HAROLD B. BRIGHAM yOUNG UNW,üRSITY PROVO, ÜTÄH ■. ■ •••» V- ■ . - ' hOVRRR UMD DI]OM Höhepunkt und Verfall der schweizerischen Qrossmacht Im 16. Jahrhundert isj©® Von Dr. phil. E. Qagliardi. -Zürich 1907 Druck und Verlag Qebr. Leemann & Co. k*' '■^*-' t V' ’K-;. ■■■- ■■li-l..»* ■ , ^ i ! ■>■••: •• • ‘ ■/• - ■ / ■ ■ V ■ •, • , ! ' ’r-.• , ' ,• -r-' 7 ' - T' • , V’-.sVV'!-'-' ', ■ •> -f , j -• t i ^ •• •. * ' '■> • 'V .. . • f * ' ' X A '' •77' ii' ■'^’ • ■ > .(.* - r^9 ,■■■:*■*'fij;? • *. i-. - -.i- r • .• V '».J -• y- '* . -'-■*. \\ Y- >•' K -i • • ' t r. .. . ' > • . - 7 .. *i : i- *• fr7.Vv^V.;7V. V^. ii:. ^:7 :• . ■V ■75>’ * - ’.'« > . 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Rüstungen und Aufbruch. 85 II. Die Eroberung der Lombardei. 98 III. Belagerung und Entsatz.119 IV. Die Schlacht. 148 V. Verfolgung und Auflösung.171 Dritter Teil: Der Feldzug von Dijon . ,. 199 1. Der Bauernaufstand.201 11. Der Beschluss.215 III. Der Auszug.227 IV. Die Belagerung.243 V. Der Friedensschluss ..264 VI. Der Bruch des Vertrags.287 VII. Abschluss.303 Resultate: . 321 — 331 Anhang: 1. Exkurs zur Schlacht von Novara .... 335 2. Exkurs zur Friedensverhandlung von Dijon . 340 3. Berichtigungen und Nachträge .342 4. Quellenverzeichnis .. I 5. Register. V' Vorwort Die vorliegende Arbeit fasst die europäische Macht¬ stellung der zwölförtigen Eidgenossenschaft ins Auge. Seit dem Erscheinen von Wilh. Gisis „Anteil der Eidgenossen an der europäischen Politik in den Jahren 1512—1516^‘ (Schaffhausen, 1872) ist diese Periode nicht mehr zum Gegen¬ stand ausführlicher Darstellung gemacht worden. Köhlers „Des Suisses dans les guerres d’Italie‘‘ (Genf 1897) schliesst mit der Geschichte des Pavierzuges, und die •Restitutipn der Sforza zeigt den neuen Einfluss erst im Werden. Eine Geschichte der schweizerischen Grossmacht ist also im Grunde noch nicht geschrieben. Statt des bewiesenen und gesicherten Bildes zirkuliert vielmehr eine z. T. aus abgelei¬ teten und trüben Quellen fliessende unzuverlässige und un¬ vollständige Erzählung. Die Motive der Handelnden und die Vorgänge stehen in dem selben ungewissen Licht, und die bedeutendste politische Erscheinung der Epoche wartet noch auf ihren Biographen. Die vorliegende Arbeit will als Teil und Vorbereitung auf eine solche Geschichte der schweizerischen Grossmachts¬ bestrebungen im beginnenden 16. Jahrhundert aufgefasst werden, und zwar greift sie auf deren zentrale Periode. Als Fortsetzung verlangt das Buch eine neue Darstellung der Kämpfe von Marignano. Chronologisch schliesst es sich an _ 2 — Köhlers Erzählung der Wiederaufrichtung von Mailand. Die Feldzüge von Novara und Dijon aber, die seinen Inhalt bilden, zeigen die Eidgenossenschaft auf dem Höhepunkt ihrer Macht und eröffnen bereits das Sinken. Wer heute, 30 Jahre nach jenem Versuch Gisis, an die Aufgabe herantritt, erhält zunächst einen Reichtum neu erschlossener Quellen zu Gebot, die seine Arbeit auf eine andere Grundlage stellen. Wenn Gisi in erster Linie auf Schilderungen, Chroniken, zeitgenössische und spätere Hi¬ storiker griff, so kann sich der Forscher heute aus der originalen Korrespondenz ein Bild zusammensetzen, das die ganze Unzuverlässigkeit jener abgeleiteten Zeugnisse be¬ leuchtet. Nur wenn die stärkste innere Wahrscheinlichkeit sprach, ist also aus den Chroniken ein sonst nicht erwiesener Zug aufgenommen worden. Ausser den gedruckten Quellen hat sich der Verfasser aber auch nach Kräften bemüht, den reichen Bestand der Archive heranzuziehen, und das Bundesarchiv besonders hat ihm einen ausserordentlichen Reichtum von Kopien zur Verfügung gestellt, die Herr Caspar Wirz für die Eidgenossenschaft im Staatsarchiv Mai¬ land besorgte. Die Illusion der Vollständigkeit freilich wäre töricht. In der Bibliotheque nationale in Paris z. B. hat das Suchen nur ungenügende Resultate ergeben, und ganz ge¬ wiss bleibt hier einem mit den Verhältnissen Vertrauten noch eine Nachlese. Vor allem aber hat der Verfasser sich bemüht, das Rohmaterial auch zu formen. Wenn die Anmerkungen z. T. die Dimension von kleinen Exkursen angenommen haben, so ist nicht eine breitschweifige Gelehrsamkeit daran schuld, sondern der Wille, über der wissenschaftlichen Erwünschtheit nicht die Lesbarkeit und Knappheit der Erzählung zu unterbrechen. Im übrigen nehme man sie als fortlaufende Begründung, Erweiterung und Dokumentierung. Schliesslich hat der Verfasser allen denen zu danken, welche ihn durch ihre Unterstützung förderten, in erster — 3 — Linie also den Beamten der Archive und Bibliotheken von Zürich, Bern, Basel, Solothurn, Freiburg und Luzern. Herrn Bundesarchivar Dr. Kaiser in Bern ist er tief verpflichtet, und in Dijon hat er auf Bibliothek und Archiv liebens¬ würdigste Unterstützung gefunden. Herrn Ed. Bott in Paris verdankt er Auskünfte, ohne die er sich die Erzählung des Dijonerzugs nicht mehr vorstellen kann, und Herr Dr. Herrn. Escher in Zürich hat die Darstellung der italienischen Hälfte mit Rat und Teilnahme begleitet. Die beiden Handzeich¬ nungen des Nikolaus Manuel, die ihrerseits wieder Urkunden darstellen, verdankt er der öffentlichen Kunstsammlung in Basel. Seinen Lehrern, Prof. Dr. G. Meyer von Knonau und Oechsli, endlich sucht er seine Verpflichtung durch die Widmung der Arbeit auszudrücken. 16. Oktober 1906. Ernst Gagliardi. Einleitung. Mit der Eroberung der Lombardei im Sommer 1512 be¬ ginnt für die Schweizergeschichte eine neue Periode: als Soldkontingent war man in den Feldzug gegangen, der Frank¬ reich die transalpine Provinz entriss; der Papst, Venedig und Spanien, der Kaiser, fühlten sich als die entscheidenden Gewalten. Durch einen unverhofft raschen Sieg und die Abwesenheit des päpstlichen und spanischen Heers, durch die Zerfahrenheit der Liga, sind aber die Eidgenossen zu Herren Mailands geworden; ihr Wille, vor dem der andern, hat die Einsetzung des jungen Sforza entschieden. Wenn nun die Verbündung der zwölf Orte die Fragen Europas mitzubestimmen sich anschickt, so wird nach dem europäischen Zusammenhang dieses Eingreifens vor allem zu fragen sein, und da bedeuten die Kämpfe zunächst einen Abschnitt in der Geschichte Italiens: seit jenem abenteuer¬ lich-phantastischen Zug Karls VIII. nach Neapel (1494) war die Unabhängigkeit des Landes bedroht, das den Primat der Bildung eben zu vollenden begann, welcher ihm Einfluss und Teilnahme für alle Zeiten sichert. Im Süden hatte der Spanier sich eingenistet, im Norden Frankreich den Grenz¬ staat erobert; die schweizerischen Stände und Söldner ver¬ einigen sich nun, um mit den nationalen Kräften im Bund jene Barbaren zu vertreiben. Wohl hat ein spanischer Vize¬ könig ihre Bewegungen unterstützt und ist Venedig wieder auf Gegnerseite getreten; allein der Papst erhob die Be¬ freiung zum Feldgeschrei, und die Wiederherstellung des — 6 — sforzischen Mailand schien das Land vor neuen Inter¬ ventionen zu schützen: dass jeder der Protektoren neben dem idealen Programm seine Sonderabsichten hegte, ändert nichts am Zusammenhang der Ereignisse. Doch die Kriege um die Lombardei rücken in einen zweiten Gesichtspunkt; denn mit ihnen hat sich die Ri¬ valität von Habsburg und Frankreich entschieden. Wohl ist der Zeitpunkt noch nicht gekommen, da sich Oesterreich und Spanien zu einem umfassenden Machtsystem vereinigen; aber damals schon sah man den Zusammenschluss drohen und lag der Gegnerschaft Ludwigs XII. gegen Maximilian und Ferdinand jene Besorgnis zu Grunde. Wenn das be¬ ginnende 16. Jahrhundert von einem Knäuel dynastischer Kombinationen erfüllt ist, und die skrupellose Diplomatie mit ihren Allianzen und Ligen den Zauberschlüssel gefunden zu haben glaubt, mit dem sich in der Welt alles erreichen lasse, so prägen sich in dem Gewirr immer deutlicher die grossen Linien aus, in denen die politischen Kämpfe der nächsten Jahrhunderte sich bewegen: zehn Jahre nur nach der eidgenössischen Eroberung bricht jener Wettstreit los, und wieder ist es die Lombardei, auf deren Schlachtfeldern Habsburg und Frankreich sich treffen. Die schweizerischen Mailänderkriege aber bilden das Vorspiel, mit dem das Ringen um die Hegemonie anhebt; so sehr führen sie ins Zentrum der neuern Geschichte. Freilich, diese Zusammenhänge waren noch verhüllt, und den Eidgenossen sind sie kaum zum Bewusstsein ge¬ kommen: wenn den Franzosen an Mailand bereits gelegen war, als dem Keil, der in Italien die Vereinigung seiner Gegner spalte, so haben sie den Sforza vor allem ein¬ gesetzt, um einen schwachen und bequemen Nachbarn zu erhalten. Der Heimfall ans Reich, wie die Besitznahme durch Ludwig gereichte ihnen gleich wenig zum Vorteil; jede Uebertragung an eine grössere Macht hätte ihre Inter¬ essen benachteiligt. — 7 — Allein hier stemmten die Orte sich gegen den Zug der Zeit: in gewaltigen Machtgebilden begannen die umliegenden Länder sich zu konzentrieren; die Nationalstaaten wuchsen ringsum auf und verschlangen, was sich nicht wehren konnte. Der Versuch der Schv\^eizer aber, in Italien die Kleinstaaterei zu behaupten, ging ebenso gegen die Entwicklung, wie die politische Entkräftung des Landes magnetisch fremden Ein¬ mischungen rief: nur die höchsten Anstrengungen und die glänzendste Leistungsfähigkeit konnten diesen Anspruch durchsetzen. Und so erhebt sich schliesslich die Frage nach der Bedeutung der Mailänderkriege für die Schweiz. Nur eine kurze Spanne Zeit sind die Orte handelnd und entscheidend in den Kampf und die Verbündungen der Mächte getreten; nach drei Jahren schon wird auf den internationalen Ein¬ fluss und seine Vorteile verzichtet. Allein diesen Augen¬ blick lang stehen sie im Vordergrund aller Ereignisse. Wie ihr gehasstester Feind ihnen Frieden und Soldbündnis ab¬ zulisten trachtet, wie Papst und Kaiser ihre Unterstützung suchen, wie Mailands ganze Existenz von ihrem Willen ab¬ hängt, das ist eine Stellung, wie sie ein lockerer Staaten¬ bund in der Geschichte nie mehr erlangt hat. Zwölf ver¬ schieden regierte Gemeinwesen mit der losesten Gesamt¬ organisation nehmen sich heraus, die umstrittenste Frage Europas zu entscheiden; ihr Interesse soll massgebend sein für die Gestaltung Italiens — ein überwältigendes Selbst¬ gefühl und die erstaunlichste Entwicklung gleichmässig durchgebildeter Volkskraft sind die Voraussetzung. „Es ist nicht allein den Menschen, sondern auch den Völkern ein höchster Punkt der Macht und des Lebens gesetzt, und niemals sind die Eidgenossen mächtiger geworden, als sie in dieser Stunde waren.“ 0 Allein wenn die Jahre 1512 bis 1516 vollenden, was mit der Vernichtung Karls des Kühnen begonnen hatte. b Ranke, Rom.-Germ. Nationen S. 396, bei Anlass des Badener Vertrags. — 8 — so bringen sie auch Jene Triebe zur Reife, die damals das gesunde Leben des Staates zu bedrängen anfingen: die ge¬ waltigste Periode der Schweizergeschichte ist zugleich die wildeste. Wie die gesellschaftlichen Sitten in Aufwand und Festlichkeiten jedes gewohnte Mass überbieten, zügelloser Genuss und glanzvolles Auftreten die Voraussetzung der Existenz geworden sind, so greift die Ausartung des Kraft¬ gefühls auch über in das. Verhältnis zum Ganzen: die friödlich-regelmässige Arbeit erhält ihre Missachtung; die Kriegs¬ fahrt mit ihren Gefahren, die Nahrung, die s i e dem männ¬ lichen Mut und Abenteuersinn gewährt, Sold und Reute, erfüllen die Vorstellung der Jugend. Dass das Land wirtschaftlich dabei nicht vorwärts¬ kam, war vielleicht die ferner liegende Gefahr; denn der Reislauf und die fremden Pensionen eröffneten Geldquellen, welche die Vergangenheit nicht kannte. Die üppige Ver¬ jüngung des Geschlechtes füllte die Lücken, die der be¬ ständige Abfluss und die Verheerung der auswärtigen Feld¬ züge riss; allein die Ungebundenheit und der Trotz be¬ gannen das Gemeinwesen zu gefährden. Einschränkung und Verbot der Obrigkeit fruchteten nichts; die militärische Kraft des eigenen Landes erschien durch die Auswanderung vermindert. Im Beginne des Jahrhunderts hatte die Tag¬ satzung sich in einem entscheidenden Moment, beim Angriff auf Lodovico Moro, durch die Reisläuferei lahm gesetzt ge¬ funden, und der heimgekehrte Soldknecht verwirrte mit seinem Anspruch auf Zügellosigkeit und Genuss auch die zu Hause Gebliebenen: das Wirtshausleben, Spiel, Ueppigkeit und alle Laster reissen ein; alle Gewohnheiten stehen auf dem Punkt, zu verwildern. Aber in der Verwilderung äussert sich eine Lebenskraft ohne gleichen: der Werber und Pensionenempfänger, wie der einzelne Knecht, der Söldnerhauptmann und der Agent überlassen sich ihren Trieben. Wenn das Gemeinwohl und der sittliche Instinkt von der Selbstsucht jeden Augenblick — 9 — missachtet werden, wenn Parteikampf, Bestechlichkeit und Tumult das Staatswesen regieren, so erzeugen die Auf¬ regungen eine Abwechslung des Geschehens und grossartige Gesamtunternehmungen, wie in keiner anderen Periode unserer Geschichte. Auch die bedenklichen Erscheinungen stehen in einem grossen Zusammenhang; denn die Verrohung der Sitten ist nicht vereinzelt. Wie Genuss und Leidenschaft das Er¬ wachen der Nationen sonst begleiten, so erhält dieses Ueberwuchern der Eigensucht seine Begründung in allgemeinen Verhältnissen. Die selbe Fülle individueller Kraft, welche die Renaissance in allen Ländern bezeichnet, bringt das be¬ ginnende 16. Jahrhundert für die Schweiz; der selbe mäch¬ tige Zug, der in Italien, Deutschland, Frankreich dem Wollen und Können seinen Stempel aufprägt, der selbe Trieb zum Gigantischen und nie Erhörten gibt auch den Entschliessungen der Eidgenossen seine Farbe. Nie erscheinen die Pro¬ bleme grösser und die Gestalten lebensvoller; ein Volksstaat versucht sich mit den Grossmächten zu messen, und da^ trotzige Selbstbewusstsein jedes Einzelnen schlägt über in die Undisziplin, das Prahlen und das Verhöhnen der Obern, Wenn in jenen Kulturländern diese Strömung schöpferisch geworden ist und grosse Werke des Geistes hervorbringt, so äussert sich die Erhöhung des Lebensgefühls für die Schweiz vorwiegend politisch und militärisch: die Expansionslust, die kriegerische Energie, die Erweiterung der Einflussphäre sind die positiven Versuche, die der grosse Völkerfrühling für das bunt zusammengesetzte Staatswesen am Fuss der Alpen bringt; aber auch jene Auflösung des Herkommens und die Zerrüttung des Gehorsams gehört in den Zusammenhang, in dem alle Länder Mitteleuropas ihre Verjüngung erfahren: das Missachten von Autorität und Gewohnheit erst machte solche Kraftäusserungen inöglich. Die Reformation hat diese Schosse beschnitten und -den verwilderten Menschen wieder gezügelt: sie erscheint 10 als die Reaktion des sittlichen Instinkts gegen den schranken¬ losen Naturalismus — kein Zufall, dass, Zwingli der heftigste Gegner der Reisläuferei ward. Wenn sie es auch nur auf Kosten der geistigen Freiheit zu tun vermochte, so kann das gegen die Einsicht nicht verblenden, dass ein solcher Rückschlag nötig war, wenn nicht alles aus den Fugen gehen sollte. Aber der historischen Betrachtung gewährt jene Periode rücksichtsloser Aeusserung des eigenen Wesens ein unver¬ gleichliches Schauspiel: wie in grossen Lebenskrisen alle Fähigkeiten des Menschen mobil werden und alle Charakter¬ eigenschaften heraustreten, so enthüllt der Kampf um das mailändische Protektorat die Kräfte und Schäden des eid¬ genössischen Organismus. Damals zuerst trat das Bedürf¬ nis eines straffem Zusammenhangs und einer fortwährenden einheitlichen Leitung vor die Verbündung; damals erprobte die Frische und Leistungsfähigkeit ihrer Institutionen sich im Wettstreit mit dem monarchisch zentralisierten Europa. Was Gefahr und Verteidigung in ihr entwickelt hatten, . erhielt im Angriff und in Behauptung des Errungenen neue Bedeutung; die einigenden Kräfte laufen hier zusammen, die kurz darauf der Glaubensstreit wieder auseinander treibt. Doch ist es das wissenschaftliche Interesse nicht allein, das diesen Jahren eine erhöhte Teilnahme zuwendet. Sie bilden in gewissem Sinn das Zentrum der Schweizer¬ geschichte, und als Gipfel der Entwicklung wecken sie auch den künstlerischen Anteil. Die Fülle der Ereignisse und die Mannigfaltigkeit der Spieler, die Abwechslung des Schau¬ platzes und das Hereintreten fremder Mächte packen auch den, welcher für geschichtliche Probleme wenig übrig hat. Die wilde Lebendigkeit und rücksichtslose Gier tritt in einen frappanten Kontrast mit der Bigotterie, die feilste Korrup¬ tion verbindet sich mit gelegentlicher Biederkeit. Und wie gewaltig weitet das Bild sich aus: alle Staaten erscheinen werbend und zahlend, Papst und Kaiser bemühen sich um. — 11 — die Gunst, und die ersten Feldherrn der Zeit werden ge¬ schlagen. Freilich, die epische Grösse und der psychologische Reiz treten nur bei umfassender Quellenkenntnis hervor. Dass aus den Memoiren und Giovio eine effektvolle Erzählung zusammengestoppelt wird, kann auch künstlerisch nicht be¬ friedigen; denn nur das Originale gibt das wahre Leben, und keine Erfindung kann die ungezählten feinen Züge er¬ reichen, welche die Wirklichkeit hervorbringt. Aber hier steht unsere Kenntnis allerdings erst in den Anfängen. Das vorliegende Buch schildert die Dinge, die der Ein¬ setzung des Massimiliano Sforza folgen: zwei Feldzüge und was damit zusammenhängt; allein dieses Bild des Jahres 1513 gibt alles Charakteristische der Periode; kein Zeit¬ abschnitt ist von den schneidenden Gegensätzen so erfüll^ welche die höchste Kraftentfaltung der Eidgenossen be¬ zeichnen. Der Tatsachenzusammenhang aber, in den die Einzel¬ untersuchung sich eingliedert, ist der folgende. Im Sommer 1512 hatte der Pavierzug dem eid¬ genössischen Heer eine fast mühelose Eroberung der Lombardei gebracht; in wenigen Wochen waren die Fran¬ zosen vertrieben. Die Romagna kehrte unter die Herr¬ schaft des Papstes zurück, und Genua wählte seinen Dogen; Ende Juni schon war militärisch alles entschieden. Allein mit dem Sturz des französischen Regiments war noch keine Neuordnung erreicht, und von allen Seiten er¬ hob die Liga ihre Ansprüche: die Venezianer, deren Armee einzig die Besitznahme durch die Schweizer begleitet hatte, verlangten die Restitution ihres seit der Liga von Cambray bedrohten und zerstückelten Staats; der Papst, zu dessen Rettung die kriegerisch-devoten Scharen ausgerückt waren, riss Parma und Piacenza los, und der spanische Vizekönig schien zu jedem Handstreich bereit, wenn die günstige Ge-- — 12 — legenheit ein Wagnis erlaube. Der Kaiser vollends machte Miene, die Oberherrlichkeit des Reiches für eigene dy¬ nastische Ansprüche auszunützen. • Allein der schnelle Sieg hatte die Eidgenossen zu Herren der Lage gemacht; das päpstliche und spanische Heer waren noch fern, als die Dinge sich entschieden. Wenn sie als Söldnerkontingent ausgezogen waren, so er¬ kannten sie sich unverhofft als die massgebende Macht, und augenblicklich ward der Vorteil ergriffen. Am 16. Juni schon hatte die Tagsatzung verlangt, dass die eroberten Städte neben dem Papst, Venedig und Spanien auch ihnen huldigten, und die Truppen erhielten Befehl, in Mailand zu bleiben, um das Festsetzen der Liga zu verhindern. Die Wegnahme Domo d’Ossolas, Mendrisios und Balernas, der Städte Lugano und Locarno, die Eroberung des Veltlins und Chiavennas durch die Bündner zeigte, wie man ent¬ schlossen war, die territoriale Abrundung in diesem einzig günstigen Augenblicke zu erreichen. Aber die Ereignisse trugen noch viel weiter; denn die Bestimmung über die Lombardei hing bei dem Widerspruch der Interessen zum grossen Teil von ihrem Willen ab. Eine Vereinigung des Kaisers mit Spanien und die Abfindung Venedigs hätten dem Erzherzog Karl von Oesterreich das erledigte Fürstentum gebracht,0 und Julius II. wäre für sich allein nicht im Stande gewesen, einen ernsthaft durch¬ geführten Versuch zu vereiteln. Doch die Eidgenossen waren nicht gewillt, die Festsetzung einer neuen Gross¬ macht in Oberitalien zu dulden. Wenn Maximilian sogar standhaft auf dem Plan beharrt hätte, so wäre dieser an ihrem Widerspruch gescheitert. Die Konferenzen zu Baden und Mantua, die seit dem 11. und 12. August über die Gestaltung Mailands entschieden, fanden in einer RestiP Venedig wollte aber davon nichts wissen (Köhler, Siiisses dans les guerres d’Italie, S. 457). Noch auf der Badenerkonferen/. taucht der Plan auf (ib. f. 474). — 13 — tution der Sforza den vermittelnden Beschluss, bei dem alle Beteiligten ihre Rechnung zu finden glaubten. Der Vertrag aber, den die Tagsatzung am 29. September und 3. Oktober zu Baden mit den Mailändern schloss, wahrte die eidgenössischen Interessen, wie es keine andere der resti¬ tuierenden Mächte für sich fertig brachte: für die Er¬ oberung des Herzogtums ward eine in jährlichen Raten zu 25,000 Dukaten zahlbare Entschädigung von 150,000 Du¬ katen stipuliert; vom 1. Januar 1514 ab waren 40,000 Du¬ katen als jährliche Pension zu entrichten; Zollfreiheit bis zum Graben von Mailand und ein Monatssold von 5y2 Gulden an die Söldner, die zur Verteidigung berufen würden,^ er¬ scheinen ausserdem zugesichert. Lugano, Locarno und Domo d’Ossola bleiben im Besitz der Orte; dafür übernehmen diese die Garantie des Zustandes. Es ist ein diplomatisches Meisterstück, das mit dieser Kapitulation seinen Abschluss findet; nie erscheint die Folge¬ richtigkeit des Handelns und die Unabhängigkeit im Ver¬ folgen des Zieles erstaunlicher. Alle Mächte bewarben sich um ihre Stimme; kaiserliche, spanische, päpstliche, venetianische, mailändische, savoyische und lothringische Ge¬ sandtschaften waren erschienen; von allen Seiten versuchte man auf sie einzuwirken und sie zu gewinnen; aber der Widerspruch der Forderungen, Erklärungen und Drohungen bewies, dass ein fester Wille hier seine Absicht erreichen könne. Wenn die andern zwischen mehreren Möglichkeiten schwanken, gehen sie einzig auf die Errichtung eines tri¬ butären Vasallenstaates aus, von dem man sich den terri¬ torialen, finanziellen und merkantilen Gewinn von allem Anfang an sichert. Während der Kaiser nun an Venedig sich schadlos zu halten suchte und als Bedingung seines Eintritts in die Liga die Abtretung Vicenzas und Veronas verlangte, wäh- 0 Der durchschnittliche Sold betrug 4 bis 4^2 Gl. — 14 rend Julius II. schwach genug war, diese Ansprüche zu den seinigen zu erheben, und den bisher wertvollsten Bundes¬ genossen durch sein Drohen ins Lager des Feindes trieb, während der Vizekönig Brescia, und Kardinal Schinner Cremona der Republik wegschnappten, hatte der junge Sforza in Innsbruck, in Trient, Verona, Mantua demütig und un¬ selbständig den Augenblick seiner Einsetzung erwartet. In Cremona gebot ihm Matthäus -Lang von neuem Halt, und in der zweiten Hälfte des Dezember erst, auf ungeduldiges Andringen der eidgenössischen Deputation, geschahen die Vorbereitungen zum Einzug. Wieder sind es nun die Schweizer, die sich der Situation bemächtigten: wenn der Vertreter des Kaisers mit dem Anspruch erschienen war, den aus, kaiserlicher Gnade 'zugelassenen Reichsfürsten seinerseits in das Erbe einzuführen, wenn der Vizekönig von Neapel ihn unterstützte und Sforza Miene zum Nachgeben machte, so drohte die eidgenössische Botschaft mit sofortiger Rückkehr, dem Zerreissen des Badener Vertrags und der Wiederanknüpfung mit Frank¬ reich. Am Einzugstag, vor der Porta ticinese, bei der Schlüsselübergabe brach der Konflikt los, und im Augen¬ blick hatte sich ihre Ueberlegenheit entschieden: der Am¬ mann Schwarzmurer hielt die lateinische Anrede, und Bür¬ germeister Schmid von Zürich überreichte die Symbole der Gewalt; Matthäus Lang und der Vizekönig aber konnten Zusehen. Die ganze Staatsaktion war also zum Vorteil der Eid¬ genossen durchgeführt; aber die neue Stellung brachte Ver¬ pflichtungen. Wie die Einsetzung Sforzas schwieriger ge¬ wesen war, als die Vertreibung der Franzosen, so wurde die Behauptung der Grossmacht nun mühevoller, als ihr Er¬ ringen. Ludwig XH. machte bereits einen diplomatischen Versuch, sein verlorenes Gebiet wieder zu gewinnen: im Januar 1513 erschien eine französische Gesandtschaft in der Schweiz, um nach Heberlieferung der Schlösser von — 15 — Lugano und Locarno, eine Verhandlung zu versuchen; kein Zweifel, dass schwere Kämpfe das übernommene Protektorat besiegelten. Hier setzt nun die folgende Darstellung ein. Ihr Gegen¬ stand ist die erste Hälfte dieser Periode, die in der ewigen Eichtung mit Frankreich, vom 29. November 1516, ihren Abschluss findet; die Untersuchung selber beschränkt. sich auf die Vorgänge von 1513. Allein dies begrenzte Bild weckt dennoch das höchste Interesse; es handelt sich um den Gipfel der Macht, von dem man sagen kann, dass er nur einen Augenblick lang zu behaupten war. Wenn im Frühling noch die heftigste Opposition gegen die Grossmachtsaufgaben sich stemmt, so reissen die Ereignisse wie ein Strom auch die Unwilligen mit, und die ganze erste Hälfte des Jahres sind Entschluss¬ fähigkeit und Einheit unaufhörlich im Steigen. Die glänzendste Waffentat krönt dann die Ueberwindung innerer Verwirrung. Allein nicht nur den Höhepunkt schliesst dieser kurze Abschnitt ein; denn in voller Deutlichkeit zeigt sich schon das Verfallen: im Juli bereits bricht der Volksunwillen in einem Sturmwetter los und enthüllt den Korruptions¬ skandal bis in die leitenden Kreise. Der Dijonerzug deckt auch die militärischen Schäden auf, und in ganzer Schärfe regieren die tumultuösen Elemente: die Dauer- und Garantielosigkeit der internationalen Stellung eröffnet sich so gut, wie die Motive des schnellen Sinkens. Wie es nun für die Geschichtschreibung der vorher¬ gehenden Jahre die Hauptaufgabe bildet, das Werden und die Vorbereitung dieser Macht aus dem Detail herauszu¬ arbeiten, so hat die Erzählung der folgenden Zeit die Hemm¬ nisse zu zeigen, die der Behauptung des Erkämpften sich gegenüberstellten. Warum vor der Niederlage von Marignano schon auf alle Vorteile des Protektorats verzichtet ward, während das nationalgeeinigte Frankreich in seinem —• 16 — Kampf um Italien die schwersten Schläge übersteht, kann nur eine Betrachtung lehren, welche .die innere Parteiung der Schweiz und die Schäden ihres staatlichen Lebens ins Auge fasst. Aus diesem Gesichtspunkt wird hier erzählt, wie die von der Tagsatzung abgewiesene Friedensaktion des französischen Königs im Lande aufgenommen ward, und welches Echo die Verhandlung bei der Bevölkerung fand; die Abrechnung der Aussichten des Kampfes wird dann als Resultat die Schilderung dieser Uebergangszeit schliessen: die Katastrophe selber aber liegt schon ausser¬ halb der Betrachtung. Erster Jeil. Mailand und seine Verteidig Erstes Kapitel. Die Friedensverhandlung. Am 29. Dezember 1512 hatte Maximilian Sforza, von Innsbruck kommend, seinen feierlichen Einzug in Mailand gehalten; in den Januartagen noch ward die Regierung bestellt, und reisten die eidgenössischen Boten, der Bischof Matthäus Lang von Gurk, der Vertreter des Kaisers, wieder ab: der Protektionsstaat der Mächte schien errichtet und der Kampf um die Lombardei vorläufig geschlossen. Dass aber Ludwig XII. auf ein Gebiet verzichten würde, das ihm nach Erbrecht gebührte und das er zwölf Jahre schon besessen, nach einem Feldzuge überdies, der keine Schlacht gebracht hatte, nahm man gewiss nur in der Schweiz an. Wenn im Januar 1513 sein Feldherr La Tremoille zur Unterhandlung bei den Eidgenossen erschien, so bedeutete diese mit Argumentation und Bestechung geführte Frie¬ densaktion keinen Augenblick etwas anderes, als den Ver¬ such, diplomatisch zu gewinnen, was man militärisch ver¬ loren. Die Uebergabe von Lugano und Locarno an die Orte v/ar die Konzession, mit der man das übrige Mailand wieder zu erlangen hoffte. Die Tagsatzung antwortete mit der festen Forderung des Verzichts: durch alle Ausweichungen des Gesandten und die steigenden Geldangebote nicht beirrt, verharrte sie 9 Dieses Kapitel scliliesst sich an Köhlers „Les Suisses daiis les guerres d’Italie“, 1506—12, an: die offizielle Aktion ist dort schon ge¬ schildert und wird hier nur gestreift. 20 ohne sichtbares Schwanken auf dem ersten Wort, mit dem die Junge Selbständigkeit ihrer Auslandspolitik stand oder fiel. Am 1. April ward La Tremoille und seinen Begleitern als endgültige Bedingung einer Allianz wie früher genannt: die Räumung der Schlösser Mailand und Cremona und die formelle Aufgabe der Ansprüche, worauf La Tremoille zum König ritt, um scheinbar den Vorschlag zu unterbreiten.^ Doch die Boten lebten in einer vollständigen Illusion, wenn sie den Unterhändler ziehen Hessen, „in guter hoffnung, die Artickel werden angnommen“,D und niemals konnte Ludwig gewillt sein, ein Interesse seines Staats ohne den ernstr liebsten Kampf preiszugeben: mit der Konzession von Asti, das ihm die Tagsatzung nachträglich allenfalls überlassen wollte,^) durfte er sich nicht begnügen. Begreiflich, dass die monatelange, absichtlich ver¬ schleppte Aktion mit fast ängstlicher Spannung von allen Höfen verfolgt ward: die Existenz des neuen Herzogtums, an dem Papst, Kaiser und Spanien gleich interessiert waren, hing am Ausgang der Verhandlungen.^ Margarethe von Oesterreich ward von ihren Korrespondenten fortwährend Der Brief des Mercurin de Gattinare, Dole, 7. April, gibt ein Bild vom Schluss der Unterhandlung: La Tremouille verlangt gereizt eine end¬ gültige Antwort; auf die Frage, ob er Vollmachten zur Eäumung der Schlösser habe, antwortet er: „Nein“. Darauf sagt man ihm: „puisqu’il n’avoit ledit povoir, il se pouvoit ouser (sc. mettre ses bottes), quant luy plaisroit et s’en retourner .... et quant ledit Sr. de la Trimouille vit les choses si mal aprestees, doubtant que laissant les choses en rompture, il n’eust quelque empeschement ä son retour, il se conseilla et advisa ä eulx, disant tout plein des belles parolles et qu’il ne falloit pas mettre si bonne chose en rompture .... qu’il prendroit la peine de s’en aller ä diligence devers ledit Sr. Roy et luy fere les remonstrances necessaires qu’il esperoit le fere condescendre ä ce qu’ils desiroient“ etc. (L. L. XII. S. 98.) *) E. A. 491 i; Luzern, 1. April. «) ib. *) Jean le Veau, Mailand, 24. Jan.: „le tout consiste, si les Suysses veullent tenir bon ou non“ etc. (L. L. XII. S. 23). 21 unterrichtet;^) der venezianische Bote bei den Eidgenossen, J. P. Stella, meldet der Signorie jedes Auf und Ab, das ihm bekannt geworden: angebliche Konzessionen der Stände, Bestechungen der Franzosen u. s. w. ;^) der Papst prote¬ stierte schon im Januar gegen die blosse Zulassung fran¬ zösischer Gesandter ;3) in Rom, Mailand und Venedig schwirrte das Gerücht, der Pakt sei bereits geschlossen,^) und die kaiserliche Botschaft, die im März 6000 Söldner von den Eidgenossen begehrte, agitierte nach Kräften gegen die drohende Uebereinkunft,G während die gleichzeitig an¬ wesenden mailändischen Gesandten wenigstens die Räumung der Schlösser von Mailand und Cremona, die Nennung ihres Herrn im Friedenstraktat zu erreichen suchten.®) 0 L. L. XIL S. 23, 46, 50, 52, 59, 82, 90, 93, 94, 98. — Leiters and papers S. 471, No. 3651. •) San. XV. Col. 461, 493, 528, 546. XVI. Col. 6, 48, 57, 116, 175, 219. ®) Breve vom 11. Jan. 1513; im St. a. Zürich (Papst), Solothurn (Denkw. Sachen. XXIX. f. 13), Aushelm, S. 390; im B. A. (Kopie aus Mailand) abgedruckt in: „Bullen und Breven aus Italien. Archiven“, ed. C. Wirz, S. 287. — E. A. 479, vom 27. Januar. — Auch Peter Falk meldet an Freiburg, wie übel zufrieden man in Kom mit der Zulassung sei (K. bibl. Freiburg, Coli. Gir. VIII, f. 99, 102). — L. L. XII. S. 50. *) San. XV. Col. 518, 520 (26. Jan.), 524. — XVI. Col. 6, Luzern, 12.—18. Febr.: der venezianische Bote „tien, il re di Franza averä sguizari omnino.“ ®) E. A. 486 b (Zürich, 7. März. — Gesandte: Chr. Schenk zu Lim¬ burg, Ulrich von Habsperg, Johann Storch); 491 d (Luzern, 1. April: Ausser den zwei letztgenannten Hans von Landau); 492 q (Zürich, 4. April). Weiteres über die Gesandtschaft S. 66. 0 E. A. 477 (Luzern, 17. Jan. — Gesandte: Joh. Maria Sforza, Erzbischof von Genua, des Herzogs Vetter, und Joh. Franz Stampa); 482g, 0 (Luzern, 11. Febr.); 484s; 488a, i. — Die Botschaft hatte den Auftrag, nach dem Beispiel der übrigen Orte auch Luzern zur Besiegelung der Capitel zu bewegen und suchte um die Vermittlung der Tagsatzung nach. — Dieselbe Absicht, die Eidgenossen möchten „der frantzosen sub¬ tilen list .... practic und verhaissen nit ansehen“ etc., verfolgen die Schreiben des Herzogs an Luzern, vom 22. März (St. a. Luzern, Kopie, aus dem Stadtarchiv), an Solothurn (St. a. Solothurn, Denkw. S. XXIX f. 71), an Freiburg (K. bibl. Freiburg. Coli. Girard VHI, f. 53). 