Aufklärung I 23. 9. 2021 Der Vortrag (PPP) wird in Is hochgeladen Begriff - Aufklärung •Was ist Aufklärung? •Immanuel Kant, •Gotthold Ephraim Lessing, •Johann Gottfried Herder •Friedrich Schiller •Christoph Martin Wieland Wann? Was? Warum? Wie? Begriff? •Aufklären, aufhellen, geistig erhellen. •Licht, rational, Maß, klare Gedanken •versus •dunkel, Nacht, Finsternis, irrational, Einbildungen, Spekulationen, Schwärmerei, Unmaß, Zauberei Probleme: Ist die Berufung auf die Vernunft nicht einseitig? Sind wir (nur) Vernunftwesen? Ist die Aufklärung nicht dogmatisch? Zuviel Licht kann blenden. • - muss sich zugleich immer schon über ihre Grenzen aufklären, um nicht dogmatisch zu werden. • Was passiert mit dem, was ausgegrenzt wird? Wie geht man damit um? • Phantasie, Gefühle, Nacht, Triebwelt). • Je nachdem, ob diese Bereiche ausgegrenzt oder aber eingeschlossen werden, werden auch die scheinbar gegensätzlichen Strömungen als Phasen des Prozesses der Aufklärung aufgefasst • Empfindsamkeit, Sturm und Drang, Romantik als BESTANDTEILE DER AUFKLÄRUNG), oder als die entgegengesetzten Strömungen aufgefasst, die zur Aufklärung NICHT GEHÖREN. • Entweder gegensätzliche Strömungen oder ein Prozess der Aufklärung, innerhalb dessen sich die Aufklärung über sich selbst aufklärt. Aufklärung – Wann? • entweder nur 18. Jahrhundert – oder breiter als Prozess, der bis heute andauert. • nicht einheitlich, sondern innerlich gespalten und sich dynamisch entwickelnd • A. Erste Phase: Philosophischer Rationalismus in Europa und Deutschland • von Gott geschaffene Natur • Vernunftnatur • logisch gegründete Ordnung • Mensch kann mit den Mitteln des Verstandes (wissenschaftliche Systematik) erschließen • Methode • Geheimnisse der Natur kann nun der Mensch mithilfe seiner Rationalität durchdringen • (Rene Descartes, Wilhelm Leibniz, schon 17. Jahrhundert) • Aufklärung: Wann? B. Mittlere Phase: Empirismus und Sensualismus in Europa und Deutschland • - Distanz, Skepsis bezüglich der Vernunftkraft. Kopf aber auch Körper, Leib, Psychologie des Sinne, Affekte, Rolle der Erfahrung, Empirie. Empfindungen des Menschen als Komplement (Ergänzung) der Vernunft C. Spätphase: Kritizismus (Kant, Schelling, Hegel), hauptsächlich in Deutschland • Bei Kant: Synthese, Kompromisslösung von A. und B. • Unsere Urteile werden im Zusammenspiel von Verstand und Sinnlichkeit getroffen. Gemeinsam für alle Phasen •Aufklärung: Bewegung, die, gestützt auf den lebendigen Austausch von Argumenten, vor den Augen des lesenden Publikums die Probleme diskutiert I. Kant: Was ist Aufklärung? I. Kant: Was ist Aufklärung? Ziele der Aufklärung: nach Kant •Herstellung der Öffentlichkeit über Verstandestätigkeit, also aufgrund einer vernünftigen Diskussion. •Erziehung, Ausbildung der Leute dazu, nicht nur privat, sondern öffentlich sich seines Verstandes zu bedienen. •- frei zu sein, sich selbst zu bestimmen, mündig zu sein, ohne Vormundschaft von anderen. •Befreiung von Vorurteilen und Abhängigkeiten befreien. •Aufklärung: Projekt, Prozess, das sich selbst stets reflektiert, unabgeschlossen ist. Ziele der Aufklärung • Aufklärung: beherrscht durch eine Ermächtigung der Vernunft. • In der Frühphase des philosophischen Rationalismus ist diese auf die Verstandestätigkeit des Menschen bezogen. • In der sensualistischen mittleren Phase wird er auf den Bereich des Fühlen und Empfindens erweitert. • In der Spätphase (Kritizismus): Instrument, das die Realität im Zusammenspiel der Vernunft und Sinne konstituiert. Ziele der Aufklärung • - als Erziehung des Menschen, als Anleitung zum Gebrauch der Vernunft, als Beitrag zur