhnit/el p P IM hl || EHEMANN Jetzt wirst du aber schon wieder gemein wie eine Unterwelt. JUNGE FRAU Ist ja gut, ich denke ja eh schon die ganze Zeit an das zärtliche Hotel unserer Flitterwochen. EHEMANN Dann ... dann ist es ja gut. JUNGE FRAU Gut genug jetzt. Gute Nacht. EHEMANN Gute Nacht. (Er löscht das Licht) III 31 SECHS DER EHEMANN UND DIE SEKRETÄRIN Wirtshaus, Hinterzimmer. Der Ehemann raucht eine Zigarre, die Sekretärin ißt eine Torte. EHEMANN Sehen Sie, das ist mein täglicher Tagesbefehl: Der Mensch muß hinaus auf die Straße, aber mit den Füßen voraus und nicht mit den Autoreifen. Weil wenn die Füße gehen, dann durchblutet das Blut die anstehenden (iedanken, bis es wegsiehende, ferliggedacbte. Gedanken sind. Da kreisen also meine (iedanken wie ein Mäusebussard über meiner (icschäflsinausclallc und stellen die Feststellung lest, «laß da unten in meinem Betrieb eine tüchtige kleine Sekretärin abgeht, ein niausellinkei kleiner gulei (ieisl, iIii alles /iisaiuiiieuli.illeii lul und Kaffee kochen kann. Und dann .schlendern meine (iedanken und ich am Arbeitsamt vorbei und stoßen mit einem ti'aui igen k leinen I i iiileni zusammen, das eine Sekretärin sein muß, aber eine außer Betrieb. Und auf einmal hat der Gedankenmäusebussard eine Betriebsmalis und die Maus einen ordentlichen Mäusebussard. Wenn das nicht großartig ist ... SEKRETÄRIN (mit vollem Mund) Das ist wirklich Spitze (spuckt Brösel). Oh, eine Entschuldigung bitte ... EHEMANN 1 Mm Iii |ii hu Trinken Sic doch. Verflüssigen Sie sn Ii ein bisserl. Wer ■ im l i ii.iIii niij' verflüssigt, In-Iiii(In l sie in das leichte ( Heilen. (Ergibt du das Weinglas m die Hand SU nippt, • \ hl{fi na< h, uttlaß sie das ganze' Jlas austrinken muß Sie hustet, ei schenkt soft» t tun h l Und es freut Ihre Arbeitslosigkeit also wirklich, daß sie bei mir arbeiten darf, bis sie die Losigkeit verloren hat'.' SEKRETÄRIN Aber sicher, freilich, natürlich, sowieso. EHEMANN Dann hat sich der Arbeitslosigkeitsvcrnichter aber einen Kuß verdient, oder? (Er steht auf und tritt hinter sie) SEKRETÄRIN .laja, irgendwie schon, aber... EHEMANN Keine Ahcrunislätulliclikcilru bitteschön, ihr Tatendrang hal seine tägliche Tat gefunden, und ilci gcscliäftslührcudc Tal/.enge muß doch wissen können, was seine 'läler für eine Beschaffenheit haben, /.um Beispiel die Lippen ... die oberen und die unteren. SEKRETÄRIN Was für untere? EHEMANN Nichtsnix nun, was machen die Lippen ohne Kuß? (Sie hebt ihren Kopf und öffnet die Lippen. Er küßt sie gierig. Danach wischt sie sich heimlich die Lippen) Aiiah, das bat gul gelan. Hast du eigentlich einen Eicund? SEKRETÄRIN Ja, aber einen verlorenen. Meine letzte Zeil war freilich sowieso bloß eine einzige Verlustanzeige. Entschuldigen Sic, ich will Ihnen keine persönlich aufgekratzten Unruhebestimmungen in den Vorgesetzten hinein belasten. EHEMANN (massiert ihre Schultern) Aber geh*, du abgeschafftes Hascherl, sag doch ein Du zu mir. SEKRETÄRIN Sie werden sich jetzt aber schon schön einen Abgrund von mir denken, weil ich so gleich und schnell Ihre Zunge aufgenommen habe in meiner Mundhöhle. Aber das kommt alles nur von der Bestürzungs-ahnlichkcil zwischen Ihnen und meinem verlorenen Freund. EHEMANN Zwischen dir, du süßes Dummcrl, zwischen dir, heißt das. SEKRETÄRIN Zwischen dir und mir, da ist ein Arbeitsverhältnis. EHEMANN Ein Arbeitszärtlichkeitsverhältnis. Da, trink, damit deine Aufregung das einsehen kann. SEKRETÄRIN (trinkt) Der Wem ist so komisch mil mir. In dein Wein isl was. was um Ii .ililillnl wie einen veibiei lieir.t Inn M. ir.. In n i I EHEMANN I aß doch den Wein einen Wem sein in dir. I »ei Wem m.u hl si Ikiii die Goldrichtigkeit mit dir für mich. (Er küßt sie wieder gierig) SEKRETÄRIN Ich ... ich muß in das Klo