Tischler Wo ist mein Stock? ANDRi Hier, Herr Tischlermeister. Tischler Eine Plage, immer diese Trinkgelder, kaum hat man den Beutel eingesteckt — Andri gibt den Stock und bekommt ein Trinkgeld, das er ins Orchestrion wirft, so daß Musik ertönt, während der Tischler vorn über die Szene spaziert, wo Barblin, da der Tischler nicht auszuweichen gedenkt, ihren Eimer wegnehmen muß. Andri trocknet einen Teller, indem er sich zur Musik bewegt, und verschwindet dann, die Musik mit ihm. barblin Jetzt stehst du noch immer da? Soldat Ich hab Urlaub. barblin Was willst du noch wissen? Soldat Wer dein Bräutigam sein soll. Barblin weißelt. Alle weißein das Haus ihrer Väter, weil morgen Sanktgcnir tag ist, und der Kohlensack rennt in allen Gassen herum, well morgen Sanktgeorgstag ist: Weißelt, ihr Jungfrauen, weilli Ii das Haus eurer Väter, auf daß wir ein weißes Andorra haln ihr Jungfraun, ein schneeweißes Andorra! barblin Der Kohlensack - wer ist denn das wieder? soldat Bist du eine Jungfrau? Der Soldat lacht. Also du magst mich nicht. barblin Nein. soldat Das hat schon manch eine gesagt, aber Ix-koin hab ich sie doch, wenn mir ihre Waden gefallen .....I Haar. Barblin streckt ihm die Zunge heraus. Und ihre rote Zunge dazu! Der Soldat nimmt sich eine Zigarette und blickt .im I hinauf. Wo hast du deine Kammer? Auftritt ein Pater, der ein Fahrrad schiebt. pater So gefällt es mir, Barblin, so gefällt es hui iiIhM ' werden ein weißes Andorra haben, ihr Jungfraun .....im* 188 weißes Andorra, wenn bloß kein Platzregen kommt über Nacht. Der Soldat lacht. Ist Vater nicht zu Haus? soldat Wenn bloß kein Platzregen kommt über Nacht! Nämlich seine Kirche ist nicht so weiß, wie sie tut, das hat sich herausgestellt, nämlich seine Kirche ist auch nur aus Erde gemacht, und die Erde ist rot, und wenn ein Platzregen kommt, das saut euch jedesmal die Tünche herab, als hätte man eine Sau drauf geschlachtet, eure schneeweiße Tünche von eurer schneeweißen Kirche. Der Soldat streckt die Hand nach Regen aus. Wenn bloß kein Platzregen kommt über Nacht! Der Soldat lacht und verzieht sich. pater Was hat der hier zu suchen? —. itARBLiN Ist's wahr, Hochwürden, was die Lcut sagen? Sie werden uns überfallen, die Schwarzen da drüben, weil sie neidisch sind auf unsre weißen Häuser. Eines Morgens, früh um vier, werden sie kommen mit tausend schwarzen Panzern, die kreuz / und quer durch unsre Äcker rollen, und mit Fallschirmen wie j graue Heuschrecken vom Himmel herab. I j i er Wer sagt das? nhlin Peider, der Soldat. Hiirblin taucht den Pinsel in den Eimer. Valer ist nicht zu Haus. i v 11 if Ich hätt es mir denken können. I'aiise Warum trinkt er soviel in letzter Zeit? Und dann beschimpft er I iillc Welt. Er vergißt, wer er ist. Warum redet er immer solches Ifrdg? MNiii in Ich weiß nicht, was Vater in der Pinte redet. Ml i ii lir sieht Gespenster. Haben sich hierzuland nicht alle ent-ii i über die Schwarzen da drüben, als sie es trieben wie In im Kindermord zu Bethlehem, und Kleider gesammelt für die i i". hilinge damals? Er sagt, wir sind nicht besser als die *i Im.uzen da drüben. Warum sagt er das die ganze Zeit? Die Leute nehmen es ihm übel, das wundert mich nicht. Ein Lehrer sollte nicht so reden. Und warum glaubt er jedes Gerücht, das in die Pinte kommt? Pause Kein Mensch verfolgt euren Andri - Barblln hält inne und horcht. - noch hat man eurem Andri kein Haar gekrümmt. Barblin weißelt weiter. Ich sehe, du nimmst es genau, du bist kein Kind mehr, du arbeitest wie ein erwachsenes Mädchen. barblin Ich bin ja neunzehn. Pater Und noch nicht verlobt? Barblin schweigt. Ich hoffe, dieser Peider hat kein Glück bei dir. barblin Nein. Pater Der hat schmutzige Augen. Pause