vernünftigen Lebensführung, als Programm der Befreiung vom Aberglauben und der Unfreiheit. • - Freiheit und Glück schon auf dieser Welt. • Mittel: publizistische Öffentlichkeit, Buch- und Zeitschriftenmarkt, Förderung des Unterrichts. • Literatur soll: erziehen, besser machen, belehren und zugleich gefallen (Ethik, Pädagogik, Ästhetik) Ziele der Aufklärung • Zeitalter des Wissens und der Wissenschaften. • Der Mensch • KANN die Geheimnisse der Schöpfung erschließen. • kann MEHR als nur Hypothesen aufstellen • KANN dem Wahrheitsprivileg der Theologie konkurrieren. • Wieso? • Gott schuf die Natur nach Prinzipien der Vernunft. Darum können wir diese vernünftig geschaffen Natur auch mit Hilfe der Vernunft erschließen und erkennen (empirische Beobachtung, experimentelle Überprüfung der Gesetzmäßigkeiten, vernünftige Auswertung) Ziele der Aufklärung • säkularisierender Aspekt. Blick auf die Natur wird verweltlicht, die kirchliche Autoritäten werden damit versöhnt, später stark hinterfragt, relativiert. • Der Mensch verfügt über je individuelle Möglichkeiten, sein Glück auf dieser Welt zu begründen. Man müsse sich nicht am Jenseits orientieren, man könne schon innerhalb der Grenzen der irdischen Welt zur Vollendung der dem Menschen gegebenen Möglichkeiten finden. • Das neue Weltbild der Naturwissenschaften: etwa Astronomie • - weg von Ptolemaios hin zu Kopernikus • - die Erde als unbewegliche Zentralgestirn in der Mitte, von Schalen mit Planeten und Sternen umringt und von einem unendlichen Raum überwölbt, in dem Gott und die Seligen wohnen. Sterne kann man beobachten und untersuchen, den Raum danach nicht mehr, hier beginnt die Sphäre der spirituellen Größen und des Glaubens, wo nicht gewusst, allenfalls geglaubt werden kann (Ptolemaios, Mittelalter) • Kopernikus (schon 16. Jh.): der Mittelpunkt nahe der Sonne, die Erde ist ein Planet unter vielen anderen. … Wissen muss nicht vor der Grenze Halt machen, da es solche Grenze an sich nicht gibt. Was ich beobachten, messen kann, das kann ich auch erkennen, so unendlich dieser Raum auch ist. Aufklärung: Poetik und Ästhetik • Ältere Traditionen: Nachahmung und rhetorische Auffassung der Literatur • - man schreibt, um mit gewissen rhetorischen Mitteln und unter Einhalten gewisser Regeln die erwünschte Wirkung hervorzurufen. Man knüpft an Vorbilder (Antike) an, ahmt sie nach. Man ahmt die Natur, wie sie von den vorbildhaften A. erfasst (nachgeahmt) wurde. • Aufklärung verabschiedet sich davon, aber nicht gleich, sondern nach und nach. • Johann Christoph Gottsched (aktiv um die Mitte des 18. Jh.). • … Meister der Regeln, darum „Pedant“. • Versuch einer Critischen Dichtkunst (1730) Gottsched als ein typischer Frühaufklärer • 1: die Gesetze der vernünftigen Beweisführung sollen nicht nur für die Gegenstände der Naturwissenschaften (Mathematik) gelten, sondern sie sollen auch auf die Dichtungslehre und ihre Teilbereiche anwendbar sein. Der exakte Zugang soll auch in den „schönen Wissenschaften“ (Poetik) gelten. • 2. Poesie bleibt nicht mehr beschränkt auf belesene Leser (Vorkenntnisse der großen Traditionen), sondern wendet sich an alle. Ungeschulte, unbelesene Leser werden belehrt. • Literatur: didaktische Funktion. Keine Exklusivität mehr. • 3. Man schätzt die Vorbilder (Horaz: Dichtung solle erfreuen uns nutzen (schön sein und lehrreich sein)) • Aber man muss rational begründen können, was als vorbildlich und beispielgebend gelten soll. Vorbilder werden überprüft. Vergessen Sie Gottsched – Bodmer und Breitinger • Schweizer Bodmer und Breitinger (Johann Jacob) – Legitimierung der Dichtung durch Phantasie