hinein, (stürzt aufs Klo) EHEMANN (reibt sich zufrieden die Hände, pirscht sich an die Klotür heran und klopft leise) Huhu, mach mir auf den Spalt... der Tür (Es rührt sich nichts) Ucee, mach auf. (Die Tür öffnet sich einen Spalt) Jaaa, da hast du es nun. (Er holt seinen Plastikschwanz aus der Hose und gibt ihn ihr ins Klo. Sic schließt die Tür wieder. Man hört sie drinnen stöhnen. Er windet sich vor der Tür, als hätte er Hauchschmerzen. Plötzlich beruhigt man sich. Die 'Tür öffnet sich wieder einen Spalt, sie gibt den Schwanz zurück, die Tür schließt sich wieder. Er steckt das Ding in die Hose und taumelt keuchend an seinen Tisch zurück, wo er sich mit einem Sacktuch den Schweiß wischt. Bald kommt sie halbwegs restauriert auch wieder zurück, setzt sich und nimmt einen großen Schluck Wein) Genug ... genug davon, sonst versinkt ja alles in der Getränkesteuer. (Sie schaut ihn verblüfft an) Außerdem erscheint langsam eine Verabschiedung am Horizont. SEKRETÄRIN Willst du mich jetzt schon heimschicken in meine mangelhafte Heiin, ii ' 35 Kl II'MANN Am morgigen Tag muH ich früh ans Tageslicht, tla (ahn- ii Ii nach (iia/ Ich hin viel in Graz. Ich hin eigentlich aus (im/.. Uli Inn nicht sehr viel in Wien. Nur das Geschäft ist in Wien, und darum bin ich mit meiner Person auch manchmal in Wien. SEKRETÄRIN Du bist sicher mit einer Frau verheiratet. EHEMANN Jaja, mit was denn sonst? Hast du jetzt eine Tugend für dich auferfunden, die dir ein Genieren besorgt? SEKRETÄRIN Ich hab' ja nur so vor mir alles hergemeint, weil alle Grazer, die in Wien ihr Wesen betreiben, verheiratet sind. EHEMANN Und jetzt ist dir eine Unwohlheil zugestoßen mit mir, weil du einen echten Ehemann in geschlechtliche Schwierigkeiten verwickelt hast. SEKRETÄRIN Aber geh, deine Frau treibt doch sicher auch alle männlichen Liebesmöglichkeiten in die gleichen Schwierigkeiten hinein mit sich. EHEMANN (springt (inj) Was ist denn das für ein Delirium in deinem Liebcshun-ger'.' Meine Frau ist der Wirklichkeitsaufenlhall in der Reinheit der Seele. Meine Fi au ist eine Unternehmerin, weil ich ein Unternehmer i'iwniili'ii Inn. und du bei liliill meine vielten hlige Zukiiulissekiclä iui SEKRETÄRIN Vei uriachctl Sie bitte eine Verzeihung mit hui Ich will ja nur eine gul organisierte Sekieläiin sein (schluchzt auf). EHEMANN Abcrabcr, du winziges Hascherl, jetzt werden wir uns doch keine geisteskranken Ausfälligkeilcn antun. (Streichelt ihr Haar) SEKRETÄRIN Seien Sie mir wieder gut. EHEMANN Ihr seid aber auch eine gewissensunruhige Komplikation, ihr Weiber. (Er streichelt sie weiter, nimmt ihre Hand und fuhrt sie an seinen Hosenschlitz. Sic drückt ihn ein wenig, er schnurrt behaglich und schiebt die Hand plötzlich weg) Machen wir jetzt einen Emst in der Dramaturgie. Morgen beginnst du mein Hüro zu betreiben mit dir, und dann werden wir uns in den geeigneten /.eilsehiieisen immer wieder privat Zusammenstecken. SEKRETÄRIN Ist das alles auch wirklich mit dem Ernst der Wahrheit gemeint? EHEMANN Jaja, sicher aber alles unauffällig, obwohl ich aber ja eh so oft in Graz sein muß. SEKRETÄRIN Graz muß eine wundererregendc Stadl sein, wenn du so ofl dort bist um dir. EHEMANN Sllltl-N Ja, Graz ist das einzige Nervensystem ohne eine Neurasthenie. In Graz gibt es keine Wahnsinnigen, keine Größenwahnsinnigen, keine Untermenschen und keine widerlichen Übermenschen. Ich bin viel in Graz, weil Graz so erschaffen worden ist, wie ich als ein Resultat dann geworden bin. SEKRETÄRIN Ich muß einmal ein gutes Buch lesen über diese Stadt. EHEMANN So, hoch jetzt mit den Innereien, wie man bei uns sagt. Das nächste Fest wird ein richtiges Bett organisiert haben. Ober, bitte bezahlen. .,1 DIE SEKRETÄRIN UND DER DICHTER Das Dickterzitnmer des Dichters. Man