Hat er dir Angst gemacht? Um wichtig zu tun. Warum sollen si| uns überfallen? Unsre Täler sind eng, unsre Äcker sind steinig und steil, unsre Oliven werden auch nicht saftiger all anderswo. Was sollen die wollen von uns? Wer unsern Roggi n will, der muß ihn sich mit der Sichel holen und muß sich bücken Schritt vor Schritt. Andorra ist ein schönes Land, abfi i Iii armes Land. Ein friedliches Land, ein schwaches Land ein frommes Land, so wir Gott fürchten, und das tun wir, im In Kind, nicht wahr? Barblin weißelt. Nicht wahr? barblin Und wenn sie trotzdem kommen? Eine Vesperglocke, kurz und monoton pater Wir sehn uns morgen, Barblin, sag deinem Valer, v..... Georg möchte ihn nicht betrunken sehn. Der Pater steigt aufsein Rad. Oder sag lieber nichts, sonst tobt er nur, aber hab acln .ml il< Der Pater fährt lautlos davon. barblin Und wenn sie trotzdem kommen, Hochwünkn ' Im Vordergrund rechts, beim Orchestrion, erscheint der Jemand, hinter ihm Andri als Küchenjunge. jemand Wo ist mein Hut? andri Hier, mein Herr. jemand Ein schwüler Abend, ich glaub, es hängt ein Gewitter in der Luft... Andri gibt den Hut und bekommt ein Trinkgeld, das er ins Orchestrion wirft, aber er drückt noch nicht auf den Knopf, sondern pfeift nur und sucht auf dem Plattenwähler, während der Jemand vorn über die Szene geht, wo er stehenbleibt vor Barblin, die weißelt und nicht bemerkt hat, daß der Pater weggefahren ist. _ barblin Ist's wahr, Hochwürden, was_die Leut sagen? Sie sagen: Wenn einmal die Schwarzen kommen, dann wird jeder, der Jud ist, auf der Stelle geholt. Man bindetlhn an einen Pfahl, sagen sie, man schießt ihn ins Genick. Ist däTwähr oder ist das ein Gerücht? Und wenn er eine Braut hat, die wird geschoren, sagen sie, wie ein räudiger Hund. ii:mand Was hältst denn du für Reden? iiarblin wendet sich und erschrickt. ikmand Guten Abend. lARBLiN Guten Abend. ii mand Ein schöner Abend heut. iarblin nimmt den Eimer. ii mand Aber schwül. Na Kit un Ja. ii mand Es hängt etwas in der Luft. - riii in Was meinen Sie damit? ii mand Ein Gewitter. Wie alles wartet auf Wind, das Laub und die Stores und der Staub. Dabei seh ich keine Wolke am l limmel, aber man spürt's. So eine heiße Stille. Die Mücken l'iiren's auch. So eine trockene und faule Stille. Ich glaub, es hangt ein Gewitter in der Luft, ein schweres Gewitter, dem im! tät's gut... Harblin geht ins Haus, der Jemand spaziert weiter, Andri läßt iiu\ Orchestrion tönen, die gleiche Platte wie zuvor, und SOLDAT grölt: »Und mit dem Bock und in den Rock und ab den Rock und mit dem Bock und mit dem Bock—« ANDRi Geh nur! Soldat Braut! hat er gesagt. ANDRi Barblin wird dir den Rücken drehn. Soldat Dann nehm ich sie von hinten! ANDRi — du bist ein Vieh. Soldat Was sagst du? ANDRi Ein Vieh. soldat Sag das noch einmal. Wie er zittert! Sag das noch einmal. Aber laut, daß der ganze Platz es hört. Sag das noch einmal. Andri geht. soldat Was hat er da gesagt? Idiot grinst und nickt. soldat Ein Vieh? Ich bin ein Vieh? Idiot nickt und grinst. soldat Der macht sich nicht beliebt bei mir. Vordergrund Der Wirt, jetzt ohne die Wirteschürze, tritt an die Zeugenschranke. wirt Ich gebe zu: Wir haben uns in dieser Geschichte alle getauscht. Damals. Natürlich hab ich geglaubt—^was alle geglaubHiabcn, damals. Er selbst hat's geglaubt. Bis zuletzt. Ein Judenkind, das unser Lehrer gerettet habe vor den Schwarzen da drüben, so hat's immer geheißen, und wir fanden's großartig, daß der Lehrer sich sorgte wie um einen eigenen Sohn. Ich jedenfalls fand das großartig. Hab ich ihn vielleicht an den Pfahl gebracht? Niemand von uns hat wissen können, daß Andri wirklich sein eigner Sohn ist, der Sohn von unsrem Lehrer. Als er mein Küchenjunge war, hab ich ihn schlecht behandelt? Ich bin nicht schuld, daß es dann so gekommen ist. Das ist alles, was ich nach Jahr und Tag dazu sagen kann. Ich bin nicht schuld. 