22 Und die ängstliche Spannung hatte ihren Grund: so fest und einmütig die Antwort der' Tagsatzung lautete, so verfehlten doch La Tremoilles sich steigernde Geld¬ angebote ihre Wirkung nicht. Unter den' Orten gab es wohl Schwankungen und eine nachgiebige Gruppe: Bern wollte im Februar mit sich handeln lassen: „Sover aber die wortt, dehein ansprach mer an dz herzogthum zu haben, irrung weltten bringen, mog ir darum mitt andern milttrung und bessrung thun, wie üch dann gutt wirdt beduncken“;^) im März will es den Frieden nicht an der Forderung der Schlösser zerschlagen lassen: „Denne das sich der Küng des hertzogthumbs meylands und siner ansprach und gerechtikeyt entziechen solle, mögen min herren wohl erlidenn; ob aber sollichs nitt möchte ervolget werden, haben min herren irem botten gewalt gebenn, denselben artickel zemittlen unnd zu bessern, wie söllichs mag erfunden werdenn/‘ 0 Freiburg will einen ehrlichen Frieden und kann die Räumung der Schlösser nachlassen; Solothurn und Lu¬ zern desgleichen, und noch im April, als La Tremoille be¬ reits mit den endgültigen Forderungen verritt, bleiben Lu¬ zern und Obwalden auf diesem Standpunkt.^ Als die eigent¬ lichen Stützen der mailändischen Politik der Orte erscheinen in den Hin- und Herverhandlungen erkennbar bloss Zürich, St. a. Bern, Ratsmanual 158, fol. 8; 21. Febr. ®) St. a. Bern, Ratsmanual 158, fol. 31; 7. März. E. A. 488 (Luzern, 15. März): Antworten der 12 Orte. — Eine verlegene Unentschlossenheit zeigt auch die Volksanfrage über den Friedensschluss (Deutsch. Miss, buch f. 114v, 21. März). Die Antworten bestimmten dann den Rat, auf der Räumung der Schlösser und dem Verbot des Knechteaufwiegelns zu be¬ stehen (Ratsmanual 158, f. 64; 29. März). ®) E. A. 491 (Luzern, 1. April: Antworten der 12 Orte). — Im Ganzen ähnlich die z. T. ausführlich motivierten Antworten in den Tschudischen Originalabschieden (St. a. Zürich), vom 18. April: Auch Obwalden verlangt nun die Räumung, dagegen will jetzt Solothurn darauf verzichten, da der Gewinn doch nur den Spaniern zufalle. — Mit ihnen identisch die un¬ datierten Antworten im St. a. Zürich, A 176, 1. — 23 — Uri, Schwyz, Glarus, Basel und Schaffhausen; bei den übrigen mochten Friedensbedürfnis und geschickte Geldmanöver eine Sinnesänderung vielleicht doch bewirken. Ohnehin zögerte ja Luzern die Besieglung der Mailänderkapitel heraus, ver¬ langte zeitliche Beschränkung der Allianz und konnte nur durch wiederholte Bitte zum Anschluss gebracht werden.^ Denn als das klingende Argument, mit dem man das Unwahrscheinlichste schliesslich ausrichten zu können glaubt, wird überall mit einer cynischen Selbstverständlich¬ keit das Geld genannt: „Was die Schweizer angeht,“ hiess es in Blois, „so hat man beständig die Hoffnung, dass das E. A. 482 g, 484 q, 491 g, 492 i. Um diese Widerstände zu be¬ siegen, verlangte der mailändische Agent Theobald Schillig vom Herzog Bestechungsgelder (29. Jan. B. A. Kopien aus Mailand). Am 20. April meldete Aug. Paravisino diesem die nun auch von Luzern vollzogene Be, Siegelung (ib.). — In Luzern allein erreichte auch Trivulzio sein Ziel, als Bürger aufgenommen zu werden: er hatte das Gesuch schon auf zwei Tagen in Stans, am 18. Febr. und 1. März an die vier Orte Bern (Ratsmanual 158, f. 8, 21. Febr.), Luzern, Unterwalden und Uri gestellt (E. A. 483, 485)) und die Antwort erhalten, er möge erst Frankreich aufgeben. Darauf versuchte er es bei Uri allein, ohne Erfolg, und erreichte schliesslich sein Ziel in Luzern; „Postea accessi ad Dominos Lucerie, .... et cum eis videretur honestum, quod ego recuperassem bona mea, et quod propterea non relinquerem Franciam, hoc non obstante me libere in eorum burgensem, absque dicto capitulo acceptarunt“ (Brief Trivulzios an Uri, Dijon, 6. Okt. 1513; Georg Stampa an Alvisio Barbante, Altdorf, 27. Febr. und 3. März, im B. A.). Luzern und Bern versprachen ausserdem weitere Verwendung bei Uri und Unterwalden. Das Konzept des Bürgerrechtsbriefs, im St. a. Luzern, abgedr. bei: Liebenau, I Trivulzio e la loro cittadinanza lucernese (Bollet. stör, della Svizzera ital. III. S. 288): „und hiewiderum von wegen des vorgeschribnen burgrechtens und von der annemung sol der obgedacht durchluchtig Her Marchio und sine erben .... fürhin jettlich jars besonders .... uss sunderer neigung und liebe zu unser gemeinen statt untz 100 Sunnenkronen in gold uff den ersten tag Mertzen alle järlich ze geben schuldig sin“ etc. Siehe ferner den Brief des Stampa an Luzern, vom 1. März, und des Herzogs von Mailand, vom 13. Februar (bei Rosmini, Trivulzio H. S. 306). Volk, wenn der Vertrag mit den Behörden selbst scheitert, aus Habsucht und Unzufriedenheit sich doch herbeilässt, Gelder vom König zu nehmen und ihm zu dienen gegen wen er will.“U Kaum zwei Wochen nach seiner Ankunft will La Tremoille 5000, bis Anfang Februar schon 15,000 Du¬ katen an einflussreiche Personen verteilt haben ;2) das durch Simon von Corboson, der ihm das Geleit erwirkt hatte, ge¬ gebene, und im Februar von ihm selbst erneuerte Wort, keine Söldner anzuwerben,^) verhinderte die „Praktiken“ gerade so wenig, wie die ängstlichen Vorsichtsmassregeln der Tag¬ satzung, wie die peinliche Absperrung, der sich die Ge¬ sandtschaft ausgesetzt sah: die fünf Mitglieder und Trivulzio, der angeblich in privater Angelegenheit erschienen war, waren sorgfältig jeder isoliert und in besonderm Haus untergebracht werden 0^ das französische Geld drang doch durch unzählige Kanäle, durch die begierige Vermittlung von Dutzenden von Agenten, Werbern und ehemaligen und künftigen Hauptleuten des Königs in die Menge. Man 0 San. XVL Col. 136, Bericht des Florentin, Gesandten in Blois, vom 20. März. Aehnlich in L. L. XII. S. 82; Leiters and papers, S. 490, No. 3752 : .... „and in a letter to the French King, which arrived at Bloix on Thursday 10. Feb., he (La Trem.) stated, that he hoped to get the Swiss to serve against the English and Spaniards, but some cantons will not fight against the Duke of Milan . . . “. *) San. XV. Col. 528, 21. Jan.; 546, 4. Febr. *) E. A. 482 s. Aushelm S. 407. *) Brief des Mercurin de Gattinare, vom 28. Febr.: .... „et m’a bien confesse ledit Montdragon (der Kommandant des Schlosses Lugano, der von Luzern gekommen war), estre vray que le Sr. de la Trimouille est logie ä ung bout de la ville et le Sr. Jehan Jacques ä l’autre, et qu’ils ne peustent aller ny converser ny parier les ungs avec les autres . ... et sont les six principaulx de l’ambassade en six maisons separees l’ung de l’autre, et comme les ungs ne osent parier avec les autres, et vous asseure qui vouldroient bien estre dehors de leurs mains.“ (L. L. XIL S. 52; ähnlich S. 46.) — 25 — ^drängte sich an die Botschaft förmlich heran/) man lad sie ein, und wenn die Gesandten selbst in der Absicht ge¬ kommen wären, ihr Geleit und Versprechen zu halten, so hätte die Situation, so hätten die an sie gestellten Begehren, und nicht zuletzt das Misstrauen und die Furcht, welche die Obrigkeit bewies, zum Wortbruch verführen müssen. Und nicht bloss Werber von Beruf, Leute ohne Stellung und ohne Verpflichtung gegen ein Amt und einen Namen bewarben sich um Gunst und Geld der Franzosen: die ersten Männer der Eidgenossenschaft machten sich offen oder heim¬ lich heran. Amimann Schwarzmurer von Zug, der eben erst in Mailand die Stände bei Sforzas Einsetzung mit Würde vertreten, war mindestens ein Mitwisser/) Schultheiss Fehr P „Bendict Hagg (einer der Hauptagenten, später in Stein gefangen und hingerichtet) bekennt sich frig willens, das er zu ambrosin von Sant gallen (Amhr. Eigen: „Ambrosius von St. Gallen sei oberster Hauptmann ;und der rechte Prinzipal in der Sache“, E. A. 500 k) geritten sig und hab inn gebetten, das er im gegen dem von gru (Jean de Baissey) hellfen und das best tun sölte, damitt, wenn es darzu käme, das er in umb ein hoptmanschaft hülffe, und utf das sig er gan Lutzern geritten mit dem ambrosy oder mit dem schaden (Schad von Schaffhausen), wüsste nit wedere, die selben bald unnd och zusamen; sy weiten mit den heren von sint wegen gern reden unnd im das best tun gegen inen, als och ambrosy demnach von sinen wegen mit dem von gru der sach halb geredt hab; daruff gebe der von gru antwurt: sy werind in ainem gelait da und gebind nieman kamen beschaid; zem andern tag sig er och zu lutzern gesin, aber nit by den franzosen; dann er horte wol, das sy nutz handeln weite, so sy doch in ainem gelait weren; und uff den lettsten tag zu Lutzern sig er aber mit dem ambrosy by dem von gru gesin. do hab im ambrosy aber gegen dem von gru die red gethan, so hab der von gru geredt: ob er lüt von der aydtgnoschaft brachen weite, ob er im dann dienen weite, do habe im Benedict geantwurt: Ja“ . . . (St. a. Zürich, Orig, abschied vom 30. Mai, VI, 57.) ^) Geständnis des Ambr. Eigen von St. Gallen (St. a. Zürich, Orig. Ab¬ schied vom 30. Mai, YI, 61): „Der selb aman Schwartzmurer were och an den President (Humbert de Villeneuve, Präsident des Parlaments von Dijon) zu sant wolffgang körnen und in latin mit im geredt, das er ambrosy nit -verstünde; darnach redte der president: er were ein gesteiffter man, der — 26 — von Luzern „lag Tag und Nacht bei den Gesandten^V) und viele andere Magistratspersonen fast uller Orte sind in den Tumulten und Untersuchungen der folgenden Monate des Mitwissens oder direkter Verräterei überführt worden.^ gern viel dings hette. Von dem selben amman Schwartzmurer hette er am ersten gehörtt, das sich ettlich zu ziechen understan weiten; der redte also: der lorentz Brandenburg (von Zug) wero ein onmeclitig man, dann er bestehe kneclit unnd gienge vil ze lutt; uff das redte er ambros: Er ist wol ein liederlich man, und der herr (wahrscheinlich Baissey) noch vil liederlicher, das er im vertruwt; redte schwartzmurer: er bestellt schon knecht.“ Identisch im Abschiedebuch des St. a. Freiburg, f. 94 ff, Schwarz¬ murer rechtfertigte sich im August vor der Tagsatung (E. A. 515 c). b ib.: „Item unnd schulthaiss fer sye tag und nacht in den herrn gelegen. Der selb schulhaiss fer und schulthaiss Conratter (Nie. Conrad von Solothurn?) syen gross keben, und hette man sy vor 10 oder noch mer jaren abweg gethan, das were ainer gemainen aidgnoschaft und mengem glitten xellen nütz und gutt gesin, und wer vil unrüw vermitten, darfur ers hette; er besorgte ouch, sollig anschleg weren der mertail uss inen körnen.“ Ebenfalls im Freiburger Abschiedebuch. Siehe vor allem auch die Zeugen¬ aussage des Th. Lüty aus dem Emmental vom 18. Febr. 1514 (E. A,, S. 776), die sich freilich schon beträchtlich der unkontrollierbaren Verleum¬ dung nähert! Die Quellen über diese Umtriebe: St. a. Zürich, Orig, absch. VI, f. 57—69, mit den Geständnissen des Benedikt Hagg, des Ambr. Eigen von St. Gallen, des Hans Fuchs von Muri (im Juli in Lenzburg hin¬ gerichtet, Aush. S. 456) und Zeugenaussagen aus Andelfingen etc. — St. a. Zürich, A. 166, 1: Untersuchung über Bestechung und Werbung in Zürich, vom 22. März. — St. a. Zürich, Tschud. Sammlung VI mit den Verhören von Lenzburg (Mitte Juli, Aush. S. 456), von Unterwalden (17. Juli), Luzern, Sursee (11. Juli), und dem Geständnis des Erny Moser (in Luzern gefangen). — St. a Solothurn, Katsmanual 6, f 12—15 : Geständ¬ nis der Gefangenen in Solothurn, Heinr. Gasser, Nik, Irmy, Hans Stölli, Nikolaus Ochsenbein, vom 28. Juli. — St. a, Freiburg: Abscheidebuch f. 94 V., St. a, Basel, Orig, absch. D. 1, beide identisch mit dem Zürcher Orig, absch. VI, f. 60. — Ferner E. A. S. 775 u. 776 und 781. Alle diese z. T. erst im Sommer angestellten Verhöre liefern wichtige Aussagen für die Umtriebe auch des Früjahrs, während der Anwesenheit der Gesandtschaft. Ferner die im Frühjahr 1514 abgegebenen Geständ¬ nisse des Humbert von Villeneuve, E. A. S., 775 u. 781. — 27 — Die Absicht der verschwenderischen Freigebigkeit war zunächst, für den Frankreich günstigsten Frieden Stimmung zu machen: das brauchte man nach den Sitten der Zeit kaum zu verheimlichen. Der Geleitsbruch aber begann mit der Bemühung, Knechte anzuwerben, und sehr bald scheint dies das eigentliche Ziel der Botschaft geworden zu sein: es galt, hinter dem Rücken der Obrigkeiten und mit Zu¬ stimmung oder Hilfe des franzosenfreundlichen Teils 12 bis 15,000 Mann zu sammeln,^ aus dem Land zu führen, und dann, nachdem man der Tagsatzung die Feinde im eigenen Land erweckt, in eine neue und aussichtsvolle Friedens¬ verhandlung einzutreten, oder gar dem eidgenössischen Auf¬ gebot in Mailand ein ebenso starkes eidgenössisches Sold¬ heer entgegen zu stellen, ähnlich wie es 1500 geschehen. Natürlich, dass diese letzte Absicht im Hintergrund gehalten ward, dass man wohl auch den ergebenen Agenten als Zweck der Werbung nur die Verwendung in der Picardie, gegen die Engländer, nannte,^ und dass den Dummen und den Leichtsinnigen von der Tragweite eines solches Aus¬ zugs keine Ahnung aufging: die Amtspersonen unter den Kronenempfängern müssen wenigstens vermutungsweise den 0 Geständnis des Humbert von Villeneuve, 8. März 1514 (E. A. 546 k). — Zürich an Glarus, 14. Juli: . . . „das Erny Moser (einer der Hauptagenten) von lutzern imm genanten benedicten (Hagg) gesagt habe, der selbe Hanns hab (von Zürich, damals in Glarus gefangen) sye ouch ein hoptman in söllichem handel, als si sich vereint hetten, vnserm find, dem küng von Franckrich fünlf zechen oder zwölff tusent knecht zu zeschicken“ . . . . (St. a. Zürich, Tschud, Samml. VI, No. 37). — Die Chronik Sichers (Mitt. z. vaterländ. Gesch. N. F. 10) S. 43 nennt ebensoviel. 0 St. a. Zürich, Tschud. Samml. VI., Geständnisse: „er fragte inn ouch, war man zien müsste, ledte Jacob (Schmid), in das Picardy gegen den Engelschen; wan die überwunden werden, so wird der Küng ein fünff oder sechs tusent sini leptag by imm da innen behan, welche gern bliben wendt . . . Aehnliche Stellen vor- und nachher. — Selbst im Sommer also, da bereits schweizerische Truppen in Mailand standen, ward an diesen. Vorwand bona und mala fide geglaubt. 28 — ‘Sachverhalt gewusst haben; sie hatten freilich auch weit am meisten zu gewinnen, nicht nur Pensionen und Ge¬ schenke, sondern einträgliche Hauptmannschaften in der .aufzurichtenden ArmeeP) Und nun wurden mit einer wahren Organisation von Geldausteilung und Werbung die einzelnen Orte bearbeitet: von ihrem Hauptquartier Luzern, nach dem alle Gierigen .sich drängten, ritten die Gesandten selbst im Land herum, nach Solothurn, Freiburg, Basel, um die Hauptleute und Agenten zu wählen, die versteckt dann das Weitere besorgten.O Wie Simon von Corboson die Geleitserteilung selber schon durch ein förmliches Netz von über alle Orte ausgedehnter Korruption erlangt hatte,so werden in der Solche Versprechen ’z. B. an den Altvenner Stölli in Solothurn (Ratsmanual 6, f. 12). Siehe ferner die Kundschaft des Melchior von Rotz im St. a. Zürich, Tschud. Samml. VI., mit Belastung von Ammann Andachers und Fruntz von Unterwalden. St, a. Solothurn, Ratsmanual 6, f. 12. — St. a. Zürich, A. 166, 1: „Nachgon des tranckrichischen gelts“: „Cunrat Gul sagt, er sige mit Andreen uff der brugg gen Lutzern körnen, vnd als allerley reden under inen der frantzosen halb anzogen weren, redte Cunrat Gul und fragte, wz der franzosen halb da gehandelt wurde, als dann sy, die lutzerner alweg gut frantzösisch weren; da redte der, so inen leder zu kouffen geh: „Ich weiss nur, die frantzosen hand geredt, sy weltind gen Friburg und Solo¬ turn spaciern, uud indem, als sy also zu Friburg und Soloturn werind, hettind sy dazwüschent ouch 4 hoptlüt ussgewelt, die zum frantzosen ziehen soltind, unter denen were einer des kleinen rats und denocht nit der >minst.“ — Ueber der Bestechungsversuch in Basel siehe Fechter, Basler Taschenbuch 1863, S. 106: Auf Zürichs Warnung wies der Rat den Gruyer kurzerhand aus (St, a. Basel, Missiven A, 25, f. 11, 23. und 26. März) iUnd erliess ein Reisverbot (Missiven A. 25, f, 11 v, 28. März). ®) Geständnis des Erni Moser: „Ouch sye denen von underwalden, nemlich dem amann früntzer 1000 krönen worden, und für und für andrn raten derglich; und insonders Uri 1000 kr., sin gültschy worden; Switz 1000 krönen, sind worden dem jungen an der halden, der todt ist; Glaris 500, sind vogt landolt worden; Zug 500, sind amann steiner worden; -Zürich 1000 krönen, sind werna rat und dem äscher mit im; Schaffhusen -500, sind werna rat und äscher worden, und Basel 500. Der her hat ouch unsern personen (d. h. den Luzernern) gelt geben“ etc. (St. a, Zürich, Tschud. Samml. VI.) Ferner St. a. Zürich, Orig, absch. vom 30. Mai. 29 — entscheidenden Aktion dieselben Personen zum gleichen Ge¬ schäft sich herangedrängt haben: bis ins Wallis hinein gingen die Beziehungen der GesandtschaftP) In Bern allein, das — bisher schon den Franzosen geneigt und zurückhaltend gegen eine nach Süden drängende Politik — leicht zu gewinnen schien, verteilte der Haupt¬ agent, der Löwenwirt Michel Glaser, an Kat und Burger fast offen 2100 Kronen,2) mit Wissen und Erlaubnis der Venner.O Im Februar schon scheint denn auch eine ganze Rotte aus Stadt und Land nach Luzern gezogen zu sein, „dass si sich mitt den französischen hotten möchten underreden, houptmannschafften und anders anzunämen“;^) damals schon hielt der Rat ein Auszugsverbot für notwendig, „ass besorg, das sich die unnsernn erhebenn unnd dem Küng von Franckrich zu ziechenn/‘ G In Zürich dagegen war einer der entschlossensten Gegner zahm und bereitwillig zu machen, und so traten die Agenten, Jakob Escher und Werner Rat,0 hier mit 0 Rott, Inventaire sommaire, 1. S. 371 verzeichnet Pensionsverträge La Tremoilles und seiner Begleiter mit dem Wallis; Brig, 20. März, Juli. *) Aushelm, S. 452. *) Aushelm, S. 457: „Und nachdem die bed venner R. Bomgartner und Niclaus Grafenried beladen und anzogen sind worden, dass si mit enphahen des Franzesischen gelts sich mishandlet und zudem ouch Michel Glasern gestatet, soeliches uszeteilen nach sinem gefallen“ .... Venner Ditlinger und alt Venner Schoeny erscheinen ebenfalls unter den Kronen¬ empfängern (S. 457, 460). Als Glaser am 23. Juli mit seinem Helfer Anton Wyder von Saanen hingerichtet werden sollte, „bezueget er uf Got und uf sinen Tod, er haette nuet getan, wen das in die venner und fuernemen raet geheissen haettid“ etc. (S. 455). — Als rühriger Werber für Frank¬ reich erscheint besonders Junker Ludwig von Erlach (Freiburg, Abschiede f. 94; St. a. Bern, Ratsmanual 159, f. 25; Aushelm S. 465). *) St. a. Bern, Deutsches Miss, buch f. 111 v. 25. Febr. ®) St. a. Bern, Deutsches Miss, buch f. 112 : statt unnd land, Reis- gelöulf. *) St. a. Zürich, A 166, 1: Verhöre vom 22. März, mit Nennung, zahlreicher Geldempfänger. — 80 .grösster Vorsicht auf: „man muttete nieman nütz zu“; von Hauptleuten und Fähnrichen war nicht die Rede; der Kronen¬ segen ward verteilt als Geschenk, ohne offene Nennung der Herkunft, ohne andere Verpflichtung, als etwa zum Schweigen und zur Aufgabe bisherigen Widerstands;0 kaum von Frieden ward hie und da etwas angedeutet.Und doch fuhr hier zuerst die Obrigkeit mit durchgreifenden Massregeln in die Manöver, ordnete strenge Untersuchung an, entsetzte den Escher seiner Hauptmannschaft und des Rates und strafte ihn mit 100 Gulden, zog den Werner Rat zur Verantwortung und verlangte die Rückgabe der empfange¬ nen Gelder.0 Vor allem aber ergriff man eine Initiative, 0 ebenda: „meister schleininger sagt, er wüsste von keinem hoptman noch fennrichen nug; doch habe im her benedickt gesagt, es habe einer zu im geredt, er sölte hören bredigen wider die, so das gelt nämend . . . und wenn er schwige, so möcht imm ouch ettwan ein gutti pfrund werden“ etc.„daruff rette her wernherr (Rat): darst aber mit im reden, so sag im, er solle nütz wider den küng raten noch tun, und ob er im nit gutz well tun, so soll er doch nit wider inn sin und schwigen, so well er im ein gute erung schaffen; daruff fragte er, wz doch die erung sin sölti; also rette er: 100 krönen, und ist es nit gnug, so sig me.“ ebenda: „Uli waser seit, es sig uff gester balmtag dry wochen gsin, das er von der kilchen an den fischmerkt herab gienge, und gienge herr Jacob äscher imm nach, fragte inn, ob er fisch hette; redte er: ja, er hete, aber da enet; also rette herr Jacob, er weit mit im hinüber, und giengen also mit einandern, und redte herr Jacob, es werren bj 1000 krönen vorhanden, die sölten geteilt werden under gut xellen, und er were och ein guter xell, tat im gutz, und möcht im wol gutz tun; darumb so weit er im och darvon ein erung tun und were nüg darumb schuldig, dann daran zesin, dz inen ein guter friden wurde. Da rette er zu her Jacob, er mocht wol erliden, dz wir eines guten erlichen friden hetten; er weite aber der geltz nütz, dabj blibe es“ etc. *) Die Verhöre oben zitiert. — Das Urteil: St. a. Zürich, Rats¬ manual 1, f. 16; 17. März; eine Verschärfung, unterm 22. März, am Schluss der zitierten Verhöre. W. Rat scheint daraufhin die Stadt bis im Herbst gemieden zu haben; denn erst am 3. Sept. findet sich eine Busse von 50 Pfund ausgesprochen: „Als her wernher rat ein zithar von des abgeschribnen handeis wegen in Ungnaden gestanden und im gleit, sich zu verantwurten, ist geben . . . .“ (ib.) 31 — die, wenn von den andern Orten befolgt, sofort jeden Um¬ trieb kurz hätte abschneiden können: am 21. März schlug Zürich den Orten die Kündigung des Geleites vor, das „durch sölich der frantzosen gold und gelt usgeben, ouch ir verheissen und praticieren“ offenbar gebrochen worden war.^) Schon am 15. März hatte die Tagsatzung die Gesandten zur Rede gestellt und diese alles geleugnet;^ die Stände waren benachrichtigt und gewarnt worden, und am 1. April neue Massregeln geplant 0- von Zürichs Vorschlag aber ist nicht die Rede; sondern gleichzeitig wird den Boten das Geleit verlängert, nach La Tremoilles, wie man glauben möchte, ironisch begründetem Wunsch, „damit die unsern niendert hinloufen und wir Eidgnossen dester sicherer sient, dz sy ir werschribung halten, noch niemand uffwiglen wöllen.^‘0 Das französische Geld besorgte die nachträg¬ liche Zustimmung der Orte;0 der durchtriebene Diplomat ritt allein zum König, und den andern Unterhändlern war eine neue Frist gewonnen.^ Sie blieben ,,ze pfände“, wie man sich einbilden mochte, und strengten nun gewiss alles ’) St. a. Luzern, Frankreich XIX. an Luzern; St. a. Solothurn, Denkw. S. XXIX. f. 177 an Solothurn; Aushelm S. 438 inseriert das Schreiben an Bern. ‘) E. A. 488 h. ») E. A. 491 b. *) E. A. 491 i, 1. April. ®) St. a. Solothurn, Ratsmanual 6, f. 12: „Hans Stölli, alter venr, het vergechen und bekennt, das er sye by den frantzosen zum storchen gesin unnd habent begert dz gleit ze erstrecken, domitt man ein frid möcht machen, unnd wo der frid gemacht würde, im ein hauptmanschatft zugeseit“ .„unnd dem nach syent sy in ein gaden gangen unnd mit einander gerett, umb dz gleit zu erstrecken“ etc. Aehnlich das Geständnis des Seckeimeisters Ochsenbein. — Die Geleitsverlängerung Berns, vom 8. April (St. a. Bern, Ratsmanual 158 f. 80, Deutsches Miss. buch). ®) Es blieben Humbert de Villeneuve und Jean de Baissay (Freiburg an P. Falk, 12. April; St. a. Freiburg, Deutsches Miss. buch. — San. XVI, col. 175). — 32 an, um die beabsichtigte Werbung zustande zu bringend) Die Tagsatzung aber lebte in der^ törichten Zuversicht, ihre Artikel würden angenommen, die ehrliche und legitime Verhandlung sei noch nicht zu Ende. Noch am 5. Mai weilen die Gesandten, Humbert von Villeneuve, Präsident von Burgund, und der Gruyer, Jean de Baissey, auf schwei¬ zerischem Boden, in Bern, und melden die endgültige Weige¬ rung Ludwigs XIL, die Schlösser zu räumen, mit neuem Begehren, den Frieden auf anderer Grundlage zu dis¬ kutieren.^) Die Früchte ihrer sonstigen Rührigkeit aber sollten den vertrauensvollen Tagherren schon in den aller¬ nächsten Monaten, zum Schreck und zur Erschütterung des ganzen Landes reifen. lieber die Art des Täuschens und Verzögerns berichtet ein Brief des Aug. Paravisino an Sforza, Zürich, 20. April (B. A. Kopien aus Mai¬ land) : Die Unterhändler spiegeln vor, von La Tremoille Briefe erhalten zu haben: er werde in 10 Tagen mit dem Frieden zurück sein, verspreche die Festungen und verlange einzig Asti! — Nebenher aber ging sicher die eifrigste Werbetätigkeit: der Name des Baissey erscheint in den Yerhören weit am meisten. Wenn Ilumbert de Villeneuve, als Gefangener, im fol¬ genden Frühjahr die Sache darstellte, als ob die Initiative zur Werbung einzig von La Tremoille ausgegangen, gegen alle Abmahnung der vier andern, die erst das fertige Komplott erfuhren, so ist das ein etwas naiver Versuch, sich selber zu entlasten. Die eigentlichen Anstifter behauptete er gar nicht zu kennen; es sollten aber hundert der besten Eidgenossen darunter sein. Auf die Frage, wer dem La Tremoille zur Anwerbung der 12,000 geraten, antwortet er, er wisse es .nicht; es werden „die unverordneten tagherren nähend dem brett“ gewesen sein. Es seien ihm 14 oder 15 Hauptleute nach Luzern nachgelaufen. (E. A. 546 k und 548 m, 8. u. 27. März 1514.) ®) Humbert von Villeneuve und Baissey an Solothurn; Bern, 5. Mai (St. a. Solothurn, Denkw. S. XXIX, f. 205. In gleichem Sinn hätten sie auch an Luzern geschrieben. — Wenn also Stella schon am 26. April ihre Abreise aus Luzern meldet (San. XVI, cöl. 219), so handelt es sich um einen blossen Quartierwechsel. — Am 29. April forderte Bern den Schultheiss von Murten und Freiburg auf, die französische Botschaft ruhig abzu¬ weisen: also auch hier Treibereien (St. a. Bern, Ratsmanual 158, f 109). — Nach dem Geständnis des Villeneuve (E. A. 546 k) wären sie auf La — 33 — Soweit entfernt also waren die Bünde von einmütiger Haltung. Die konsequente Festigkeit der Tagsatzung und die grossen äussern Ereignisse des Jahres verhüllen nur kümmerlich den tiefen Riss und die Auflösung der staat¬ lichen Disziplin. Das Wort des Anshelm übertreibt nicht: „So was der zwitraechtig kib bi der Eidgnossen anwälten,. wan der ein Teil vom bapst, cardinaelen, keiser und Moy¬ land ermant, uss ansehen der eren und puenden, item und nit wenig gelts, weiten e den krieg beharren, dan um nock me, doch unbillichs, gelts willen schantlichen friden ungenuet verkoufen; schruwend: Dran, lieben Eidgnossen, red¬ lich dran! Hargegen mumlet der ander Teil, gnaempt kronenfresser, man wölte von der armen, untruewen Lamparteren wegen, so nit zehalten vermöchtid, des riehen und truewen Kuengs nuzlichen friden mit annemen, sunder stat und land mit unvermoeglichen krieg verderben; schruwend: Frid frid! — da doch nuet den krieg gesucht ward.^^D So weit war man entfernt, einmütig den denkwürdigen Schritt gut zu heissen, den das Vorjahr gebracht: den Uebergang vom Soldbündnis zum eigenen Handeln, von einer sich bloss anlehnenden Staatengruppe zur mit entscheidenden Gross¬ macht, von der französischen Allianz zum mailändischen Patronat! Die Wandlung war überraschend und gleichsam von selber geschehen: noch 1510 hatte man bloss den Sold¬ herrn gewechselt; im Spätherbst 1511 hatte Schwyz fast allein die Verbündeten zum ersten Schlag gegen Frank¬ reich mitgerissen, und nicht vorauszusehende Glücksfälle Tremoilles Befehl von Luzern abgereist, der ihnen von der Werbung Hetzeis, des Vogts von Erlach, geschrieben. In Bern hätte Glaser ihnen gesagt, der Anschlag sei verraten. Dann wären sie nach Peterlingen und Genf geritten, wohin ihnen eine Anzahl Hauptleute folgten. — Am 6. Mai: jedenfalls verliessen sie Bern (Briet der Basler Hauptleute vom 8. Mai,, hei Fechter S. 110). ') S. 414. — 34 — hatten im letzten Feldzug die Orte an die Spitze der Dinge gebracht: man kann die Daten der> Entwicklung beinahe feststellen. Kein Wunder, wenn ein grosser Teil der Be¬ völkerung, mit der raschen Wendung nicht einverstanden, nun rücksichtslos gegen die weitern Folgen sich stemmt; eine Aeusserung aber, wie sie von einem Unzufriedenen in diesen Tagen fiel: „ir hern wend nit den friden machen; wir gemeine gesellen müssen den friden machen^‘,0 prokla¬ miert in einem durch Unterordnung des Einzelwillens sich selber regierenden Staat die Anarchie. Was nun die Mehrheit von jeder feilen Nachgiebigkeit ubhielt, sind die verschiedensten Gesichtspunkte. Die An¬ erkennung der Territorialerweiterung hätte man auch von Frankreich erreicht, und eine spätere Besetzung, wie man im Ausland argwöhnte,^) ward damals gewiss noch nicht in Rechnung gezogen. Allein man hatte den Nachteil kennen gelernt, den die Festsetzung einer Grossmacht politisch und kommerziell für die eigenen Interessen brachte. Ein schwacher Nachbar erschien in jedem Fall wünschenswert, und selbst eine grosse Geldentschädigung Frankreichs hätte diesen dauernden Vorteil nicht aufgewogen. Dazu kam die kommerzielle Erwägung: wie man die Süd¬ enden der Alpenstrassen eben in seine Gewalt gebracht hatte und die Schlösser besetzte, die ihre Mündungen beherrschten, so ging der Wunsch nun auf den ungehinderten Zugang zur Lombardei, und nicht umsonst erneuerte der Badener Ver¬ trag die alte Bestimmung der Zollfreiheit, welche das frühere Kapitulat mit den Sforza enthalten hatte. Die Urkantone, in deren Interesse ein grösserer Gotthardverkehr vor allem lag, werden die hartnäckigsten Verfechter der neuen An¬ sprüche. Ein gewisser Jakob Wildermut aus Neuenburg gegen Nikolaus Oclisenbein (St. a. Solothurn, Katsmanual 6, f. 12 ff.). Z. B. L. L. XII. Bd. III. S. 315. 35 — Es meldete sich schliesslich die Patriotenpartei, die in Frankreich den Hauptverführer des Volkes sah, und mit der päpstlichen sich vereinigte: die Preisgabe Lodovico Moros im Jahre 1500 hatte das Ansehen des Landes geschädigt, und an der Einsetzung seines Sohnes hatte wohl das Be¬ dürfnis ebenfalls seinen Anteil, jenen alten Vorwurf in Vergessenheit zu bringen. Dass es den leitenden Kreisen schliesslich wohl getan hat, sich von den Gesandten aller Mächte umworben zu sehen, versteht sich von selbst; ganz gewiss sind das Bewusstsein der Kraft und der Stolz der jungen Selbständigkeit als mächtige Hebel in Erwägung zu ziehen. . Schliesslich wird aber in einem derart vom Geldinteresse bewegten Staat auch die finanzielle Ueberlegung nicht zu übersehen sein, die das Festhalten an Mailand vorteilhaft erscheinen liess. Wie 1509 beim Bruch mit Frankreich die Täuschung der Ansprüche ihre Rolle gespielt hatte,0 so wird Gewinnsucht und Erwartung die Behauptung des Pro¬ tektorats mit beeinflusst haben. Man war mit den tempo¬ rären Sold- und Pensionsverhältnissen nicht mehr zufrieden; Geldversprechungen eines, Monarchen, deren Einlösung man nicht durchsetzen konnte, Zahlungen, die ins Stocken kamen, wenn der Schuldner gerade nichts von den Ständen wünschte, traten hinter die Aussichten zurück, welche der Badener Vertrag auch finanziell für die Orte eröffnete; von allem Anfang an war man sich darüber klar, „dann man das herzogthumb meyland allein durch uns behalten, und obglychwol ein fürst, der ingesetzt wurde, sich sölichs abtrags wölt sperren, das wir alwegen so mechtig syen, in bemeltem herzogthumb uns selbs bezahung und abtrag zu erlangen.“ D 0 Köhler, S. 144. 2) E. A. S. 631, 24. Juli 1512. Weitere Belege bei Köhler, S. 470, Anm. 2. 36 — Aus so verschiedenartigen Interessen setzte sich also» die Mailänderpartei zusammen. Wenn ihre Gegnerschaft als die reine Geldpartei zu bezeichnen ist, die ohne höheren Gesichtspunkt ihren nächsten Vorteil zu erraffen sich be¬ strebt, so darf doch auch sie nicht bloss als die einsichtige und weitblickende Gruppe dargestellt werden, die aus¬ schliesslich vaterländische Ziele verfolgt; auch hier gab es. Elemente, die in Mailand vorzugsweise eine ständig fliessende, bis zur absoluten Erschöpfung auszunützende, Einkommenquelle sahen. Allein es sind neben den positiven Antrieben noch In¬ stinkte des Hasses, die diese Ablehnung der französischen Gesandtschaft hervorriefen; als ein Hauptmotiv des Fest¬ haltens an Maximilian Sforza ist vor allem auch die grenzen¬ lose Abneigung anzusehen, welche die Franzosen in weiten Volkskreisen seit Jahren geweckt hatten, eine Erbitte¬ rung, die immer noch höher schwoll und in gewissen Augenblicken mit wahrhaft elementarer Gewalt hervorbrach.i) Für alles Geschehende erscheint sie als ein kon¬ stanter Faktor, mit dem im höchsten Masse zu rechnen ist.. Wie konnte ein so tief fressender Groll aber entstehen? Die frühere Sparsamkeit Ludwigs, das Besolden ihrer bitter gehassten Konkurrenten, der Landsknechte, dann, nachdem man sich einmal von ihm losgesagt, das Miss¬ lingen der Züge von 1510 und 1511 genügen nicht zu einer ganzen Erklärung. Allein Schinner hatte es ja ver¬ standen, die Sache Mailands zu knüppfen an die des Papsts, 1) Im höchsten Grad verrät sie sich schon in dem törichten Winter¬ feldzug von 1511. Eine Aeusserung aus dem November 1513, nach allen, finanziellen Enttäuschungen in Mailand, und freilich auch nach einer neuen Ueberlistung durch Frankreich lautet: „Item comunis populus adeo in Ducem amore atque in Gallos ira afficitur, ut etiam hi villani vix vaccam habentes eandem vendere intendant ut contra Gallos bellum gerere ipsis facultas detur.