tritt gerade ein. DICHTER War der Zauber des Spaziergangs in den Resten der Natur nicht totalitär zauberhaft, mein süßer Lieblingsschatz? (Küßt sie) Hm, und wie du duftest an dir, wie eine frisch umgegrabene Erdscholle. SEKRETÄRIN Was ... aber ich stink' doch nicht wie ein Fisch. DICHTER (lacht) Aber ich meine doch nicht die Scholle als Fisch. Komm, leg dich doeli auf den Diwan, du herrliches Eilet. SEKRETÄRIN Aber ich bin doch bei gar keiner Schwäche einer Müdigkeit angelangt. DICHTER Ich bestehe aber auf deiner Müdigkeit. Die liegende Sanftlage wird dich erquicken. SEKRETÄRIN (lehnt sich zurück) Müde hin ich gar nicht, aber einen Appetit habe ii h geiade gespült. 39 DICHTER (schreckt hoch) Auf was denn? SEKRETÄRIN Auf ein Essen. DICHTER Ein Durst wäre aber günstiger für dich. Das Essen ist auswärts, aber das Bier erwartet dich im Kühlschrank. SEKRETÄRIN Ach, diese Dichter. Bei der Dichterei hat sogar ein Flaschenbier eine Erwartung in sich. DICHTER Die Poesie verseell die I )inge mit cirici Würde und macht sie ewiglich, selbst wenn sie anhcimvcrschwiiideii mit dei Müllabfuhr. Das Ding geht ab, die Seele phantasier) es weiter in einer unsichtbaren Form SEKRETÄRIN Ich habe aber einen Hunger jetzt. (Er geht ab und kommt mit einer geöffneten Flasche Bier wieder) DICHTER So, Prosit, meine geliebte unvermeidliche Öffnung. (Sie trinkt widerspruchslos) Und jetzt legst du dich auf den Rücken, auf daß du ein Aussehen abstrahlen kannst wie eine todgeweihte Schildkröle. Und ich beruhige dich mit einen) schönen meinigen (icdiclit, Ins deine 1 lande uiitei meiner poetischen Fing crschatlenver-Kiößcilliig fall/ uiilciliaui ij< diu* liblulct werden. SEKRETÄRIN Ja, ein Gedieh) wäre, einmal ein anderer guter Ti ick. DICHTER Also, das Gedicht heißt: Daheim. Daheim Von Preiselbeer'n umschlachtet lag ich da gestochen wohl vom Brombeerstrauch die Schnecke fährt auf ihrem Schleim und ich: ich war' so gern daheim Vom Wolf betrachtet lag ich da die Ameise bekribbelt mich der Maulwurf gräbt sich in der Erde ein und ich: ich war' so gern daheim Vom Nadelbaum gepiesackt lag ich da die l'il/e kochen sich ihr (iill ich stinke wie ein wildes Schwein und ich: ich wäl' so gern daheim (/■.';■ schweift bedeutungsvoll) SEKRETÄRIN Aber was glitzerst du denn so grantig herum mit deinem Gedicht. Jetzt bist du ja eh daheim. DICHTER Aaah, götterfraßmäßig totaldumm, du, mein dummdreistkleinlautcs Marzipanzicklein ... SEKRETÄRIN So eine totale Zwillingsschweslei von der Dummheit bin ich auch wieder nicht. 'II DICHTER Aber nein, die Dummheit ist die Zwillingsschwester von der deinigen Person. Das kanonisiert der meinige Dichter in mir ja so heftig an den dummheitlichen Menschen, daß die überhaupt nichts verstehen müssen. Du hörst mein Gedicht, und das Gedicht versteht dich nicht, weil du das Gedicht nicht verstehen kannst. SEKRETÄRIN Geh, was schimpfst mich denn so voll. Ich bin halt eine Sekretärin und halte die Einflüsse und die Ausflüsse in das Buch, weil ich auch eine Buchhalterin bin. DICHTER Ja, die Sachen, die wegstehen, die müssen in deine Buchhaltung hinein. (Er betatscht sie) SEKRETÄRIN Jetzt nicht. Verzähle uns lieber noch ein Gedicht. DICHTER Nein, jetzt möchte ich lieber in deiner feuchten Buchhaltung blättern. Außerdem bin ich in der literarischen Wirklichkeit ein Theaterdichter. SEKRETÄRIN Was, die echten Theater verspielen deine Theaterstücke? DICHTER Will i-l.ml. I .1. ml -In im «Iii. du Ii.In.., II . , heil ' I ikrnir.l du Ulm I' llipl 'I' i' Ni.....Ii. di Ii Ii I...... p )•. I« ii IiuIm Im dir Niii liwi Ii ' i I SEKRETÄRIN N.i|:i, i liins heißt' hall DICHTER Das ist der Name meiner Geburt, aber was gehl mich meine Geburt an? SEKRETÄRIN Dann sag' halt, was deine Lust für einen Namen hat mit dir. DICHTER