und Imagination, nicht durch striktes Einhalten der rationalen Regeln • In den Fußstapfen von Gottsched: Kategorien der rationalistischen Regelpoetik • In den Fußstapfen von Bodmer und Breitinger: Emanzipation von der normativen Poetik (gibt Normen an, wie man schreiben soll) auf eine allgemeine Theorie des Schönen hin: Herrschaft von Phantasie, Imagination, poetischem Enthusiasmus, ästhetischer Inventionen. • 1740-41 erscheinen Abhandlung von dem Wunderbaren /Bodmer/ und Critische Dichtkunst /Breitinger/ • 1. Thema die Bedeutung des Erhabenen für die Naturnachahmung • 2. Thema: Prinzipien der Phantasieproduktion. J.J. Bodmer und J.J. Breitinger – Das Wunderbare • Das Wunderbare: John Miltons Epos Paradise Lost: Engel, Teufel. Gegen das Prinzip der poetischen Wahrscheinlichkeit. Bodmer: diese phantastischen Figuren seien zwar empirisch nicht existent, sie wirken allerdings in ihrer poetischen Gestaltung wahrhaftig und poetische glaubwürdig, wichtiger sei, ob solche Figuren und solche phantasievollen Welten die Leser berühren, sie anregen, stimulieren würden. • Lob der Einbildungskraft, Phantasie: nicht die Logik der Vernunft, sondern sinnliche Überzeugungskraft und künstlerische Stimmigkeit entscheiden über die ästhetischen Qualitäten der Texte. Und weil wir Menschen imaginative Wesen sind, die imaginieren, phantasieren können, sind wir imstande/bereit auch poetische Erfindungen für gelungen zu halten, die keinen empirischen Gehalt haben, für die es in unserer Welt keine empirische Referenz gibt. • Verwandlung des Nachahmungskonzepts. Was ist nachzuahmen? • Nicht nur die sichtbare, empirisch evidente Natur, sondern auch die möglichen Welten, fiktionale Welten, phantastische Welten. Welten in meinem Kopf, deren Gesetze einer erweiterten Wahrscheinlichkeitsauffassung folgen. • Der Poet imaginiert, indem er seine vergangenen Erfahrungen bearbeitet, aber auch, indem er sich der jenseits der sichtbaren Welt liegenden Themen annimmt, die Produkt der Imagination nicht empirischer, sondern nur möglicher, nicht realer Welten sind. Gegenstände aus einer imaginären denkmöglichen Welt. Der Poet ahmt das Sichtbare sowie das Unsichtbare nach. Er kombiniert das Sichtbare untereinander, er produziert aber auch schöpferisch aus dem bisher Unsichtbaren neue sichtbare Bilder. Bedeutung der „ästhetischen Illusion“ Bodmer und Breitinger – Das Erhabene • - all das, was unsere Begriffe und Maßstäbe überragt, und in uns Erstaunen, Bewunderung, aber auch Angst, Unlust, Bedrohung, Grauen hervorruft. • mathematisch Erhabenes, also Unendlichkeit, oder Erhabenes in der Natur, Anblick der hohen Berge, Anblick des Ozeans, Sturms, Gewitters, nächtlichen Dunkelheit, Sternenhimmels, aber auch kriegerische Handlungen). • - die erhabene Wirkung solcher Phänomene hat immer mit gemischten Empfindungen zu tun: • Lust und Unlust, Vergnügen und Angst, ohne dass es zur Harmonisierung der gegensätzlichen Affekte kommt Ästhetik bei G. E. Lessing • Als Theoretiker geht er induktiv vor, er untersucht an konkreten Gegenständen und Beispielen, worüber er dann eine Theorie entwickelt. • - so bei den Beiträgen zu Schauspielkunst und Tragödie in Hamburgische Dramaturgie (1767), in Laokoon oder über die Grenzen der Malerei und Poesie (1766). • Lessing entwickelt Originalität nur im Kontakt mit fremden Quellen entwickelt: „Ich würde so arm, so kalt, so kurzsichtig sein, wenn ich nicht einigermaßen gelernt hätte, fremde Schätze bescheiden zu borgen, am fremden Feuer mich zu wärmen, und durch die Gläser der Kunst mein Auge zu stärken.