‘‘ (Joach. Alemannus an Andrea da Burgo; Zürich, 22. Nov.. B. A., Kopien aus Mailand.) 37 und Papst war für manche dieser kleinen Bürger und Bauern noch gleichbedeutend mit Kirche, und also mit Religion. So sehr die Tagsatzung im kritischen Fall ihr Interesse zu trennen wusste, so war auch sie doch nicht unabhängig von der Agitation: seit Jahren war nun in der Schweiz wider den Franzosen gepredigt worden, als wider den Kirchenfeind und Antichrist; die päpstlichen und mailän¬ dischen Agenten sind vor allem Geistliche: Anshelm Graf,«T der Pfarrer in Altdorf, Gonstans Keller, Chorherr in Bern,^) Theobald Schillig, Chorherr in Luzern und andere. Die bigotte Frömmigkeit war gewiss noch sehr mächtig in den Ländern, bei der lockersten weltlichen Moral, und der meisterhafte Griff eines Demagogen, diese Frömmigkeit politisch auszuspielen, erhielt dem Papst und damit Mailand eine Schar von Anhängern in den Kantonen, trotz aller finanziellen Enttäuschung in den Zügen von 1510 und 1511. Ganz gewiss stand auch der geistliche Skrupel einem neuen Bündnis mit Frankreich im Weg. Und dazu besass man in der Schweiz ein deutliches Gefühl, vom König im Grunde missachtet zu sein: mit welchen Beleidigungen hatte er die Söldner 1509 aus der Armee ge¬ jagt,D wie wenig sich stets beeilt, die Beleidigungen zu sühnen. Jetzt allerdings, im Februar 1513, hielt La Tremoille es für nötig, in seiner ersten Erklärung an die Tagsatzung diese tief kränkende Vorstellung zu bekämpfen and Genugtuung zu versprechen: . . . ,,ob wir Eydgnossen vermeynen, dz wir etwas zits veracht und von siner K. M.nit wol gehalten, sye sin wil noch meynung nie gsin, dann uns als sin höchsten und pesten'fründ in allweg ze bedencken, in allen friden und püntnissen ze besliessen und Vorbehalten, des willens er noch in die ewigkeit sye.^^D b lieber ihn siehe die Arbeit von Türler, in der Berner Festschrift ^um Empfang der Geschichtsforschenden Gesellschaft der Schweiz, 1905. *) Köhler, S 144. b E. A. 482 r, 12. Febr. — 38 Wozu dann das empörende Benehmen der Gesandtschaft und der Uebermut besonders ihrer Subalternen eine merkwürdige Bekräftigung lieferte.^) Diese französische Diplomatie, diese Mischung von Feinheit und Brutalität, dies Geldausteilen, Wühlen, Knechteanwerben, die Gewohnheit, hinter dem Rücken der Verhandelnden beständig verräterische Be¬ ziehungen anzuknüpfen, musste bei den Bessern schliesslich das unheimlichste Gefühl wecken, dass man dieser Art des Verhandlungführens fast wehrlos ausgeliefert war und auf die Dauer das eigene Staatswesen damit ruiniert werde. Freilich gab es immer Subjekte, die, weil sie ihre Rechnung fanden, alles in Ordnung glaubten: eine franzosenfreundliche Minderheit erscheint in allen folgenden Ereignissen; nur vorübergehend ist sie durch den Verlauf der offiziellen FriedensVerhandlung an die Wand gedrückt, und wie hoch hinauf gingen ihre heimlichen Verbindungen! b L. L. XIL S. 46: Louis Barangier, Dole, 17. Febr.: . . . „est bruyt que ung gentilhomme dudit Sr. de la Trimouille a tue ung Advobier, dont toute la compaignie est assez empeschee.“ Ebenso S. 93. — S. 52: Merc. de Gattinare, Dole, 28. Febr.: .... „ay eu autres npuvelles certaines, que ayant l’ung des archiers de Monsr. de la Trimouille, estant ä Lucerne, donne ung coup de une javeline contre les armes de Berne, il fut prins par la justice et mene devant Monsr. de la Trimouille, disant que le saulf-conduict estoit rompu, ä quoy respondit ledit Sr. de la Tri¬ mouille, qu’il ne le vouloit advouer, et que s’il avoit merite la mort, que l’on le fit mourir, et sur ce luy fisrent coupper la teste.“ Zweites Kapitel. Mailand. Das von Papst und Eidgenossen restituierte Mailand war weit davon entfernt, der lebensfähige Kleinstaat früherer Zeit zu sein: im Umfang reduziert, finanziell von Anbeginn ungeheuerlich überlastet, ohne eigene Wehrkraft und unter unfähigem Regiment, ein totgeborenes Geschöpf. Zu allererst fällt auf die Verstümmelung des Gebiets. Wohl hatten in den Vorverhandlungen von 1512 die mai¬ ländischen Deputationen als Bedingung ihres Treueides ge¬ stellt, dass dem Herzogtum Jede Landabtretung erspart bleibe;D doch die Bedingung stand völlig in der Luft: wohl konnte die Eifersucht der Mächte die Beutestücke sich abiagen; aber Sforza bekam sie darum nicht zurück. In Wahrheit riss von den Teilhabern des mühelosen Sieges Jeder sich sein Stück los, um für den Entgang des Ganzen sich zu entschädigen. An allen Grenzen war ein terri¬ torialer Verlust von finanziellem oder militärischem Wert zu beklagen. Was jetzt Mailand hiess, war nicht viel mehr, als der Kern des alten Sforzastaates. Jede Diskussion fiel vor allem weg über den Anteil, den die Eidgenossen sich genommen hatten: in den Ver¬ lust von Lugano, Locarno und Domo d’Ossola, des Maggiaund Eschentals, von Mendrisio und Balerna hatte man sich b Köhler, S. 405, 473. 40 — einfach zu fügen;0 ja die Orte hatten darüber hinaus be¬ reits auch Luino und Brissago, wertvolle Verbindungsstücke und Abrundungen, weggenommen.0 Formell nicht abgetreten, sondern von Mailand be¬ stritten und reklamiert waren die Eroberungen der Grau¬ bündner: Chiavenna und das Veltlin, Domaso, Gravedona und Sorico am See von Como. Ein Erfolg der Reklamationen aber, eine Rückerstattung musste von Anfang an als aus¬ sichtslos erscheinen,^ und wer von jetzt an im 4lerzog- 0 lieber die Einrichtung der neuen Vogteien siehe E. A. 43 4 b. 489 (28. März), 490, St. a. Bern, Ratsmanual 158, f. 11; St. a. Solothurn, Denkw. S. XXIX, f, 13, 27, 28. Ein hartnäckiger Streit erhob sich nach¬ träglich um den Mitbesitz von Schwyz an Domo (E. A. 482 e, 484 c) : be¬ sonders Uri hat sich lang uud heftig dagegen gesträubt (E. A. 488 e, 491 c). *) E. A. 489 e, f (28. März). Ebenda die Reklamation Mailands, so¬ wie in E. A. 488 a und in Briefen des Herzogs an die eidgen. Boten in Lugano und Locarno (Kopien der Konzepte im B. A.: 3., 6. März, 28. April). — Die Motive des Uebergriffs beleuchtet ein interessanter Brief der Hauptleute in Locarno an die Tagsatzuug (St. a. Luzern, Frankreich XIX.), vom 23. Febr. Die territoriale Wichtigkeit: „wenn ir unser herren und obern nüdt weitend das luwin (Luino) zu uwern handen nemen, so sissend dye Graffen (von Locarno) zwischent dye grafschaft lockeris (Locarno) und lowis (Lugano) byett und wz ir unser herren bettend wider und für zu schicken uif wasser und uff wegen, so must man durch der graffen landt faren und wurdent alwegen etwas untrüyn von inen erwarten sin, un i wenn ir lieben herren solichs annemend, so hand ir üwer land lowis und lockaris zu Samen beschlossen“ etc.„vnd bürt ouch dye nutzig darvon me denn und ein tritten theil me, denn als dz ander, so man von der graffschaft hett“ etc. Bisher zahlten Luino und Valtravaglia 917 Gulden jähr¬ lich an die Grafen von Locarno. Zum Treuschwur aufgefordert, leisteten sie ihn zwei Tage später mit Freuden. Die Rückerstattung hatte ausser den Grafen und dem Herzog auch der Cardinal Schinner veilangt (ib.). Die von Luino baten selber, die Eidgenossen möchten sie behalten (E. A. S. 696). 3) E. A, 484 n (Luzern, 25, Febr.), 495 d (Zürich, 18. April), wo die Anwälte der beiden Parteien auf den 17, Mai nach Zürich berufen werden. Dasselbe berichtet ein Brief des herzogl. Schatzmeisters Lanzelot Reyna an den Herzog (Zürich, 21. April; B. A., Kopien aus Mailand). Unter¬ dessen brach aber der Kampf in der Lombardei los, und die grosse Tag- 41 — tum sich nicht mehr sicher fühlte, flüchtete auf schwei¬ zerisches Gebiet.^) Die ganze Nordgrenze war damit an die Befreier und Wiederhersteller verloren gegangen: allerdings grossenteils bergiges und dünn bevölkertes Land, das für die Finanzen nicht erheblich ins Gewicht fiel, aber doch mit ein paar Marktplätzen und Zollstellen von Bedeutung.2) Und mit dem natürlichen Abschluss nach Norden hatte man zugleich die Südseite aller Alpenpässe preisgeben müssen und die Festungen, welche die Zugänge beherrschten. Ganz anders noch schnitt aber ins Fleisch, was der Papst von dem neuen Staate abgerissen: trotz aller hohen Worte über BarbarenVertreibung war die Gebietserweiterung Satzung, die u. a. das zweite Aufgebot zur Verteidigung Mailands be¬ schloss, fand keine Zeit, mit diesem Grenzstreit sich zu befassen (Bericht ‘des Basler Boten Truttmann, vom 20. Mai, St. a. Basel, M. 1, Nr. 293). Noch in den Instruktionen des Gir. Morone, der im August nach Kom ging, erscheint diese Klage (B. A., Kopien aus Mailand). — Auch Trivulzio erhob damals gegen die Bündner den Anspruch auf Chiavenna, vor Luzerner und Obwaldner Boten, die in Bellinzona die Soldansprüche an Frankreich untersuchten. Mitte März schon hatte seine persönliche Re¬ klamation auf einem Tag in Chur zu einem förmlichen Bruch geführt. (Briefe bei Rosmini, Trivulzio, 2. Bd., S. 305 ff.) Die drei Bünde lehnten jede Verantwortung ab, worauf die Boten ihrerseits ihnen für diese den Tag ansetzten. (St. a. Zürich, Orig, abschied VI, 11; undatiert.) b „Quando accade ad farse qui qualche excessi, colero che li commetteno, per essere vicini a Sviceri, se ne vano lä da loro, che scriveno poi ^qui le piü calde lettere del mondo, dicendo, che sono soy confederati, et voleno, che gli sia havuto rispecto.et quello ch’io parlo de Sviceri, parlo similmente de Grisoni“ . . . (Jo. Bapt. Pusterla an den Herzog; "Como, 22. März. B. A. Kopien aus Mailand). ^) Der Zoll von Locarno ward von den Orten um 800 Goldkronen auf ein Jahr vergeben. Locarno und Umgebung brachte jährlich 200 Du¬ katen, das Maggiatal 65, Verzasca 24, Luino 570 Dukaten, ohne die Richterbesoldungen etc. (E. A. 489 n, 0). — Ueber Domo d’Ossola: E. A. 494 a. — Im Bundesarchiv liegt ein Abkommen zwischen dem Herzog "und den Urkantonen, vom 19. Jam, über Zollexemptionen der Leute von Lugano und Wallis. — 42 0 auch für ihn das erste Ziel gewesen. Die Annexion voni Parma und Piacenza zog allerdings seine romagnolische Herrschaft tief nach Westen und Norden hinüber, beraubte indes Mailand seiner besten Städte und eines ganz grossen Teils der jährlichen Einkünfte.D Dass die Republik Venedig schliesslich nur mit dem einen unablässigen Wunsch in den Feldzug getreten war, ihren früheren Besitz wieder her¬ zustellen, verkündete sie selber oft und laut genug: bereits hatte sie sich Bergamos und Cremas bemächtigt,^) und ihre Ansprüche gingen mit demselben Rechtsgrund und derselben Hartnäckigkeit auf Cremona und die Ghiara d’Adda. Der spanische Vizekönig hatte sich Brescia und Peschiera er¬ listet; im Süden war Genua überhaupt nicht unter mai¬ ländische Herrschaft zurückgekehrt; Asti, im 14. Jahrhun¬ dert allerdings schon an die Orleans gefallen, war nun* vom Markgrafen von Montferrat im Namen der Liga, d. h. für eigene Rechnung weggenommen worden.^ Die Rück¬ eroberung konnte aber überhaupt nicht für beendigt gelten, so lange in den Festungen von Mailand und Cremona sich- 1) Die Klagen Sforzas heben immer wieder dies Finanzielle hervor.. Ein Dokument im St. a. Zürich, A. 211, 1, vom Herbst, schlägt denjährlichen Ausfall auf 74,000 Duk. an. Selbst die Schweizer wünschten darum die Rückgabe (Köhler, S. 484); dass Schinner mit der Annexion, nicht einverstanden war, ist bekannt. Von einer Rückeroberung Bergamos und Cremas, für welche die verbannten Bergamasken in Mailand agitierten, ist allerdings schon imJanuar die Rede: San. XV., col. 493, 499, 510. ^) Schinner und der Herzog planten im Februar einen Auszug auch gegen Asti (San. XV., cal. 553), und der Markgraf suchte um die Ver¬ wendung der Eidgenossen nach, mit denen er durch Burg- und Land- recht verbunden war. (E. A. 482 n, 11. Febr.) Die Frage, ob die Grafschaft Asti in die Badener Kapitel inbegriffen sei, was die an¬ wesenden Franzosen bestritten, beschäftigte auch die Zürcher Tag¬ satzungen vom 7. März (E. A., 486 k) und 18. April (495 k): Ein end-- gültiger Entscheid ward nicht getroffen. Dagegen verteidigte der Herzog sein Anrecht auf die Zumutung eines Verzichts (Brief an die Luzerner' Boten in Unterwalden, vom 5. März; B. A., Kopien aus Mailand). — 43 — noch französische Besatzungen hielten, und der Herzog etwa, aus Angst vor ihrer Artillerie aus dem Hof in ein Bürger¬ haus flüchten musste.^) In einer Zeit also, die den Kleinstaaten ohnehin feind¬ lich, hatte man den hochwichtigen Pufferstaat des ita¬ lienischen Nordens von allen Seiten angestückt und ge¬ plündert. Der patriotische Papst, wie die Schweizer, alle die protegierenden Mächte waren sich darüber einig, dass nur ein schwaches Mailand in ihrem Interesse liege;, denn ein schwaches Mailand allein konnte nicht einmal versuchen, ihren Zumutungen sich zu entziehen. Freilich verlor ein derart reduzierter Staat dann auch ieden Ver¬ teidigungswert für Italien und ward vielmehr für die Ein¬ mischung ein wahrer Magnet; die kurzsichtige Selbstsucht und das gegenseitige Misstrauen hatten für einen unmittel¬ baren Machtzuwachs die greifbarsten dauernden Vorteile preisgegeben.^) Dieser zusammengeschwundene Best wurde nun dazu mit Verpflichtungen belastet, denen er unmöglich genügen konnte. Im Kriege selbst hatte man den fünf grösseren 1) San. XV., col. 528. Ferner col. 494, 506 (eine Kugel fährt durch den Dom, in Anwesenheit des Herzogs, des ganzen Hofs und der fremden. Gesandten), 510. — Ambrogio da Paullo, Cronaca (Miscell. di storia it. t. XIIL), S. 295. — Prato, storia di Milano (Arch. stör. it. t. HL), S. 310 berichtet von einem derart auseinandergejagten Tournier, in An¬ wesenheit des Herzogs, Vizekönigs, der Marchesa von Mantua u. s. w. D Schinners Verhalten gegen Venedig lässt sich nur aus dem Ge¬ sichtspunkt verstehen, dass 'er die Gefahr erkannte und zu verhüten suchte. Sein Wille und Einfluss war dann nicht kräftig genug, um die allge¬ meine Plünderung zu hindern. Von einer Ungnade des Papstes, von der häufig berichtet wird, lässt sich aber nichts erkennen: Der venezianische Botschafter in Kom, Foscari, spricht zwar von beabsichtigter Rückberu¬ fung, „el quäl pareva volesse mandar al suo vescovado in terra dl sguizari“, was ebensogut eine diplomatische Mission sein kann. (San XV.„ col. 492.) — 44 Städten allein 300,000 Dukaten abgepresst,von den gar nicht zu berechnenden Verlusten abgesehen, wie sie Plün¬ derung und Einquartierung mit sich brachten. Den Eid¬ genossen schuldete der Herzog eine Kriegsentschädigung von 150,000 Dukaten; vom 1. Januar 1514 an war eine jährliche Pension von 40,000 Dukaten zu zahlen. In der .Schweiz selber mussten jetzt schon die Agenten gespeist und mit Geldern versehen werden, um mit Erfolg der mächtigen französisch gesinnten Opposition entgegen zu .arbeiten, und die privaten Pensionen erforderten weitere 10,000 Dukaten im Jahr. Welche Mühe aber schon das Zusammentreiben der ersten Rate von 25,000 Dukaten und von 10,000 Dukaten Pensionen machte, zeigen, ausser der Tatsache, dass ein Teil in Silber geleistet werden musste,^ .die wahrhaft kläglichen Reskripte des Herzogs und seiner Finanzbeamten.D 0 Pavia 90,000 Duk., Mailand 90,000, Vercelli 50,000, Cremona 40,000, Lodi 30,000 Dukaten, Der Dukaten besass den Wert von über .'8 Franken, “) E. A. 488 a. *) Morone und Anton. Ferrarius an den Herzog, 7. März: . . . „la inhabilitate et quasi impossibilitate de pagare a tempo di pasqua li dinari •ali confederati Helvety.a tut’hora habiamo praticato de valerse con li amici, et ciaschaduno de nui s’e offerto de obligarse in particulare per honorevole soma, ma per il vero non si trova, chi voglia exbursare dinari in quantitate senza altia secureza : et piü non sono datiarii ne gabelleri de obligare; percbe tuti hano adimplito sue promisse“ (Docum. Morone S. 20). — Der Herzog an die Finanzbeamten, 21. März: „Cogno«cendo noi che per nulla diligentia et solicitudine vestra, benche sia exactissima, non si pö provedere a la satisfactione de li 10,000 duc. d’oro, vquali restano a li Sri. confederati de Alemania . . . unde vi pregamo . . . ’vogliati tore inpresto da vostri amici la dicta somma, etiam con la perdita, serä bisogno, et promettarete in nome nostro, et cussi vi promettemo ad voi sotto la fede de principe reale, che de li primi dinari, quali habiano .ad venire ad noi et camera nostra, si per via de la exactione del sale taxate et taxe de cavalli, si de le imprese et etiam compositione ac sub’ventione de Parma et Placentia et de ogni altra via, se gli restituirano senza alcuno fallo et senza ulla exceptione aut dilatione“ . . . (B. A. Ko- 45 4 Der spanische Vizekönig machte ähnliche Ansprüche der Papst dachte, über die Kirchengüter nach seinem Vor¬ teil disponieren zu können die Eidgenossen suchten ihre Zollexemptionen auch auf ihre neuen Untertanen von Domo d’Ossola auszudehnen.D Die Belagerung der Schlösser von pien aus Mailand). — Die Beamten kommen dann der Bitte nach und' verlangen vom Herzog die besiegelte Zusicherung seines Versprechens (B. A. Conservatores al Duca; Mailand, 22. März). — Die ersten, auf Lichtmess (2. Februar) schon verfallenen Gelder, 25,000 Dukaten als erste Bäte der Kriegsentschädigung und 10,000 Duk. Pensionsgelder gingen erst am 23. März von Mailand ah. Der Schatz¬ meister Lanzelot Beyna (seine Instruktion in den Documenti Morone, S. 21; identisches Konzept im B. A., vom 21. März) brachte die Gelder unter starker Bedeckung (siehe auch eine Ordre des Herzogs an Jo. Bapt. Pusterula, vom 22. März, im B. A.) über Como und Lugano nach Altdorf, wo der Gesandte Stampa sie übernahm und der Tagsatzung übermittelte (E. A. 491a, 492h, Zürich, 4. April), Jeder der 12 Orte erhielt 2000 Dukaten; der Best ward unter die Zugewandten: St. Gallen, Appenzell u. s. w. ver¬ teilt (E. A. 495 b, Zürich, 18. April). Für die Pensionen lautet die In¬ struktion u. a.: „farä ogni studio et diligentia per tenire piü secrete, sarä possibile, esse pensione, in modo non si genera emulatione ne displicentia tra loro a dispendio et pernitio nostro.“ Die Liste der Empfänger war grossenteils von Schinner aufgestellt worden (Brief des Herzogs an Schinner, 14. März. Im B. A.). Selbst alte, von Lodovico Moro seinerzeit bezahlte Pensionen wurden jetzt wieder reklamiert, z. B. von Saanen (St. a. Bern, Deutsches Miss, buch f. 111: Bern an Card. Schinner, 19. Febr. - Latein. Miss, buch f. 407). — Im Bundesarchiv liegen eine Menge von kleineren Geldanweisungen an einzelne Schweizer: 100 Gulden, 100 Dukaten u. s. w., unter allen möglichen Titeln. ^) Deputati rei pecuniariae al Duca; Mailand, 14. März (B. A. Ko¬ pien aus Mailand). San. XV., col. 460: Mailand, Guidoto (venezian. Orator beim Vicekönig): . . „Spagnoli dimandano ducati al Duca da 50 milia et cussi sguizari. II Duca dice non ne baver. Li dicono: Vende le intrade. Bisponde: Non si trova che le compra“ etc. col. 532, vom gleichen : „Item che spagnoli e sguizari non fanno altro che dimandar danari al Duca; et li voleno tutti do, ne si pol dar a uno, che l’altro non ne habino.“ Prato, Storia di Milano, S. 309. *) Köhler, S. 452 h ®) Beklamationen des Herzogs an die Boten in Locarno und Lugano, 3. und 12. März (B. A.). 46 — Cremona und Mailand aber verschlang Monat für Monat grosse Summen/) und jeder neue Angriff der Franzosen machte in Zukunft den Unterhalt eines grossen und an¬ spruchsvollen Söldnerheeres nötig. Der Herzog aber verstand im Geringsten nicht, den kargen Rest der Mittel beisammenzuhalten. Wie er seihe wirklich oder vermeintlich Getreuen mit Einkünften und Schenkungen förmlich überschüttete^) und Begehrlichkeit und Unverschämtheit gross zog, statt treue Dienste zu lohnen und für die Zukunft zu sichern, so liess er in schlaffer Gutherzigkeit etwa einzelnen Bürgern oder einer ganzen Stadt die Steuern nach, sodass die Zahlung überhaupt ins Stocken kam.^) In einem derart zerrütteten Staatswesen werden ferner massenhafte Betrügereien die allgemeine VeriSchwendung begleitet haben: in den einflussreichen und wenig kontrollierbaren Ratgebern besonders muss die Er¬ wartung des Zusammenbruchs den Trieb geweckt haben, mit allen Mitteln die Gunst des Augenblicks zu nutzen.^) / Prato, Storia.di Milano, S. 309 gibt an: für die Belagerung von Cremona 12,000, von Mailand 10,000 Duk. im Monat. — Als man anfangs April die Anstrengung wenigstens gegen das letztere verdoppelte, verlangte der Capitän, Prospero Colonna, nur für Pulver und Artillerie 30,000 Duk. San. XVI. col. 147), worauf es dann lakonisch weiter heisst: „Item che Milanesi hanno speso in questa guerra ducati 400 milia“ . . . ^) San. XV. col. 528; Mailand, Guidoto c. 1. Fehr.: „Scrive, che’l Ducha ha concessa di la soa intrada piü de ducati 30 milia a piü persone, prima al vicere li ha dato.“ — Prato, Storia di Milano, S. 309: „Poi al Vesco da Lode (Ott. Sforza), a Mr. Andrea da Burgo, a Mr. Gio. Colla, a Mr. Agostino Somenza assignava per il loro piattello poco meno che mille duc. al mese : et a molti altri poi donava a chi feudi et a chi dacii, a chi veste et a chi altre cose.“ — Der Schenkungsbrief für Castellione an Burgo, vom 23. Jan. in Antonia Campo, Cronaca di Cremona (Mailand 1645), S. 132. — Schinner erhielt bekanntlich Yigevano. ®) So im September an Pavia, an einzelne Novareser (B. A. Deputat! rei pecun. Duci, Andree da Burgo: 20. u. 26. Sept.). *) „Conservatores de rei publicae conservatione desperantes propriae saluti Student.“ (Lett. ed oraz. di Girol. Morone S. 285, 10. Febr.) — 47 — Dass all diesen Ansprüchen gegenüber die regulären Einkünfte, wie hoch oder niedrig man sie nun anschlägt,D im Augenblick verschwanden, leuchtet ein: die Rettung verschafften neue ausserordentliche Steuern,^) Anleihen, Zollverpfändungen,D Salz und Mühlsteinabgaben D* * in we¬ nigen Monaten stak man zutiefst bereits in einer Schulden¬ wirtschaft, die mit jeder Woche schlimmer ward und durch die zunehmende Quälerei der Abgaben besonders die niedern Stände fast zur Verzweiflung trieb. Kein Wunder, wenn bei der fortwährenden äussern Bedrohung ein Widerwille, selbst die gewohnten und hergebrachten Steuern zu zahlen, die Bevölkerung ergriff,D wenn sie anfing, die Vermögen b Prato, Storia di Milano, S. 309 schätzt sie mit 600,000 Dukaten viel zu hoch ein, wenn er nur die ordentlichen Einnahmen darunter ver¬ steht; ein undatiertes Schriftstück des St. a. Zürich (A 211, 1), wohl aus dem Anfang 1514, schlägt sie, nach Angabe des Herzogs selber, auf blosse 280,000 Dukaten an „und ist darin begriffen der zol und saltz und wz darzu hört. Daran hat der hertzog an weg geschenckt an jerlicher gült nüntzig tussig dugaten“ etc. *) Im Januar schon kursierten fabelhafte Gerüchte darüber: San. XV. col. 467, aus Bergamo; . . . „Per uno venuto di Milan . . . si ha, el Duca haver posto un’taion a’milanesi di duc. 200 milia, zoe 50 milia a’spagnoli, 50 milia a’todeschi, 50 milia a’sguizeri et 50 milia a lui. — col. 503; Mailand, Guidoto, 16. Jan.: . . . „Item com e quelli signori, zoe il Curzense e vicere col Ducha atendeno avcr danari e voleno meter una imposition a’milanesi di trovar duc. 100 milia.“ b Prato, Storia di Milano S. 310: . . . „ che in un mese da Milano solo cacciö una taglia de ducento milia ducati a ogn’uno facendo vendita de tanta parte de dacio, che ascendessi a la somma de H danari che se pagavano alle tratta de sette per cento“ etc. Bosmini, Dell’istoria di Mi¬ lano t. III. S. 375. b Prato, S. 310. b San. XV. col 528; 532, Mailand Guidoto (Anfang Febr.): „Milanesi non pagano piü poi che vedeno quel Stado non esser unito con la Sign, nostra (Venedig) e stanno suspesi.“ — L. L. XII. S. 23; Jean le Veau, Mailand, 24. Jan.: .... „et n’est celluy qu’il veuille fournir ung denier“. — Mitte Februar kam es darüber zu solchen Unruhen, dass der Herzog auf dem Punkte war, die Stadt zu verlassen (San. XV. col. 566 ; XVI. col. 6). — 48 — aus der Stadt zu flüchten^): nicht weniger vor dem Fiskus, als vor den Franzosen. Die Persönlichkeit Sforzas endlich konnte jede Furcht und Unsicherheit nur verdoppeln: mit wirklichen Sympathien einst erwartet, musste er durch seine völlige Bedeutungs¬ losigkeit und die plumpen Manieren die Italiener, die einer Begabung alles verziehen hätten, jämmerlich enttäuschen. Das zeitgenössische Urteil schwankt zwischen Mitleid, und Hohn und geheimem Neid auf die allmächtige Umgebung, ist aber einmütig über den Mangel aller Fähigkeit und Energie, aller Neigung zu Staatsgeschäften und jeder fürst¬ lichen Haltung.^ Soviel man seiner Jugend zu gute halten mochte: selbst die Möglichkeit des Aufschwungs schien dem entarteten Sohne Lodovico Moros zu fehlen. Nicht der Erbe eines italienischen Fürstennamens, sondern ein plumper Belgier und Barbar schien, von Barbaren zurückgeführt, den Thron Mailands zu verunzieren: ein unselbständiger, leicht einzuschüchternder Mensch, der von sich aus nie einen entscheidenden Entschluss würde fassen können, dem leicht die Tränen in die Augen schossen,^ und der die Aengste seiner Stellung bald in einem tollen Hasten auf den Gegenwartsgenuss erstickte, im dunkeln Grauen, es möchte nicht lange währen. Mit seiner Verwandten, der Marchesa Isabella von Mantua und deren Damen gab sich der Sforza, der Bischof von Gurk, Matthäus Lang, mit seinem belgischen und deutscken Anhang, der spanische Vizekönig Raimund b San. XV. col. 524 (23. Jan.) *) Solche Urteile bereits in Köhler S. 534\ 545 \ Morone; „Heu, quam dissimilis est patri, quam degener, quam negligens, quam res suas et propriam salutem temnens, quam in propria damna studiosus.“ Nicht ein¬ mal zu schweigen versteht er; sogar die wohlmeinenden Warner werden von ihm verraten (Lett. ed oraz. d. G. Morone, S. 278, 11. Jan.). Ib. S. 274: „äuget timorem principis istius aetas et, ut omnia dicam, imbe'^ cillitas“ . . . *) Köhler, S. 544, in der Gefahr von Novara u. s. w. 49 von Cardona, einem Treiben hin, das durch seine un¬ italienische Plumpheit die Mailänder beleidigte,i) während noch vom Kastell aus Tag für Tag die Stadt beschossen, ward und der kaiserliche und päpstliche Legat, der Vize¬ könig und die Gesandten um den dominierenden Einfluss sich stritten, während die Verschwendung auf dem Lande lastete und die nächste Umgebung des Herzogs, Ottavino Sforza und Sacromoro Visconti, mit dem Franzosen sich einliess 2): Alles in allem ein Fürst, wie ihn zwar nicht Mailand, „Keliquum \ero tempus omne in larvis, choreis, iocis et baccha^ nalibus absumunt. Sic noctes proditionibiis aut Veneri, dies somno et ganeae dantur. Adsunt omnes * veneres et cupidines et inprimis marcbionissa Mantuae et persimilis sibi Ferrarensium et Mantuanarum foeminarum cborus; neminem amare sine vicibus patiimtur; accedimt ex nostratibu^ plures Gallorum opibus et largitionibus assuetae. Tu nunc cogita, quantum in amore mergi oporteat principem adolescentem in prima lanugine commodissime lascivientem et qui paris aetatis sunt proceres et Italici sanguinis aulicos dehinc viros Hispanos, suapte ingenio foeminas adorare, nedum amare assuetos, et demum Beigas et Germanos ad explendam foeminarum libidinem natos et eo maxime, qui dudum Italos mores inbiberunt; profecto hi omnes certatim omnem amandi artem et omnes iam proditas in amore nequitias superant.“ (Girol. Morone, 28. Januar: Lett. ed oraz. lat. di Gir. Mor. S. 282.) — Das Erscheinen der Marcbesa hatte den politischen Zweck, die Spanier und Kaiserlichen von jeder Aktion gegen ihren Bruder, den Herzog von Ferrara, abzuhalten: Siehe das von Brosch, Julius II., S. 297 publizierte Sittenbild: . . . „ut operae praetium fuerit spectare novos ülissis socios in bellvas mutatos et alteros Anibalis milites campana luxuria effeminatos. Huc accessit altera Circe.ac licet Julius reclamaret, quereretur, urgeret, ut Ferrariam expuguarent, illa tarnen pocula circea quotidie instaurabat, militem blando remorando. Quis non rideret seu potius stomacheretur Gurgensem cardinalem puellae in sinu ore resupino humi iacentem ac more adolescentuli subinde suspirantem! Quis non miseraretur Raimundum ac Prosperum in senium vergentes in gratiam adamatae puellae quotidies domina iussisset saltantes!“ etc. Siehe ferner: A. Luzioim Arch. stör. lomb. ser. 3, vol. XV: „Isab. d’Este e la corte sforzesca.“ ®) Siehe den Brief des Morone, vom 14. April (Lett. ed oraz. S. 298)Ottav. Sforza intriguierte übrigens schon 1512 für seine eigene Kandidatur (Köhler, S. 531). Jetzt hätte er sich mit dem Visconti verbunden, der den Herzog beiseite schaffen sollte, und mit Ludwig XII. angeknüpft, unt — 50 aber die Liga brauchte, völlig bereit, jedem, der ihn zu ' nehmen wusste, die Regentschaft zu überlassen. Dass namentlich im Beginn völlig im Interesse der Fremden regiert ward, braucht keine Erklärung.0 Solange Matthäus Lang noch in Mailand weilte,^) scheint besonders der Einfluss des Kaisers allmählich gewesen zu sein 0 •* Maxi¬ milian war der Suzerain und Sforza eine kaiserliche Kreatur, gewohnt, unter diesen Willen sich zu ducken. Der Bischof aber verstand mit Meisterschaft, durch eine Mischung von väterlicher Sorge und Einschüchterung ihn in Abhängig¬ keit zu behalten, während er doch französische Agenten, wenn auch vielleicht ohne ernsthafte Absicht, beständig dann, mit dem Einverständnis der Venetianer und Schweizer, nach Weg¬ räumung auch des Visconti, sich wieder gegen die Franzosen zu wenden. Während des Karnevals hätten Sforza, Lang und der Vicekönig, die im Hause der Crivelli die Komödie besuchten, von Sacromoro überfallen und die Stadt für die Verschworenen genommen werden sollen, mit Willen und Einverständnis der Soldaten. Die Sache ward indes verraten und vom Herzog z. T. aus Angst vertuscht. Sacromoro verliess Mailand, Ottaviano aber wusste sich zu halten. — Diese Erzählung des Morone erhält eine Bestätigung im Brief des Merc. de Gattinare, vom 15. März: sein Schwie¬ gersohn bringt ihm aus Mailand die Nachricht von Unruhen, „et que ung des principaulx de la maison de Crivel avoit este tue, et le Duc. de Milan -c’estoit retirö ä paine“ etc. (L. L. XII. S. 82.) b San. XV. col. 458/60, 8. Jan.: . . . „Sono alogiati in corte vechia ■el Ducheto, legato, curzense et il vicere. El Ducheto e tamquam signum; ma questi tre insieme con el Senate Mediol. governano, e se pol dir, Milano sia governato da todeschi, da^ sgiuzari et spagnoli, tutti sitibondi di danari.“ — Der Herzog selber: Brief an Marg. v. Oesterr., 12. Febr. (L. L. XII. :S. 40). ®) Er verliess Mailand am 30. Januar. b Brief des Jean le Veau; Mailand, 28. Dez. (L. L. XII. S. 23). — Lett. ed oraz. di Gir. Morone, S. 274, 2. Jan.; S. 278, 11. Jan.: .... „dixitque palam in coetu illo Andreas de Burgo, qui, quicquid gerit et loquitur, ex cardinalis Gurcensis sententia facit, .... conservatores illos Caesaris electione creatos esse, nonnullos igitur, alias praestantissimos viros .ea ratione a cura reipublicae seclusos fuisse, quoniam minime Caesariani iaberentur.“ 51 um sich duldete.^) Als sein Statthalter und Agent trat bald Andrea da Bürge an die Spitze der Geschäfte, zwar ein Cremonese und früherer Diener des More, aber jetzt kaiserlicher Vertreter und gewiss völlig im kaiserlichen Interesse instruiert.^) Dazu wimmelte es in der Umgebung Sforzas von Personen, die bei Gelegenheit und Vorteil zu jedem Verrat bereit waren: Sacromore Visconti z. B., mit der Bewachung des Schlosses betraut, lieferte gegen Be¬ stechungssummen den Belagerten die Lebensmittel.