Ha (er richtet sich auf und verschränkt die Arme), behüte dein armes Gehirn vordem Klangschreck meines Namens. Ich sage nur: Nestory. Man spielt mich in der Josefstadt. SEKRETÄRIN I >ic Josefsladl ist ein schönes vornehmes Stadtviertel. DICHTER Was? Und Ncslory? Was isl mit Nestory? SEKRETÄRIN Das klingt auch nicht weniger boshaft blöd wie der meinige Nachname. DICHTER (lacht und kreischt hysterisch) Ich kann \ir im Iii inclii zusammenrotten, meine Einzelteile. Nestory im nichts Till sie Neil ii v hat den gcistcMiiililürischcn Ran): von einem Mi i Im.H. n '. i r < I'. e 111 >. 11111. i lud Im i Im ihic I ebenshaiit. Und für mich isl • i ■ m Inuiilvcili ..... ' "'II, dei Nes.....1 43 SEKRETÄRIN Aber Straßenbahnschaffner ist doch ein sicherguter Beruf. Warum hast du das denn nicht gleich erzählt. DICHTER (wälzt sich auf dem Boden und kreischt) ... es regnet mir durch das Schädeldach hinein. Daß es das Vorgegebene so geben kann ... SEKRETÄRIN Aber wo sind denn deine Gewohnheiten hingekommen, du bist ja so ungewöhnlich. Bist du jetzt über eine Erregung krank geworden? (Sie kniet sich zu ihm auf den Boden und massiert ihn zwischen den Beinen, bis er sich beruhigt und zu schnurren beginnt) DICHTER Weißt du, die anwesende Wirklichkeil ist so bleiern und lang. In Wirklichkeit bin ich garnichl Nestory. Nestory ist ein Freund ... oder nein, er ist eigentlich ein Toter, der schon lange tot ist. Ich kann gar keine Theaterstücke aufschreiben nicht. Jetzt bist du traurig, weil du enttäuscht bist, gell? SEKRETÄRIN Aber mir ist der doch eine Blunzen, der Nestory, und eine Blunzen ist ja nicht schlecht, aber Schnitzel ist besser. Du bist der Dichter oder der Straßenbahnschaffner Hans ... und damit aus. (Sit massiert ihn heftiger) DU HIER In. UHU Ii Hll Ulli .Ii, <. In, I .l.rl.H I || .11. w ,| I,. i || III V ,11111 SEKRETÄRIN Na schön ... (Sie holt sein Plastikding heraus, steckt es sich nachlässig unter den Rock, stöhnt pflichtschuldig und steckt es wieder zurück in den Hosenschlitz. Beide stehen auf) DICHTER Jetzt liebst du mich wahrscheinlich. SEKRETÄRIN Aber sicher. DICHTER (selbstherrlich) Aber ich muß eine Gewißheit haben. Demnächst übergibst du dich in die Josefstadt und studierst einen Nestory. Erst an deinem Ncslorycrgcbnis werde ich dich erkennen. SEKRETÄRIN Aber ja doch ... Schon wieder dieser Blun/.cnncstory. DICHTER Na also. Dann gehen wir jetzt halt was essen, mein süßes Totenkopf-äffchen. SEKRETÄRIN Aber ein Schnitzel und keine Blunzen. (Sie gehen) 45 ACHT DER DICHTER UND DIE SCHAUSPIELERIN Landgasthaus, Fremdenzimmer. Eben ist man eingetreten. DICHTER Ah, wirklich lebendig leben tut es sich offenbar nur innerhalb der einfachen Kleinigkeiten. Da spielt es mitnichten eine Rolle, daß du eine große Schauspielerin bist und ich ein großer Dichter. SCHAUSPIELERIN Ein Damenmörder verschleppt sein Pliischlleisch auf das I .and in ein Landgaslhaus. Mahlzeil der Herr Dichter, der nicht dichten kann. DICHTER Jetzt beendest du aber das Vollstopfen meines Dichters mit deinem Weiberirritierungsfatalismus. Deinetwegen habe ich mich eh schon einmal im Traum umgebracht. Mir ist doch so schon alles verwehrt wegen meiner Sprachbegabung. Und am Ende dieser immerhin noch nicht ganz entgleisten Episode war das Landgasthaus mit der Schweinescheiße vor dem Fenster die deinige Idee. SCHAUSPIELERIN Cladet sich vor ihm hin, faltet die Hände und betet murmelnd) DICHTER Will nun Iii du'.' I >n licle'il |......Iii.....n uiiimi i.iii.lii'. ii I ip|.....I....... Hlndtn Und »ogiu rln wrni|t inil d...... '.....um /.u wem lirti I du .Ii. Ii iIi im Ihm Ii ' Ii, SCHAUSPIELERIN /.ii (lotl iialicilich. DICHTER Zu dein Trottel? SCHAUSPIELERIN Ich weiß, daß du ein Trottel bist. (Lacht laut auf) DICHTER Du ... du