“. Laokoon: setzt sich gegen die alte Hypothese, dass Malerei und Poesie zwar unterschiedliche künstlerische Strategien haben, aber dennoch prinzipiell ähnlich sind: Horaz: „ut pictura poesis“ (Wie die Malerei so die Poesie). Die Poesie erzeugt die Wirkung durch konsekutive (nacheinander, aufeinanderfolgende) Verbindung von Zeichen, durch die Darstellung von Handlungssequenzen in der fortschreitenden Zeit, die Malerei erreicht ihre Wirkung, wenn sie ihre Zeichen innerhalb eines Raums in der stillstehenden Zeit zu koexistierenden Elementen anordnet. Dichtung sollte aus dem Geschehen her motiviert sein, aus der Dynamik hervorgehen, nicht einen statischen und undramatischen Charakter, also dessen, was gezeichnet und festgehalten wird. Kritik der beschreibend vorgehenden Dichtung, die ihre Techniken am Vorbild der Landschaftsmalerei entwickelt und jedes Detail geschildert hat. Kritik der Fehlentwicklung, deren Resultate eine „schilderungssüchtige Poesie“ und „allegorisierende, also unnötig redende Malerei“ seien. Die beiden Künste sollten also nicht fremdgehen, sondern jede sollte auf die ihr eigenen Mittel und Stärken zurückgreifen. Danach markiert er die Grenzen zwischen Malerei und Poesie. Dichtkunst verwendet Worte, Töne, Buchstaben, also willkürliche Zeichen. Nichtsprachlichen Künste (Malerei, Bildhauerkunst, Baukunst, Musik) arbeiten nicht mit willkürlichen, sondern mit natürlichen Zeichen. Verknüpfung der Zeichen: in der poetischen Darstellung geht es um Handlungen, die den Leser fesseln, Malerei fesselt den Rezipienten durch die Intensität sinnlich anschaulicher Momentaufnahmen. . Gattungen der Aufklärung: Lyrik • Vorrang haben in der Frühaufklärung Themen der Naturphilosophie und Naturwissenschaft: man will ästhetisch wirken, aber man will vor allem nützlich sein, Wissen vermitteln, sachlich belehren, popularisieren (nüchterne, nur gemäßigt bildhafte Sprache - kaum Schmuckmetaphorik). Distanz gegenüber den allegorisch-bildhaften Mitteln der Lyrik, die Gelegenheitsdichtung, die stets vom Arsenal der geeigneten Mittel ausgehen, die dann adäquat verwendet (appliziert) werden, um die erwünschte Wirkung zu erzielen. Keine ritualisierte Poesie: „Schreib wenig, aber gut, und schreibe nicht auf Stelzen“. • Oden, knapp-pointierte Epigramme • „Wer wird nicht einen Klopstock loben?/ Doch wird ihn jeder lesen? Nein/ Wir wollen weniger erhoben, und fleißiger gelesen sein.“ , Lessing) • Lehrdichtung, die unterrichten möchte – über Natur und Naturgeschichte, über Bibel, Mythologie, Geschichte, Kosmologie, Astronomie etc. • Oft Lyriker mit einer naturwissenschaftlichen Ausbildung • Albrecht von Haller, der letzte europäische Universalgelehrte (Medizin, Botanik, Physik). Lyrik der Aufklärung • Barthold Heinrich Brockes (1680-1747): Gedichtsammlung Irdisches Vergnügen in Gott (um 1730). • Natur nicht mehr als Schauplatz höherer geistlicher Mächte, sondern Nachahmung der wahrgenommenen Naturerscheinungen. Blick in die Natur hinein (daher das irdische), um sich zu vergewissern, dass die Welt in diesseitigen Grenzen vollkommen und schön und lyrisch darstellbar sein. • Vergnügen in Natur und in Gott: nur wer die irdische Natur richtig sieht, kann auch Gottes teilhaftig werden. Je gründlicher man die Natur durchleuchtet und deren Gesetze erschließt, desto großartiger tritt auch das Werk des Schöpfers als ideal und vollkommen hervor. • Vergnügen (Kontemplation): Abseits von den Extremen (Askese und Extase) • Wiesen, Berge, Sterne, Käfer, Ameisen. Natur ist vollkommen, geeignet den Ruhm Gottes zu vermehren. • Whatever is, is right (Essay on Man, Alexander Pope, 1733). • Albrecht Haller (1708-1777): war Dichter