^ Dem Herzog war von Lang und seinen Helfern ein misstrauischer Argwohn gegen die Schweizer eingeflösst worden,^ und ohne Zweifel fand der arme Schwächling nicht gleich den Mut, über der fernen und ihm nutzlosen Autorität des Kaisers die nahe und furchtbare Gewalt der Eidgenossen zu erkennen, denen er so ganz ausgeliefert war. Man spürt, wie in den entscheidenden Monaten, im DeDie ursprünglichen Ansprüche des Kaisers: Köhler S. 483t — Lett. ed oraz. di Gir. Morone, S. 278; 11. Jan: . . . „Gurcensis ille ipse noster, qui rei publicae et principatus fundamenta compositurus dicitur, dum principem filium appellat, comitatur, instruit, dum moras trahit, non •ommittit Gallorum nuntios de pace agentes dam audire; habet assiduum lateri comitem Ant, Mariam Palavicinum perpetuum Gallorum asseclam, nomini sfortiano infensissimum, quem intra archana et ipsum principis cubiculum admitti iubet, huiusque opera maximum habet cum Gallorum rege et cum obsessis in arce Gallorum profectis commercium“ etc., sodass der Friede zwischen dem Kaiser und Frankreich zu fürchten sei. 2) Brief des Herzogs an Margar. von Oesterreich, 12. Febr. (L. L. XII., S. 40); Lett. ed oraz. di Gir. Morone, S. 278, 11. Jan. 2) Siehe den Aufsatz von F. Calvi, II castello di Porta Giovia (im Archivio storico lombardo 1886, S. 229): ursprünglich hatten die Schwei¬ zer es belagert. Ferner: Prato, S. 311. — Der Herzog setzte den Vis¬ conti ab, hatte aber wieder nicht den Mut, ihn zu bestrafen. Auch der neue Kommandant, Silvio Orsini, verhinderte nicht, dass die Besatzung eines Tages plündernd in die Stadt fiel. Siehe ferner: die Beischrift zu dem Brief des Merc. de Gattinare; Dole, 28. Febr. (L. L. XIL, S. 52 ff.) *) Köhler, S. 532, 535. 52 — zember und Januar, die Uebermacht militärischer Kraft vor der geschicktesten Diplomatie sich durchsetzt, wie nach Längs Abreise der schweizerische Einfluss gänzlich den kaiserlichen verdrängt. Von jetzt an ist Mailand nicht ' viel anderes, als eidgenössisches Schutzgebiet; die Aengste Sforzas gehen darauf, ob es gelingen wird, die Schweizer sich dauernd geneigt zu erhalten und die notwendigen Gelder dafür aufzutreiben, trotzdem ein kaiser¬ licher Agent die Geschäfte besorgt. Wie völlig verzweifelt die Dinge namentlich im An¬ fang standen, als in der Schweiz die Friedensunterhand¬ lungen noch nicht abgebrochen waren, als man VenedigsAbfall voraussah und stündlich vor der Rückkehr der Fran¬ zosen zitterte, davon geben die Briefe aus den ersten Mo¬ naten einen eindrucksvollen Begriff.^) Die Bevölkerung war bis zutiefst aufgewühlt durch den Gegensatz der Parteien, die wieder mit den alten Guelfen- und Ghibellinennamen sich verbrämten,^) durch die fortwährende Erwartung des b Jean le Veau; Mailand, 24. Jan.: je vous promects que Monsr. de Gurce est en tel terme icy, qu’il ne sgait, oü il en est, et non saus, cause; car les choses vont asses de mal sorte, l’on est adverty pour certain, que les Frangois retournent avec grande puissance, Fon craint Fappointement des Suyches avec lesdits Franchois, ausquels ont donne et donnent audience; les Yenissiens sont superbes; les Espagnols dient, qu’ils feront et ne font riens; le Pape s’en va mourir, et n’y ä ung denier en bourse; qu’est-il de faire.“ (L. L. XII. S. 23.) — Lett. ed oraz. di G. Morone, S. 285, 10. Febr.: ähnlicli, über die stetig sich verschlimmernde äussere Lage. Auch auf Spanien und den Kaiser ist nicht der geringste Verlass. „Profecto (utinam fallar) non aliter, quam Dei miraculo potest Gallicum iterum iugum evitari“ ... — San. XY. col. 566, ®) Jean le Yeau; Mid, 24. Jan.: . . . „c’est, Madame, que la moitie du peuple de pardeca est si fort frangois que riens plus, tant par crainte, que les francois retournent, que autrement, et sont le plus decouraigez du monde et ne sgait Fon qu’ils vuellent dire; le Duc pour ceste cause est icy en la plus grande perplexite, ’qu’il est possible.Fon doubte, qu’il fut este force au Duc de s’en partir, pour aller lesdittes choses de si male Sorte qu’elles vont; touttesfois, Madame, le tout consiste, si les Suysses veullent tenir bon ou non“ .... (L. L. XII. S. 23). — Merc. de Gattinare; Dole, 15. März (L. L. XII. S. 82). — 53 — Feindes/) die Drangsal der Gegenwart und die Gefahr der nächsten Zukunft: in Hoffnung oder Furcht kam man aus dem Fieber nicht mehr heraus. Mit welch sträflichem Leichtsinn aber die herzogliche Regierung die Dinge her¬ ankommen liess/) wie sie, ohne Gegenwehr zu bereiten, doch die finanziellen Kräfte bis zur Erschöpfung in An¬ spruch nahm, musste das Schlimmste erwarten lassen. Wenn immerhin im Frühjahr trotz allem eine gewisse Festigung der Zustände eintrat, und der Herzog sich in Sicherheit wiegte,^ so war selbst diese Beruhigung garantie¬ los: nur weil der sofort erwartete Franzoseneinfall um einige Monate sich hinauszögerte, schienen die Unruhen und Schwierigkeiten sich zu verringern. Sowie ein französischer Soldat diesseits der Alpen stand, würden alle Feinde der Sforza sich erheben, alle Gedrückten aufstehen, und nur die Bravour seiner Söldner konnte den Herzog dann retten. So halt- und marklos war der neue Staat der Liga und der Eidgenossen beschaffen. Für sie aber lag als Folge dieser gänzlichen Wehrlosigkeit, dieses völligen Mangels an eigenen Verteidigungskräften die Versuchung des Auspressens so nahe, dass der arme Wechselbalg auch ohne äussern Angriff dem Schröpfen vielleicht bald erlag. Dieses als Puffer für Italien so unvergleichlich wichtige Fürsten¬ tum D war ein Ding geworden, nur da, mit seinen geringen Lebenskräften eine zeitlang alle Nachbarn zu nähren. b L. L. XII. S. 108. *) Lett, ed oraz. di Gir. Morone, S. 282, 28. Jan.: .... „quoniam nec senatus habetur, nec de republica refertur, nec dominii propugnacula struuntur, nec ulli apparatus belli bunt“ ... b Sein Brief an Margar. von Oesterreich, 12. Febr. (L. L. XII. S. 40); des Jean le Veau, Mailand (L. L XII. S. 139). ^) Dass man in Mailand wenigstens dieser Wichtigkeit sich bewusst war, zeigt die Instruktion des im August nach Rom gesandten Girol. Morone (B. A., Kopien aus Mailand): sie nennt Mailand „uno stato per potere sostinere li primi impeti ne le guerre francesi et anche contrapesare alli altri stati de Italia, come in ogni tempo ha facto et conviene che faccia, se in Italia debe essere quieto“ . . . Drittes Kapitel. III. Die Diplomatie. Während in Mailand der neue Staat mühsam sich kon¬ solidierte, erwuchsen der Liga, die ihn garantierte, die Gefahren unter den eigenen Gliedern, durch den Abfall Venedigs und den Tod des Papstes: fast im selben Augen¬ blick, da in der Schweiz der Kampf der Parteien zu Sforzas Gunsten sich entschied. Die Republik Venedig hatte im Vorjahr die grössten Opfer gebracht: mit ihrem Geld vor allem war der Sold des eidgenössischen Heeres bestritten worden; ihre Truppen allein hatten noch am eigentlichen Feldzug teilgenommen, und nun war sie von Papst und Spaniern um den gehofften Gewinn betrogen: Cremona war ihr von Schinner, Brescia durch die Verräterei des Vizekönigs, als sie beide schon zu besitzen geglaubt, entrissen worden. In unbegreiflicher Weise hatte der Legat die Proveditoren terrorisiertder Papst aber opferte das Lebensinteresse seines ergebensten Bundesgenossen, ja den eigenen Vorteil und seine nationale Politik dem Augenblicksgewinn, den der Eintritt des Kaisers in die Liga und die Anerkennung des lateranischen Konzils ihm brachten. Zu des Kaisers Gunsten sollte Venedig auf Vicenza und Verona überhaupt verzichten, Padua und Treviso nur als Reichslehen, gegen 250,000 Dukaten und 30,000 Dukaten jährlicher Abgabe zurückempfangen, d. h.: jede 1) Köhler, S. 408. 55 — selbständige Bedeutung als Festlandsstaat freiwillig und kampflos aufgebend) Kein Wunder, wenn die überlistete und brutalisierte Eepublik vor der Liga, die sich damit gegen Venedig selber kehrte, nun vollends die Stütze an Frankreich suchte, mit dem sie seit dem August des Vorjahres schon in Unter¬ handlungen standd) Ende Januar zitterte man im Mai¬ ländischen bereits vor dem nahen Abschluss d) der Kaiser, mit Mailand und dem Vizekönig verlängerte seinen Waffen¬ stillstand bis Ende Märzd) der Papst verschob den an¬ gedrohten Bann und verzehrte seine letzten Kräfte in der peinvollen Ungewissheit.^) Und die französisch-venezianische Allianz war in der Tat dem Abschluss nahe: nicht nur dass La Tremoille und Trivulzio in Luzern mit dem venezianischen Boten Stella b Köhler, S. 491 ff., 508 ff. Die Verkündigung am 25. Nov. 1512. ®) Köhler, S. 514; Brosch, Julius II., S. 268; Romanin, Storia docum. di Venezia, t. V, S. 277 ff. ®) San. XV. col. 524: das Gerücht, schon sei die Liga in Paris aus¬ gerufen. „Milanesi mandano el suo bestiame su el bergamasco; siche monstrano aver gran paura, che la Signoria non sia romasa d’accordo con il re di Franza, per che subito quel Stado volterä.“ (Bergamo ; V. Lipomano, 23. Jan.) — col. 528. — Vielleicht um eine Verständigung zu ver¬ suchen, ward im Februar Oct. Sforza nach Venedig gesandt (ib. col. 544). *) ib. col. 525, 1. Febr. — Max Sforza an Margar. von Oesterreich, 12. Febr. (L. L. XII., S. 40). — Conte Trusardo und Galeazzo Columbo an Trivulzio (St. a. Zürich, Papst) 16. Febr. San. XV. col. 492; Rom, Foscari, c. 10. Jan.: .... „coloquii ha auti col Papa, el quäl sta molto anxioso e non bene sano, per le cosse occorono. Dubita dil fato suo, maxime intrando la Signoria in nova liga con Franza, e si tien, si la se concluderä, etiam il Papa intrarä . . .“. — col. 489; Mailand, Guidoto, c. 13. Jan.: . . . „esser venuto al Ducha uno breve dil Papa, che si alegrava di la sua intrata et dovesse meter in hordine 500 homeni d’arme et dar danari a’spagnoli, accio si sia uniti tutti in favor di la soa liga contra venetiani“ etc. ~ Brosch, Julius II., S* * 269, 272. — 56 — UDaufhörlich verhandelten;i) in Bleis selbst, am Hof und in der Umgebung des Königs, führten die zwei Gefangenen Andrea Griti und Antonio Giustinian die Sache der Heimat.^) Wenige Tage nur, bevor in der Schweiz die Verhandlungen scheiterten, bevor La Tremoille mit einem unannehmbaren Friedensvorschlag heimritt, war die Verständigung vollen¬ det. Am 23. März ward in Bleis die neue Liga verkündet, die, unter Vorbehalt des Papstes, die feste Absicht kund¬ gab auf die Rückgewinnung Mailands für Frankreich, der Terraferma für Venedig.^) Die Jahre lang widerstreitenden Interessen gingen wieder einig; jeder der Kontrahenten ver¬ zichtete auf einen Teil des beanspruchten Gebiets: Venedig auf Cremona und die Ghiara d’Adda, um dafür Bergamo, Crema und Brescia sich zu sichern, und beiden mag ein Bedürfnis der Rache für Niederlagen und Täuschung den Verzicht erleichtert haben.G Vergebens, dass nun der spa¬ nische Botschafter erklärte, der Kaiser sei bereit, alles zurückzugeben,G dass der Vizekönig mit einem allgemeinen b San. XY. col. 528; 546 Stella, 4. Febr,: „Come zonse li el signor Zuan Jacomo Trinlzi .... Scrive coloquii auti insieme, quäl li ha mostrato la commissione li dete il Koy di mandar a concluder la Liga a Venecia“ etc. — col. 534. — XVI. col. 6 (Stella, 12.—18. Febr.), col. 27 (29. Febr.). 2) Romanin, Storia documentata di Venecia, t. V., S. 277 ff. Mocenigo, La guerra di Cambrai, 1. V. b San. XVI., Col. 136, 119 (Andrea Griti; Blois, 24. März). Ceresoie, la republ. de Venise et les Suisses, S. 25. — Jacques de Bannissis; Augsburg, 15. April (L. L. XII., S. 103). •— Leiters and papers S. 490, Nr. 3752: ,,Nouvelles de France“. — Grumello, Cronaca, Cap. XXIII. — Der Wortlaut: San. XVI., col. 121 ff. Die Ratifikation Venedigs erfolgte am 11. April (ib. col. 143), die Verkündigung auf dem Markus¬ platz am 22. Mai (ib.' col. 121, 283). Eine Kopie dieses venezianischen Exemplars, von 1516: Paris, Bibi. nat. Coli. Dupuys Nr. 45, Fol. 25 ff. b Die Anm. 1 zitierten Verhandlungen mit La Tremoille zeigen, ■wie zögernd man das Opfer von Cremona brachte, das man früher Mailand ja verweigert hatte. b San. XVI., col. 131, 9. April. — 57 Angriff drohte/) der neue Papst sich bekümmert über das Gerücht erkundigte/) und die Eidgenossen die Nachricht .aufs übelste aufnahmen 2): Venedig war auf Gegnerseite ge¬ treten und erwartete in Ungeduld das französische Heer/) um dann auch von Osten her Mailand zu bedrohen. An seiner Stelle war der Kaiser Glied der Liga geworden, ein zweifelhafter Gewinn: statt der grossen Kapitalmacht ein ■selber stets geldbedürftiger Monarch, ein Bundesgenosse, reich bloss an ausschweifenden Kombinationen. Das Haupt der Liga aber hatte den Wechsel nicht mehr erlebt: am 21. Februar schon war Papst Julius verschieden/) H ib., col. 169, 11. und 13. April. *) ib., col. 170, 13. April. — P. Bembus, Epistolae . . . Buch 11. Nr. 1: An P. Bibiena. San. XVL, col. 175; Stella, Mitte April: . . . ,,dubita inteso la conclusione, non fazino qualche movesta furiosa.“ col. 180, unterm 23. April die lange Rechtfertigung der Signorie an Stella und die Schweizer. — Die Tagsatzung in Zürich beschloss am 20. Mai, auf die Nachricht der Allianz, des Alpenübergangs der Franzosen und des Vor¬ rückens der Venezianer vor Cremona die Ausweisung Stellas, „des er übel erschrocken und gemelt, wie er mit dure heimkomen; darzu sige er 1500 gülden zu Zürich schuldig, uff dz ist im dz zil gestreckt bis zum nechsten dag“ etc. Doch ward seine ganze Korrespondenz nun kon¬ trolliert (Brief des Basler Boten Truttmann, vom 20. Mai, St. a. Basel, M. 1, Nr. 293; des Peter Täfern}^ an Freiburg, vom 20. Mai, K. bibl. Freiburg, Coli. Girard VIII., f. 104; E. A., 501 i, 502; San. XVL, col. 324). — Die Signorie wies ihn darauf an, zu bleiben und über die Verhandlungen des päpstlichen Gesandten Filonardi zu berichten. Ori¬ ginal und Uebersetzung, im St. a. Zürich, A. 214, 1, vom 27. Mai). Am 19. Juni richtete sie eine neue Rechtfertigung an Stella und die ■ Schweizer, mit der Verwunderung über die Massregeln gegen den Boten und Versicherung ihres unveränderten Wohlwollens (St. a. Zürich, A. 214, 1, Uebersetzung). — Siehe auch Anshelm S. 406. U San. XVL, col. 119: Andrea Griti mit der Nachricht vom Abschluss der Allianz: ,,Et come a di 25 April sarä in Italia l’exercito dil Re“... . ®) Schweizerische Nachrichten von seiner Krankheit und der in Rom eintretenden Verwirrung finden sich ausführlich in Briefen des Peter Falk .an Freiburg (K. Bibi. Freiburg, Coli. Girard VIIL, f. 99, 102) vom 58 — doch die Sorge verdüsterte seine letzten Tage.^) Er starb^ auf der Höhe der Gewalt, irn Besitz eines gekräftigten und erweiterten Staats, im vollen Triumph über seine Feinde, und dieser Arbeit steht es nicht zu, solchen Nimbus zu zerstören. Genug, dass der Papst selbst die Wandelbarkeit des günstigen Momentes schmerzlich empfand; denn er war weiter, als je von einem befreiten Italien. Wohl ist es die Erbitterung des getäuschten Venedig, wenn Marino SanutO ’ der Todesnachricht beisetzt: „Questo Papa ha dogado anni 9 . . . et e stä causa di la ruina de Italia‘‘,2) und doch möchte dies Urteil für den Begleiter Karls VIII., 1494, für den Schöpfer der Liga von Cambray, für den Ueberlister Venedigs zu hart nicht sein. Im Widerstreit zweier un¬ verträglicher Ziele hat Julius schliesslich doch immer dem 5. und 18. Febr.: wie die Grossen Banden werben, um ihre Häuser zu besetzen. Er ist in den Vatikan geführt worden, bis zum Saal, in dem der Papst liegen soll. Später: wie die Kardinäle 6000 Mann aufgeboten hätten. — Siehe ferner das Diarium des Paris de Grassis (Paris, Bibi, nat. ms. lat. 5165 t II), S. 661 ff., 688 ff.; die L. L. XII., S. 58, 59. Von neueren Darstellungen Brosch, Julius II., S. 272. Die Kardinäle meldeten den Tod an Freiburg, ebenso wohl auch an die andern Orte, am 22. Februar (K. bibl. Freiburg, Coli. Girard VI., f. 52). Das Schreiben an Bern bringt Anshelm S. 394 in Uebersetzung. 9 Siehe S. 37, Anm. 5. — Brosch, S. 269. b San. XVI. col. 561. — Wogegen dann Paris de Grassis (Diarium: Paris, Bibi, nat.), S. 688, über die verehrungsvolle Trauer in Kom be¬ richtet: „Non vidi unquam ab annis quadraginta, quibus in urbe fui, nec credo visum unquam fuisse tarn ingentem populorum multitudinem ad ullum Pontificis cadaver effusam, ita ut per horas duas, ne dicam quatuor integras steterimus a descensu scalarum ad aulam ipsam, ubi corpus ponendum erat, et omnes cuiusque ordinis, conditionis et sexus ac aetatis quicumque fuerunt omnino, quantumque repellentibus militibus corporis custodibus, voluerunt pedem osculari, prout osculati sunt acclamantes inter lacrymas salutem animae suae .... quoniam; ut dicebant, hic Pontifex nos omnes, omnem Italiam, omnem Christianitatem a iugo barbarorum et Gallorum eripuit. “ Dass er ein mächtiger Mensch war und die Geistesgeschichte ihm Unendliches verdankt, gehört nicht in diesen Zusammenhang. 59 — Kircheninteresse den Vorrang gegeben, vor dem Interessedes Patrioten. Als nationaler Politiker musste er ein Mai¬ land wünschen, das auf eigenen Füssen stand, als Bollwerk gegen die Barbaren des Nordens; als Papst aber war ihm ein schwaches, nur von ihm und den Schweizern gehaltenes willkommen. Als Herr des Kirchenstaats hat er ihm Parma, und Piacenza genommen; als Herr des Kirchenstaats, um den Kaiser gegen Ferrara zu gewinnen, Venedig zum Bund mit Frankreich getrieben. Italien war frei von den Fran¬ zosen, um vor ihrer Rückkehr zu zittern und in die Ab¬ hängigkeit von Schweizern und Spaniern zu sinken. Auf die Eidgenossen hatte der Papst, trotz allen Zornsüber die Friedensverhandlungen, sein Vertrauen nicht ver¬ loren; noch in der letzten Krankhjeit soll er die feste Zu¬ versicht geäussert haben.B Und doch darf man fragen, wie das Verhältnis bei längerer Dauer geblieben wäre. Viel¬ leicht lag schon in der Missbilligung von Julius’ Verrat an Venedig, in der hartnäckigen Weigerung des Papstes, die verfallenen Solde und Pensionen zu zahlen, ein Keim baldiger Zerwürfnisse.^) Seine Absicht jedenfalls, sie zum weltlichen Arm der päpstlichen Plane zu machen, als die ausführende militärische Kraft zu gebrauchen, musste bei den Schlangenwindungen dieser Politik an der Tagsatzung früh Widerstand finden. Die Eidgenossen waren selbsthandelnd unter die Mächte getreten: trotz aller Bigotterie würden ihr Rat und ihr Heer auf die Länge durch päpst¬ liche Breven und Legaten nicht zu dirigieren sein. Das eigene Interesse musste in jeder künftigen Krise ihren Kurs entscheiden. b Peter Falk an Freiburg; Rom, 18. Febr. (Kt. bibl. Freiburg. Coli. Girard VIII, f. 99): „Doch so soll der babst, wiewol er vast kranck ist,geredt haben, als mir gesagt ist: ipsi servabunt nobis et ecclesie Romanefidem“ . . . b E. A. 486 a. — St. a. Bern, Ratsmanual 157, f. 70; Deutsches, Miss, buch, f. 104: Reklamation Berns bei Schinner, 16. Febr. 60 — Für die Liga und ihren Staat bedeutete dieser Tod einen schweren Schlag: wohl hielten die Kardinale am Bund mit den Schweizern fest;0 doch der Entscheid lag allein beim künftigen Papst. Seine blosse Neutralität aber konnte Mai¬ land schon gefährlich werden.^) Die persönliche Macht des Toten und die Erfolge seiner letzten Taten, der Zwang der Situation waren immerhin gross genug, die Wahl eines Franzosenfreundes zu verhindern: am 11. März ging der Kandidat der Jüngern Kardinäle und der Nationalen, Leo X., unerwartet rasch als Sieger hervor.^) Seine Wahl weckte den Jubel nicht nur in Italien J) nicht nur Sforza erklärte, er selbst hätte keinen ihm ge¬ eigneteren Papst ernennen können^): mit ganz denselben Hoffnungen nahm der französische König die Nachricht ent.gegen.®) In Wahrheit konnte erst der kommende Kampf 0 Schreiben der Cardinäle an Freiburg, 22. Febr. (oben zitiert), an Bern (Ansh. S. 394); Brief des mailändischen Gesandten Caracciolo an den Herzog, Rom, 27. Febr. (B. A.) : . . , „questi Signori cardinali monstrano volere essere neutrali“ ... — Gleichzeitig suchten sie doch auch die An¬ näherung an Frankreich: Jean le Veau, Mailand 5. März: „Le College des cardinaulx estans ä Rome subit apres la mort du Pape ont escript ung bref au Roy de France, le priant vouloir oster le scisme et deffaire le Concille et estre hon fils de l’Eglise.“ (L. L. XII, S. 59.) *) Lett, ed oraz. lat. di Gir. Morone, S. 285: 10. Febr. — L. L. XII. S 59. Diarium des Paris de Grassis, t. III., S. 41 ff. — L. L. XII., S. 63 ff.; S. 72 fl: der Bericht des kaiserlichen Gesandten de Carpi, Damit identisch: Letters and papers, S. 504, Nr. 3780. *) lieber den Jubel in Rom berichtet z. B. P. Falk an Freiburg, 14. März: . . . „als zornmüttig bapst Julio gewesen, so senfftmütig ist diser; man spricht, das keyn ungüttig wortt von im nye gehörtt worden sye; dhein unkuschheytt, noch ander Untugenden sind an im nye gespürtt; man hat dry tag an einandern fröidfür gemacht, als ob gantz Rom in gantzen flammen wär'‘ . . . (K. bibl. Freiburg, Coli. Girard VITI., f. 59). ) Brief an Margar. von Oesterr.; Piacenza, 13. März (L. L. XII., S. 80). — E. A. 488 a: in der Mitteilung an die Eidgenossen. ®) San. XVI. col. 133: Ruberto Acciajoli, fiqrentin. Gesandter in .Blois, der als Erster die Nachricht dem König brachte, c. 16, März: „A 61 — selber auch die Stellungnahme Leos und den Kampf der' Parteien am Hofe entscheiden: mochte er die Tiara zum guten Teil Ludwigs grimmigstem Feind, Matthäus Schinner, verdanken,H so übernahm er doch nirgends eine Verpflich¬ tung, in des Vorgängers Bahnen und nach Schinners Wün¬ schen zu handeln. Ungünstig von vorneherein musste es diesen Entscheid jedenfalls berühren, dass Sforza und der Vizekönig gemeinsam die Sedisvacanz benutzt hatten, um Parma und Piacenza vom Kirchenstaat wieder abzureissen und mit Mailand zu vereinigen 2): ein völlig aussichtsloser lo adrivare del coriere io mi transferii subito a la maestä del Re, el quäle' trovandosi ad corte con la regina, significai la nova electione del Papa, et in uno tempo medesimo satisfeci ad ambodua, de la partecipatione di tale adviso; la quäle fu apprea si lietamente da tuttidua, che manifestamente aperiva, che non potesse cadere in nessuno altro, di che tenessero migliore' opinione et piü speranza di migliorare le cose loro-“ “) Schinners Anteil am Conclave: Seine Abreise aus Mailand am 27. Febr. (San. XVI. col. 10, 11). ib. col. 19, 20 meldet sein Ein¬ treffen in Rom, am 2. März. Erst soll er für den Bischof von Ostia, San. Giorgio, geworben haben (ib.). Nachher aber, heisst es dann, hat er immer zu dem Medici gehalten: Letters and papers S. 504, No. 3780; der Bericht des kaiserl. Gesandten Alberto de Carpi (L. L. XII. S. 72 ff): R. etiam D. Cardinalis Sedunensis constantissimus fuit in partes R. D. de Medicis et semper favit“ . . . Carpis Sekretär, der im Conclave die Cardinäle gegen eine französische Kandidatur bearbeitete, wäre ein Diener Schinners* Zweifellos strengte er alle Kräfte an, um die Wahl eines Franzosenfreunds oder Yenetianers zu verhindern, und sein Einfluss kann als Vermittler mit den Schweizern, nach dem Feldzug des Vorjahrs und der Einsetzung Sforzas nicht gering gewesen sein. Peter Falk aber schreibt aus Rom in die Heimat geradezu: „den ruom hatt unsr gnädigster her, der CardinaL von Sitten, das er die gruntliche ursach der erwellung des allerheiligsten vatters gewesen sye, dass man im gross lob zuspricht. Er ist bäpstlicher heiligkeit vyll lyeber, dann dem bapst Julyo, hatt inn ouch zuo ir im Pallast genommen und im die allerlustigeste stantzen ingehen, die darinn syg; er ist abermals die factotum“ etc. (K. bibl. Freiburg, Coli. GirardVIII, f. 59,. 14. März.) Die Städte boten für alle Rebellen einen sichern Zufluchtsort (Brief des Herzogs an seinen Gesandten in Rom, vom 13. Febr.; in Docum. Morone, Einleitung XL, 2). Bevor übrigens Julius’ Tod bekannt. 62 — .Streich, dessen Ertrag, statt dem leeren Schatz, nur den Spaniern zu gute kam,^) überdies in einem Augenblick unter¬ nommen, da schon in ganz Italien die Gerüchte' vom Nahen der Franzosen widerhallten. Man hätte nicht nötig gehabt, den Papst in seinen Herrschaftsinteressen zu verletzen 2): ohnehin war er weit war, agitierte dort eine Partei für den Anschluss (San. XVL, col. 6, 24. Febr.), und berieten in Mailand die Konservatoren den Streich (Lett. ed oraz. di Gir, Morone, S. 288: 19. Febr.). Der auf die Nachricht am 1. März hingesandte Bischof von Lodi, Ott. Sforza, zögerte, statt rasch eine freiwillige Uebergabe zu bewirken, die Dinge hinaus, bis neben dem Herzog auch der Vizekönig mit spanischen Truppen erschienen war (Lett. ed oraz., S. 291; 293: ,,Seditiones, quoad potuit, variis artibus fovit ac nutrivit atque omnia factionum capita in contraria studia admodum incendit, ut de assequenda voluntaria deditione sperare amplius non liceret‘‘ etc.) und die Uebergabe erzwang (San. XVL, col. 11, 24: ,,per dubito dil saco“, am 7. März). . Ueber die Einnahme Piacenzas siehe: F. da Villa, Cronaca (in Monum. Parmensia et Placentina IIL), S. 28; Boselli, Delle storie piacentine, t. IIL (Piacenza 1805), S. 40 ff.: die Anhänger des Herzogs und der Kirche hielten sich die Wage, und der Gouverneur musste sich mit dem Protest begnügen. — Parma ergab sich wenig später (San. XVL, col. 37; Lett. ed oraz. di G. Morone, S. 293). — Weitere Nachrichten: L. L. XIL, S. 59: Jean le Veau, 5. März, S. 80, 90. — Entschuldigungsschreiben des Herzogs an das Kardinalskollegium; Lodi, 7. März (B. A., Kopien aus Mailand). 1) Lett. ed oraz., S. 293; San. XVL, col. 56: Auf spanischer Seite wohl von Anfang an das eigentliche Motiv der Unternehmung, wie Morone behauptet: Lett. ed oraz., S. 288, 19. Febr.: . . . „sub specie alicuius boni ex ingenti male eliciendi . . . ., sed magno astu, ut in cunctis moventur, ut seil, prorex civitatibus auctoritate et viribus suis adeptis tributum imperet ac exinde stipendia exercitui persolvat.‘‘ Vergebens suchte er deshalb im Staatsrat durchzusetzen, dass der Zug, den er an¬ fangs als gefährlich überhaupt bekämpft, wenigstens ohne spanische Hülfe geführt würde (ib., S. 291, 1. März). Er ward deshalb eine Zeit lang von den Staatsgeschäften ganz entfernt (ib., S. 293 etc.). — Die Kon¬ tribution betrug 230,000 Goldguiden, 60,000 Dukaten für Piacenza allein. 2) Schon am 14. März beklagt Leo sich beim spanischen Gesandten und verlangt in Breven an Mailand und den Vizekönig die Rückerstattung (San. XVL, col. 48, 66. — Caracciolo an den Herzog: Rom, 4. April, 63 • davon entfernt, für die Liga tatkräftig einzustehen. Wohl setzten ihm der kaiserliche und der spanische Gesandte un¬ aufhörlich mit Geldforderungen für das Heer des Vizekönigs zu, während Schinner ihre eigene ewige Uneinigkeit müh¬ sam bekämpfte.G Wohl donnerte Schinner in der Kongre¬ gation und überall gegen die Franzosen G und schien zu den vertrauten Katgebern zu gehören selbst eine dynastische Verbindung der Medici und Sforza, zwischen einer Halb¬ schwester Maximilians und dem Herzog Giuliano oder Lorenzo hat er zur Sicherung Mailands dem Papste vorge- schlagen.G In Wahrheit aber liess Leo alles über sich geschehen, um erst recht freie Hand zu behalten. Nirgends lehnte er ab, nie entliess er mit entschiedenem Nein oder Ja: dem kaiserlichen Gesandten hatte er gleich nach der Wahl das Beharren beim Bündnis in Worten der grössten Herzlichkeit versprochen, an Spanien und England im selben Sinne geschrieben.G Den Eidgenossen verhiess er die Befriedigung im B. A.). Man antwortete ihm mit Ausflüchten und dem Vorgeben, auf kaiserliche Ordre gehandelt zu haben (San. XVL, col. 66, 129) und zwang die Städte zu Bittbriefen an den Papst, sie unter mailändischer Herrschaft zu lassen (ib., col. 172). G San. XVL col. 178, 18. April, col. 188, Rom, 23. April, Foscari: „Scrive, li oratori Imperator e Spagna e Milan frequentano le audientie dal Papa, dimandandoli danari da dar a’spagnoli, aliter, dicono, si partirano de Lombardia et tornarano in reame et subito levati, il Stato dil Duche di Milan chiamerä Franza ... et si’l Papa li vol dar duc. 40 milia, starano a l’impeto“ . . . *) „Lo Rev. mo Cardinale Sedunense, el quäle in congregatione et in ogni loco parla cum tanto fervore contra Francesi et in favore de V. Ex. quanto se possa desiderare (Caracciolo an den Herzog, 17. März, B. A.). G Brief des P. Falk (S. 42, Anm. 5). San. XVI. col. 188: „el card. sguiz. e spesso col Papa“. G Carraciolo an den Herzog, Rom, 8. April (B. A.): . . . . „et che a Sua Santitate piacque el rasonamento et li disse, che vedesse.“ G L. L. XII., S. 72 ff. Damit identisch Letters and papers, S. 504, Nr. 3780. \ 64 — längst ungestüm gestellter Forderungen, der alten, von Julius II. in eigensinniger Sparsamkeit missachteten Sold¬ ansprachen von früheren Zügen: „er wolle uns Eidgenossen mehr tun, als sein Vorfahr.Vor jeder energischen Aktion aber, wie sie die Nachfolge Julius II. verlangte, vor dem Aussprechen des Bannes gegen Venedig, der nun seit Mo¬ naten schon angedroht war, vor jeder feindseligen Hand¬ lung gegen den gebannten König verschanzte er sich hinter eine allgemeine Friedensliebe, wie sie seiner Stellung frei¬ lich entsprochen hätte.Den Venezianern versprach er in unbestimmten Zusagen die Restitution ihres Staats;D als in der 6. Sitzung des Lateranischen Konzils der Prokurator ein Edikt gegen die Schismatiker und gegen Frankreich verlangte, antwortete der Papst mit einem vielsagenden Schweigen.^ Dass ihm in die französisch-venezianische Al- 1) Die Anzeige der Wahl: Breve vom 11. März (an Bern), bei Anshelm, S. 399; E. A. 492 u. — Die Soldangelegenheit: E. A. 500 a, 9. Mai, San. X«VI., col. 152. — Das Beglaubigungsschreiben für den Gesandten, Ennio Filonardi, Bischof von Veroli (1. April) im St. a. Zürich, Orig, abschied VI., 42. — Nachher schrumpfte diese Freigebigkeit dann allerdings auf ein Angebot von 25,000 Gulden als Abfindung für die Ansprachen und 1200 Gulden für die nächstverfallene Pension zusammen (E. A., 501 i, 502 o). ®) San. XVI. col. 71, Rom, Foscari (22. März): .... „El Papa rispose, che . . . era Pontefice, per meter pace e non far guerra“ .... col. 72. ®) San XVI. col. 118, 26. März; col. 130, 2. April (Foscari); „Di coloquii auti col Papa.vol, che abiamo tutto il nostro stado e far liga insieme et tuor il ducha de Milan in protetion“ . . . b Diarium des Paris de Grassis, t. III (Paris, Bibi, nat.), f. 91 ff. (27. April): . . . .„quia sic mihi prius dixerat se nolle aliquid contra regem Franciae attentare.“ — Der Brief Leos an seinen Bruder Giuliano, vom 31. März (P. Bembus, epistolae; Buch I, No. 18; Raynaldi, Annales Eccles. t. XX. S. 145), versichert die freundschaftlichste Gesinnung für Frankreich.. — Wie leidenschaftlich Schinner sich gegen die Restitution der Schismatiker sträubte; Rom, 22. März, V. Lipomano; „Eri fo congregation per questi cardinali desmessi (d. h. Santa Croce und San Severin); el card. Surento e Sguizaro non vol per niente; anche l’orator yspano e contra; e stä messo a una altra congregation.“ — 65 — lianz der Eintritt offen gelassen, erfüllte ihn mit Befriedigung,!) und den Spaniern blieben die begehrten Unter¬ stützungen verweigert.^) Die Motive dieser halb verlegenen Neutralität hat man nicht weit zu suchen: der Wunsch nach einem allgemeinen Frieden war ihm die bequeme Ausflucht, mit der er jede Avance und Versprechung wieder zur Hälfte zurücknahm, die Decke höchst'egoistischer Bestrebungen und der kühlsten Vorsicht. Weil er sich nicht exponieren, Frankreich nicht reizen und die Liga doch nicht aufgeben wollte, gefiel er sich in der Rolle des apostolischen Friedensfürsten, eifriger umschmeichelt und umworben, als wenn er mit klaren Worten gleich von Anfang an Partei ergriffen. Er Hess die Er¬ eignisse entscheiden, und als die Ereignisse gesprochen, entschied er sich mit Pomp für den Sieger. Die Liga aber konnte ein diplomatisches Abwarten dieser Art nur desorganisieren: an Stelle des rücksichtslos ungestümen Angriffs und mächtiger persönlicher Initiative war in Rom nun das vorsichtige Ausweichen getreten. Kein gewaltiger Wille zwang mehr die misstrauischen und eigen¬ süchtigen Glieder zusammen. Wohl schien es eine Zeit lang, als ob der Kaiser die Führung im Krieg gegen Frankreich übernehmen wollte. Nach so vielen vergeblichen Versuchen der Verständigung und dynastischen Verbindung, wie er sie noch in den letzten Monaten gehofft,^ trat er nun mit einem Mal als Todfeind Ludwigs XII. hervor: am 5. April schloss er mit Heinrich VIII. von England die Liga von Mecheln, die in einem vierfachen Angriff von England, Spanien, Deutschland und der Provence her, gleich¬ zeitig durch die Truppen Heinrichs, Ferdinands, des Kaisers und des Papstes dem gehassten Frankreich den Untergang H San. XVL col. 216. “) ib. col. 191, 216. 3) Der Vermählung Karls von Burgund mit der Tochter Ludwigs,, Renee. 66 — bringen sollte.i) Schon im März hatte er 6000 Mann von den Eidgenossen in seinen Sold begehrt.