bist nichts als der Entwurf immer neuer gemeiner Ausdrucke. SCHAUSPIELERIN Das wäre ja deine Dichteraufgabe, aber ich erfinde für dich, immer wenn es kein Wunder ist, dich anzuschauen. Dann krieg' ich immer so ein fettes Gefühl zwischen den Fingern. Und es war noch nie ein Wunder mit dir. DICHTER Dann geh' ich halt fort. Ich verstelle mich ja auch ausgezeichnet mit mir selber allein, ohne daß ich mich vor mir verkleiden müßte. SCHAUSPIELERIN Das ist eine ganz und gar zauberreizende Idee von dir, die beste, seit du begonnen hast, mich mit deinem lächerlichen Gewicht zu belasten. (Er poltert empört die Stiege hinunter. Dann hört man ihn schrittmäßig vot dem Fenster auf und ab knirschen, während sie sich auszieht hi\ mit ein Neglige. Dann streichelt sie sich selbstgefällig überall und gi hl \t hlie/lln Ii ans Fenster) 47 Heee, ziehst du jetzt Kreise um die Schwcinescheißc? Du hisl doch mein süßer kleiner Kartolfclsack. Komm hoch und ermanne dich bei mir. Wir lieben dich ja so entsetzlich, darum quälen wir ein bißchen deine Motorik. Komm doch herauf, mein armer Pfröpfling du. (Sie legt sich aufs Bett und streichelt sich wieder, während er die Stiege heraufpoltert und eintritt. Schmollend setzt er sichneben sie aufs Bett) Was ist, sag schon was. DICHTER Es gibt so viele unsichere Stellen im Leben, die alles ruinös abbilden. Das Stärkere müßte es geben, den Eigenertrag, den Reinertrag. Aber leider ist es richtig in sich, daß es die undurchsichtigen Stellen wirklich gibt. SCHAUSPIELERIN Was willst du denn, Kirchenglocken und Malzkaffee? Du behauptest an einem jeden Anfang eine Synthese und dann versuchst du alles reizend zu linden. Jetzt gibt es I )amcnmördcr und Plüschfleisch, dann gibt es Schlaf, dann gibt es Frühstück, dann gibt es wieder Wien, und dann gibt es ja wieder das Theater. DICHTER Ich habe gar nicht gewußt um deine Gescheitheit. SCHAUSPIELERIN Ich bin nicht gescheit, ich bin eine Schauspielerin. DICHTER h Ii Iiiii gescheit, u Ii Inn ein I In hlei .< IIAUSI'IEI.ERIN So ihI r», weil es et und so voi (IM itmvi m imI..........II 4H DICHTER I las isl womöglich schrecklich. SCHAUSPIELERIN Alles was ist, ist nicht schrecklich, weil es eben ist. Nur was nicht ist, das ist schrecklich, weil es eine Möglichkeit darstellt und deswegen nicht möglich sein kann. (Sie packt ein Bildchen aus der Handtasche und stellt es auf das Nachtkastl) DICHTER Was kann denn das sein? SCHAUSPIELERIN Das isl meine talismännischc Madonna. DICH TER Aber was heißt denn das Bildchen wirklich? SCHAUSPIELERIN Das Plüschllcisch unterdem großen Damenmörder ohne Samenspender natürlich, du hirnaidslcidender Dichlerkrüppel. DICHTER (zuckt zusammen und steht auf) Nestory müßte man sein können. Gegen Nestory hättest du kei Chancengleichheitsmöglichkeit. Was bist du denn schon, als goldene Leibsehüssel. Hei Nestory müßtest du spielen, was du ver dienst Und du windest kein Spiel erstürmen können dürfen. Nichts in. Iiis, nichts. ne eine 49 SCHAUSPIELERIN Jaja, du bist fraglos eine Sprechblasenentzündung. Du bist verloren, deshalb darfst du mich noch ein bißchen ficken. Meine liegende Lage müßte dich doch noch ein bißchen erstaunen. Damenmörder Plüschfleisch eben, deswegen ist meine Lage ja erstaunlich, weil sie so viele Lichter aufleuchtet. Aber ach, auch die meinigen Gewohnheiten sind so verklebt, darum darfst du jetzt an mich kommen, mein süßer Sterbling. DICHTER Ich habe einmal ein menschenwinziges Fräulein ausgekannt, das kein Interieur im Kopf gehabt hat, die hat sich herausgeglaubt, daß Nestory ein Straßenbahnschaffner sei. Ist das nicht witzig? (lacht gequält) SCHAUSPIELERIN (lacht lautauf) Ja, Nestory ist in der Berufung der toten Dichter, und du bist mein Straßenbahnschaffner Hans, dem die dichtungsfreie