200 201 BARBLiN Und jetzt will ich einen Kuß. Andri gibt ihr einen Kuß. Viele viele Küsse! Andri denkt. Ich denke nicht an die andern, Andri, wenn du mich hältst mit deinen Armen und mich küssest, glaub mir, ich denke nicht an sie. andri — aber ich. BARBLiN Du mit deinen andern die ganze Zeit! andri Sie haben mir wieder das Bein gestellt. Eine Turmuhr schlagt. andri Ich weiß nicht, wieso ich anders bin als alle. Sag es mir. Wieso? Ich seh's nicht... Eine andere Turmuhr schlägt. andri Jetzt ist es schon wieder drei. barbi.in Laß uns schlafen! andri Ich langweile dich. Barl)lin schweigt. Soll ich die Kerze löschen? ... du kannst schlafen, ich wecke dich um sieben. Pause Das ist kein Aberglaube, o nein, das gibt's, Menschen, dii verflucht sind, und man kann machen mit ihnen, was man will, ihr Blick genügt, plötzlich bist du so, wie sie sagen. Das ist das Böse. Alle haben es in sich, keiner will es haben, und wo soll das hin? In die Luft? Es ist in der Luft, aber da bleibt's nichl lang, es muß in einen Menschen hinein, damit sic's eines Tauen packen und töten können ... Andri ergreift die Kerze. Kennst du einen Soldat namens Peider? Barblin murrt schläfrig. Er hat ein Aug auf dich. barblin Der! andri - ich dachte, du schläfst schon. Andri bläst die Kerze aus. Vordergrund Der Tischler tritt an die Zeugenschranke. Tischler Ich gebe zu: Das mit den 50 Pfund für die Lehre, das war eben, weil ich ihn nicht in meiner Werkstatt wollte, und ich wußte ja, es wird nur Unannehmlichkeiten geben. Wieso wollte er nicht Verkäufer werden? Ich dachte, das würd ihm liegen. Niemand hat wissen können, daß er keiner ist. Ich kann nur sagen, daß ich e"s im Grund_wohlmeinte mit ihm. Ich bin nicht schuld, daß es so gekommen ist später. 204 205 gemein. Sie sitzen auf dem Stuhl, den ich gemacht habe, und zünden sich Ihre Pfeife an. Was hab ich Ihnen zuleid getan? Sie wollen nicht, daß ich tauge. Warum schmähen Sie mich? Sie sitzen auf meinem Stuhl. Alle schmähen mich und frohlocken und hören nicht auf. Wieso seid ihr stärker als die Wahrheit? Sie wissen genau, was wahr ist, Sie sitzen drauf-Der Tischlei: hat endlich die Pfeife angezündet. Sie haben keine Scham —. Tischler Schnorr nicht soviel. ANDRi Sie sehen aus wie ein Kröte! Tischler Erstens ist hier keine Klagemauer. Der Geselle und zwei andere verraten sich durch Kichern. Tischler Soll ich eure ganze Fußballmannschaft entlassen? Der Geselle und die andern verschwinden. Erstens ist hier keine Klagemauer, zweitens habe ich kein Wort davon gesagt, daß ich dich deswegen entlasse. Kein Wort. Ich habe eine andere Arbeit für dich. Zieh deine Schürze aus! Ich zeige dir, wie man Bestellungen schreibt. Hörst du zu, wenn dein Meister spricht? Für jede Bestellung, die du hereinbringst mit deiner Schnorrerei, verdienst du ein halbes Pfund. Sagen wir: ein ganzes Pfund für drei Bestellungen. Ein ganzes Pfund! Das ist's, was deinesgleichen im Blut hat, glaub mir, und jedermann soll tun, was er im Blut hat. Du kannst Geld verdienen, Andri, Geld, viel Geld ... Andri reglos. Abgemacht? Der Tischler erhebt sich und klopft Andri auf die Schulter. Ich mein's gut mit dir. Der Tischler geht, man hört die Fräse wieder. andri Ich wollte aber Tischler werden ... Vordergrund Der Geselle, jetzt in einer Motorradfahrerjacke, tritt an die Zeugenschranke. geselle Ich geb zu: Es war mein Stuhl und nicht sein Stuhl. Damals. Ich wollte ja nachher mit ihm reden, aber da war er schon so, daß man halt nicht mehr reden konnte" mit ihm. Nachher hab ich ihn auch nicht mehr leiden können, geb ich zu. Er hat einem nicht einmal mehr guten Tag gesagt. Ich sag ja nicht, es sei ihm recht geschehen, aber es lag halt auch an ihm, sonst wär's nie so gekommen. Als wir uns nochmals fragten wegen Fußball, da war er sich schon zu gut für uns. Ich bin nicht schuld, daß sie ihn geholt haben später. 