^ Als diese ab¬ lehnten, in einem so drohenden Moment ihre Leute ausser Lands zu schicken,0 rückte er mit den eigentlichen Zielen heraus: die 6000 Söldner sollten statt bloss gegen Geldern gegen Frankreich selbst verwendet werden. Die Gesandten erhielten die Instruktion, der Tagsatzung ein eigentliches Bündnis zu beantragen: der Kaiser würde mit den gewährten Truppen, einem Zug von Reisigen und anderem Kriegsvolk in die Dauphine ,,odr wo es am gelegnesten were“ ein¬ brechen, oder den Eidgenossen für einen Zug auf eigene Kaust vier Monate lang 1500 Reiter und monatliche Subsidien stellen, „das wir zu beiden Teilen des Küngs von Kranckrichs gemein vind werent, und wir on si und si on uns mit im keinen vertrag, friden, anstand oder gütlich handlung nit fürnemen odr beschliessen.^^ Es ist der Plan des Zuges nach Dijon, der, wenige Monate später und in der veränderten Direktion ausgeführt, vor den Eidgenossen erscheint. Dass der Kaiser gleichzeitig noch einen eigent¬ lichen Defensivbund zum Schutze Mailands anbot und zum Eintritt in seine Liga mit England, Spanien und den Papst einlud, war die natürliche Konsequenz.^ 1) Ulmann, Kaiser Maximilian, II., S. 460. — Huber, Gesch. Oester¬ reichs III., S. 399. — Die Eidgenossen sind als Verbündete Vorbehalten (E. A,, 493). — L. L. XII., S. 88: die Vollmacht zum Abschluss an Margar. von Oesterr. Ulm, 16. März. Ohne zunächst die Verwendung anzugeben: E. A., 486 b, f. 5 E. A., 492 p (4. April), — San, XVI,, col. 175, Stella aus Zürich. b E, A., 495 zu 0 (Zürich, 18. April). Die Instruktion selbst: Augsburg, 16. April (St. a. Zürich, A. 176, 1; eine Kopie in den ‘Tschudischen Originalabschieden). Das Beglaubigungsschreiben für die Gesandten: den Reichsschatzmeister Hans von Landau, Ulrich von Habs¬ berg, den Hauptmann der vier Waldstätte am Rhein, und Johann Storch, Tom 16. April (ebenda), — Die Tagsatzung beschied sie auf den 17. Mai, Konnte sich aber auch dann nicht schlüssig machen, da nur ein Teil der 'Orte das Anerbieten annahm, „doch dz dz zu hilff dem hertzogen von mejgland geschehe^^ (Bericht des Basler Boten Truttmann, vom 19. Mai: 67 Allein die ganze grossartige Kombination, deren einen Teil die Anträge verwirklicht hätten, stand völlig in der Luft: dass der Papst keine Lust besass, der persönlichen Rachsucht des Kaisers und imaginären Eroberungen zu¬ lieb mit Ludwig XIL es zu verderben, konnten nur der Hass und die den Wünschen immer willige Einbildungskraft Maximilians übersehen. Und während der spanische Ge¬ sandte in England das Aggressivbündnis wider Frankreich beschwor, hatte König Ferdinand am 1. April mit Ludwig XIL einen einjährigen Waffenstillstand geschlossen, aller¬ dings mit Ausschluss Italiens und mit Einschluss des Kaisers und Englands, mit welchen Klauseln sich ja alles Mögliche anfangen liess.^) Die ganze verheissungsvolle Aktion des Kaisers aber war durch diesen Streich, durch die Unsicher¬ heit, die jetzt den Urheber selber befiel, auf Monate hinaus ■gelähmt. So blieben denn als Schützer Sforzas das Heer des Vizekönigs und die Schweizer: jener mehr als verdächtig, trotz der höchsten Zusicherungen,^) ein Meister jeglichen Verrats, trotz des blinden Vertrauens, das der Herzog an¬ fangs in ihn gesetzt. Sein Heer bedrückte das Mailändische Gebiet und gab den unaufhörlichen Kontributionen Nachdruck,D konnte aber jeden Augenblick überdies verwendet werden, für spanische Rechnung in Oberitalien Eroberungen ^u machen. Ganz gewiss war der Vizekönig nicht Willens, einem mächtigen französischen Heer zu stehen und mit einer St. a. Basel, M. 1, Nr. 292). Unterdessen war der Kampf um die Lom¬ bardei schon im Gang, und die weitern Verhandlungen verknüpfen sich mit dem Feldzug selbst. 1) Ullmann, Kaiser Max, IL, S. 461. — Jacques de Bannissis, 1. Mai XL. L. XIL, S. 112). ®) L. L. XIL S. 96, 4. April. — San. XVI. col. 62, 21. März. ®) z. Bsp. in Piacenza: Siehe Boselli, Delle storie piacentine t. III. S. 42 ff.: Am 15. Mai beschloss die Bürgerversammlung, um die Spanier loszuwerden, 14,000 Scudi zu zahlen, nachdem erst 60,000 verlangt worden waren. Allein das Heer verliess das Stadtgebiet doch nicht. 68 — Niederlage auch den ruhigen Besitz Neapels zu wagen.^) Die Schweizer hatten längst seine Entfernung ver¬ langt: gegen die Spanier in Italien beweisen sie fortwährend ein Misstrauen, das an Hass und Konkurrenzneid grenzt. Jeden Augenblick werden die mailändischen Boten ihret¬ wegen zur Rede gestellt;^) Andrea da Burgo warnt den Herzog, dass ihr Bleiben die Eidgenossen aufs schwerste reize.D Sie erschienen als unheimliche und unnötige Bundes¬ genossen, als gefährliche, treulose Freunde. Nicht nur die militärische Eifersucht forderten sie heraus: vor allem halfen sie auch die Mailänder Kassen leeren. Es blieben die Schweizer selbst: freilich die erste In¬ fanterie Europas, aber auch nur Fussvolk, ohne Reiterei und ohne Geschütz. Und wohl konnte man sich nach den Aussichten eines derart ungleichen Kampfes fragen.^ Wer auch nur auf ihre letzten Züge in Oberitalien zurückblickte, musste sich zudem erinnern, wie oft bei ihren Unterneh¬ mungen schon der wahrscheinliche Erfolg durch plötzliche Disziplinlosigkeiten gefährdet oder vereitelt worden war; man war wohl ihrer Tapferkeit, aber keineswegs ihrer Zucht und ihres Ausharrens sicher. Immerhin bedeuteten sie weit die zuverlässigste' Stütze, die der gefährdete Herzog noch besäSS. b Lett. ed oraz. lat. di Gir. Morone, S. 285 (10. Febr.). ®) E. A. 482 g, 11. Febr., 484 s, 25. Febr., 491a, 1. April. L. L. XII. S. 94. Am 4. April endlich meldet der Bote, sie hätten sich an die Grenzen zurückgezogen (E. A. 492 h). *) Mailand, 13. März: . . . . „A questi Signori conservatori pare de grande importanza la parte che scrive el Stampa delli Spagnoli, et dubitano, ch’el tanto continuare de V. Ex. con li Spagnoli in medio di loro non alteri li animi de Sviceri“ . . . (B. A.). Er rät ihm, nach Mailand zu kommen und die Spanier nach Beggio u. s. w. zu entfernen. *) Morone an den Erzbischof von Bari, 10. Febr. (Lett. ed. oraz. S. 285): . . . „Dices Helvetios , . . sed quaeso, die, quomodo peditatus, licet fortissimus et pugnacissimus, sine equitatu, sine machinis, sine commeatu, sine pecunia aut cunctando diu subsistere poterit, aut dimmicando sujxerare validissimos et omnibus rebus instructissimos et in vicem coniunctos hostium. exercitus . . ._ Viertes Kapitel. IV. Verteidigungsansialten. Als Venedig sich für Frankreich entschied, Leo X. sich neutral erklärte und der Kaiser durch den spanischen Waffenstillstand in allen Plänen gehemmt ward, war längst in Italien die Ankunft der Franzosen erwartet: schon an¬ fangs Januar hiess es in Bergamo, 500 Lanzen seien dies¬ seits der Berge erschienen, Trivulzio warte mit 600 in Oulx.O Ende Februar sollten bereits in der Dauphine 6000 Landsknechte und 1200 Hommes d’armes gesammelt stehen.^) Im März schon kam aus Turin die Alarmnach¬ richt, dass 13,000 Mann die Alpenpässe überschritten.^ Mochte auch wenig genug an den Meldungen wahr sein, so genügten sie doch, das mühsam beruhigte Mailand aufs tiefste wieder aufzuwühlen. Die gebändigten Guelfen, alle Feinde des Sforza, alle heimlich und offen Unzufriedenen erhoben sich wieder: und wer war in einem solchen Staate zufrieden! ,,Avisi da Milan, quäl e sotosopra, perche si dice certo, francesi vieneno di qua da’monti.‘‘0 ,,Milanesi e stufi di todeschi et spagnoli, e desiderano piü presto francesi.^^D Bereits begannen manche die Stadt zu verlassen, 0 San. XV. col. 484, 502, 510. ") San. XVI. col. 11. 0 ib. col. 61. 0 ib. col. 66, unterm 27. März. ib. col 68, unterm 29. März ; col 141, 8. April. — L. L. XII. S. 82: .... „et estoit toute l’Italye en brouilliz, et qu’il y en avoit grand nombre, qui aymeroit le retour des Frangois en Italie.“ S. 103, 108. 70 — aus der allgemeinen Panik auf venezianisches Gebiet sick zu flüchtend) Schon anfangs April erhob in Cremona die Franzosenpartei den Aufstand;^) lan den König gingen schon im März von lombardischen Adligen die Versprechen so¬ fortigen Abfalls, sowie sein Heer in Italien sich zeige.^) Die Gegenanstalten des Herzogs, der eben mit dem Vizekönig den Handstreich auf Parma und Piacenza geführt hatte, verrieten nur die hilflose Verlegenheit vor der ersten Gefahr: man schickte 300 Lanzen und 500 Fussoldaten an die Grenzedoch ihr Befehlshaber, Sacromoro Visconti, benutzte augenblicklich die Gelegenheit, von der aussichts¬ losen Sache sich loszusagen: Er rückte in offener Rebellion nach Novara, sammelte die Unzufriedenen um sich und stand. Ende März schon mit 3000 Bewaffneten drohend da.D Und während der Herzog und der Vizekönig voii Pia¬ cenza. nach Lodi und von Lodi nach Piacenza eilten, Boten nach Turin sandten und Pläne über Pläne fassten, während der Vizekönig bereits an den Rückzug nach Modena, dann an neue Kontributionen dachte, vom mailändischen Senat Gelder verlangte und wieder an die Schweizer senden wollte,®) intriguierte ein zweiter Verräter, Ottaviano Sforza, in Mai¬ land selbst für seine eigene Ursupation;0 als der Herzog b San. XVI. col. 173, 16. April. *) ib. col. 128. ib. col. 136: Ruberto Acciajoli, florent. Gesandter in Blois, 20. März.. *) ib. col. 37, unterm 13. März (Guidoto, aus Piacenza). ‘) ib. col. 37, 48, 63: Bergamo, Bart, da Mosto; . . . „il Ducha li havia mandä ducati 3000, aciö ritornasse, et non havia voluto“ . . . Ferner: col. 66, 68. — Lett. ed oraz. di G. Morone S. 298 ff. ®) San. XVI. col. 61, 62, 66 (unterm 27. März, aus Piacenza: . . „et se diceva, el vicere voleva lassar 400 lanze con el signor Prospero Colona e lui tirarsi verso Modena“) : col. 141 (Piacenza. 8. April: . . . „Si dice, Milan su le arme tra loro; el Ducha e li e va a Milan e a Pavia e torna“ . . .). b Lett. ed oraz. di G. Morone, S. 298 (14. April). — 71 — 200 Bürger nach Pavia berief, vielleicht als Geiseln für die Treue, antworteten sie mit offener Weigerung^) Indes die Franzosen erschienen langsamer, als man glaubte, und unerwartet erhielt der neue Staat die Zeit, auf seinen Existenzkampf sich vorzubereiten. So zeigten trotz der allgemeinen Kopflosigkeit zwei Dinge vor allem sich als notwendig: den Papst zur Hülfeleistung zu bringen und die Schweizer zu alarmieren. Um Leo X. zu gewinnen, gab es nur das eine schwere Opfer: die Wiederabtretung von Parma und Piacenza. Noch im März hatte man trotz aller Angst gegen das päpstliche Verlangen sich aufs äusserste gesträubt,0 allein da Leo nun beharrlich jede Unterstützung verweigerte, zwang der Vizekönig den Herzog zum Nachgeben 0* bereits machte er überdies das eigene Bleiben vom Erscheinen päpstlicher Truppen und eidgenössischer Söldner abhängig, die man ihrerseits wieder ohne päpstliche Gelder nicht zu gewinnen hoffte.O Sforza entschloss sich, seinen feinsten Diplomaten nach Kom zu senden, den bisher verschmähten, bei Seite gestellten Girolamo Morone.D Allein lauch Morone sah sofort die Aus¬ sichtslosigkeit fernem Widerstandes: Schinner, der kaiser¬ liche und der spanische Gesandte verzweifelten; der Papst, erklärte von vorneherein, für die Kirche gebe es nur den einen Vorwand zum Krieg gegen Frankreich, die Vertei¬ digung des päpstlich gewordenen Parma und Piacenza. b San. XVL col. 173. ®) ib. col. G6, 129. Piacenza, 24. April, Morone an den Herzog: „Illud tarnen tiiam Excell. latere nolo, proregem statuisse, ea etiam invita civitates pontifici restituere, quas (ut scis) in saa potestate habet, modo opem ab eo impetret“ (Lett. ed oraz. S. 306). b Lett. ed or. S. 307 (25. April). b ib. S. 302 tf zeigen die Aussöhnung des Grollenden, — Docum* Morone S. 26, 27. — 72 — Vergebens, dass der Unterhändler seine Vollmachten ver¬ heimlichte und Leo an die nationalen Pflichten erinnerte, dass die Oratoren des Kaisers und Spaniens und der mailändische Bote Caracciolo ihm zu Hilfe kamen. Der Papst geriet in Zorn, und die andern, die selbst seinen Anschluss an Frankreich zu fürchten begannen, machten nun auch ihrerseits Morone die Vorv/ürfe über sein gefährliches Zögern. Er musste sich zum Unvermeidlichen entschliessen; allein mit bewundernswerter Gewandtheit fasste er den schlauen Papst an seinem eigenen Vorwand: wohl wurden die Städte nun abgetreten; doch da die Heiligkeit sie ja nur begehrte, um zur Unterstützung Mailands einen Grund zu bekommen, fso würde isie nach beendigtem Krieg beide wieder zurückgeben. Mailand erhielt das Recht, bei Weigerung oder Aufschub sie auf eigene Faust zu besetzen.^ Der 1) Lett. ed oraz. di G. Morone, S. 311: Morone an den Herzog; Kom, 30. April. Docum. Morone, S. 28: Caracciolo und Moronp an den Herzog; Rom, 28. April. — Die Widersprüche dieser beiden Berichte lösen sich einzig auf, wenn man in den später geschriebenen des Morone (dem die obige Erzählung folgt), den zwei Tage früher abgefassten der beiden Gesandten als Teilstück an der Stelle einfügt, wo von dem Rückgabe¬ versprechen die Rede ist: Der Bericht vom 30. April gibt die Verhand¬ lung von Anfang an, der vom 28. nur die zweite Audienz. — Morone macht seinen VermittlungsVorschlag erst den übrigen Gesandten; danach begibt er sich zum zweiten Mal, mit Caracciolo, zum Papst. Diese zweite Audienz wäre also in dem Bericht vom 28. April geschildert: der Papst weigert sich heftig, ein förmliches Rückgabe versprechen zu geben, stellt aber diese selber in unbestimmte Aussicht, sodass die Gesandten sich Zeit ausbitten, um mit Hilfe des kaiserl. und spanischen Gesandten seine Umgebung zu bearbeiten. Dagegen verspricht Leo nun bereits be¬ trächtliche Summen für die Werbung von Schweizern, sowie er die Ent¬ schlüsse des spanischen Königs kenne, und erkundigt sich nach der fi¬ nanziellen Leistungsfähigkeit Mailands für einen Krieg von 3 oder 4 Monaten. Die Gesandten taxieren sie höchstens auf 8—10,000 Dukaten. Die Mailänder Konservatoren und der Herzog fanden die Ueberlassung von Parma und Piacenza ohne Sicherheit der Rückgabe gefähr¬ lich (Docum. Morone, S. 35, 37, 38: 3. und 4. Mai); allein schon hatte man sich in Rom geeinigt, im Wesentlichen auf Morones Vorschlag. — 73 Papst aber übergab dem Gesandten unverzüglich 40,000 Du¬ katen zur Besoldung von 16,000 Schweizern und würde den Herzog von Urbino mit 600 Mann nach Piacenza zum Heere der Spanier senden. Leo X. nahm an: trotz aller Neutralität sah er im Kommen der Franzosen die grosse Gefahr,^ und Geldunter¬ stützungen würde selbst der siegreiche König immer noch am ehesten verzeihen.^ Den Gewinn für die Hülfe aber trug er schon in der Tasche; denn um das Rückgabever¬ sprechen wird er sich damals wenig Sorge gemacht haben: zwei Füchse hatten einander überlistet, und erst die Folge konnte zeigen, wer den Preis wirklich davontrug. — Vorher schon war der Hülferuf an die Eidgenossen ergangen: Mitte März bereits benachrichtigte der mai¬ ländische Bote die Tagsatzung von den Rüstungen in Lyon;0 am 4. April schon Hess der Herzog 3000 Knechte verlangen Hier würde nun der Bericht vom 30. April, mit einiger Unklarheit, weiterfahren: ,,Igitur ea conditione transactum est, civitates in reditu meo ditioni pontificis tradendas esse, ut eas mox pulsis aut superatis Gallis Exc. tuae restituat.‘‘ Von einem schriftlichen Versprechen ist also immerhin nicht mehr die Rede. —■ Siehe ferner: San. XVI., col. 216, 223, 225. — Der Bischof von Feltre, Lorenze Campeggio, übernahm am 9. Mai die Städte (Die Auftragserteilung: P. Bembus, epist. Buch II., Nr. 36. — San. XVI., col. 258. — F. Villa, Cronaca, S. 89; Boselli, storie piacent., III., S. 44). 1) San. XVI., col. 188, Foscari (Rom, 23. April): „II Papa mal volontiera vede francesi venir in Italia, e pur li va scorzando con bone parole“ etc. D Ganz offen sprachen Giulio und Giuliano Medici in Florenz diese Ueberlegung gegen Morone aus (Fett, ed oraz., S. 322, 24). — Die 40,000 Duk. wurden teils in Bargeld, teils in Anweisungen gleich an Morone ausgehändigt und von diesem in höchster Eile nach Mailand vorausgesandt (ib.). — Die Nachricht dieser päpstlichen Hülfeleistung . scheint nach Mailand erst gekommen zu sein, als schon die Franzosen über die Alpen stiegen und der Vizekönig den Rückzug nach Neapel zu vollziehen drohte (L. L. XII., S. 116; Jean le Veau, 14. Mai). 3) E. A., 488 a. — 74 — und erhöhte wenig später auf den Rat der Tagsatzung selber ihre Zahl auf 40004) Ein paar Tage bloss, nach¬ dem La Tremoille mit seinem Friedensvorschlag weggeritten, trat also an die Schweizer die Notwendigkeit heran, mit ihren Knechten die Politik zu verteidigen, für die man sich eben endgültig entschieden. Es ist bemerkenswert, wie die Orte auch der unent¬ schiedenen Minderheit nun unweigerlich sich anschliessenr Bern, das eben noch so verlegen geschwankt, wies seine Boten an, „red zu bruchenn unnd daran zu ssin, .... damitt die angezoygte zal der viertusend man gesterckett unnd gemeretP‘ werde.0 Als ob ein neuer Zug in die Räte ge¬ kommen, schliessen sie in der Mailänderfrage sich zusammen: Stolz, Hochgefühl und Kraft, das Bewusstsein, von den Bundesgenossen verlassen, gegen einen gewaltigen Feind zu stehen, diktiert von jetzt an die Beschlüsse.^ Doch der zügellosen Individuen war man damit noch nicht Herr. — Am 18. April wurden die begehrten 4000 Mann auf die Orte verteilt: auf Auffahrt Abend, den 4. Mai, sollen die Kontingente gegen Uri rücken, in Bellinzona Musterung halten und zum vorher empfangenen einen Dukaten den Rest der ersten Monatszahlung erhalten. Ungeordnetes Hin¬ ziehen über die beschlossene Zahl wird verboten; Zürich und Bern werden ihre Leute unter der Stadtfahne senden; der Herzog von Mailand hat für den Kapitän zu sorgen, doch E. A., 492 h, 4. April. — Stella (Zürich, San. XVI., col. 175) motiviert das Gesuch falsch: um die Schlösser zu gewinnen. St. a. Bern; Deutsches Miss. Buch, f. 122 (15. April). ®) ib.: „daby so wurdt geredt, das der kung von franckenrich Meyland das schloss mit gewalt gespisst unnd sich darzuo mitt den borürten Venediern bericht; darzu so solle er jetz sin bottschafft zu k. m. verttigenn unnd mitt derselbenn ouch wollen handlen, uss grund wöllichs alles wir müssen besorgenn, so si sich allenthalb understimden zu befridenn, das söllichs zu nachteil gemeyner unnser Eydtgnoschaft wurde langen“ . . . — 75 — darf es kein Spaniole seind) Und gleichzeitig werden die Orte angewiesen, keine Knechte in auswärtige Dienste zu lassen: alle Mann sollen zu Hause, zur sofortigen Verfügung bleiben.^) Allein man war der Banden im eigenen Lande nicht mehr Meister: Im selben Augenblick, in dem die ersten Kontingente gegen die Berge rückten, gab Jean de Baissey von Bern aus seinen Agenten das Zeichen.^ Wochenlang h E. A., 495 a. — Auf mailändischer Seite der Bericht des Lanz.^ Reyna, der die 25,000 Duk. gebracht: er sträubte sich erst gegen die Vermehrung auf 4000 Mann und versuchte dann vergebens, die Söldner gleich nach Asti zu schicken (An den Herzog; Zürich, 21. April, B. A.). — Der Züricher Reisrodel, vom 20. April (St. a. Zürich, A. 30, 2) nennt als Zürcher Hauptmann Conrad Engelhart, als Lütiner Klaus Keller, als Venner Georg Berger etc. — Zürich und Bern stellen 500 Mann, Luzern und Schwyz 300 etc. (E. A., 495 a). — Das Aufgebot Berns (Ratsmanual 158, f. 100; Deutsches, Miss. - Buch, f. 126, 126 v, 127, 128, vom 24. April) rückte mit Freiburg, Solothurn und Basel über den Simplen, (St. a. Freiburg, Kriegswesen Nr. 35. — St. a. Solothurn, Ratsmanual Nr. 5, f. 322—5. — St. a. Basel, M. 1. Nr. 287: der Mu¬ sterungsrodel. Basel an Mülhausen, 27. April, in Mossmann, Cartul. deMulhouse, IV., S. 297, und im St. a.: M. 1, Nr. 286, Missiven A. 25, f. 16). — San. XVI., col. 203, 270. , Der venezianische Bote versuchte einen Protest (Uebersetzung seines langen Memorials im St. a, Zürich, A. 214, 1): er behauptet, in Mai¬ land würden zu den 7000 Spaniern noch 3000 Landsknechte geworben, sucht der Tagsatzung klar zu machen, dass die Hülfe nur dem Kaiser und Spanien, und zwar gegen Venedig zu gute käme, erinnert an dessen Leistungen im Vorjahr und an die Solidarität der Republiken gegen die Fürsten. Er ward aber ausgelacht (Reyna an den Herzog: . . . ,,Lo secret, venet. martedi matina intrö in dieta et dolsesi de li fanti concessi a la S. V. . . . dil che ne hano prexo sumo piacere“ etc.) E. A., 495 c. ®) Am 5. wenigstens sind sie noch dort (Siehe Kap. I, S. 32). — St. a, Zürich, Orig, abschied. vom 30. Mai, VI. f. 57 flP., Tschadische Orig, abschiede; Geständnis des Ben. Hagg: „Uff die selben nacht syen brietf von dem von Gru gan Lutzern dem Ernin Moser zuo körnen; uff das so hab im Erni Moser den beschaid mit mund gesait, das man uff werde sin, und mit namen so werden Bern, Friburg und Soloturn uffbrechen, uff 76 — hatten die alten Hauptleute des Königs geworben und ge¬ sammelt;^) in Freiburg, Solothurn und Bern, in Zug, Unter¬ walden, Uri, im Thurgau, selbst im Zürcher Gebiet standen die Knechte zum Marsch bereit,^) und vorher schon waren aus Neuenburg und Valtravers die Leute in Massen weggelaufen.^) Ein guter Teil mag noch während der Ver¬ handlungen selbst, vor dem Wegreiten La Tremoilles und vor der Sendung der 4000 nach Mailand sich verpflichtet und Handgeld genommen haben. Im ganzen April, nach dem ersten Hülfsgesuch Sforzas, war dann mit verdoppeltem Eifer geworben worden, und das Ausrücken der Mailänder¬ kontingente gab jetzt für den Aufbruch auch der Fran¬ zösischen das Signal: nach zwei feindlichen Seiten brechen im selben Moment die Scharen aus. Vielen hatte man vor¬ gegeben, der Zug geschehe mit der Eidgenossen Willen und Wissen; den Mittellosen wurden die Gelder vorgeschossen; Täuschung, Leichtsinn und Unzufriedenheit mit den Be¬ schlüssen der Obrigkeit machten den Werbern das Geschäft leicht. Als nächstes Ziel war Solothurn genannt, wo Geld genug zu finden sein würde; zwei Tagereisen hinter Solo¬ thurn sollte man sich sammeln und warten, bis der Friede mit den Eidgenossen erzwungen, um dann in französischem Dienst in die Picardie zu rücken. mentag darnach ..... und hab im Erni Moser mit mund gesait, das er hotten und brief schick gan Zug, Underwalden und üry, die werden och uffbrechen.“ 0 Als solche nennt das Geständnis des Haag u. a.: den Erni Moser selbst, Ambrosy Eigen von St Gallen, Schad von Schaffhausen, Peter Strub von Solothurn. — Die Hauptzeugnisse über diese Werbungen ent¬ halten die Zürcher Orig, abschiede YI, f. 57—69 und die Tschud. Sammlg. Histor. Dokum. VI. Zürcher. Hauptleute: Remswalt Göldi, Hans Hab, Werli Krämer. Die Werbungen wurden besonders um Andelfingen und Marthalen, in den entferntem Aemtern betrieben (Orig, absch. f. 65, 6). ®) E. A. 498 a, f, k. — 77 — Die reichen Soldversprechen waren es nicht allein, die zum Zuge lockten D • Begünstigungen überall schienen zu¬ gesichert. Der Landvogt von Baden hatte freien Durch¬ pass versprochen. „Die sechs ort weiten durch die finger lugen unnd weiten ir knecht mit macht lassen ziechen.‘‘D „Wie bald sy in Bernerbiet körnen, dinge inen niemant nüt me^‘D: so gingen die Reden. Wie viele Räte selber wussten um den Streich, ohne Lärm zu schlagen; wie mancher hatte um eine Hauptmannschaft sich beworben!D Des b Tschad. Sammlg., Kundschaft in Luzern; wenn die Engländer über¬ wunden, „so wird der küng ein fünf oder sechstusent sin leptag by imm da inen behau“ . . . Andern versprach man doppelten Sold (ib. Kund¬ schaft zu Sursee). ®) Geständnis des Ambr. Eigen (St. a. Zürich, Orig, absch.). — Ge¬ ständnis des Hagg (ib.): (Jacob Schmid) „sig bim vogt von Baden vor ettlecher zit gesin und habe mit im davon geredt: ob es darzu käme, ob er dann passieren lassen weite. Do habe der vogt geredt: wenn er daran sin weite, das im sin jargelt wider uffgericht wurde, so weite er sin bestz tun“. Schmid sagt natürlich zu. E. A. 500; Baden, 9. Mai. Lorenz Brandenburg behauptete in Zug geradezu, Bern hätte den Zug mit offenen Fahnen erlaubt (St. a. Bern Deutsches Miss, buch f. 136, 20. Mai). *) Siehe den Brief des Hauptmanns Hans Waber an Freiburg (K. bibl. Coli. Girard VHI. f. 58): „so sollen ob den 15 tusent uff der stross sin . . . und sollen ouch die gewaltigsten im spil sin und die andren min herren die eydgnossen wellen durch d’finger luegen und lassen bassieren . ... uff dass .... han ich vermeint, nitt unrecht zethuon haben“ ... Ferner: das Zeugnis des Melchior von Kotz von Unterwalden, der auf der Rückkehr von Frankreich in Burgund auf den Humbert und die Haupt¬ leute, die zu ihm gestossen waren, traf: . . . „by inen fünf houptlüt und den dechen jergen uff der fluh sün, und weren dis die houptlüt: nämlich den waberger, den wyder und den hetzel, thoman boner und ein von nüwenburg und der lang aberly, jettlicher mit eim knecht und . . . , imd hab der her zu im geredt, imm kämen 10,000 man und stend by 5 oder 6 milen zu hin.do fragt er (Rotz), wer der Houptman wer. Do redt der her (Humbert): der aman andachers oder aber einer an siner stat. Der her seytte imm ouch, er heige zu Bern sölichen zug und anschlag den vier venrichen geseit (Siehe S. 29), und zu Soloturn habens imm den durchzug oder pass erloupt“ . . . u. s. w. — 78 Luzerner Schultheissen Fehr Sohn war einer der Führer und ein bernischer Amtmann, Hans Rudolf Hetzel, Vogt zu Erlach, der erfolgreichste Werber.^) Mit Geschick hatten die Agenten überdies die Verwendung gegen die Engländer behauptet: kein Zweifel allerdings, dass der König, einmal im Besitz eines eidgenössischen Söldnerheers, diese furchtbarste Waffe auch gegen seinen furchtbarsten Feind verwenden würde, dass selbst die Verwendung in der Picardie neue Streitkräfte für Italien frei machte. Allein dachte der einzelne von Armut und Schulden geplagte Knecht so weit? Und wem das böse Gewissen schlug, der konnte mit dem Beispiel der Obern die bessere Einsicht betäuben.^ Es war in der Tat ein Versuch, die ganze Mailänder¬ politik der regierenden Mehrheit zu hintertreiben, in einem Moment, da sie eben mit den Waffen verteidigt werden sollte: nichts besseres, als offener Landesverrat; indes nicht überraschend und nicht unbegreiflich. Die Kontrolle der Obrigkeit bei Reisfahrten war stets eine lockere gewesen: stets hatten gerade die französischen Werber frech sich über alle Vorschriften gesetzt, kaum je die Tagsatzung nachträglich ihre Autorität gewahrt. Und Anshelm S. 440. — Die Sammlung sollte in Vortaulx geschehen. Bern setzte auf die Nachricht einen andern Vogt nach Erlach und wies den Vogt von Grandson an, sich nach Vortaulx zu begeben, um den Zug zu hindern, der indes wohl zu spät kam (St. a. Solothurn, Denkw. S. XXIX, f. 185, Bern an Solothurn). ®) Beispiele dieses schlechten Gewissens im Geständnis des Eigen: . . . „unnd das ist ain handel, der mir nunt gefalt, unnd dorift sin ain Zer¬ störung der aidtgnosschafft“ etc. — „Redte Morits: Es ist ain Mer anschlag, und hab nit darfür, das er ain furgang gewinne.“ (ib.) — Kund¬ schaft zu Luzern (Tschud. Sammlg.): „Demnach sye er (Burgy Halter) zu Jacob Schmid ouch kom und im geseit: houptman, das sind nit hupsch anschleg, das wir soeben wider die unsern zien; Da redte er: neyn, es ist niena, so schwer’s ich. Wölt dich nit verfürt han, und es weren ettlich miner hern sun mit uns zogen, das ich mein, wir bettend ein guot sach ghan.“ 79 — nun war durch die Friedensverhandlung das ganze Land ^demoralisiert: Bis zum letzten Augenblick hatte man das Treiben der Gesandtschaft geduldet, als ob die Tagherren selber sich freuten, wie das Geld ins Land kam. Kein Wunder also, wenn die Franzosenpartei alle Kräfte rührte. Für den einzelnen Knecht aber galt in dieser zügellos genussgierigen Zeit vor allem der Gewinn. Ein allgemeines Interesse existierte für ihn nicht, wenn es für einen grossen Teil der Räte selber keines gab,^) und vergebens erwartet man auch ein Urteil der Verachtung aus dem x4usland: wo je von der Schweizer Käuflichkeit die Rede, geschieht es ohne Entrüstung oder Erstaunen; die rücksichtslose Sucht nach dem Geld charakterisiert die Renaissance überhaupt, so gut wie die schrankenlose Ausartung des Persönlichen sonst. Indes ist es zweifellos nicht das Gleiche, wenn schwäbische oder böhmische Landsknechte gegen den Willen und Vorteil des Kaisers dem französischen König zulaufen, und wenn der schweizerische Reisläufer, auf die Gefahr, gegen die eigenen Bundesbrüder zu kämpfen, von La Treb Dass vereinzelt auch geradezu von einem Zug über den MontCenis die Rede war, beweist die Kundschaft zu Luzern (Tschud. Sammlg.); ' Heini Halter: „Idem sy redten, sy weiten in der nach oder in dry tagen uff sin und Soloturn zien. Da weiten sy ein guotte bricht machen, und wan die gemacht, weiten sy abhin an die engelschen zien; mochten aber sy ein bricht nit machen, weiten sy nach me Eidgenossen schicken und gegen montsonis ziechen.“ Die Stadtknechte jagen dann das Nest auf, be¬ vor es zu weitern Verabredungen kommt. — Identisch das Zeugnis des Burgy Halter (ib). — Ein sehr populäres Argument der Werber verrät sich im Zeugnis des Hans Heini von Ruswil (ib.): . . . „fragte er inn (den Erni Moser), wo hin man ziechen wölt, ob es wider die unsern were? Dan er bette ouch ein sun da inen (in Mailand). Do redte er: Neyn, wir wend mit dem küng ein bricht machen; die hern höusehen imm so vil, das er mit dem gmeinen man ein bricht machen wil“ etc. Der König würde dann auch die Knechte im Mailändischen in Sold nehmen. 80 moille und seinen Agenten sich werben lässt: was dort ein¬ fache Widersetzlichkeit gegen den Herrn, ist hier das Symp¬ tom einer zerrüttenden Anarchie: der Volksstaat löst sich auf, wenn die Minderheit in einer Frage der nationalen Ehre und in den schwersten Entschlüssen der Mehrheit und ihren eigenen Führern nicht mehr gehorcht. Die Tagsatzung in Baden, durch Zürich und Freiburg von der Gefahr benachrichtigt, Hess sofort ein strenges Auszugsverbot von allen Orten durch die Boten verlangen, die Vögte zum Aufsehen mahnen und die Aufwiegler ver¬ haften.0 Am 7. Mai schon hatte Bern bei Leib und Leben den Aufbruch untersagt und die Güter der Widersetzlichen eingezogen.D Eine aufgeregte Korrespondenz, Aufforde¬ rungen zum Einschreiten, Warnungen, Anzeigen suchten eilig gut zu machen, was man so lange versäumt.^ Selbst den Nachrichtenverkehr mit den Ausgezogenen in der Lom- 1) Am 9. Mai; St. a. Solothurn, Denk., S. XXIX., f. 188, 189: Die Solothurner Boten an Solothurn. — Auf neue Warnung Berns ward die Weisung wiederholt (Brief des Basler Boten Truttmann, vom 11. Mai: St. a. Basel, M. 1, Nr. 289). 0 St. a. Bern, Deutsches Miss. - Buch, f. 131 v. — Die Auf¬ forderung an Solothurn zum selben Verbot: St. a. Solothurn, Denkw., S. XXIX., f. 187. 3) Solothurn an Luzern, 8. Mai, das noch keine Ahnung zu haben behauptet (St. a. Luzern, Frkrch.). Luzern an Solothurn, 8. Mai: der Aufbruch finde in Solothurner Gebiet statt (St. a. Soloth., Denk., S. XXIX., f. 190). Bern an Luzern, 10. Mai (St. a. Luzern, Frkrch.). Zürich an Luzern, 11. Mai (ib., Mail, und Spanien). — Bern an Savoyen, 12. Mai: verlangt Ausweisung der Werber, die, wohl von der Waadt aus, in bernischem Gebiet wühlen (St. a. Bern, Lat. Miss. - Buch, f. 3. — ib. 2 v, ähnlich, ohne Adresse). Bern warnt das Wallis (ib. Deutsches Miss. - Buch, f. 134, 16. Mai). Der Bischof von Basel teilt an Soloth. mit, dass er ein Auszugsverbot erlassen (St. a. Soloth. XXIX., f. 179). — Die eidgenössischen Boten in Baden verlangten am 12. Mai von Solothurn Untersuchung, weil die aufgegriffenen Knechte behaupteten, in Solothurn würden sie Geld erhalten und gemustert werden (St. a. Solo¬ thurn XXIX., f. 182). — 81 — bardei glaubte man durch die Praktiken im Wallis ja bedrohtP) Wohl gelang es jetzt, noch manchen Werber mitten aus dem Geschäft wegzufangen.^) Wohl wurden die Laute¬ sten und Verschrieenen endlich eingekerkert, ja selbst ein Todesurteil vollstreckt.^) Die grossen Sünder aber, die in den Räten selber sassen, hütete man sich zu fassen. Und wie man Hetzeis Auszug nicht mehr hatte hindern können, wie im ganzen Mai und Juni einzeln noch die Leute aus dem Lande liefen,^ so war die Ruhe auch sonst nicht wiedergekehrt. Die Franzosenpartei gab ihre Sache nicht verloren: erst der Sieg bei Novara und die Unruhen des Landvolkes drücken sie völlig an die Wand. Zwanzigtausend Mann sollen von den Agenten für den König erwartet worden sein.