eigentlich nur im Nebenjob, er dichtete nur, wenn er die Wissenschaft nicht betreiben durfte. Der letzte europäische Universalgelehrte, war Prof. für Medizin und Botanik, er gilt als Begründer der modernen Physiologie, er hatte es mit sich nicht einfach, viele Schicksale (Frauen verstorben, Kinder) er war sehr melancholisch, depressiv, opiumsüchtig. Lyrik der Aufklärung • Albrecht Haller (1708-1777): Dichter im Nebenjob, Prof. für Medizin und Botanik, Begründer der modernen Physiologie, aber auch melancholisch, depressiv, opiumsüchtig. • Die Alpen (1729): Lob an die Majestät und Schönheit der Berge und dies verbunden mit botanisch-geologischen Fragen, beobachtet die Alpen als Ästhet und Wissender. • Alpen als Erhabenes dargestellt, in der Mischung aus Lust und Angst. Zeugnis für eine den Menschen überwältigende Natur, gleichzeitig gibt dieser Anblick dem Menschen Ruhe, da sich in dieser Größe die Vollkommenheit Gottes manifestiere: • Schrecken und zugleich Ehrfurcht und Vergnügen. „Denn hier, wo Gotthards Haupt die Wolken übersteigt, und der erhabenen Welt die Sonne näher scheint, hat, was die Erde sonst an Seltenheit gezeuget, die spielende Natur in wenig Lands vereint.“ • Lob des Einfachen, Natürlichen, Ländlichen und die Kritik des Stadtlebens. Die einfachen Leute aus den Bergen: die wahren Schüler der Natur (wirkliche Hüter des wahren, sehr konservativ aufgefassten Lebens): „Hier bleibt das Ehebett rein…, weil Keuschheit und Vernunft darum zu Wache stehen, ihr Vorwitz spähet nicht auf unerlaubte Güter, was man geliebet, bleibt auch beim Besitze schön.“ Anakreontik • Ab den 1750er Jahren: im Gegenzug zur lehrreichen und didaktisch überaus ernsten Lyrik Hallers kommt die Anakreontik (Rokokolyrik). Statt dem naturwissenschaftlich sachlichen Blick auf die Natur, werden Landschaftreize, Wein, Liebe und lustige und fröhliches Zusammensein besungen • Friedrich von Hagedorn, Johann Ludwig Gleim: alte antike Tradition der Anakreontik, übersetzen, adaptieren, nachahmen und neubearbeiten • F. von Hagedorn: Der Wunsch: „Du holder Gott der süßten Lust auf Erden, der schönsten Göttin schöner Sohn, komm lehre mich die Kunst, geliebt zu werden. Die leichte Kunst zu lieben, weiss ich schon. Denn Phylis weiss die Kunst, verliebt zu machen, die leichte Kunst zu lieben weiss sie nicht.“ • Erotik, eine imaginäre Geliebte wird angerufen (oft literarische Namen wie Phylis oder Daphne), Anrufung von Amor, des schönen Sohnes der Venus). • Rollenspiele und Maskierungen: man wird zu Naturelementen, Symbolen, mythologischen Figuren, um der Geliebten nahe zu kommen. Erotik manchmal direkt und deskriptiv (lyrisches Aphrodisiakum) „Ihr alten Buhler, die, wer Mitleid fühlt, beklagt, wenn euch zum Opfer vor Cytheren, die frostige Natur den besten Dienst versagt, auch ihr hört zu, denn ich will dichten, die Schwachen männlich aufzurichten.“ • Brücke zu Empfindsamkeit Empfindsamkeit: Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) Epos Messias, Darstellung der Passion und Auferstehung Christi. Naturwissenschaftliche und metaphysische Gedanken, in überaus optimistischen Tönen: unsere Welt ist die beste aller Welten. Empfindsame Momente, Freundschaft, Idyllen und Schönheiten der Landschaft. Loblieder auf Freundschaften. 1750, Ode Der Zürchersee, Freundschaft zwischen Klopstock und Bodmer: „Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht, auf den Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht, das den großen Gedanken Deiner Schöpfung nach einmal denkt.