Welt die Straßenbahn gestohlen hat. Aber jetzt kannst du mich endlich überfahren, mein Schaffner, hm? (seufzt) DICHTER Aber ich ... ich bin doch nicht... Hm ... Ha, aber das geschieht dir ganz recht, daß du jetzt geil bist. SCHAUSPIELERIN (seufzt) Ja, das geschieht mir ganz recht, daß ich jetzt geil bin. (Knurrend holt er seinen Plastikschwanz aus der Hose, wirft ihn ihr ins Hell und steht trotzig starr da. während sie sich mit dem Ding vergnügt. .Vi hlic/llit Ii wii fl sie es aus tlcrii Hell und ei hehl es vet sloi t auf um es einzupacken) Nun? Alles Trallala, nicht? Damenlleisi Ii und MOrdcipliiM Ii I >as r.i besser, als hühncrbtüslige Niclilsliicke von der eigenen lllodhcil abzuschreiben, oder? DICHTER Ei nes dunkelroten Tages wirst du mich spielen müssen, bis deine Kunststücksmöglichkeiten verspielt sein werden. SCHAUSPIELERIN Es erinnert sich alles an vieles und vieles an dich und hängt dir eine Slraßenbahneruniform an das kranke Kopfende deines Bettes. Aber sagen wir einfach, heute bist du mir mein Dichter, weil du mir den Arsch verdichtet hast, zumindest einbildungsempfindungsmäßig. Jetzt legst du deinen Slraßcndichter brav zu mir und erzählst mir dich als großen Dichter. (Zögernd legt er sich zu ihr) Nun, erzähle uns, was macht die Riesenliteratur unseres Großdich-lei.s? DICHTER (kommt in Trance) Ja, ich ... jaaaa, die. Stattgefundenen Riesenerfolge bringen mich noch um. Jetzt bin ich schon in fünfzehn Sprachen davonübersetzt. Mein Konto ist total verstopft vor lauter Geld. Die Literaturwirkung ist unausgesetzt köstlich für die Menschen. Mein Leben ist sehr gut geworden und vol 1er lebensgünstiger B etrachtu ngs-weisen. Ach ja, ach jajaja ... SCHAUSPIELERIN Ausgezeichnet, und woran arbeitet es gerade an dir? DICHTER Mein Freund Nestory und ich dramatisieren gerade die (Islcrrcii hi sehe Nationalhymne ... (gähnt) Jel/.l bin ich so müde mit mir, und es ist so schön, daß ich da liege neben dir. Morgen breche ich weiter. (Er schläft ein) SCHAUSPIELERIN Ja, morgen wird wieder ein aufregend schöner Tagestodestag für dich. (Sie zieht sich an und dreht im Hinausgehen das Licht ab) NU IN DIE SCHAUSPIELERIN UND DER N Ali ON A LR ATS A B G E-(»RDNETE Im üppig eingerichteten Zimmer der Schauspielerin. Vormittag, sie liegt noch im Bett, der Nationalratsabgeordnete ist eben hereingekommen. ABGEORDNETER Sehen Sie, gerade erst noch gedacht, jetzt gehst du hin zu ihr, zu dieser begabten Person. Und jetzt ist das schon wieder Vergangenheit, jetzt bin icli schon wieder angekommen. (Er setzt sich zu ihr ans Bett) Und sehen Sie, meine I aebe, da treffen sich Dir potentielles Elend und mein reales Polenzpolitikcre.lend sozusagen. Das Aller ist ein Schwein mit Rotlauf. Das Aller ist der Rotlauf, die Seele das Schwein. Und da kann man ruhig sein ganzes Innenvermögen auf den Rollauf setzen, der gewinnt immer, auch wenn das Schwein als Seele noch so jung bleibt. Im Aller bleibt einem nichts, als mit einem weisheitlichen Charakter übet alle Menschen hinwegzulatschcn. SCHAUSPIELERIN Aber ich bitte um Sie bei Ihnen, Herr Doktor. Es gibt Menschen, die veraltern nicht, bis sie sterben, weil sie sich selber an einen Überbegriff verschenkt haben. ABGEORDNETER Naehgesclmiissen, meine Luhe, nacligesehmissen wie einen bösen Stein. SCHAUSPIELERIN Aber als Nationalratsabgeordncter und als Schauspieler sitzt man doch im gleichen Schlauchboot. Man sucht die Menschensachen öffentlich heim, auf daß sie wieder Luft bekommen und leichter leuchten können. ABGEORDNETER Ach, das ist das Liebesobjekthafte an euch Schauspielern, dieser staatsgrenzenlose Optimismus. Was Sie mir da veredeln, das wäre in meinem Jugendzeitloch der erste Bewegungsbeweis für eine Schlacht um das Gute gewesen. Aber das Residuum heißt