^) So hätte das Eingreifen im letzten Moment doch wenigstens einen Aufbruch grössten Stiles verhindert: wenn es schon dem jungen Hetzel ge¬ lang, gegen 2000 Knechte nach Frankreich zu führen, so war die Zahl zu gering, sie gegen die Schweizer in Mailand ins Feld zu stellen. Die Absicht der Gesandten war miss¬ glückt: die Reisläufer mussten wirklich, wie versprochen, 1) Brief Berns ans Wallis, 16. Mai (Deutsches Miss. - Buch, f. 134). 2) Freilich sind viele der Gefangenen, die in den Verhören genannt werden, erst später, infolge der allgemeinen Gärung, in den Turm ge¬ setzt worden. 3) Bendikt Hagg in Stein: Brief des Truttmann, vom 18. Mai (St. a. Basel, M. 1, Nr. 291). Anshelm, S. 440. Er ist gewiss identisch mit dem in der Chronik des Sicher, S. 43, und im Brief des Peter Taferny an Freiburg, 20. Mai (K. bibl. Freiburg, Coli. Girard VIIL, f. 104) genannten „Benedikt von Stein“. ^) Besonders aus Neuenburg: St. a. Luzern, Frkrch., Brief Berns an Luzern, vom 23. Juni. ^) Geständnis des Erni Moser (St. a. Zürich, Tschud. Sammlg.): „Item, so ist im fürgehalten von Hans Vieren von Mereschwand .... so hat er (Moser) ouch imm nachtmal geredt: ir werden bald afentür vernemen; in acht oder in dry tagen so werden 20,000 man zum küng ziechen“ . . . Auf etwa 15,000 hatte man gewiss gerechnet. (Siehe S. 77, Anm. 4.) — 82 — in der Picardie gegen England und den Kaiser verwendet werdend) Schon im Juli liefen gegen achthundert in bernisches Gebiet zurück.^) Allein die Zahl und das Ansehen der Werber, die Grösse der verfügbaren Summen, die allgemeine Aufregung, die das Land ergriffen, die Besorgnis der leitenden mailänder¬ freundlichen Fraktion und die innere Empörung des folgen¬ den Monats geben einen Begriff von der Grösse der Gefahr: nur mit Mühe war man einer Schande^ wie sie 1500 er¬ lebt worden, entgangen. 1) Anshelm, S. 440, 442. 2) St. a. Bern, Deutsches Miss. - Buch, f. 182 v, 183: 14. Juli. Bei Novara befand sich doch ein einzelner Schweizer auf Franzosen¬ seite (St. a. Bern, Deutsches Miss. - Buch, f. 187 v: . . . „wil unns gevallen, den, so zu Novara an der schiacht by den Franzosen und wider die unnsern gewäsenn ist, mitt namen Bläsin Ulrichs sun, väncklich anzuuemmen“ etc. Zweiter Teil. Der Feldzug von Movara. y- • . •> .‘ v ' / \ h' < \ V‘) / ' v»<' :•. ' >\' iiV [ Erstes Kapitel. Rüstungen und Rufbruch. Ludwigs XII. Leidenschaft für Mailand wurzelte in dem¬ selben Interesse Frankreichs, wie es in Franz^ 1. italienischen Kriegen deutlich heraustritt: im Wunsch, sich die Südseite der Alpen zu sichern und einer damals schon zeitweise drohenden Vereinigung Spaniens und des Kaisers hier das Gegengewicht zu bieten. Seine persönliche Ungeduld aber, das ererbte und zweimal besessene Fürstentum wieder zu -erobern, schloss jede unnötige Verzögerung von selber aus.^) La Palice war im Vorjahr aus der Lombardei nur ver¬ drängt, aber nicht besiegt worden: schon für den Herbst 1512 hatte man die Rückkehr erwartet,^) und seit dem Januar zitterte das ganze Herzogtum vor der gewissen Ge¬ fahr.^) Aber erst im späten Frühjahr erscheinen die Fran¬ zosen wirklich auf mailändischem Boden. Die Motive des Aufschubs sind nur zu vermuten: die Unsicherheit der San. XVI. col. 438, Eelation des Andrea Griti: .... „di coloqui auti piü volte con monsignor de Angouleme (dem Thronerben, spätem Franz I.), ch’e il Dolfin e quello succederä nel regno ... El quäl disse: el fa per mi di haver il Stado de Milan, perche si l’Archiducha (Karl von Burgund) l’ha, havendo la Spagna, io sarö di mezo, e perö fa ogni cossa di recuperar quel Stato. E la raina non voria: saria contenta darlo in dota a l’altra sua fiola e maritarla ne l’Archiducha, cussi, come trata ih re di Spagna di far; ma monsign. di Anguleme e contrario. E che il Koy. ä grandissima fantasia a le cosse dil ducato di Milan, dicendo, e •suo jure hereditario, piü ch’al reame di Franza“’ . . . c ") Köhler, S. 498. ») Kap. IV, S. 69. — 86 — äussern Beziehungen Frankreichs wird aber vor allem andern zum Warten gezwungen haben. Im Februar starb der Papst, der weitaus tatkräftigste Feind, und die Hoffnung schien erlaubt, durch ein Entgegen¬ kommen in kirchlichen Dingen Leo X. zum Stillstehen zu bewegen.^) Bis zum Frühjahr noch schwankte Ludwig selbst zwischen der Bundesgenossenschaft des Kaisers oder Venedigs: die Heirat seiner Tochter Renee mit dem Erz¬ herzog Karl und ihre Ausstattung mit der Lombardei ward ernsthaft erwogen.^) Bis zum April konnte man immer noch an den Frieden mit den Schweizern denken, wenn auch vielleicht über die Tagsatzung hinweg; und wenn der Friede scheiterte, so blieb die Verlobungsaussicht noch gross: zweifellos hat man in Blois auch auf das eidgenössische Soldheer gewartet.^ Doch neben der Hoffnung zögerte die 1) Der Bericht des Acciajoli über die Aufnahme von Leos Wahl (S. 60,®)). — Der Papst selber antwortete dem Hülfe verlangenden Morone (S. 71): „at nunc nullo modo se et sedem apostolicam a Gallis vexari, quin concilii capita, vid. cardinales Sanctae Crucis et Sanseverinum in manu suae sanctitatis esse Gallorumque regem magna humanitate et mansuetudine instare, ut ad conciliationem cum sua sanctitate et sede apostolica admittatur^^ (Lett, ed oraz. lat. di G. Morone, S. 311). *) Siehe vorhergehende Seite, Anm. 1. 2) Zwar soll Jean de Baissey einzelnen Agenten gegenüber die königlichen Vollmachten zur Werbung abgeleugnet haben: Geständnis des Eigen (St. a. Zürich, Orig.-Absch., VI., f. 61): „Uff das were er Ambrosy zu dem Herrn von Gru gangen und gefraget, wer im doch söllich ful anschleg fürgebe, denn es war ain sach, die kain furgang mocht han . . . wurde damit beschissen und betrogen .... antwurtte im der von Gru, er hette kain bevelch vom kunig, sollichs zethun; wenn ers aber thun weit, die besten wurden mit im ziechen“ etc. — Mag aber selbst ein königlicher Auftrag nicht gegeben worden sein, so ist doch schwer zu glauben, dass man am Hof von den Werbungen nichts wusste: so wie man aber Kenntnis hatte und die Aussichten erwog, wird man auch damit gerechnet haben. Ein bei Novara erbeuteter Brief des Königs an Trivulzio redet von den Hoffnungen, die man auf die Aktion setzte: ,,die gantz gemein der eydgnossen und dero mest teil irs lands und erber lütten sind wol geschickt gegen min begerende umm 87 — Furcht den Angriff hinaus: von Spanien, England und dem Kaiser drohte der Krieg, und die Ungewissheit der überall auftauchenden Gefahr muss besonders das Frühjahr 1513 zu einem der schwersten Momente von Ludwigs Regierung gemacht haben.^) Kaum durfte das Land jetzt schon von Truppen entblösst werden, und selbst an einen einjährigen Waffenstillstand soll der König einen Augenblick gedacht haben.2) Alle andere Rücksicht, wie die Möglichkeit, dass die Jahreszeit selber den Bergübergang einer grossen Armee vielleicht noch in Frage stellte, kann nur untergeordnet in Betracht gekommen sein. Doch die Gefahren blieben vorläufig in der Ferne, trotz¬ dem die antifranzösische Liga zum Abschluss kam: durch den spanischen Waffenstillstand schien wenigstens die Py¬ renäengrenze sicher, und das Zaudern des Kaisers schob den Angriff auch von England her auf; im selben Moment aber anmüttikeit und fruntschafft^^ (Uebersetzung im St. a. Basel, M. 1, Nr. 322). Als ein Zeugnis dafür, dass man mit dem Losschlagen in der Tat auf die Antwort der Schweizer wartete, kann der Brief des Merc. de Gattinare an Marg. von Oesterreich, vom 15. März, gelten: . . . „et dit Bon .... qu’ils doibvent tous passer les monts pour aller en Italie, et n’attendent que la response des Suizes, laquelle, selon qu’ils disent, esperent estre bonne, ä force d’argent.‘‘ (L. L. XIL, S. 82.) 1) Es zeichnet die Verwirrung der Lage, wenn die Berichte des Griti (San. XVL, col. 143, 167, vom 31. März, 3. und 6. April) vom Einfall in die Lombardei als einer völlig ausgemachten, nahe bevor¬ stehenden Sache reden, während gleichzeitig nach Rom die völlig gegen¬ teiligen Gerüchte gelangen: Der mailändische Gesandte Caracciolo an Sforza, vom 15. April: . . . „ho' trovato, che sono venute in palazo (d. h. Vatikan) lettere da Bles, de tre del presente, per le quali significano, che li Francesi erano in extremo timore de le arme inglese et spagnole, et che non se faceva motivo ne parola piü de mandare in Italia, anci ch’el Re saria contento per uno anno, che se deponessero le offese fra esso et V. Exc. et se extimava questo fusse per havere Suyceri da le bande di lä, et ch’el paese de Franza era in assay timore“ (B. A., Kopien aus Mailand). 2) Siehe sub. 1. — 88 — meldete wohl La Tremoille schon das unannehmbare Ver¬ langen der Eidgenossen heim. Während die Unterhandlung scheiterte, und Furcht und Hoffnung trogen, trieben doch die wichtigsten Gründe zum sofortigen Krieg: im Februar schon liess die Garnison von Mailand den König die Uebergabe befürchtenfür die Schlösser von Cremona und Genua galt dieselbe Gefahr. Aus der Lombardei drängten die Einladungen des Adels und die Anzettelungen mit Visconti und Ottaviano Sforza,^) Franz von Angouleme, der Dauphin, drängte zum Kampf ;^) Trivulzio verlangte, dass schon die Sedisvakanz zum Schlag gegen Mailand benutzt würdeund seit die Allianz mit Venedig geschlossen worden, trieben auch die Venezianer b Leiters and papers, S. 490, No. 3752. Nachher fand sie, wie er¬ zählt, die Möglichkeit der Verproviantierung. b Kap. II. S. 49. Ferner die Einverständnisse des Trivulzio; „e miss. Zuan Jac. si prometeva assai per li partesani havea nel stato di Milan“ (Kel. des Griti, San. XVL col. 438). ®) Relation des Griti, S. 84, Anm. 1. b Brief Trivulzios an den König, Luzern. 5. Febr. (Rosmini II, S. 307): der König möge ev. den Zug in die Lombardei ohne die Schweizer vornehmen: „s’ils ne seront pour vous, aussi ils ne seront pas contre vous qui ne leur baille argent; et je ne scais voir ni penser qui leur doit ni puisse hailler argent.Si le Pape meurt, et que les Yenissiens soyent allyes avecques vous, Espaigne demeure toute seule a despendre, et a ceste heure lä serez süffisant bien bactre vos ennemys a vostre plaisir . ... et vous avecques toute petite ayde les chasserez hors d’Italie“ . . . Ein neuer Papst wird 4—5 Jahre mit seinen eigenen Affairen beschäftigt sein. — Ferner den Bericht des Acciajoli; Blois, 20. März (San. XVL col. 136): „Missier Gian Jacomo, conforta et solicita questa Maestä, che non perda tempo et mandi subito le genti in su questa morte del Papa . . . . ; tarnen per ancora non si vegono riscaldare.“ — Ein rascher Schlag, selbst mit geringem Heer, hätte Sforza damals wohl in die übelste Not gebracht, wenn ihm die Zeit nicht blieb, die Schweizer zu requirieren. Die Gegengründe mögen gewesen sein, die Un¬ gunst der Jahreszeit und die Hoffnung, die Schweizer zu gewinnen. Die Rüstungen waren nicht abgeschlossen, und kühnen Handstreichen wider¬ strebte das Naturell des Königs. — 89 mit allen Kräften zur Eile: je schneller und mutvoller, desto gewisser der Sieg.^) Und in der Tat war der Augenblick günstig: der Abfall Spaniens Hess auf einen Verrat auch in Italien hoffen. Das Bündnis mit Venedig sicherte eine gemeinsame Operation, den gleichzeitigen Angriff von West und von Ost. Noch schwankte der Papst; noch wusste der Kaiser nicht, ob er sich zum Waffenstillstand schlagen solle, noch stand der englische Angriff in der Ferne. Längst hatten überdies umfassende Rüstungen statt¬ gefunden: im Februar bereits war an Trivulzio und den Marquis von Montferrat die Ordre ergangen, waren Bourbon, Trivulzio und Robert de la Marek für den Zug bestimmt.^ Damals schon hiess es in Mailand, 1200 Lanzen und 6000 Landsknechte seien in der Dauphine bereit,0 und in der •ersten Hälfte des März rückte Robert de la Marek mit dem einen seiner Söhne, einer starken Truppe von Landsknechten und eigenen Leuten durch Burgund ins Gebiet von Lyon. Auch Bourbon zog Truppen zusammen;^) Trivulzio aber war auf seinen Beobachtungsposten Oulx, im obersten Piemont zurückgekehrt, von wo er nach beiden Seiten unermüdlich den Einfall betrieb. So entschloss Ludwig sich denn zum Schlagen: statt den Angriff zu erwarten, machte er ihn jetzt selbst; wenn eine ganze Partei am Hof die bisher tatenlose Liga des Kaisers 0 San. XVL col. 167, Andrea Griti aus Blois, 3. und 6. April: Griti und der gefangene und nun freigelassene Alviano reden mit dem König „zereba l’impresa, dicendo che Soa Maestä dovesse far presto, per non aspetar sguizari e li altri; il Papa non e con uni; il ducha di Milan e pur in Stato, spagnoli con loro, e perö si presto e magnanimente si farä, si arä vitoria!“ 2) Brewer, S. 490, Nr. 3752: ,,Nouvelles de France“. 0 San. XVL, col. 11, 27. Febr.; col. 24, 7. März: will man von 1200 Lanzen und 14,000 Mann Infanterie wissen. Es sind weit über¬ triebene Gerüchte, da La Marek mit dem grössten Teil der Lands¬ knechte erst im März bei Lyon erschien. (Siehe Anm. 4.) b Merc. de Gattinare, Dole, 15. März (L. L. XII., S. 82). 90 — dadurch gegen Frankreich in Bewegung zu bringen fürch¬ tete/) so überwog nun der Wunsch, den günstigen Augen¬ blick und die vorhandene Rüstung zu nutzen, durch einen Erfolg in Mailand vielleicht jene Gefahr selber zu be¬ schwören. Am 3. April versprach der König den Venezi¬ anern Griti und Alviano die Sendung von 1350 Lanzen, unter Kapitänen, die er bereits nannte, von 14,000 Mann Infanterie und starker Artillerie, und wies sie an, mit Teodoro Trivulzio, dem Neffen des Marschalls, und diesem selber in Oulx das Zusammenwirken der französischen und venezianischen Waffen zu bereden.2) Es war der Entschluss zum Krieg; nur wenige Tage, bevor der Feldherr, von den Schweizern heimgekehrt, an die Spitze des Heeres treten 1) Die Memoiren von Bouchet-Tremoille, die in diesen Kapiteln natürlich möglichst entlasten, behaupten, der König hätte gegen den Willen seines ganzen Rates die Expedition durchgesetzt: gegen Argumente, in denen der Verfasser überdies jede Chronologie vergisst. La Tremoille sei zur Annahme des Oberbefehls fast gezwungen worden: ,,qui n’ousa. le reffuser, combien quäl congneust la Charge estre dangereuse“ . . . In Wahrheit soll La Tremoille auch von dem Verdacht entlastet werden, als hätte er die Expedition, die so schlimm ausging, betrieben. Freilich mögen solche Befürchtungen am Hof existiert haben; doch ist sehr fraglich, ob sie wirklich so verbreitet waren. La Tremoille jedenfalls hat sich um die Führung eher beworben, hat dafür intriguiert, als sich gegen sie gesträubt. Die Memoiren von Fleuranges schreiben unberechtigter Weise den* Haupteinfluss zu diesem Entscheid dem Trivulzio zu, wie sie ihm kon¬ sequenterweise auch die Schuld am Misslingen vorwerfen (S. 233). Ganz gewiss waren die Aufforderungen Trivulzios und seine Verbindungen, im Herzogtum nur ein Moment neben allen andern: davon ganz ab¬ gesehen, dass er das ganze Frühjahr hindurch ja gar nicht am Hofe- weilte. 2) Andrea Griti aus Blois, 3. April (San. XVL, col. 167). — Am 5. April reisten Bartol. d’Alviano und Teod. Trivulzio in der Tat nach Oulx ab (ib., col. 175), wo sie am 18. eintrafen (col. 184), während^ Griti in Blois blieb und sich nachher dem La Tremoille anschloss (col. 207, 212). In Mailand hatte man schon kurze Zeit nachher Kunde; von der Sendung (Lett. ed oraz. di G. Morone, S. 307, 25. April). 91 konnte;^) da das Misslingen seiner diplomatischen Aktion schon feststand, während doch die Tagsatzung noch immer an die Möglichkeit der Verhandlung und des Verzichtes glaubte: die Naivetät dieser Zumutung tritt grell erst ins Licht, wenn man bedenkt, wie vielleicht der grösste Teil der Truppen für den Einbruch unter den Waffen schon be¬ reit stand. Das starke Heer, das sich nun im Verlauf des April in der Dauphine vollends sammielte^) zeigt, wie der Plan, durch den Aufwand grosser Massen und umfassender Rüstung sich den Erfolg zu sichern, vom König festgehalten worden war, Trivulzios Ueberzeugung entgegen, der einen raschen, wenn auch mit geringen Mitteln geführten Schlag betrieb D- 1200—1400 Lanzen, die schwer gerüsteten Hommes d^armes, mit ihren Archers, Valets etc.,D in Kompagnien des La 1) Griti meldet seine Ankunft erst am 20. April nach Venedig (San, XVI., col. 207). Es ist schwer zu glauben, dass er erst damals frisch eintraf, da die Situation doch die höchste Eile forderte. Freilich lässt er sich eben auch im Feldzug selber dann alle Zeit. Meldungen der mailänd. Boten und des Herzogs von Savoyen: E. A. 495 c, 18. April. ®) Zu den S. 87, Anm. 4 angeführten Stellen die Memoiren von Fleuranges, S. 233: . . . „lequell sieur mist en toste au Koy de faire une petite armee et Penvoyer en Italie, et avecques les parts et intelligences, quMl avoit en la Duche de Milan, qu’elle seroit bientost revoltee, et qu’il esperoit aller jusques dans Milan avecques un esperon de bois“ . . . Auch Trivulzios Brief an Venedig, vom 17. April (San. XVI. col. 175) hebt vor allem diese Schnelligkeit hervor: ,.perche in celeritä consisteva la victoria, ne era da perder tempo“ etc. Verbindet man damit seine oben genannte Bemühung, den König schon während der Sedisvacanz zum Losschlagen zu bewegen, so erhält man den Eindruck, als ob hier eine tiefere Mei¬ nungsverschiedenheit sich zeige. Dem vorsichtigen, zögernden Naturell des Königs widersprach ein derartiges Hazardieren, das aber wahrscheinlich zum Erfolg wirklich geführt hätte. *) Die Relation des Contarini (Begleiter von Griti): „cadauno homod’arme, segondo el modo de Franza ha dui arcieri.“^ San. XVI. col. 460.. Die Lanze betrüge dann 5 Mann. 92 Tremoille, Trivulzio, La Marek, d’Aubigny, Duras, Bourbon u. s. w., 600 leichte Reiter, annähernd 7500 Landsknechte unter La Marek, Tavannes u. s. w., 4000 Mann französischer Infanterie unter acht Hauptleuten und 2500 .italienische Söldner waren für den Zug bestimmt; der Herzog von Savoyen, der Markgraf von Montferrat hatten ie 100 Lanzen zugesagt; etwa 20 Stück Geschütz mit 40 Büchsen¬ meistern, Gehülfen, Zimmerleuten, Karrern u. s. w., mit 200 Tonnen Pulver, 2500 eisernen und 20,000 bleiernen Klötzen, mit Transportpferden und Fussknechten stand be¬ reit. Wohl schien eine solche Rüstung von fast 8000 Reitern und 14,000 Mann Fussvolk über den wackligen Sforzastaat und das unsichere Heer des Vizekönigs den Sieg zu verbürgen.O Doch indem man sie vollendete, hatte man den 1) Die Zusammenstellung der Truppenzahlen aus den älteren lite¬ rarischen Quellen bei Gisi, S. 251: detailliert, mit den Namen der ein¬ zelnen Führer bes. die Memoiren von Fleuranges, S. 233 f. — BouchetLa Tremoille reduziert tendenziös auf 500 Lanzen und 6000 Mann Fuss¬ volk, dagegen übertreibt die ,,Vie du Connetable^‘ in der entgegen¬ gesetzten Tendenz auf 1800 Lanzen und 20,000 Fussvolk. Im allgemeinen geben die französischen Quellen zu geringe, die schweizerischen viel zu hohe Zahlen. — Originale Nachrichten von grösserer Zuverlässigkeit bringen die Mannschaftslisten bei San. (XVI., col. 213, 319) und im St. a. Zürich (A. 225, 1, französisch und deutsch), die trotz einzelner Differenzen wohl auf ein gemeinsames offizielles Stück zurückgehen und genau die einzelnen Kontingente und Kapitäne nennen. Merkwürdiger Weise haben beide für die Lanzen eine mit den Einzelangaben differierende, unter sich selber wieder verschiedene Addition: 1375 und 1475 Lanzen. — Andrea Griti meldet mit einiger Uebertreibung nach Venedig: 1500 Lanzen, 14—15,000 Mann Infanterie, 800 leichte Pferde (San. XVL, 302). Nach der Niederlage gab er dem Consiglio an: 1400 Lanzen, 11,000 Mann Infanterie und die leichte Reiterei (San. XVL, col. 455), wobei zu berücksichtigen ist, dass einige Mannschaft in Asti und Alessandria geblieben war. Die beiden Listen weichen für die Artillerie einigermasson ab: bei San.: canoni e serpentini 6, colubrine bastarde 4, colubrine magiore 8. Die Liste des St. a. Zürich: ,,Dix canons Serpentins, deux grandes 93 — Schweizern Zeit gelassen, zur Verteidigung Mailands über die Berge zu, eilen. An die Spitze trat La Tremoille selbst: nicht ungern und fast gezwungen, wie sein Panegyriker will, sondern be¬ gierig und in Erwartung des Ruhms.Wohl möglich, dass er selber, ein Meister jeder Intrigue, noch beigetragen hat, den zuerst in Aussicht genommenen Generalleutnant von Bourbon zu verdrängen.^) Ebenso gross aber war die Rolle, die Trivulzio für die Rückeroberung seiner Heimat zufiel: die Dienste in der Vergangenheit und die Kenntnis von Land und Leuten, die Hoffnung auf seine Verbindungen in Mailand, Hessen ihn als den zweiten Führer des Heers erscheinen.^ Für ihn so gut wie für den König, war der colourines, quatre colourines bastardes et vuyt colourines moyennes.“ Ihr Kommandant war La Fayette (Fleuranges, Memoiren). Wenn dieSchweizer bei Novara etwa 25 Stück Geschütze eroberten, so befand sich auch savoyisches dabei. H Bouchet-La Tremoille, S. 233. 2) Noch anfangs März nannte das Gerücht in Italien Bourbon und La Palice als Führer (San. XVL, col. 24). Am 31. März meldet Griti aus Blois, wie nunmehr Trivulzio und La Tremoille bestimmt seien (ib., col. 143). Die Memoiren von Fleuranges behaupten geradezu: ,,et feust regarde une fois, que monsieur de Bourbon iroit; mais monsieur de La Trimouille pourchassa tant, qu’il eust la Charge.‘‘ (S. 233.) Die „Vie du Connetable‘‘ (Pantheon, litt.) stellte die Sache vollends dar, als habe La Tremoille beim König seine eigene Ernennung be¬ treiben lassen; dieser hätte ihm, um dessen Anhängern zu willfahren und Bourbon zu schonen, das Kommando mit ungenügenden Streit¬ kräften angeboten: 800 hommes d’armes und 7000 Fussoldaten, was Bourbon beleidigt ausschlug. In der Tat nahm er am Feldzug nicht Teil; seine Hommes d’armes führte ein Leutnant (Mem. v. Bellay, S. 235) nach Italien. ^) Das von Rosmini, II, S. 313, mitgeteilte Dekret Ludwigs, vom 26^ April, ernennt ihn ausdrücklich zum Generallieutenant, ordnet ihn also La Tremoille bei: „considerans aussi l’autorite, credit, faveur et grandes intelligences, qu’il a en nostre dit Duche de Milan, qui peuvent grandement ayder et servir au fait de nostre dite emprise“ .... Dadurch sind alle gegenteiligen Behauptungen (besonders nachdrücklich Fleuranges, S. 233), — 94 — Gewinn der Lombardei persönliche, ja fast Ehrenangelegen¬ heit; nach Venedig, wie nach Blois trieb er gleich heftig _zm* Eile.^) Nur langsam aber kam die imposante Aufstellung in Gang: während am Hof noch der König, La Tremoille und Griti umständliche Beratungen pflogen.^) erreichte Trivulzio, dass wenigstens die Vorhut endlich marschieren durfte 2): in der letzten Woche des April hatten einzelne Kontingente mit dem Alpenübergang gegen Oulx, ins Tal der Dora Riparia, schon begonnen in den ersten Tagen des Mai kam die Avantgarde unter d’Aubigny nach Susa.D Damals erst verliess La Tremoille mit Griti und 300 Lanzen den Hof, um das Heer zu erreichen,^ und zu allen andern Truppen ward noch ein stärkeres Landsknechtskorps erwartet.O Die wie sie Gisi, S. 250 aufzählt, ins Unrecht gesetzt: unbegreiflich, wie er ■dabei selbst, unter Nichtachtung des offiziellen Dokuments, der Tradition des Fleuranges folgt! 0 Nach Venedig: San. XVI. col. 175. (17. April), col. 191, 245 (7. Mai), col. 258, 259 (10. Mai). Nach Blois: ib. col. 214, Griti aus Blois, am 24. April: .... „missier Zuan Jacomo li ä scrito (d. h. dem König), saria meglio andar avanti sul stato de Milan con quelle lanze l’ha, e poi il resto con monsignor di la Trimoglia li vegneria drieto; e cussi il Ke su¬ bito li ha risposto, e contento, el vengi e vadi sia“ . . . ®) San. XVI. col. 212, 20. April. 0 Siehe unter 1. 0 San. XVI. col. 191, 23. April, Alviano aus Oulx: . . . „l’exercito francese e in ordine e do zornade de li e reduto, e za principiavano a passar“ . . . 0 San. XVI., col. 221. 0 ib., col. 259, 10. Mai; Brief Trivulzios aus Oulx an den Statt¬ halter von Crema: meldet La Tremoilles Abreise von Blois am 2. Mai. 0 Fleuranges, der Leutnant Robert de la Mareks (seines Vaters) behauptet, 4—5000 Landsknechte unter Tavannes und Brandeck und andern Hauptleuten seien aus der Guyenne vergeblich erwartet worden, auch zur Entscheidung bei Novara nicht gekommen. Das muss, als un¬ bestätigt, verdächtig bleiben. Allerdings stiessen, erst in Italien, noch neue Landsknechte zum Heer: 1500 Mann, um den 1. Juni, in der Nähe von Novara (Griti, bei San. XVI., col. 328), und wahrscheinlich — 95‘ rastlose Tätigkeit Trivulzios kontrastiert aufs stärkste gegen diese selbstbewusste Langsamkeit: die ganze erste Hälfte des Mai hindurch zogen die Heerhaufen über die Berge ;^) um den 17. erst traf La Tremoille in Susa ein;^) noch immer fehlten ausser jenen Landsknechten 3 oder 400 Lanzen, die unter d’Aubigny über den Mont Cenis zum Heere hätten stossen sollen.^) Während so langsam und ihres Sieges gewiss, aber in einem imposanten Aufgebot die Scharen ins Hochpiemont hinunterstiegen, hatten die Abgesandten des Königs, Alviano und Teodoro Trivulzio, bereits das gärende Oberitalien durcheilt: der Angriff von Osten her sollte von ihnen orist das dasselbe Korps, von dem Pleuranges redet. Die französischen Quellen verraten überhaupt eine Neigung zur Behauptung, als wäre noch ein grosser Teil des Heeres in den Bergen gewesen, als bei Novara die Entscheidung fiel. Vor und während der Belagerung aber waren noch Zuzüge zum Heer gestossen, und die Zahl der Franzosen, die dort teilnahmen, variiert nur unbedeutend von den Listen (oben zit.), die das Truppen aufgebot bringen („lista di le gente d’arme che sono Ordinate dal re di Franza per la impresa de Italia‘‘, „Estat de l’armee le roy a delibere en Italie“), und selbst die Diffe¬ renzen erklären sich dadurch, dass in Asti und Alessandria Fussvolk zurückgelassen war. Siehe weiter unten). 0 San. XVI., col. 258 (aus Crema, 13. Mai): Trivulzio empfing in Oulx die Kommenden, ordnete und instruierte sie wohl für den Weitermarsch (col. 259). — Jean le Veau, 14. Mai, aus Piacenza: . . . ,,sont quatre ou cinq jours, le Duc estant ä Pavie, et ledit Mess. Andre (Burg) furent advertis, comme les dits Frangois passoient ä force les Monts“ ... (L. L. XII., S. 116). Die grosse Masse wird um den 10. Mai herübergekommen sein. 0 San. XVI., col. 293: La Tremoille und Trivulzio aus Susa, 17. Mai (an Venedig). Damals war der Bergübergang im Ganzen zu Ende: „Ora mö Texercito di la Christ. Maestä e di qua da’monti, et in 8 zorni spera esser in Milan (ib., col. 302). ^) San. XVL, col. 302: Andrea Griti aus Susa, 20. und 25. Mai. Die Lanzen d’Aubignys fehlten noch, als das Heer bereits über den Po gezogen (ib., col. 325: Griti, 27.—31. Mai) und trafen erst in der Nähe von Novara um den 1. Juni ein (col. 328, 460). 96 ganisiert werden. Am 18. April hatten sie in Oulx mit dem Marschall sich verständigt;^) am 23. waren sie nach Venedig aufgebrochen ;2) am 10. Mai trafen beide in Chioggia ein.O Mit Pomp empfangen, verlangen sie unverzüglich energische Aktion 0^ am 13. bereits wird Alviano zum Ge¬ neralkapitän ernannt;^) am 18. schon langen die beiden im venezianischen Hauptquartier, in San Bonifazio, an* *0: 1200 Lanzen, 1500 Mann leichter Kavallerie, 8000 Mann In¬ fanterie standen ihnen zur Verfügung.^ In der sichern Erwartung des unmittelbar bevorstehenden Kriegs hatte die Republik bereits, trotz allen Bitten des spanischen Ge¬ sandten, den Waffenstillstand mit dem Kaiser nicht mehr verlängert.®) Von Ost und Westen drohte der Liga und ihrem Schutz¬ staat Mailand die Gefahr; schon war der Vorstoss auf Asti gemeldet; überall regte sich die Empörung. Der Herzog, von den Spaniern bereits verlassen, in rettungsloser Ver¬ zweiflung, gab sich verloren: ,,non sa, dove andar. Ritornar in Alemagna non vol; andar da’sguizari, dice, non mantien fede, e de facili lo daria in man dil re di Franza; unde il meglio era andar col vicere; ne a Milan voleva andar. 0 San. XVI. col. 184. ®) ib. col. 191; 221: Anfang Mai sind sie in Turin. *) ib. col. 227. *) ib. col. 229, 232, 234: 10. und 11. Juni. 0 ib. col. 247. Komanin, storia documentata, V, S. 283, der den 15. Mai angibt, 0 ib. col. 273: östlich von Verona. — Sie verliessen Venedig am 16. (ib. col. 261.) ’) ib. col. 209: Brief der Signorie an Griti, vom 3. Mai. — Ein Brief des Gouverneurs von Bergamo an Stella in Zürich gibt an: 8000 Fussknechte, 1000 Lanzen und ca. 1000 Pferde, aber vielleicht ohne die im Rücken gelassenen oder seitlich entsendeten kleinern Kontingente zu zählen. Kopie im St. a. Basel M 1 No. 301.) San. XVI. col. 209. — 97 — quäl era in moto/^^) Der Sieg schien sicher, bevor ein einziger Soldat das Herzogtum betreten. Allein die Franzosen hatten den Fehler schon begangen, der ihnen den Erfolg entriss: statt in einem blitzähnlichen Zug diesen Schwindelstaat zu Boden zu werfen, liess man ihm Zeit, nach allen seinen Stützen zu greifen. Trivulzio, der sein Italien kannte, hatte umsonst auf die höchste Eile gedrungen: er einzig sah vielleicht ein, wie bei der mili¬ tärischen Untüchtigkeit dieses Lands ein kleines, straff diszipliniertes,' rasch und sicher geführtes Heer zum zer¬ schmetternden Schlage genügte. Hätten sich dann auch die Eidgenossen mit der vollendeten Tatsache abgefunden, bei der franzosenfreundlichen Unterströmung im eigenen Land? So aber kam man mit einem Aufgebot, vor dem ganz Italien zitterte, monatelang erwartet, wochenlang mit dem blossen Aufmarsch beschäftigt. Und unterdessen stiegen die 4000 Schweizer in die lombardische Ebene herab, die herbeizurufen man nicht verhindert, die ersten jener Schar,, an der der gewaltige Angriff abprallte. 0 ib. col. 258: Guidoto, Piacenza, 15. Mai. « Zweites Kapitel. Die Eroberung der Lombardei. Während die französische Armee über die Berge zog, hatte die Flotte von Marseille aus sich der Republik Genua genähert, um mit einem Landheer unter dem Bastard von Savoyen vereinigt ihrer kurzen Freiheit wieder ein Ende zu machen. Stürmische Szenen zwischen den herrschenden Fregosi und den Fieschi hatten eben hoch den Umschwung vorbereitet: am 24. Mai gelang es Antoniotto und Hieron. Adurno mit 5000 Söldnern vom Lande her die belagerte Lanterna zu entsetzen. Die Fregosi mit ihrem Dogen zogen sich auf die Schiffe zurück, und im Einverständnis mit dem französischen König ward Antoniotto Adurno zum Gouver¬ neur gewählt.^) Aber auch die kleinen Gewalten Norditaliens hatten mit Ludwig paktiert: Montferrat schickte 100 Lanzen, der Herr des Piemont, der Herzog von Savoyen, desgleichen^): während er die Schweizer von den Rüstungen der Franzosen ständig in Kenntnis erhielt,D Hess er nicht nur die Knechte 0 Senarega, De rebus Genuensibus: in Muratori, Eerum Ital. Script., t. XXIV., S. 621 ff. D Die oben zitierten Heereslisten. 3) Er stand ja im Bündnis mit acht Kantonen (Köhler, S. 423). — E. A. 495 c: 18. April. St. a. Bern, Deutsches Miss.-Buch, f. 132 (vom 11. Mai): Bern teilt der Tagsatzung mit, wie der Herzog ihm von den französischen Rüstungen Kenntnis gegeben: „unnd der uffbruch und inval an dryen orten uff wasser und land beschechen; dabi so habe inn der küng umb durchzug unnd passage ankert.“ Er bittet, die Ge- — 99 aus dem Lande laufen'/) sondern lieh selbst Büchsen und Geschütz/) Für sie alle galt es, sich einfach zu ducken: mochten sie die Franzosenherrschaft in Italien gern oder widerwillig sehen, so war von einem Verweigern des Durch¬ passes keine Bede. Ihr Kunststück ist, nach Frankreich, wie nach den Eidgenossen hin sich nicht zu kompromittieren. Die Stimmung in Mailand war aber für die Franzosen von Anfang an die beste: eine mühelose, fast von selbst sich vollziehende Eroberung schien in Sicht, bei der Fäulnis aller Zustände, dem namenlosen, tief berechtigten Ueberdruss an dem jämmerlichen Regiment, bei der Unzuverlässig¬ keit des spanischen Bundesgenossen. Die Franzosenherr¬ schaft war eine Erlösung, und Trivulzios Einverständnisse ebneten den Weg. — Die Vorhut des Heeres hatte den ersten Schlag gegen das Mailändische geführt, noch bevor La Tremoille selber auf italienischem Boden erschien: um den 10. Mai drang, von Trivulzio gesandt, sein Sohn Camillo nach Asti vor, während auf die blosse Nachricht der Gouverneur von Währung zu entschuldigen und ihm einen Boten als Berater zu senden. Der Brief Berns findet sich in den Tschudischen Orig.-Abschieden (St. a. Zürich), nach dem Abschied von Baden vom 9. Mai. — Weitere Ent¬ schuldigungen: E, A. 502 h, 30. Mai. 0 Die Tagsatzung verlangte am 9. Mai, dass er ein Verbot da¬ gegen erlasse (E. A. 500 c); Bern am 11. Mai ebenso (St. a. Bern, Lat. Miss.-Buch, f. 2, Ratsmanual 158, f. 127): gleichzeitig begann im eigenen Land der allgemeine Aufbruch! 