210 211 Vordergrund Siebentes Bild Der Soldat, jetzt in Zivil, tritt an die Zeugenschranke. Soldat Ich gebe zu: Ich hab ihn nicht leiden können. Ich habe ja nicht gewußt, daß er keiner ist, immer hat's geheißen, er sei einer. Übrigens glaub ich noch heut, daß er einer gewesen ist. Ich hab ihn nicht leiden können von Antang an. Aber ich hab ihn nicht getötet. Ich habe nur meinen Dienst getan. Order ist Order. Wo kämen wir hin, wenn Befehle nicht ausgeführt werden! Ich war Soldat. Sakristei, der Pater und Andri. Pater Andri, wir wollen sprechen miteinander. Deine Pflegemutter wünscht es. Sie macht sich große Sorge um dich ... Nimm Platz! andri schweigt: Pater Nimm Platz, Andri! andri schweigt. Pater Du willst dich nicht setzen? andri schweigt. pater Ich verstehe, du bist zum ersten Mal hier. Sozusagen. Ich erinnere mich: Einmal als euer Fußball hereingeflogen ist, sie haben dich geschickt, um ihn hinter dem Altar zu holen. Der Pater lacht. andri Wovon, Hochwürden, sollen wir sprechen? pater Nimm Platz! andri schweigt. pater Also du willst dich nicht setzen. andri schweigt. pater Nun gut. \ndri Stimmt das, Hochwürden, daß ich anders bin als alle? I'ause pa i'er Andri, ich will dir etwas sagen. \ni)ri - ich bin vorlaut, ich weiß. i- \ i er Ich verstehe deine Not. Aber du sollst wissen, daß wir dich gern haben, Andri, so wie du bist. Hat dein Pflegevater nicht alles getan für dich? Ich höre, er hat Land verkauft, damit du Tischicr wirst. \mm\ Ich werde aber nicht Tischicr. I im; Wieso nicht? i>ki Meinesgleichen denkt alleweil nur ans Geld, heißt es, und • Iiiim gehöre ich nicht in die Werkstatt, sagt der Tischler, Mindern in den Verkauf. Ich werde Verkäufer, Hochwürden. 228 229 Vordergrund Der Pater kniet. Pater Du sollst dir kein Bildnis machen von Gott, deinem Herrn, und nicht von den Menschen, die seine Geschöpfe sind. Auch ich bin schuldig geworden damals. Ich wollte ihm mit Liebe begegnen, als ich gesprochen habe mit ihm. Auch ich habe mir ein Bildnis gemacht von ihm, auch ich habe ihn gefesselt, auch ich habe ihn an den Pfahl gebracht. 234 Platz von Andorra. Der Doktor sitzt als einziger; die andern stehen: der Wirt, der Tischler, der Soldat, der Geselle, der Jemand, der eine Zeitung liest. doktor Ich sage: Beruhigt euch! soldát Wieso kann Andorra nicht überfallen werden? doktor zündet sich einen Zigarillo an. soldát Ich sage: Pfui Teufel! Wirt Soll ich vielleicht sagen, es gibt in Andorra kein anständiges Zimmer? Ich bin Gastwirt. Man kann eine Fremdlingin nicht von der Schwelle weisen — jemand lacht, die Zeitung lesend. Wirt Was bleibt mir andres übrig? Da steht eine Senora und fragt, ob es ein anständiges Zimmer gibt — soldát Eine Senora, ihr hört's! i ischler Eine von drüben? soldát Unsereiner kämpft, wenn's losgeht, bis zum letzten Mann, und der bewirtet sie! Er spuckt aufs Pflaster. Ich sage: Pfui Teufel, i h iktor Nur keine Aufregung. Er raucht. Ich bin weit in der Welt herumgekommen, das könnt ihr mir V.lauben. Ich bin Andorraner, das ist bekannt, mit Leib und Seele. Sonst wäre ich nicht in die Heimat zurückgekehrt, ihr rillen Leute, sonst hätte euer Professor nicht verzichtet auf alle l i'hrstühle der Welt — • i mand lacht, die Zeitung lesend. « ni i Was gibt's da zu lachen? li M \ni) Wer kämpft bis zum letzten Mann? .....vr Ich. li m \nd In der Bibel heißt's, die