Überdruß, Unterkühlung, Österreich und Altenteil. SCHAUSPIELERIN Aber jetzt beenden Sic endlich Ihr Aller. Wollen Sie mich mit Ihrer Väterlichkeit verführen? Machen Sie es lieber mit Ihrer angeborenen Jugendlichkeit. ABGEORDNETER Wissen Sie, der Staat erzwingt bei seinen Repräsentationsfiguren immer ein kilometerbreites Lächeln, weil sich die Runzeln dann vielleicht auflösen, die da so bummelwitzig von selber entstehen, wenn man so stummvergessen vor sich hinatmet. SCHAUSPIELERIN Womöglich hat es ja wirklich eine Richtigkeit, daß das Parlament der Politiker eine nekrophile Anstalt ist. (Schmollt scheinheilig) Zuerst erregen Sie mich durch Ihren Erseheinungsbesuch und dann verherrlichen Sie [lue Run/ein Das ist imgeleehl. AIKJI OKDNITEK ( i. Ii/, Ii I . Villi I.....Ii 'im 'Ii l"dll. Kl MI Ii V i 1 ll.llll I. Ii IUI l'.lll.l ......I I in Iii il" inli 11....... di. Aull., iiiif I .....I" lIlU Ii Up All VI land, das grauenhafte Inland, die dekadenk' Kultur, das sinnlose Kindergeld, das sauertöpfische C'hrislenkar/.iiuim ... lauter laehhallc EgalilätSprobleme für einen schlußendlichen Sammellrieden als Randflucht. SCHAUSPIELERIN (neckisch) Aber dafür bekommt so ein Nalionalralsabgeordneter immer eine wichtige kleine Freikarte für ein Theater. ABGEORDNETER Ja, sonst hätte ich dich ja nicht so schmuseentzückend Finden können auf der Weltbrettbühne. Oh, entschuldige, jetzt war ich schlimm und habe auch noch vor mich hingeduzt. SCHAUSPIELERIN (schmiegt sich an ihn) Das war die Intuition, das war die Jugend. A»GEORDNETER Im Parlament wäre das eine politische Entgleisung. SCHAUSPIELERIN So lange es Züge geben muß, werden sie als Transportmittel immer wieder entgleisen müssen. Komm, laß deine scharfe Zunge in meinen Mund entgleisen, du schwermütiger Greisenfötus du. (Küßt Um) ABGEORDNETER Aber es ist doch erst ein Vormittag in diesem Tag, und ich müßte längst im Parlament .... aber was, ich scheiß' auf das Parlament, bis es nur noch ein ciii/.ighrauncs (lebiigc sein muß. ( / / (igt sich auf sie und kHf,U sie I hmn letzter sich auf und holt seinen Vlastikschwam um dem llosenlüil. Sic w.il.t m Ii damit im Hell und \tiihnl gekünstelt Ii steht neben dem Hell, knickt cm und kommt auf 55 dem Boden zu liegen. Sie hat sich beruhigt, holt das Ding hervor, küßt es neckisch und legt es dem Abgeordneten auf den Hauch. Der steckt es keuchend in die Hose und rappelt sich langsam hoch) SCHAUSPIELERIN Das war heute das erste Volksvertretungsglied in meiner weiblichen Gleitbahn. War es wohl schön für dich, mein Alter? ABGEORDNETER (setzt sich schwer atmend) Ja... jaja. Gedächtnisstützen, Gedächtnisstöße, es war die Jugend. Mein Schließmuskel singt mir ein Lied aus längst verdampften Zeiten. SCHAUSPIELERIN Pfui. (Lacht) ANGEORDNETER Entschuldigung ... pnrdon ... dei Arsch, das l'ai laiiunl, es ist alles so zugig, alles so unverschlossen als llotschafl. SCHAUSPIELERIN Aber du redest mit dem Minister über meine Angelegenheit, die wir gestern abend versprochen haben, gell? ABGEORDNETER Jaja... sicher... im geheimen arbeitet er ja am besten, der Schweine-hodenstaat. SCHAUSPIELERIN Jetzt aber noch einmal ein Pfui. AUGEORDNE TER oh, veidaniuil noch einmal. Nur mehr das Vcidncßlichc isl das Relationale. •SCHAUSPIELERIN Es geht eben alles den Bach hinunter, weil der Bach fließt. ABGEORDNETER Wahrscheinlich bist du ja der misanthropische Mensch, nicht ich. SCHAUSPIELERIN Ein Schauspieler spielt den Freund als Feind und umgekehrt. ABGEORDNETER Und ich spiele den Slaal als ein Ich und umgekehrt. S< IIAUSI'IELERIN 1 ■!ii-ii, es isl alles schon verkraftet, bevor es anhebt anzufangen. Aber jetzt muß ich meine Schauspielerin baden und anziehen, weil meine Schauspielerin auf die Probe muß. ABGEORDNETER Ja, und ich schleiche