2) Nach der Niederlage von Novara bestritt er das natürlich aufs höchste: die erbeuteten, mit Kreuzen bezeichneten Geschütze gehörten der Stadt Valence in der Dauphine und andern, ,,die zu irem Zeichen ein gell, rott, blaw oder ander form krütz tragent, welcher underscheid man in keinen metall gegraben erkennen mag“ etc. Ebenso leugnete er seinen Zuzug ab (St. a. Zürich, A. 212, 1; Thonon, 16. und 18. Juni, an Zürich). — Allein Savoyen konnte gar nicht anders, als dem König jede verlangte Unterstützung gewähren, mochte diese nun bis zum Leihen von Geschützen gehen, oder bei der Sendung von 100 Lanzen bleiben. — 100 Alessandria und die Spanier ihren Posten verliessenP) Nach zwei, drei Tagen stand Camillo in Alessandria selbst und gaben iene Tortona schon auf.^) Um den 20. Mai rückte die Hauptmacht selbst, mit La Tremoille und dem Marschall nach, um in den mühelos eroberten Gebieten von den Be¬ schwerden der Märsche zu ruhen und wohl die immer noch 1) San. XVL, col. 249, 258: Bart. Contarini, Kapitän von Crema, 12i und 13. Mai: ,,La quäl nova optima fu sparta per tutta la terra, e tutti comenzono a Jubilar.“ — Andrea Griti berichtet aus Susa, im Widerspruch mit den Meldungen Contarinis, von einem Widerstand der spanischen Besatzung in Alessandria, der Camillo zum Rückzug veranlasst hätte: (col. 302): das bleibt unbestätigt. 2) ib., col. 262, Contarini aus Crema, 14. Mai. Ferner col. 266, 273, 275, 302. — Die Memoiren von Fleuranges (Kap. 35) reden von Camillo Trivulzio mit keinem Wort: nach ihnen hätte La Tremoille bereits, von Asti aus, dem, jungen Fleuranges mit seinen Landsknechten den Auftrag zur Eroberung Ales&^ndrias gegeben, das von den Schweizern gehalten wurde. Mit den Landsknechten, einigem Fussvolk und wenigen Hommes d’armes wäre es ihm, von Sacromoro Visconti und seinen 100 hommes d’armes unterstützt, gelungen, die Schweizer an den Toren zu überraschen und einzudringen: ,,et ainsy que les lansquenets entroient par une porte, les Suisses sortoient par Faultre, et prenoient le droict chemin de Tortonne, pour eulz aller rallier.“ Fleuranges hätte ihnen Fussvolk und Kavallerie nachgesandt; „et lä y eust belle escarmouche, et quelques Suisses tues; et fist mettre le dict Advantureux son artillerie sur les plattes formes du coste, oü les Suisses estoient sortis et la fist tirer, pour donner ä cognoistre aux peuples dTtalie et ä ceulx, qui tenoient la partie franqaise, que la ville estoit prise, et aussy pour donner bon courage aux amis et peur aux ennemis“ etc. Die ganze hübsche Erzählung ist von Anfang bis zum Schluss wahrscheinlich die reine Blague: die andern Quellen wissen von Fleu¬ ranges kein Wort. Die Erzählung selber aber macht sich gerade durch ihr Detail aufs höchste verdächtig: als Alessandria genommen wurde, war La Tremoille noch nicht einmal in Susa (sondern wahr¬ scheinlich sogar noch'jenseits der Berge, da er erst gegen den 17. Mai nach Susa gelangte und die Stadt um den 12. bereits fiel). In Alessandria aber standen nicht Schweizer, sondern Spanier (z. B. San. XVL, col. 275: der Sekretär des Contarini berichtet am 16. Mai aus Crema: . . . „Etoziä auto lettere dil sign. Camilo . . . date in Alex, di la Paia, a di 14, — 101 — ausbleibenden Nachzügler zu erwarten.^ Die Grenzstadt des Herzogtums, ein wichtiger Brückenposten, war ohne einen Versuch des Widerstands an den Feind gefallen, das Land jenseits des Po verloren: schon dachte man Pavia zu haben,und bis gegen Novara schwärmten die feindlichen Heiter. Kein Wunder, wenn das Nahen überall ein Signal für die Unzufriedenen ward; auch im Osten stand alles in Gärung: die ganze Ghiara d’Adda war schon unsicher, und der Podestä von Cremona verliess um den 12. Mai bereits mit der Sforzenpartei die Stadt, die dem venezianischen Kapitän in Crema mit ihrer ganzen Umgebung die Unterwerfung anbot.O Der völlige Verlust des Ostens, selbst Lodis, schien geschehen, bevor noch Venedig den ersten Zug getan. significa aver fugato li spagnoli de Alex.‘‘ Nach Fleuranges fliesst mitten durch Alessandria der Po u. s. w. Höchstens, dass Fleuranges mit einem Landsknechtskorps den C. Trivulzio begleitet hätte. Das bei Rosmini IL, S. 315, abgedruckte Brieffragment (Ott. Sforza an Burgo; Mailand, 14. Mai) redet neben Camillo von einem „dimandato Guarnero Guasco con molti fanti,“ der nach Aless. gedrungen. Es bleibt aber sehr fraglich, ob er mit dem Fleuranges und diese mit den Landsknechten zu identifizieren sind. Die gleichzeitigen Berichte bei Sanuto schreiben die Initiative einzig dem Marschall und die Ausführung seinem Sohne zu; auch in dem Briefe des Jean le Veau, vom 20. Mai (L. L. XIL, S. 124) wird nur von der .„Compagnie du Sr. Jean Jacques de Triultio“ gesprochen. 1) Die Hauptmacht, 800 Lanzen und 9000 Mann Infanterie, brach am 20. von Susa gegen Asti auf (Griti; Susa, 20. Mai: San. XVI., col. 302). Am 22. Mai wird ihre Ankunft in Asti gemeldet (ib., col. 318). Dort hat man mindestens vier Tage gerastet: Griti, aus Asti, 25. Mai (ib., col. 312, 320): . . . „fra tre zorni si leverano per Alexandria et anderiano a trovar li inimici'O- Ferner: Fleuranges, Kap. 35. 2) San. XVI., col. 293, 17. Mai. col. 312. 3) San. XVI., col. 258 (Crema; Contarini, 13. Mai), 273, 281 (Crema, 18. Mai: . . . ,,et ogni zorno ne vien da 4 in 5 e piü di ditti messi“ . . .), 308. Aless. Sforza machte zwar von Lodi aus mit 300 Pferden einen schwächlichen Versuch, die Stadt zum Wiederanschluss zu zwingen 102 — Keine Partei aber beeilte sich, den Vorteil zu ver¬ folgen: der Signorie lagen vor allem doch die Sondereroberungen am Herzen, und da sogar Hess sie sich Zeit. Zwar stand ihr Genenalkapitän von der Belagerung Veronas ab, vor das man am 19. Mai gerückt war: die Stadt hatte von Trient her etwa 2000 Mann Zuzug erhalten und machte eine lange Belagerung nötig,sodass d’Alviano, nach der Einnahme von Peschiera, über Villafranca und Valeggio gegen Cremona zog, das er am 27. Mai ohne Hindernis betreten konnte: sofort wurden die französischen Fahnen aufgepflanzt,worauf auch die Ghiara d^Adda und Lodi dem Beispiel folgten.^ Doch eine wahrhaft ängstliche Vor¬ sicht band von Hause her dem Alviano die Hände: Venedig wollte sein Heer um keinen Preis einer Katastrophe aus¬ setzen und, durch Erfahrung gewitzigt, vor allem sein (Cronaca di Cremona ... in: Bibi. hist. ital. cura et studio Societ. Longob. L, S. 218). Er zog sich zurück, entweder auf die blosse Nach¬ richt vom Kommen der Stradioten (San. XVI., col. 283, aus Crema), oder nach einem unglücklichen Gefecht mit dem venez. Infanterie¬ kapitän Renzo de Ceri (ib., col. 284). Cavitellus, Annales Cremonenses, in Graevius, Thesaurus, t. III., 2 zu 1513. Grumello, Cronaca, Kap. 34. H Diario del campo tedesco nella guerra veneta dal 1512 al 1516 (inr: Archivio Yeneto t. 35, S. 83 ff.). — Jean le Yeau; Mailand, 25. Mai (L. L. XII. S. 130). — Die militärischen Gründe gibt Alviano selber an (bei San. XVI. col. 296): „e mal perder tempo qui, ma e ben levarsi e andar a Pontevico e de li a tuor Cremona, che l’avevemo subito . . . e poi acquistato il stato dil Ducha di Milan con una trombeta voglio aver Verona, e questo fazo, aziö sgiuzari, che se intende, vol aiutar il stado de Milan et vieneno zoso, avanti i vengi, nui abiamo fata il nostro“ ... Es ist der einzig mögliche Gesichtspunkt für das erfolgreiche Durchführen des Feldzugs, den aber Alviano in der Folge selber nicht behaupten konnte und den auch die Franzosen nicht wahrten. *) Diario del campo tedesco, S. 83, 4. H San. XVI., col. 309, 310. Grumello, Cronaca, Kap. 25: un¬ zuverlässig. 9 San. XVL, col. 311, 27. Mai. ö) ib., col. 284, 294 (23. Mai): das Colleggio an Griti: die Furcht, wenn die Franzosen ihrerseits nicht rasch genug vorrückten, mit den. — 103 eigenes Unterpfand in die Hände bekommen. Mehr als um den Fall Mailands war es ihm um die Eroberung Brescias und all die andern Verluste frühem Besitzes zu tun, während doch vom militärischen Standpunkt aus nichts dringender geboten schien, als von Ost und West ins Zentrum vorzustossen und vereinigt rasch den Schlag gegen den Herzog und seine geringen Kräfte zu führen.^) So aber hielt sich jeder Teil mit Sondereroberung und Nebenoperationen auf: die Franzosen mit Asti, die Venezianer mit Brescia und den kleinen Plätzen der Umgebung. Umsonst, dass der französische Bote in Venedig die Vereinigung der Heere verlangte,0 dass der Generalkapitän mit Teodoro Trivulzio selber sie wünschte,^ und von Cremona aus, wie er mit dem Marschall in Oulx mochte verabredet haben, den Marsch über die Adda begehrte.^ Der Generalgouverneur wider¬ setzte sich,^) trotzdem aus Mailand die Aufstandsnachrichten kamen: wie die Guelfen bewaffnet ,,Franza e Marco“ in den Strassen riefen, wie die Buden geschlossen und die französische Besatzung das Kastell verlassen, wie die all¬ gemeine Erwartung das Einrücken des vereinigten französisch-venetianischen Heeres ersehnte.^ An der Adda an¬ gelangt, machte man Halt, und nicht aus Vorsicht allein. Vom Lager in San Bassano aus ward der Infanteriekapitän Renzo de Ceri nach Brescia gesandt, während nun immer¬ hin einige Reiter unter Gian Paolo Baglione und Teodoro Trivulzio gegen Mailand vorstiessen, um auf die Nachricht Spaniern bei Piacenza zusammenzugeraten. Die Erlaubnis, von Verona weg vorzurücken, ward am 24. Mai dem Alviano gegeben, mit der Bedingung, ,,che non passi Po in Ada et atendi la Conservation di nostro exercito'^ (ib., col. 296). Siehe auch Romanin, Storia docum. V., S. 185. B Siehe die S. 79, Anm. .2, zitierte Auseinandersetzung des Alviano. 2) San. XVL, col. 293, 23. Mai. B ib., col. 284. B ib., col. 314. B ib., col. 314. 6) ib., col. 315, 330. — 104 — von dessen Anschluss an Frankreich sofort wiedei umzukehren.O Am 31. Mai ward Brescia in der Tat mit dem Einverständnis der Bürger genommen, während Spanier und Deutsche sich ins Kastell zurückzogen.0 Das Haaptheer aber überlegte sich noch am 3. Juni, ob der Marsch über die Adda, den neben Trivulzio auch La Tremoille und Griti endlich verlangten, zu wagen und am Platze sei.O Noch am Schlachttag selbst, am 6. Juni^ stehen die venezianischen Truppen unverändert am selben Platz, in la Cava bei Cremona.O Das Zusammenwirken französischer und veneziani¬ scher Waffen, wie es durch die ganze Allianz und die terri¬ toriale Stellung der Bundesgenossen gefordert war, wie es der immense, nicht zu schätzende Vorteil der ganzen Kombination gewesen, wie es wohl Trivulzio wenigstens in Aussicht genommen,^) hat gar nicht stattgefunden. Dass 1) San. XVI., col. 321 (30. Mai), 323 (31. Mai). 2) ib., col. 323 (31. Mai). — Anfangs Mai hatten der Vizekönig und Sforza daran gedacht, Brescia im Angriffsfall zu unterstützen und dafür eine Brücke über den Oglio zu schlagen (ib., col. 215). Wie überall, so war dann auch hier nichts geschehen. 3) ib., col. 325, Andrea Griti, Pieve del Cairo (27.—31. Mai): er verteidigt hier noch das Zögern der Signorie. — col. 328, 2. Juni: der Proveditor Contarini aus la Cava, wie Griti aus San Giorgio bei Novara das Passieren der Adda verlangt habe. ^) ib., col. 340. ^) Ein direkter Beweis lässt sich dafür nicht leisten: immerhin spricht für die Annahme, dass Alviano, der ja in Oulx mit dem Mar¬ schall konferiert hatte, im venezianischen Lager den Vormarsch und die Vereinigung verlangte. Die von Sanuto gegebenen Auszüge der Briefe Trivulzios an Venedig lassen nur seine allgemeine Unzufrieden¬ heit über dessen Schläfrigkeit erkennen; z. B. col. 258, 13. Mai, Contarini aus Crema: ,,E1 sign. Zuan Jac., che si trova a Lors (Oulx), ezi ä mandato a dir a lui retor di crema e scritoli, che’l se meraveia, che la Signoria non penzi avanti il suo exercito, e adesso e tempo di far fati; non che. Phabi di bisogno di forze, ma per dar reputation a la liga et acciö la Christ. Maestä cognossi, la Sign, fa dal canto suo, quanto ä promesso di far^^ etc. — Charakteristische Ueberschätzung der französischen Macht. Man erinnere sich, dass 1515 bei Marignano 105 'Griti den La TremoilleO nnd Teodoro Tri-vulzio den Alviano begleiteten, war eine völlig äusserliche Kundgebung ein¬ heitlicher Ziele. In Wahrheit unterstützte kein Teil den andern, und Venedig namentlich setzte die militärischen Wünschbarkeiten durchaus den Sondervorteilen nach, welche die vorzeitigen Eroberungen für den Friedensschluss ihm brachten: wohl wären diese Gebiete, wenn Mailand und Pavia einmal gefallen und der Herzog gefangen oder ver¬ jagt war, von selber und willig der Entscheidung auf dem Hauptplatz des Kampfes gefolgt, dem Sieger als müheloser Ueberschuss zugefallen. Die Republik aber musste sich fragen, ob der Preis dann, wie Frankreich versprochen, auch wirklich ihr selber zugute kommen würde. Sie war zu sehr brutalisiert und getäuscht worden, um, wie im Vor¬ jahr wieder rückhaltlos einem Bundesgenossen zu vertrauen und kühn die eigenen Kräfte zum Gelingen erst des Ganzen ins Spiel zu setzen. Mit dem Gewinn Brescias, Peschieras, Pizzighettones u. s. w. hatte sie erlangt, was sie begehrte: es ist also militärische Vorsicht und diplomatische Zurück¬ haltung zugleich, wenn man sich gerade nur soweit vor¬ wagt, als dringend nötig. Allein auch auf französischer Seite, wo man doch um einen ganz andern Einsatz rang, ist es kein Feldzug grossen Stiles: am 30. Mai erst brach man von Alessandria auf; am 31. setzte man bei Pieve del Cairo über den Fluss.^) Statt nach Asti ein blosses Streifkorps zu entsenden und das Eingreifen venezianischer Waffen, im letzten Moment, die Ent¬ scheidung herbeiführte. Dieselbe Ueberschätzung mag erst recht bei La Tremoille und den Franzosen verhindert haben, dass man den ganzen Feldzug von vorneherein auf dies Zusammenwirken abstellte und recht¬ zeitig und dringend in Venedig, auf dem Vorrücken bestand! 1) Gritis Itinerar, aufschlussreich auch für die Bewegung des Heers, bei San. XVI., col. 457: doch befindet er sich erst von Asti .an beim Grossteil der Truppen. Itinerar des Griti (San., col. 457). 106 — mit dem Kern ins .Mailändische zu rücken, rasch und ver¬ blüffend den Gegner zur Entscheidung zu zwingen, hatten die Feldherrn die ganze Masse des Heeres über Asti und Alessandria in aller Langsamkeit geführt, zu allem Umweg hinzu in Asti noch drei oder vier Tage gerastet, als ob man auf den Rückzug des! Gegners warte.^) Die Grösse der Rüstung hemmte nun auch die Schnelligkeit der Bewegung, und die Ahnung, wie sehr gerade auf ihr alle Wahrschein¬ lichkeit und Garantie des Erfolges beruhte, schien selbst Trivulzio wieder vergangen zu sein: der günstige Fortgang der Operationen, das völlig ungehemmte Vordringen, der allgemeine Abfall mag auch ihn in Zuversicht gewiegt haben. Und allerdings stand die Sache des Herzogs zum Ver¬ zweifeln. Wie völlig vertrauenslos er selbst dem Kampf enU gegensah, ist schon erzählt, und der Fortgang konnte ]ede Angst nur vermehren. Zwar die 4000 Schweizer, die man zugesagt erhalten, waren in der Tat mit den Franzosen fast gleichzeitig er¬ schienen. In zwei Richtungen rückten gegen Mitte Mai die Kontingente über die Berge: die acht östlichen Kantone über den Gotthard nach Bellinzona, wo der Beauftragte 0 Jean le Veau (Mailand, 20. Mai: L, L. XIL, S. 124) will wissen, dass die Franzosen zögerten, weil sie den Rückzug des Vize¬ königs und den Abfall Mailands erwarteten. Sie werden aber nicht so einfältig gewesen sein, durch ihr Zaudern einen Effekt zu erhoffen, der doch nur durch kühnes Vorrücken zu er¬ reichen war. Die Behauptungen des Jean le Veau (L. L. XIL, S. 116 ff.) sind’ überhaupt mit Vorsicht zu betrachten, da eine törichte Siegeszuversicht (durch das Bleiben der Spanier und das Erscheinen der Schweizer hervorgerufen) die Nachrichten färbt und entstellt: das Tollste viel¬ leicht die Versicherung, in Genua seien alle Guelfen getötet oder ver¬ jagt, eine grosse Armee zu Wasser und Land gegen die Franzosen aufgestellt und dem Herzog von Mailand geschrieben worden, er möge keine Angst haben: sie würden auf ihrer Seite den Feind schon fern¬ zuhalten wissen! (ib., S. 130, 25. Mai). 107 — des Herzogs, Alessandro' Balbiano, sie nach Eintreffen musterte, besoldete und nach Arona dirigiertet) Die west¬ lichen Orte: 1100 Mann von Bern, Freiburg, Solothurn und Basel in einem „langsamen, harten Weg^‘ durch Waadt und Wallis über den Simplon nach Domo d^Ossola und Arona, wo sie am 18. mittags anlangten.0 Vor ihrem Kommen 1) Ihr Anmarsch ist nur unvollkommen bekannt durch die Brief© des Balbiano an den Herzog (B. A., Kopien aus Mailand), Bellinzona^ 13. Mai: am 9. Mai sind schon die zwei Banner von Unterwalden dort eingetroffen; am 13. standen nur Uri und Schaffhausen noch in Bellinzona, um am folgenden Morgen ebenfalls nach Arona zu ziehen. Dort scheinen am 13. Mai erst Luzern und Schwyz eingetroffen zu sein; doch waren die meisten andern bereits im Anmarsch (P. P. Cribelli an den Herzog; Novara, 14. Mai, in B. A.: „me fano intendere, non volersi partire fina che non siano arrivati tuti insiema^^ . . .). In Bellinzona schon hatte man, um sie anzufeuern, ihnen Berichte über die Hülfe von Papst und Vizekönig vorgelesen. 2) Briefe der Solothurner Hauptleute aus Bern und Freiburg, vom 5. und 6. Mai (St. a. Solothurn, Denkw., S. XXIX., f. 199, 194); in Bern: . . . ,,uff hundert uff dem breitt feld unser gewartett mitt pfiffen und trummen uns erlich hinin beleittet‘‘ etc. — Ausführliche Erzählung der Basler Hauptleute Hans Stoltz, Ulrich Falkner, Hans Bondorf (Fechter, S. 110 ff.; Orig, im St. a. Basel, M. 1, Nr. 288): Vor ihnen sind bereits Bern, Freiburg und Solothurn weggezogen; in Solothurn schon sind sie ,,fast erlich und wol empfangen“ und beschenkt: „morndes fritags (6. Mai) uns allen ein löblich singend ampt uff dem altar sant Ursen und Victor gehalten.“ In Bern: ,,nit mynder wol empfangen, in sunders by 200 knechte unss engegenzogen, ir rotzbotschaft zu unss in das feld geschigkt, uns wolkomen heyssen sin, dornach in der herberg unss durch vier rotzbotschafft aber empfangen, sich gross erbotten, unser Zukunft sich fröwend, dessglich geschengkt 10 krönen, zum nachtmol mit etwan mengen kannen den win dorzu ge¬ schengkt mit viel erbiettung.“ In Freiburg, wohin sie am 7. Mai kommen, ähnlich; da erfahren sie zugleich vom beabsichtigten Aufbruch in fran¬ zösische Dienste. Am 17. erst stossen sie, bereits in der Nähe des Langensees auf die vorausgezogenen Kontingente von Bern, Freiburg und Solothurn (Fechter, S. 113 ff.. Orig. St. a. Basel, M. 1, Nr. 296); am 18. mittags gelangen alle nach Arona (St. a. Basel, M. L Nr. 294, Brief des P. Meratt; bei Fechter, S. 114, Anm. 1), wo Musterung und. — 108 — schon waren die andern in einer wahren Kampfbegier nach Novara weiter gezogen^) Kaum dass Musterung und Zah¬ lung gehalten, rückten auch Bern und Basel in derselben Nacht ihnen nach, um sie am 19. früh zu erreichen, während die Solothurner, die anfangs ruhen gewollt, auf die Nach¬ richt von Alessandrias Fall ebenfalls noch in der Nacht .aufbrachen. „Und in unserm Einziehen zu Novara sind sie (die ersten Haufen) ausgezogen und nach dem Imbisessen sind wir ihnen stracks nachgezogen bis in die Stadt jen¬ seits des Po, Asalis“ (Sale) 0 • erstaunliche Marschleistangen, Zahlung gehalten wird. — Brief des Balbiano an den Herzog (Arona, 18. Mai, im B. A.): ,,In questa hora e facta la expeditione de tutte le 12 bändere et Tultima e stata Baxilea, quali e de fanti 200, beila et bene in ordine de arme.“ — Siehe ferner die anonyme Chronik der' .Mailänderkriege (Bd. 6 der Basler Chroniken, her. von Aug. Bernoulli). 0 Brief des Balbiano an den Herzog; Arona, 15. Mai (im B. A.): „in questa matina sono partite de qui tr’e bändere, le quali vanno al camino de Novara, et domatina spero de inviarne cinque altre bändere pur verso Novara, Domossula quatro bändere, cioe Baxilea, Berna, Friborgh et Soloturno ... et io subito li expedirö del denaro et «con presteza li inviarö al medesimo camino de Novara“ ... — Heber Verproviantierung und Unterbringen: Conservatores Duci (Mailand, 13. Mai; im B. A.). Brief der Hauptleute des Gotthardkontingents an die Tagsatzung, vom 19. Mai, aus Novara (Kopie im St. a. Solothurn, Denkw., S. XXIX., f. 180): am 18. haben sie Nachricht vom Herzog erhalten, „das der franzoss mitt siben thusend lands knechten unnd 500 glänen haruber den Moncanys geruckt sye“; der Vizekönig hat zu ihnen gesandt: . .. „vil ereil unnd gutts sich erbettenn, sy gegen unns zu halttenn, wie die bruder“, mit der Bitte, ihm zuzuziehen. Darauf haben sie den zurück¬ gebliebenen Orten, Bern, Basel, Freiburg und Solothurn geschrieben, ,,uff disen tag (19. Mai) by unns zu sin zu Naverra und allso uff dornstag Inn der fronvasten (19. Mai) all mitt ein andern im namen gotts von Nawerra zu ruckenn unnd unnser vynd zu suchenn unnd mitt der hilff des Allmechttigen gotts, wo wir si beträtten mögen, .anzugriffenn, unnd ob gott wil, gross lob unnd er inlegen“ etc. — 2) Brief der Basler Hauptleute bei Fechter, S. 113, und des Peter Meratt (ib., S. 114). Dieses ,,Asalis“ ist nicht Casale, wie Fechter .und der Herausgeber von Anshelm (S. 419) annehmen, sondern Sale, 109 — Zeugnisse der Siegeszuversicht und Ungeduld, die selbst diese Vorhut schon beseeltet) Zahlreiche Freiwillige hatten unterwegs sich angeschlossen, brennend darauf, Sieg und Beute mit den offiziellen Kontingenten zu teilen.0 Am 16. c. 35 km südöstlich von Casale, gegen 20 km von Alessandria, wozu stimmt, dass die Eidgenossen von Novara über Mortara zogen und dass in andern Briefen die Form Sale, Sala etc. steht. Brief des Balbiano an den Herzog; Arona, 18. Mai (B. A.): (Das Basler Kontingent) „la inviarö questa sera fora de Arona aciö che domane per tempo se possa ritrovare a Novara et unirsi cum li altri.“ Brief der Glarner Hauptleute (St. a. Zürich, Tschud. Sammlg., VI., Nr. 33): . . . ,,lassen wir uch wüssen, das wir über das wasser die boo von Naweren gezogen sind unnd uns da inn ein stättlj geleit, ge¬ nant Sali, ist acht weltsch mil von allexander. ODie Zusammenstellung des Itinerars: Das Gott¬ hardkontingent, c. 3000 Mann: Vom 9. Mai an Marsch gegen Arona. Am 15. und 16. nach Novara. Am 19. nach Sale (P. Meratt berichtet irrtümlich, der Zug habe am 20. stattgefunden, St. a. Basel, M. 1, Nr. 294). — Das Simplonkontingent: 3./4. Mai Abmarsch zu Hause. 17. Mai Zusammentreffen der Basler mit Bern, Freiburg und Solothurn. 18. Mai mittags Eintreffen in Arona. Nachtmarsch nach Novara. 19. früh An¬ kunft. Nachmittags nach Sale. — Brief des Balbiano aus Bellinzona, 13. Mai (B. A.): ... ,,et si accelerano piü presto sii possibile et si monstrano di una bona voluntate et di grandissimo desiderio di volere in tuto fare il debito suo.‘‘ 2) Brief des Balbiano aus Arona, 15. Mai (B. A.): ,,Circa li venturieri, benche molti ne siano ritornati a casa pacifici, pur a questi, che sono restati, li vado intertenendo con bone parole: con prometterli de esserli procuratore appresso le Ex. V., quäle stia de bono ^nimo: perche queste Compagnie vengano ad tanto bono animo et grande desiderio a servirli, quanto se possa dire, öt sonno tanti belli compagni, che nulla gli mancha.^‘ Jean le Veau behauptet, es seien 1500 (L. L. XIL, S. 124); die Schweizer selber meldeten von 2000 Mann nach Hause (Truttmann an Basel, St. a. Basel, M. 1, Nr. 295), und auch Morone gibt diese Zahl (E. A. 502 d). Heber ihre Führung entbrannte unter den Hauptleuten ein heftiger Streit, den Balbiano durch das Versprechen schlichtete, entweder werde der Herzog einen Kapitän ernennen, „che non sii de loro^‘, oder die Einzelnen bei ihren bisherigen Bannern lassen. (Brief an den Herzog;, Arona, 17. Mai, im B. A.) 110 — bereits war dem Zürcher Hauptmann vom Herzog die Voll¬ macht verliehen, „de potere commandare ad qualuncha cita, terra et loco dil Dominio nostro, che li diano victualie per USO dil campo a essi suiceri/‘0 Viele freilich waren nicht allein ohne Harnisch, sondern auch ohne die langen Spiesse gekommen wirklich schlagfertig schien das Heer allein, wenn ein starkes Geschütz diese Infanterie unter¬ stützte. Für die nominelle Führung war Giov. Gonzaga bestimmt.^ In Sale traf der Herzog bei den Knechten ein, un¬ geduldig erwartet und mit kriegerischem Pomp empfangen.^ Ihre Ankunft setzte ihn zum Versuch einer Aktion über¬ haupt erst in Stand: ohne Gegenwehr war Alessandria be- 1) Ex Ponte Curono (im B. A.). Die Vollmacht nennt als solchen merkwürdigerweise Felix Jung. 2) Brief der Basler Hauptleute vom 22, Mai (Fechter, S. 115). — Aug. de Beccaria an den Herzog, Sala, 19. Mai (im B. A.,): ,,Molti fanti sono senza arme longe; sarä bene mandare per lance, allabarde, petti et brazaletti.“ Das Fehlen von Lanzen und Halbarten wird vor allem von den Freiwilligen gelten. Aber auch bei den andern waren „ohne Basel und Schaffhausen wenig Harnische im Heer“, Der Brief der- Berner Hauptleute (Bened. v. Weingarten und Hans Frisching) redet dagegen von einem Ueberfluss an Halbarten (K. bibl. Freiburg, Coli. Girard VIIL, f. 89). 2) Herzog an Burgo; Pavia, 2. Mai (B. A,). — Am 18. Mai bat Sforza den Kapitän von Lugano, Kaspar Göldli, die ihm von Mailand geliehenen Geschütze, und wenn möglich auch das eigene ihm für den Krieg zu überlassen (Brief im B, A.). Der Kapitän aber, statt der Bitte zu entsprechen, vertröstete auf einen Entscheid der Tagsatzung (sein Brief an die Tagsatzung, vom 26. Mai, im St. a. Zürich, A. 211, 1). Beccaria an den Herzog, Sala, 19. Mai (im B. A.): .„questi capitany dicono, volere aspectare la S. V. per tuto domane; poi non venendo, dicono, voliano andare ad trovare li inimici“ . . . Heber den Empfang: die Basler Hauptleute (bei Fechter, S. 114); die Solothurner Hauptleute, am 22. Mai (St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 170): . . . „kam der hertzog mitt etlich pferdenn; also zugen wir im entgegen mit und uff die sechshundert man, und wurdenn gar schönn und wol von im empfangen und beleittettenn inn also hinein“... —111 — reits gefallen, und das Erscheinen der Schweizer nur ver¬ hinderte, dass auch Novara zum Feind übergingd) Wohl war auf die Nachricht vom Alpenübergang La Tremoilles der Vizekönig von Sforza und Burgo bestürmt worden, dass er sein Heer marschieren lasse, wie er versprochen. Doch die Doppelzüngigkeit dieses wahrhaft unheilvollen Bundes¬ genossen lähmte jede eigene Aktion: dass die Truppen un¬ bezahlt seien und der Waffenstillstand seines Königs lieferte ihm den Vorwand, den Rückzug nach Neapel, angeblich auf Ferdinands Ordre, zu beginnen. Das Glück Sforzas zwar wollte, dass im selben Augenblick der Kaiser für sich und den englischen König die Ablehnung des Waffen¬ stillstandes meldete, mit einer Liga zwischen England, Frankreich und den Schweizern gegen Spanien drohte und 4000 Landsknechte versprach, dass die Nachricht von den päpstlichen Hülfsgeldern, selbst von Truppensendungen ein¬ traf. Und Cardona entschied sich wieder zum Bleiben: trotz aller Zusicherungen aber nicht zum Handeln.^ Wohl schlossen 500 Lanzen und 1500 Mann spanischer Infanterie sich dem Herzog nun an; doch die entscheidenden Tage, in denen Asti und Alessandria fiel, waren verloren. Sforza und sein Korps begnügten sich, das abgefallene Voghera zu plündern und Schlösser und Dörfer von guelfischen Edeln 0 Brief der Solothurner Hauptleute vom 22. Mai (St. a. Solothurn, Denkw., S. XXIX., f. 170); . . . (Alessandria) „ist französisch worden, alss ander statt me weiten than han, weren wir numen fier tag lenger uss beliben; nämlich in Nawerren hatten si sich zweygt, und sind etlich der burgereren erstochen in dem gestichell; doch ist es beliben zu dess hertzogen siten.‘‘ Ebenso die Basler Hauptleute (Fechter, S. 116). San. XVL, col. 266. D Jean le Veau; Piacenza, 14. Mai (L. L. XIL, S. 116). San. XVL, col. 258: der Herzog soll bereits an die Flucht nach Mantua gedacht haben (Crema, Contarini). Ferner col. 295, 258 (Guidoto, aus Piacenza), 266, 269 (Piacenza, Guidoto: der König habe Ordre zum Bleiben ge¬ schickt, wie auch Jean le Veau, L. L. XIL, S. 124, berichtet). — 112 — zu verheeren;^) nicht einmal Tortona ward behauptet. Und der Vizekönig mit dem Grossteil des Heeres blieb abwartend, wie bisher, bei Piacenza stehen.^) Gegen die Venetianer unternahm er auch nicht den Versuch einer Drohung: ohne einen Schritt zu tun, hatte man dem Verlust des Südwestens und Ostens zugesehen. Die Rettung stand bei den Eidgenossen völlig allein: ihre Kampflust drängte an den Feind, auf Rache an den Abgefallenen und Verrätern, und nur die Erwartung von spanischem und päpstlichem Zuzug und Geschütz, das der Herzog versprach, die Rücksicht auf die eigene schlechte Ausrüstung vor allem, liess sie den Marsch gegen Alessandria auf den 23. verschieben.^ Wenn der Franzose langsam und in furchtbarer Ueberzahl erschien und in NebenopeD Jean le Veau; Mailand, 20. Mai (L. L. XIL, S. 124); San. XVI., col. 281 (Crema, 18. Mai). Und dabei berichtet Jean le Veau, „que ces Espagnols ont la meilleure volonte du monde ... et disoient. entre eux, que, si ledit Vice Roy retournoit ä Naples, qu’ils Fabandonneroient et viendroient servir FEmpereur et le Duc sans payement‘‘... (S. 116)! . . . „les dits Espagnols . . . sont les plus deliberez du monde et vont en ceste guerre, comme s’ils aloient ä la feste avec si grand desir et bonne voulente d’y avoir honneur, que riens plus et de si grand couraige“ etc. (S. 124)1 ®) Um die Päpstlichen zu erwarten, wie er sagte (Jean le Veau) Dann scheint er einen Versuch gemacht zu haben, Cremona zu retten (Jean le Veau, L. L. XII, S. 130, vom 25. Mai). ®) Brief der Basler Hauptleute bei Fechter, S. 113 ff.; der Berner, vom 22. Mai (K. bibl. Freiburg, Coli. Girard VIII, f. 89U „da selbs den Saccamoren (Sacr. Visconti) mitt sampt siner geselschafft zu besuchen, und ob unns dann gott dz glück gibt, des wir in ungezwifelter hofnung sind, darnach den nechsten gan Ast zu zuchen, dann wir bericht sind, noch kein geschütz noch groses zuge über dz birg körnen sy“ .... — Dieser Aufschub musste ihnen vom Herzog fast abgestritten werden. Die Initiative zum Vorrücken gehört gewiss allein den Schweizern. Was Jean le Veau über das Fraternisieren von Spaniern und Schwei¬ zern berichtet („que s’ils avoient este cent ans ensemble“, L. L. XH, S. 124, 130), ist sehr zu bezweifeln. — 113 — rationell und Rasten die Schlacht hinausschob, so brannten diese Truppen auf den Entscheid. Bloss und ungeharnischt, mit sieben Stück Büchsen, die am Sonntag (22. Mai) zu ihnen gestossen, dachten sie die „fyend zu besuchen“ nach dem Brauch ihres Volkes den Angriff nicht zu erwarten, sondern zu tun, als der Herzog selber die eigenen Verab¬ redungen wieder umwarf: es ist nicht tollkühnes Draiifgehen allein; man wollte den verlorenen Südwesten wieder nehmen, bevor das furchtbare Geschütz über die Berge ge¬ kommen.^) Allein in diesen Tagen eben zog die Hauptmacht Trivulzios und La Tremoilles aus dem Hochpiemont in die von der Vorhut eroberte Gegend: am 22. nach Asti, ein paar Tage später nach Alessandria; in ihren Vorhuten müssen die beiden Heere sich oft fast auf Sehweite schon nahe¬ gerückt sein. Der vom Herzog verlangte Aufschub und das Warten auf Spanier und Päpstliche hatte den Vorstoss nun unmöglich gemacht; dass der Vizekönig keine Silbe seiner Versprechungen hielt und selbst den Rückzug fürchten Hess, dass eine Meldung vom Abfall des Papstes eintraf, vollendete den Schrecken der Lage. Vielleicht, dass die Schweizer wirklich noch gegen Alessandria eine Bewegung machten^): in jedem Fall nun ein nutz- und aussichtsloses Wagnis. Am 27. Mai bat der Herzog ihre Hauptleute, sich wieder über den Po zurückzuziehen, mit der Zusage, 1) Siehe oben, Anm. 3, — Die Basler Hauptleute (Fechter, S. 116): „damit sich der Gallus nicht weiter stärke.“ 2) Die Nachrichten über diese Tage sind überaus spärlich. Indes erlaubt die Adresse eines Briefs des Herzogs „Capitaneis peditatum Helvetiorum Valentiae“, vom 27. Mai, vielleicht eine solche Annahme: die Schweizer hätten sich demnach in einem Bogen von Norden her der Stadt nähern wollen, da die ganze Gegend am Tanaro ja schon fran¬ zösisch war. Die nirgends bestätigte Nachricht bei San. XVI., col. 312 (aus Crema, vom 28. Mai) von einem für den Herzog unglücklichen Gefecht bei Tortona ist vielleicht daraus entstanden. — 114 er wolle Leib und Leben zu ihnen setzen, „ouch mit uns und by uns sterben oder genesen, dann die spanyer inn lieber mit inen gehept hetten, aber er das nit wellen tun.