“ Klopstock wird zu einer Kultfigur der innerlichen Empfindsamkeit (gemacht). Goethes Werther, Werther und Lotte verlieben sich ineinander unter anderem auch, weil sie Klopstock mögen, und in ihm, oder dank ihm, eine gemeinsame Sprache für ihre Liebe finden. Drama der Aufklärung - Gottsched • Gottsched: die zentrale Figur der frühen Aufklärung: „Lauter schwülstige und mit Harlekins Lustbarkeiten untermengte Haupt- und Staatsaktionen, lauter unnatürliche Romanstreiche und Liebesverwirrungen, lauter pöbelhafte Fratzen und Zoten..“ • Geschätzt werden nur Stücke etwa des französischen Klassizismus (Piere Corneille, Le Cid), die ordentlich waren, also auf feste Regeln gegründet, und jedwede Improvisationstechniken und Verwirrungen mieden. Purismus. • Gottscheds Programm: • a. Dramatik muss regelgeleitet werden. • b. Statt des italienischen Einflusses (Improvisierungskunst) sollte man sich am französischen Klassizismus orientieren. Nach diesem Programm: Nationaltheater (Hamburg), Lessings Hamburgische Dramaturgie. • Tragödienkonzepte der Aufklärung: orientiert am Aristoteles, T. soll durch die Darstellung von Peripetien und schwerem Leid, dargestellt an einem der Zuschauer nahestehenden Helden, Jammer und Schauder hervorrufen, aber am Ende soll durch Katharsis (Reinigung) solcher Affekte erzielt werden. • Gottsched, der trotz aller Identifikationswünsche (ein dem Zuschauer nahestehende Held) immer noch an der Ständeklausel besteht, sowie die Einheit von Handlung, Ort und Zeit fordert. Drama der Aufklärung – G. E. Lessing • Innovation: bürgerliches Trauerspiel. Tragödie /Trauerspiel/ wird hier nicht nur für die hohen Schichten, sondern für die Mittelschichten, also Bürger, reklamiert. Gottsched hielt es für für eine mißlungene Mischform hielt, die weder reine Tragödie noch echte Komödie sei. • Warum setzte sich Lessing und nicht Gottsched durch? Formale Sachen /Ständeklausel/ verlieren ab 1750er an Bedeutung, statt dessen psychologisches Interesse an Figuren, Menschen, sowie durch Interesse an Fragen der Individualität jenseits der sozialen Kategorien. Wichtig wird man als Mensch mit individuellen Zügen und mit psychologisch erschließbaren Zügen. • Stoff nicht mehr mythologisch oder geschichtlich, sondern erfunden. • Personal nicht mehr hohen Schichten, sondern Bürger oder niedriger Adel • Sprache, eher sachlich, offen für psychologische Nuancen • Nicht vertikale Kategorien, also Status, sondern horizontale, also innere Größe, sittliche Würde etc. • Figuren als Identifikationsfiguren geeignet: bürgerliche Helden, „Kauffmann, Gelehrte, Adel, jedweder, der Gelegenheit hat, sein Herz zu verbessern, oder seinen Verstand aufzuklären.“ Keine Bewunderung, sondern Identifikation: „Wir bedauern in den unglücklichen Personen oft uns selbst.“ Keine distanzierte Bewunderung sondern Mitleid •Mitleid zugleich als moralische Kategorie. •Die Empathie schließt Uneigennützigkeit und Menschenfreundlichkeit ein, also sittliche Tugenden. •Bürgerliches Trauerspiel hat seine Wirkung auf die Zuschauer, weil die Protagonisten und Zuschauer ähnlich sind, „von gleichem Schrott und Korne“. •Die Zuschauer befürchten, es könnte ihnen ähnlich ergehen wie den Protagonisten, sie entwickeln Mitleid, und dadurch werden sie – als Rezipienten – durch Theater gereinigt, gebessert. •Miss Sara Sampson •Emilia Galotti Lessings Tragödie-Konzept ist analog zu seinem Komödie-konzept ist. Auch Komödie soll besser machen, sie macht es aber nicht durch Furcht und Mitleid, sondern durch LACHEN. Nicht das Auslachen, also eine Aktivität des Dramenverfassers, der etwa die Figuren durchschaut und sich über sie lustig macht, sie verhöhnt, ja über sie spottet, sondern ein Lachen, das bereinigen kann.