Letzten werden die Ersten sein, ■ »Iii umgekehrt, ich weiß nicht, die Ersten werden die Letzten .1 in. 235 Vordergrund Der Lehrer und die Senora vor dem weißen Haus wie zu Anfang. senora Du hast gesagt, unser Sohn sei Jude. lehrer schweigt. senora Warum hast du diese Lüge in die Welt gesetzt? lehrer schweigt. senora Eines Tages kam ein andorranischer Krämer vorbei, der überhaupt viel redete. Um Andorra zu loben, erzähl teer überall die rührende Geschichte von einem andorranischen Lehrer, der damals, zur Zeit der großen Morde, ein Judenkind gerettet habe, das er hege und pflege wie einen eignen Sohn. Ich schickte sofort einen Brief: Bist du dieser Lehrer? Ich forderte Antwort. Ich fragte: Weißt du, was du getan hast? Ich wartete auf Antwort. Sie kam nicht. Vielleicht hast du meinen Brief nie bekommen. Ich konnte nicht glauben, was ich befürchtete. Ich schrieb ein zweites Mal, ein drittes Mal. Ich wartete auf Antwort. So verging die Zeit... Warum hast du diese Lüge in die Welt gesetzt? Lehrer Warum, warum, warum! senora Du hast mich gehaßt, weil ich feige war, als das Kind kam. Weil ich Angst hatte vor meinen Leuten. Als du an die Grenze kamst, sagtest du, es sei ein Judenkind, das du gerettet hast vor uns. Warum? Weil auch du feige warst, als du wieder nach Hause kamst. Weil auch du Angst hattest vor deinen Leuten. Pause War es nicht so? Pause Vielleicht wolltest du zeigen, daß ihr so ganz anders seid als wir. Weil du mich gehaßt hast. Aber sie sind hier nicht anders, du siehst es, nicht viel. lehrer schweigt. senora Er sagte, er wolle nach Haus, und hat mich bierhei gebracht; als er dein Haus sah, drehte er um und ging weg, ich weiß nicht wohin. lehrer Ich werde es sagen, daß er mein Sohn ist, unser Sohn, ihr eignes Fleisch und Blut-senora Warum gehst du nicht? lehrer Und wenn sie die Wahrheit nicht wollen? Pause 244 245 Vordergrund Zehntes Bild Der Jemand tritt an die Zeugenschranke. \ jemand Ich gebe zu: Es ist keineswegs erwiesen, wer den Stein ^^-geworfen hätgegen die Fremde damals. Ich persönlich war zu jener Stunde nicht auf dem Platz. Ich möchte niemand beschuldigen, ich bin nicht der Weltenrichter. Was den jungen Bursch betrifft: natürlich erinnere ich mich an ihn. Er ging oft ans Orchestrion, um sein Trinkgeld zu verklimpern, und als sie ihn holten, tat er mir leid. Was die Soldaten, als sie ihn holten, gemacht haben mit ihm, weiß ich nicht, wir hörten nur seinen Schrei... Einmal muß man auch-wrg£ssen können, finde ich. 254 Platz von Andorra, Andri sitzt allein. andri Man sieht mich von überall, ich weiß. Sie sollen mich sehen... Er nimmt eine Zigarette. Ich habe den Stein nicht geworfen! Er raucht. Sollen sie kommen, alle, die's gesehen haben mit eignen Augen, sollen sie aus ihren Häusern kommen, wenn sie's wagen, und mit dem Finger zeigen auf mich. stimme flüstert. andri Warum flüsterst du hinter der Mauer? stimme flüstert. andri Ich versteh kein Wort, wenn du flüsterst. Er raucht. Ich sitze mitten auf dem Platz, ja, seit einer Stunde. Kein Mensch ist hier. Wie ausgestorben. Alle sind im Keller. Es sieht merkwürdig aus. Nur die Spatzen auf den Drähten. stimme flüstert. andri Warum soll ich mich verstecken? s riMME flüstert. \ndri Ich habe den Stein nicht geworfen. Er raucht. Seit dem Morgengrauen bin ich durch eure Gassen geschlendert. Mutterseelenallein. Alle Läden herunter, jede Tür zu. Es gibt nur noch Hunde und Katzen in eurem schneeweißen Andorra... Man hört das Gedröhn eines fahrenden Lautsprechers, ohne daß man die Worte versteht, laut und hallend. iDRi Du sollst kein Gewehr tragen. Hast du's gehört? 's ist aus. / »rv Lehrer tritt hervor, ein Gewehr im Arm. .....(er Andri — i'i-i raucht. 255