mich in meine Todeszelle, in das Parlament. SCHAUSPIELERIN (aus dem Bad heraus) Und du denkst an nieine Angelegenheit beim Minister. ABGEORDNETER Sichersicher. Adieu. Womöglich gehe ich heute abend schon wieder ins Theater. (Geht ab) 57 ZEHN DER NATIONALRATSABGEORDNETE UND DIE HURE Nacht. Parkbant Der Abgeordnete ist, an die Hure gelehnt, eingeschlafen. Sein Plastikschwanz liegt am Boden. HURE Heee, jetzt ist halt das Aufwachen an der Reihe. (Er setzt sich mühsam gerade, reibt sich die Augen und betrachtet sie) ABGEORDNETER Ah, du bist auch so ein Bild zum unten hineintun. Gerade hat so etwas geträumt von mir... die Schauspielerin ... das Theater, verflucht, jetzt ist wieder alles ohne die vorgesehene Vorsehung verfault... oh, mein Schädelkopf... HURE Jetzt hab' ich deinen Kopf eh eine vollzählige Stunde schlafen lassen, weil du so oberbrav gezahlt hast. Wo hast du dir denn einen so großen Rausch eingefangen? scheiß Ostblock, ABGEORDNETER Scheiß Parlament ... ausländische Delegation scheiß Wodka ... oh. HURE Oje, da liegt ein vergessenes Fundstück, für das es aber kein Fundamt gibt. ■ . ■ ■ 58 (Sie hebt sein Plastikding auf und steckt es ihm in dir ojjeiic Hose) ABGEORDNETER Ich bedanke mich, auch wenn schon alles winterlich ist in meiner Hose. (Steht auf und reckt sich) Finger knacken Mütter schnarchen pardon das erste Geräusch das zweite Geräusch Entschuldigung, ich muß einfach mit irgendeiner Sprechspeicheklrü-sc die Atmosphäre belasten ... wie im Parlament. HURE Ms eine Hur' sind ja schon viele Sachen ausprobiert worden mit mir für ein Geld, aber die l'arlnmenlsslcllung kenne ich noch nicht. Was bist denn du eigentlich für ein Beruf? wie du, auch so ein Al [GEORDNETER Auch so eine traurige Zeichnung bin icfi Be/.ugsballawatsch. HURE Es ist halt so, und es ist ein fetter Blödsinn, wenn man so ein Wort verliert über alles. Wer nichts auffinden, kann auf der Speisekarte, der muß halt verhungern. Und weil die Speisekarte ein Scheißdreck ist, ist das Essen auch ein Scheißdreck. Und die, die den Scheißdreck essen, müssen wegen dem Scheißdreck auch ein Scheißdreck werden und können nur einen Scheißdreck machen, wenn sie etwas machen, weil sie etwas machen müssen, weil man nicht nichts machen kann. Und der, der die Speisekarte aufgeschrieben hat, der ist der obere 59 Ni li< ilUn , i null Ii.il M .iln ■■< I.....Iii Ii rille......i Ii vi. I liulii iin Ni lullt (Iii I k hIhi .11 Ii ABGEORDNETER (lacht) Das müßte man im Parlament... ach nichts ... HURE Die muß ja wirklich eine Aufregung wert sein, die Parlamentsstellung. ABGEORDNETER Wie ich noch ein großfeuerjugendlicher Mensch habe sein können, wo mein Schwanz noch nicht zum Abschrauben gegangen ist, da war ich zum Sterben anverliebt in eine verheiratete Frau. Die hat dann ihren Mann verlassen, bevor sie mich verlassen hat. Da hat mir meine leibgemeinc Mutter einen Zettel geschrieben und den auf den Kiichcn-ttsch gelegt. Da stand geschrieben: Schäm dich, daß du eine Che zerstört hast und dich auch noch damit brüstest, daß du den Ehemann ausgespannt hast. Iß ordentlich was. Im Kühlschrank ist ein Schinken und eine Wurst. Der Topfenstrudel ist in der Speis. Trink nicht wieder so viel Alkohol. Gruß, Mutter. (Beide lachen ausgiebig) Da war ich das erste Mal stolz auf mich, und du erinnerst mich an die Frau von damals, die heute eine halb verfaulte, fettärschige Bruthenne ist. HURE Das freut mich, daß du mir zum Schluß noch eine fesche Geschichte angehängt hast. Aber jetzt muß ich die nächste Arbeitsgeschichte angehen. (Steht auf) Servus. ■ A IM i\ (>UI »NI 11 H Sei viis. (Nach ein paar Schrillen dielten sieh beide nach einmal um) ABGEORDNETER Servus (winkt) HURE Servus (winkt). Das nächste Mal zeigst du mir die Parlamentsstellung. (AUS)