“L Und trotz allen Unwillens blieb den Eidgenossen nichts übrig, als hoch am selben Tag über das Wasser zu rücken, um am 28. mitten durch aufständisches Gebiet nach Vigevano zu gelangen, wo Sforza bei ihnen eintraf.Ihr Bericht nach Hause klingt wie eine Entschuldigung: „wir sind sunst nit gewychen, das uns die fyent verjagt habent . . . wir lassen uch ouch wüssen, das sich unser fyent mercklich sterckent und vast zu allexander und zu ast lygentt unnd der hertzog wennig fründen batt unnd im durch gewüsse kuntschaft körnen ist, das unser heilger vatter mit dem francosen gericht ist, euch allem, das der küng von franckrich des hertzogen uss Sauoy die besten edellüt und küriser hy im hatt, damit vil untrüw fürgatt und wir wol bedörffen, unnser vorttel nit zu übergeben, dann der hertzog kein genampter zug by im hatt, das utzig heiss, anderst dann ein wenig geschütz, das wir sunst da kein ruggen habint“ etc.®) Bereits brachten die deutschen Schüler aus Pavia die Kunde, dass auch dieses mit dem Abfall drohe. Der ganze Ernst der Lage war den Knechten aufgegangen: am 30. Mai zogen sie mit dem Herzog nach Novara, um hinter festen Mauern den Nachschub aus der Heimat zu 0 Wohl als Geisel, dessen man sich gegen Frankreich mit Vorteil hätte bedienen können. Brief der Glarner Hauptleute vom 29. Mai (St. a. Zürich, Tschud. Sammlg., VI., Nr. 33). Brief der Solothurner Hauptleute vom 6. Juni (St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 177; Kopie im St. a. Basel, M. 1, Nr. 310). Brief des Herzogs (zit. oben unter 2., im B. A.). *) Das ist wohl gemeint mit der „statt, genant byöffen“, von der der Bericht der Glarner redet. Der Herzog hatte sie dahin beordert (Brief aus Pieve del Cairo, zit. vorhergehende Seite, Anm. 2). — Jean le Veau; Lodi, 28. Mai (L. L. XII, S. 139). ®) Brief der Glarner, vom 29. Mai (zit. oben, Anm. 1). 115 — erwarten. Seit dem 27. schon besassen sie von seinem Nahen die gewisse Nachricht.^) Und während Sforza nach Norden auswich, schien der Vizekönig den lang befürchteten Rückzug nach Süden end¬ lich zu vollführen: am 28. Mai brach er das Lager ab, um über den Apennin gegen Pontremoli und Neapel sich zu ziehen, wie es scheint, mit Rüstungen, Piken und Lanzen, die er dem Herzog eben noch abgelockt, mit der ganzen Artillerie, die die Schweizer vergeblich erwartet.^) In diesen selben Tagen gingen Cremona, die Ghiara d’Adda und Lodi verloren, ergab die ganze Riviera von Verona sich an Venedig,^) wurden Pizziphettone und Soncino von Alviano erobert.^) In Mailand selber brach der Aufstand los: nach Nord und Süden waren die Verteidiger vor dem französischen Anmarsch gewichen; jede Furcht, sich zu kompromittieren, ging bei den Guelfen verloren. Wie vorsichtig hatte die ib. . . . „es wer sunst unnser pytt an hertzog gesin, das wir gen pafy zogen werend, das aber nit hatt mögen sin“ .... —■ Ferner Brief des Herzogs an Caracciolo in Rom, vom 5. Juni (Arch. stör. lomb. 12, S. 12). San. XVI. col. 315. — Jean le Veau; Lodi, 28. Mai (L. L. XII. B. 139): . . . „la faulse Simulation du dit Vice Roy et deliberation par luy faite ä Plaisance avec le Duc et Messire Andre (Burgo), de vouloir tirer avant contre Frangois, et toutes les belles choses, qu’il faisoit et donnoit a entendre, n’estoit, comme il a este descouvert, sinon afin d’estre pourveu d’armure comme de deux mille corselets, picques, lances et autres choses, qu’il demandoit luy estre necessaires, qu’il a tout leve a Millau, et avoir toutte rartillerie du povre Duc fournye de chevaulx en ses mains, comme il a eu et tout ce qu’il luy falloit, et apres incontinant a fait le gentil tour, qui est assez digne d’estre mis en cronique, non ä sa louange, mais ä sa destraction et duquel tout le monde voyre le Frangois et ennemys en ont orreur et habomination.“ Diese ganze Erbitterung wirkt nach dem vorhergegangenen Lobesjubel (z. Bsp. L. L. XII, S. 124) höchst komisch. Für die Geschützforderung siehe ib. ®) San. XVI. col. 318 (27. Mai). *) ib. col. 330. 116 — Stadt 1511 sich zurückgehalten I^) Jetzt trat sie mit Jubel zum Feinde über. Ungescheut durfte die Besatzung das Castell verlassen, aus- und eingehen nach Belieben, Proviant einnehmen u. s. w., und nur mit Mühe entgingen die Bäte des Herzogs, die noch nicht geflohen, Burgo und die Kaiser¬ lichen, der Gefahr, gefangen oder in Stücke gehauen zu werden.^) Ohne allen Zweifel wusste man auch in Mailand, dass weitere Schweizer bereits kamen: so namenlos ver¬ hasst aber war in den wenigen Monaten das Regiment des Sforza und der Liga, so völlig sicher galt der französische Erfolg, dass selbst die Angst vor den schrecklichen Kriegern zurücktrat.0 Köhler, S. 271. 2) San, XVI., col. 315 (Contarini aus Crema, vom 29. Mai); 330. Jean le Veau, aus Lodi, vom 28. Mai (L. L. XII., S. 139), der den ganzen Ausbruch einem Komplott des Vizekönigs zuschreibt. Der Bischof von Lodi hatte mit dem geflohenen Burgo Lodi für den Herzog vereidigt und 7—800 Fussknechte zur Verteidigung gemustert: schon am 30. Mai ist Burgo in Como, und der Bischof folgte ihm (Burgo an den Herzog, 30. Mai, im B. A.). — Ottav. Sforza spielt hier eine sehr zwei¬ deutige Rolle: während er so als Anhänger des Herzogs und Freund des Burgo erscheint, stand er in Korrespondenz mit Venedig (San. XVI., col. 258, 273, 344, 366), suchte die in Como eintreffenden Schweizer durch Vorspiegelungen aufzuhalten (siehe S. 157), traf dann aber so¬ fort nach geschlagener Schlacht in Mailand wieder ein (San. XVL, col. 366), und suchte beim Herzog und den Schweizern um Verzeihung nach (Fechter, S. 138): Er war nur zu vorsichtig, um schon abzufallen, hat dem Herzog aber wohl unberechenbar geschadet. — Die Entschuldigungen des Burgo für seine Flucht in seinem Brief aus Como (30. Mai, im B. A.): (V. Sign.) ,,sia certa, ch’io ho differito, quanto piü ho potuto et cum periculo anchora de la persona mia“... — 3) Die Proklamation der französischen Feldherren an Mailand bei Rosmini IL, S. 315, mit der Aufforderung zum Abfall: Alessandria, 29. Mai; in Mailand ausgerufen am 30. Mai. Heber die Verproviantierung des Kastells: Prato, storiä, S. 314. Burigozzo, Cronaca, S. 423. Bereits als der Fall Alessandrias bekannt geworden, am 14. Mai, hatte man nichts anderes gehört, als „Franza, Franza‘‘ (Brief des Bischofs von Lodi an Burgo, bei Rosmini IL, S. 315). — 117 Die Gefahr hatte ihren Gipfel erreicht. Die ganze Lombardei schien verloren: . . . „presto, imo doman, si tien, tuta Lombardia habi voltato, ch’e cossa miraculosa.“ D „Item, es ist eine soliche wilde gelöifft in dem herzogthum meyland, dz man nüt mag wüssen, wer frand oder viend sind“ . . . ^) Jede Ordnung und Sicherheit war verschwun¬ den, die Teuerung zu Misswirtschaft und Krieg getreten. Aber auch militärisch war es für den Herzog zum Ver¬ zweifeln: jetzt, da die Spanier und sein eigenes Heer zur Seite sich geschlagen, stand die Strasse widerstandslos offen. Am 21. Mai noch hatte der Herzog den Kapitän von Lugano, Casp. Göldli, ersucht, statt der gegen einen Aufstand am Comersee an¬ gebotenen 1000 Mann vielmehr 400 Mann nach Mailand, zur Bewachung ■des Kastells und der Stadt zu schicken (Brief im B. A.). Göldli weigerte .sich nun plötzlich, das ohne der Eidgenossen Wissen zu tun und plünderte dafür Flecken und Schloss Castiglione (südlich von Varese?), das an¬ geblich sich empört hatte (sein Brief an die Tagsatzung, vom 26. Mai im St. a. Zürich, A. 211, 1, wo sich ausführliche Zeugenaussagen über diesen brutalen Streich finden). Einen zweiten Plünderungszug im Juni versuchten die Einwohner um 400 Kronen und ein Pferd und durch Geschenke an die Vermittler des Abkommens abzukaufen, wogegen die Bande sich dann im Schloss festsetzte und, um weitere Gelder zu er^ pressen, mit der Schleifung drohte: trotzdem ihnen wieder 100 Kronen erlegt wurden, musste der Ort mit seiner ganzen Umgebung eine zweite Beraubung erleiden; als ein Trompeter des Herzogs sie umkehren Hess, „hand sy antwort geben: wir sind nit schuldig se gehorsam sin einem hertzogen von meyland, sunder einem houptman von lowers, und zu einem verschmächnis, wie forgemelt ist, hand etlich us inen zerworfen die gewichten altarstein uff dem ertrich hin und her und uff sy ge¬ schissen, ouch andre wueste, grobi, unsägliche ding gethan in der ob¬ genannten kilchen.‘‘ (Zeugenaussagen. Man vergleiche damit die Dar.stellung des Göldli selber, in seinem Brief an die Tagsatzung, 26. Mai, im St. a. Zürich, A. 211, 1.) Ein charakteristisches Beispiel der brutalen Verwilderung als der Kehrseite militärischen Heroismus. Von Burgo presste Göldli unter anderem Vorwand 2000 Scudi ab (Brief des Burgo an den Herzog, vom 30. Mai, im B. A.). San. XVI., col. 315; Contarini, aus Pontevico (29. Mai). 2) Brief des Göldli, vom 26. Mai (St. a. Zürich, A. 211, 1). — 118 — Nichts hinderte La Tremoille, mitten hinein zu rücken, mit den Venezianern sich zu vereinigen. Die erste Hälfte des Feldzuges hatte ohne einen einzigen Zusammenstoss mit der Niederlage geendet. Doch nun geschieht das Ueberraschende: statt diese Vereinigung zu vollziehen, wendet auch er sich nach Norden und folgt Sforza und den Schweizern unter die Mauern von Novara. Srittes Kapitel. Belagerung und Entsatz. Bei den Eidgenossen besass man wenigstens die all¬ gemeine Kunde von der Lage: der Herzog von Savoyen sorgte dafür.Und wenn das erste Aufgebot von 4000 Mann in einem Moment aus der Heimat zog, da nur kleine Kontingente des Feindes schon auf italienischem Boden standen, so musste der Nachschub dringend erscheinen, so wie sein Alpenübergang gemeldet war. Nur wenige Tage nach dem Aufbruch der ersten Schar hatten Bern, Zürich und Freiburg weitere Truppen unter die Waffen gestellt.^) Um Mitte Mai schon kannte man den Einfall und die Grösse der Gefahr und wies Bern seine Ausgezogenen an, ,,gutte fursorg zu habenn unnd uch an '0 Siehe oben. ®) Bern: St. a. Bern, Deutsches Miss, buch f. 131, Statt und land usszug“, 9. Mai: . . . „wir haben jetz zu trost den unsernn, so in das veld gezogen sind, einen nüwen usszng zuo unnser paner gethan“ . . . . Katsmanual 158: f. 122, 10. Mai: „Ward geratten, einen usszug zu tuen, viertusend man zum paner, unnd denselben zu einem houptman verordnett min herr schulthes von Wattenwil“ etc. — Zürich: St. a. Zürich, Missiven I, 12. Mai: die Mahnung an die Aemter, zu rüsten und ihre Truppen mit Harnischen etc. zu versehen. Reisrodel vom 14. Mai. — Brief des Basler Tagsatzungsboten Hans Truttmann an Basel, vom 18. Mai (St. a. Basel, M 1, No. 291): „Unnser eydgn. zuo Zürich haben am heiligen aben (14. Mai) ussgenommen zu der baner 2000 man: der bot von fryburg sag, dz sin hern im geschriben haben, dz sy ussgenommen haben zu der baner, desglichen zu eim venlin“ etc. 120 — ein ortt zu tun, da ir gesichrett verrer hilft und zuzugs, ob das nott wurde, mögen erwarttenn^^ • • • 0 In allem Wirr¬ warr und Widerspruch der Nachrichten über die Stellung von Papst, Kaiser und Spanien beschloss am 21. die Tag¬ satzung, 8000 Mann in allerkürzester Frist den Aus¬ gezogenen zu Hilfe zu schicken; der Kaiser würde 1000 reisige Pferde und Geschütz senden und jeden Monat 16,000 Gulden beisteuern.^) Das Gerücht von einem Waffenstill- 1) Brief Berns an seine Hauptleute, 16. Mai (St. a. Bern, Deutsches Miss.-Buch, f. 134 v). D Die Eidgen. Abschiede, über diese ganzen Tage und Entschlüsse erstaunlich dürftig, geben als Datum des Beschlusses den 18. Mai; das ist aber der Anfangstermin der Verhandlungen (E. A. 501 u). Sie werden ergänzt durch die ausführlichen Berichte des Basler Boten Truttmann, vom 18.—21. Mai (St. a. Basel, M. 1, Nr. 291—3, 295) und des Peter Taferny an Freiburg, vom 20. (K. bibl. Freiburg, Coli. Girard VIII., f. 104): Die Tagung begann am 18.; Meldungen vom englisch-französischen Waffenstillstand, von dem Hülfsanerbieten des Papstes etc. wurden herum¬ geboten, während der mailändische Gesandte Stampa private Nachrichten über den Einbruch der Franzosen und den Zug nach Asti den Boten mitteilte, „besorg er, dz sy werden den herzigen sigen‘‘ (Truttmann, 18. Mai). — Am 19. dementieren die kaiserlichen Gesandten das Ge¬ rücht von Frieden oder Waffenstillstand zwischen Kaiser, England, Spanien und Frankreich und nehmen ihre alten Bündnisanträge auf (Siehe S. 66), während gleichzeitig mit dem Bischof von Veroli über die Soldrückstände und Abänderung des päpstlichen Bundes verhandelt wird (dass die Eidgen. ohne Wissen und Willen des Papstes keinen Frieden schliessen dürfen, soll gemildert werden). — Am 20. wird wieder mit den kaiserlichen Boten über eine Hülfeleistung geredet, während ein Brief Maximilians anlangt, wie er mit dem König von England aufs neue die Einigung beschworen und beide den spanischen Waffen¬ stillstand ausgeschlagen haben, mit Warnungen vor dem Vizekönig in Mailand. Gleichzeitig versichert der Herzog wieder dessen Zuverlässigkeit: ein widerspruchsvolles Gewirr, das bewies, wie viel auf Nachrichten und Anerbietungen zu halten. Noch immer war kein Beschluss gefasst: . . . „es ist noch kein anschlag geschehen, wie wol jederman die sinen in rüstung hat; man warttet uff den beschluss mit den keyserschen; doch kann ich nit anders verstan, wann man mit in nit eins wird, desterminder nit wurd man den unsern mehr lüt zu schicken“ ('Trutt- 121 stand zwischen England und Frankreich beirrte sie so wenig, wie die andern Nachrichten den Entschluss hervorriefen, dass der Vizekönig Leib und Leben zu ihnen setzen, der Kaiser Truppen nach Verona schicken wolle, dass ein Priester des Kardinals in vier Tagen nach Mailand das Versprechen gebracht, der Papst würde einen grossen Zug zur Unter¬ stützung senden^): die militärische Notwendigkeit allein gab den Entscheid. Nicht verwirrt und kaum beeinflusst von dem Hin- und Herwogen der Diplomatie verfolgen diese Räte, Bürger und Landleute, wie im Vorjahr ihren Gang. Mit den Allianzen, Waffenstillständen, Treulosigkeiten ver¬ glichen, in denen die Politik der übrigen Mächte beständig sich bewegt, nimmt die Rücksicht auf die momentane Kon¬ stellation eine überraschend sekundäre Stellung bei ihnen ein. Ihre Entschlüsse fassen sie als Krieger, und ein Ge¬ fühl muss in ihnen lebendig gewesen sein, in der alles niederwerfenden Kraft, als erste Infanterie Europas, jeder Kombination schliesslich gewachsen zu sein. Und in der Tat stand man dem französischen Angriff so gut, wie allein: die kaiserliche Hülfe selbst, um die man einzig sich bemüht, schwand im Umsehen, da die 100 Reisigen, in Verona belagert, so schnell nicht in die Lom¬ bardei gesandt werden könnten,0 und mehr als fraglich mann, 20. Mai). — Am 21. erst, auf neue Alarmnachricht und Hülfsbegehren des Herzogs, auf die Meldung der Ausgezogenen von ihrer Kampfbereitschaft, geschah der Entschluss (Truttmann, 21. Mai; St. a. Basel, M. 1, Nr. 295). Die Verteilung: Zürich und Bern 750 Mann; Luzern, Schwyz und Freiburg 450; Uri, Glarus und Basel 400 etc. Der Bischof von Chur und die Bündner, das Wallis 700 Mann u. s. w. (E. A. 501 u). Auch der Auszugstermin ist in den Abschieden unverständlich: die nächsten Orte sollen eilends nach Como ziehen, d. h. also ohne jedes weitere Warten; „vnd die andren ort uff fritag nest noch unsers hern gotsdag (27. Mai) uffhin‘^ (Truttmann, 21. Mai). 0 Brief des Truttmann, vom 18. Mai (zit. oben, Anm. 2). *) E. A. 502 1, 30. Mai: Es zeugt für den politischen Charakter des 122 — erschien, ob wenigstens die übrigen Zusagen von Geschütz, und Geldleistungen irgend zu rechter Zeit erfüllt sein würden. Die Tagsatzung musste sich begnügen: „die Unsern seien in Gottes Namen ausgezogen; die können wir nicht wenden.“ G Nicht einmal den Venezianern brachten die Kaiserlichen vorläufig eine ernste Verlegenheit.^ Und wie der Kaiser, so die übrigen Glieder der Liga: Spanien hielt sich nicht nur in Italien neutral, wenn schon König Ferdinand über dem Bruch des Waffenstillstandes in Catalonien mit einem Einfall nach Frankreich drohte,^ sein Gesandter in Venedig die Abtretung von Cremona und Kaisers, dass er trotzdem schon eine Verständigung über ev. Eroberungen und das Verhalten bei Friedensunterhandlungen wünschte. Dabei stak er selber noch tief in den Vorbereitungen und liess durch seine Tochter Heinrich VIII. bestürmen, sich zu eilen, die zwei ersten Raten der verein¬ barten Subsidien zu zahlen „pour nous aider ä commencer la guerre et faire marcher les Suisses.“ — Die verdächtige Haltung des Vicekönigs war ihm von Burgo gemeldet und liess ihn einen eigentlichen Frieden zwischen Spanien und Frankreich befürchten; . . . „affin que sgachiez tant plus, comment ledit vice-roy se conduit, nons vous signifions, que avons ete adverti, que, passe ä un mois, le capitaine des Espaignars, qu’il a laisse dedans Bresse (Brescia), a dejä vendu au marquis de Mantoua les poudres et boulets servans ä nostre artillerie, que avions preste audit vice-roy . . . et qu’il veut encore vendre la ditte artillerie, qui est audit Bresse, pour d’icelle et nos memes boulets laisser battre par los Venissiens nostre ville de Veronne“ . . (Corresp. de l’emp. Max . . von Le Glay, IL, S. 143, 17. und 18. Mai). Ferner: Brewer I. S. 578, No. 4078, 17. Mai. b E. A. 602 1. G lieber den Ausfall, den die Besatzung von Verona auf die Nach¬ zügler des venezianischen Belagerungsheeres unternahm, siehe das Diario del Campo tedesco (Arch. veneto 35, S. 84) und Cavitellus, AnnaleS' Cremonenses (in Graevius, Thesaurus antiqu., t. III., 2), zu 1513. 3) Jean le Veau, 20. Mai (L. L. XII., S. 124); San. XVI., col. 270(Rom, 14. Mai). Auch der päpstliche Gesandte bei den Eidgenossen behauptete, der König habe am 25. April dem Papst geschrieben, er sei von der Verständigung mit Frankreich zurückgetreten, als er die Absicht auf Italien gemerkt (Brief des Taferny an Freiburg; 20. Mai, K. bibl. Freib., Coli. Girard VIII., f. 104). 123 — Verona, die sofortige Uebergabe von Brescia, was man nur haben wollte, versprach, wenn die Republik die fran¬ zösische Allianz mit einer spanisch-päpstlichen vertauschte.^) Der Papst schickte zwar am 25. Mai Marc Antonio Colonna mit Geldern^ nach Parma und Piacenza,^) wie er Morone zu¬ gesagt. Wie weit aber war diese kümmerliche Fürsorge für den eigenen Besitz entfernt von der machtvollen Partei¬ nahme seines Vorgängers! Dass er bei der Publikation der antifranzösischen Liga öffentlich genannt worden, war ihm eine böse Verlegenheit;^) den venezianischen Gesandten bat er um Verwendung beim König, dass man Parma und Piacenza in Ruhe lasse.D Aus der Neutralität herauszutreten, konnte ihn die lästigste tägliche Ueberredung des kaiser¬ lichen und spanischen Gesandten und Schinners nicht be¬ wegen,^) und nur die Sorge für die bedrohten Städte be- 1) San, XVL, col. 272, 19. Mai: charakteristisch schön das tech¬ nische Lob; das ihm Sanuto erteilt: .... „dicendo, e letere certe di Lombardia, che francesi, venuti in Aste, erano retrati, con altre parole da savio orator et sagaze; ma le sue astuzie erano ben conosute da li padri di Colegio, et niun li credeva.“ Ferner col. 274, 281, 292, 305, 325 (4. Juni). 2) ib., col. 307. 3) ib., col. '321; Rom, 29. Mai: . . . ,,dicendo, che nulla sapeva di tal liga.“ *) San. XVI. col. 331, 1./2. Juni, Rom. ®) ib. col. 270, 14. Mai, Rom, V. Lipomano: „Li orat. imperial et yspano vanno con triste eiere e mezi morti; quel di Spagna dice, aspeta 10 milia sguizari ... El card. Sedunense sguizaro va ogni di dal Papa; tarnen il Papa sara neutral et non se impazerä“ ... — Ebenso col. 292, 295, 354 (7. Juni, Rom). Besonders charakteristisch aber col. 356, eben¬ falls vom 7. Juni: Am 6. Juni, im Beisein des venezian. Gesandten Lipo¬ mano, erhält Leo die Nachricht vom Erscheinen der Schweizer, mit denen der Vicekönig sich vereinigen wolle. Sogleich stürmt man nun auf den Papst ein, den 10,000 gemeldeten Eidgenossen Hülfe zu senden, „dicendo, si francesi prospera, torä al Papa Piacenza e Parma, e la Sign, vorä le terre di Romagna. Poi il re di Franza e amico di Soderini, so’parte contraria di Fiorenza e sara mutation in quel Stato; tarnen il Papa vol esser neutral; ma quelli li e apresso, voria guerra“ etc. „Et uno dil card. sguiz.. — 124 wirkte, dass in der ersten Hälfte des Juni wenigstens 400 Lanzen in der Nähe des Po erschienen^) Irgend welches Eingreifen war in keinem Fall von ihm zu erwarten. Von den Plänen des Kaisers war also kaum einer zur Ausführung gelangt 0- weder hatte er selbst vom Tirol aus den Angriff der Venetianer gehindert, noch nahm der Vize¬ könig mit seinen 8000 Mann am Kriege teil. Der Papst hatte die Artillerie nicht zur Verfügung gestellt, noch war man dazu gekommen, den Franzosen an die savoyischen Berge entgegen zu rücken. Der Einbruch überraschte alle Vorbereitungen, und die Last glitt mit voller Schwere auf (die Schultern des Herzogs und der Schweizer: die 40,000 Dukaten des Papstes abgerechnet, fiel auf jenen die fi¬ nanzielle, auf diese die volle militärische Leistung. Denn -dass der Vizekönig 4000 Mann zu besolden versprochen,D konnte bei seiner Gewohnheit des Worthaltens nie und nimmer beruhigen. An die Eidgenossen aber wandte sich nun jede Er¬ wartung: von der Bereitwilligkeit ihrer Räte, von der Schnelligkeit des Zuges und von der Haltung im Feld hing die Rettung Sforzas noch ab. Das zweite Aufgebot von 8000 Mann war am 27. Mai aufgebrochen, wie die Tag‘(Schinner), era li a palazo, disse. quando ben francesi avesseno tolto il Stato tutto di Milan, sguizari li chazeria, e ch’el card. sguizaro vol andar li in persona. Rispose lui, sier Vetor, e mal insir per le porte e voler intrar per le finestre, e che dito Cardinal faria ben, perche el perderia duc. 20 milia de intrada“ etc. 0 ib. col. 344, eine Nachricht aus Bologna: „soto forma di difender •quelli lochi, e sarano vicini a’spagnoli.“ Gleichzeitig fanden Aushebungen in Bologna statt. — col. 345, 4. Juni, aus Rom: die Absendung gemeldet. ®) Siehe den Brief des Banissis an Margar. von Oesterreich, 1. Mai ,(L. L. XIL S. 112). 0 Jean le Veau, 20. Mai (L. L. XIL, S. 124). — Vergleiche über ' die ganze Lastverteilung die sehr optimistische Rechnung des Morone: Rocum. Morone, S. 50 (23. Mai). E. A. 502 d. 125 Satzung beschlossen^): die zentralen Orte und Basel über den Gotthard,^) die östlichen über den Splügen,0 die west¬ lichen über Grimsel und Simplon nach Domo, auch dies¬ mal nur mangelhaft mit Harnisch und Waffen versehen.^ Am 1. Juni bereits befand sich die Mehrzahl jenseits der Berge. 1) Das Aufgebot Zürichs, vom 21. Mai; St. a. Zürich, A. 30, 2; Berns, vom 23. Mai: St. a. Bern, Deutsches Miss.-Buch, f. 138, die beide sich auf die frühem Rüstungsbefehle berufen: Freiburg, Rats¬ manual 30, f. 710. Der Reichsrodel nennt, wie jene Aufgebote, als Aufbruchstag den 27. Mai. — Basels Mitteilung an Mülhausen: Mossmann, Cartulaire IV., S. 498. 2) Basels Mitteilung an Solothurn, dass die Seinigen den Gotthard, „irs Wesens nach ruiger und geschicklicher^^, nehmen werden, im St. a. Soloth., Denkw., S. XXX., f. 59. — Die Basler Route, mit den einzelnen_ Tagesetappen, ergibt sich aus dem Lieferungsrodel des Hauptmanns Heinr. Meltinger (St. a. Basel, M. 1, Nr. 299 und aus dem Brief Nr. 302). Sie überschritten, als letzte wohl, den Gotthard am 1. Juni. — Das Anteil der Basler am ganzen Feldzug hat Fechter (Basler Taschenbuch, 1863), auf Grund der heute in einem Sammelband M. 1, Nr. 260—325 vereinigten Akten des dortigen Staatsarchives dargestellt. *) Die Quellen (Tschudis Fortsetzer, im Archiv f. Schweizergeschichte Bd. X, S. 221; die Zürcher Chronik, im Anz. f. Schweizergesch. Bd. VI, S. 292) nennen den „Vogel“, d. h. den Bernhardin. Da die Truppen aber nach Como gelangen, handelt es sich offenbar um den Splügen; der Name (mons Avinus) bezeichnet also vielleicht beide Pässe? *) Am 25. Mai wies Bern den Jörg auf der Flühe an, für die Ver¬ proviantierung im Wallis zu sorgen (St. a. Bern, Deutsches Miss, buch f. 140 v): . . . „so werden die unnsern .... biss nächst kommenden fritag (27. Mai) von unnser statt unnd von dannen gan Hassle über die Grimsslen gan Thun (Domo) zu ziechenn“ . . . (ebenso in einem Brief an Solo¬ thurn, vom 25., im St. a. Soloth., Denkw. S. XXIX, f. 175). — „Statt und land, musterung: . . . wir . . . vernämen, dass die unsern, so von uch und andern den unsern zu unserm reisszug geschickt worden, mit harnasch und geweren übel syen versächenn ... so wir nun nitt mögen wüssen, wann die notturft’t vordre, die hingezognen zn sterckern und inen verrer hilff zuzeschicken, bevelchen wir uch“, eine Musterung vor¬ zunehmen und für Ersatz des Fehlenden zu sorgen (ib. f. 145 v, 27. Mai). 126 — Vor ihrem Hinziehen noch war der Bote des Herzogs erschienen, der im letzten Augenblick die TruppenVerstär¬ kung erbitten sollte, Girolamo Morone^): die Kriegsführung der Franzosen hatte dies Zögern nicht bestraft, das sich nur durch ein blindes Vertrauen auf die Spanier und äie völlige Armut des Herzogs erklärt.^) In der Verzweiflung und Unmöglichkeit, die neuen Söldner zu bezahlen, hatte der Bote sogar die Ordre erhalten, die Aufnahme Mailands unter die Schweizer Kantone nachzusuchen.O Allein in Schon am 8. Mai betrieb Biirgo die Sendung eines Boten an die Eidgenossen (Brief an den Herzog, im B. A.); am 15. noch musste er die Vorstellung erneuern: man möge 8000 weitere Schweizer verlangen, von denen die eine Hälfte gegen die Venezianer, die andere mit den Spaniern gegen die Franzosen marschieren solle. Gleichzeitig schlug er Morone als Gesandten vor, statt eines ursprünglich in Aussicht genommenen Lands¬ knechts (Briefe an den Herzog im B. A., Docum. Morone S. 45, 16. Mai). Das in deutscher Uebersetzung erhaltene Beglaubigungsschreiben des Mo¬ rone im St. a. Zürich A 211, 1. Die Abreise fand am 20/1. statt; ihm voraus war schon ein anderer gesandt: . . . „heri ge mandai Bened. Sormano . . . a pregarli (sc. die Schweizer) de volere mandare in aiuto de la S. V. mazor numero de zente, dizandone 7 o 8 milla in Bergamascha, per obstare a Venetiani, 4 millia per conzonzer ali altri giä mandati, et 2 milia a Milano, con declararli, che non volesseno restare, perche de pre¬ sente non havessemo dinari da darli, perche non partirieno del stato, che non fusseno ben contenti et satisfacti di V. Ex.“ (Brief des Burgo, Docum. Morone S. 47). Gleichzeitig bat Burgo den Herzog, den Hauptleuten einen noch engem Bund mit den Eidgenossen vorzuschlagen. ®) Jean le Veau, 20. Mai (L. L. XH, S. 124): . . . „combien le Duc soit povre d’argent“ . . . Siehe ausserdem den Brief des Burgo (unter 1): sogar die Verproviantierung konnte nur mangelhaft vorgenommen werdenund die Briefe, die die früher Ausgezogenen in die Heimat sandten, klagen über die allgemeine Teuerung. *) Morone an den Herzog, 23. Mai (Docum. Mor. S. 50): „De la impositione, me ha dato V. Ex., de praticare, che quella sia cantone, poi che vedo in essere la deffensione sua et che questo pericolo si scorrerä, mipare, non farvi moto, perche seria con troppo desavantagii, quando V. Ex. serä meglio firmata et pacifica“ . . . Dieser Plan mag die Folge jenes unter b erwähnten Bündnisvorschlags des Burgo sein. — Für die wilden Gerüchte, die damals über solche Projekte umgingen, mag auch die Be — 127 Altdorf schon vernahm er mit Staunen, wie sein Erscheinen nicht nötig gewesen, wie die Orte ohne Pfand, ohne Ein¬ künfte, Städte, Landschaften oder Schlösser als Bürgschaft zu begehren, aus blossem Ehrgefühl und in Sorge für die Ihren diesen starken Zuzug aufgeboten: ,,et lo ultimo loro pensero al presente e il pagamento suo ... et io non andarö piü ultra in promettere secureza, ne altro“ . . . ^) Statt selber Zugeständnisse und Versicherungen zu geben, ver¬ langte er jetzt weitere 4000 Knechte gegen Venedig, da ja die Hingezogenen nach dem Willen der Tagsatzung mit demi ersten Aufgebot sich vereinigen sollten.0 Die Nach¬ richt des Sieges nur durchkreuzte die Erfüllung. In der Lombardei hatten die Dinge sich indessen auf die Entscheidung zugespitzt: fast das ganze französische Heer war am 31. Mai über den Po gegangen und auf dem Umweg über Sale, Pieve, San Giorgio, Etappe für Etappe hinter dem Herzog her vor Novara gezogen D' ca. 1100 Lanzen, 500 leichte Pferde, 10^—12,000 Mann deutscher und französischer Infanterie, mit drei grossen Kanonen und 26 oder 28 Falconets, mit einem unförmigen, auf 30 oder 40 Karren mitgeschleppten Holzwerk des Herrn von Sedan, hinter dem 400 Hommes d’armes und 5000 Mann Infanterie hauptung des spanischen Gesandten in Venedig zeugen: „cli’el Ducheto li havea donä, a essi sguizari, Como liberamente et ofertoli el castel di Milan, ch’el sia suo, e che loro lo tegni Como uno di soi cantoni“ . . . . (San. XYI. col. 305, 27. Mai). 0 Morone an den Herzog, Altdorf, 23. Mai (Docum. Morone S. 50). *) und weil die kaiserlichen Vorbereitungen gegen Verona zu gross seien, um rasch vor sich zu gehen (ib.): „Et io con dicto Stampa (dem ständigen mailänd. Gesandten) andemo per diversi loci, sollicitando et mettendo in pratica, in modo non dubito, che non succeda“ ... — E. A. 502 d, vom 30. Mai. 0 Siehe das Itinerar des Griti bei San. XVI. col. 457: am 30. Mai in Sale, am 31. in Pieve, 1. Juni San. Giorgio etc., und die Relation seines Begleiters Contarini, ib. col. 480. — 128 — bei unvorhergesehenem Angriff auf unvorteilhaftem Terrain hätten Schutz finden sollen.^) Der ganze Schwarm der mai¬ ländischen Exilierten hatte sich angeschlossen: eine Heeres¬ masse von ungefähr 30,000 Personen.^ Selbstbewusst und siegesgewiss hatte La Tremoille die Vereinigung mit den Venezianern verschmäht, der kein Hindernis mehr entgegen¬ stand und die man doch selber verlangte: die Ueberzeugung, den Herzog nun zu haben, verleitete ihn, gegen Gritis und Trivulzios Rat vielleicht,D statt dem zaghaften Verbündeten einen Schritt entgegen zu tun, vielmehr von ihm weg, nach Norden zu rücken: die Erinnerung an 1500 nimmt von den Franzosen Besitzt) Am 3. und 4. Juni trafen die Scharen 0 Relation des Contarini, eines Begleiters von Griti, bei San. XVI. col. 460. — lieber den „Park“ des Herrn von Sedan siehe ferner die Be¬ schreibung des Giovio, Historiae üb. XI., der ihn selber sah, und die Me¬ moiren von Bellay. *) Rel. des Contarini. *) P. Martyr, Ep. 523; Romanin, Storia docum. V. S. 185. *) Relation des Griti, San. XVI. col. 438 : . . . „sperando aver la terra e il Ducha in le man, come fu fato dil padre, per le promesse li erano fate da qualcheun sguizaro, e questo fo la causa, non passö a conzonzersi col nostro compo et esser contra spagnoli. Et etiam dubitavano di la fede nostra.“ Ferner col. 328; 333: et volevano veder, se con danari la potesseno conzar con sguizari“ (Griti). Dabei fuhr man aber fort, von Venedig das Vorrücken zu verlangen (ib. col. 328). Den Rückzug der Sch'weizer hatte man zuerst überhaupt als Heimkehr aufgefasst (ib. col. 323, 325). — Die Erzählung von BouchetLa Tremoille, Kap. 22, bringt die Tendenz faustdick: La Tremoille, von der grossen Zahl der Schweizer und übrigen Verteidiger Xovaras unter¬ richtet, verlangt vom König die versprochenen Nachschübe. Dieser, in der Picardie von Engländern und Vlamen, im Süden von den Spaniern ange¬ griffen (!), schreibt dem La Tremoille, „que avec le petit nombre- de gens qu’il avoit, aventurast et mist en azard son entreprinse: ce quäl differa faire par le conseil de ceulx, qui avec luy estoyent, jusques ä triple commandement et injunction par lettres du Roy escriptes de sa main, dont furent fort troublez.“ Man fragt sich umsonst, wie dieser Briefwechsel nur schon zeitlich untergebracht werden könnte: er ist mit der selben Un¬ verfrorenheit erfunden, mit der von 10,000 Schweizern in Novara (ohne die 10,000 Anrückenden) gesprochen wird. — 129 unter den Mauern ein, im Anrücken schon von den Ver¬ teidigern mit Scharmützeln empfangen.^) In Mailand selbst war Sacromoro Visconti erschienen,^) und nur Como hielt sich noch zu Sforza: aus Furcht vor den Schweizern, die überdies gerade in jenen Tagen z. T. deutliche Annexions¬ gelüste verrieten.^) Hier erwarteten die herzoglichen Räte, auf dem Sprung nach Deutschland, den Entscheid. An der Belagerung von Novara aber schien die Be¬ endigung des Feldzuges zu hangen: gelang es, durch Gewalt oder Bestechung die Stadt und den Herzog zu bekommen, bevor der eidgenössische Entsatz heranrückte, so war, wie 1500, die Sache gewonnen; denn kaum hätten die Schweizer sich noch für einen gefangenen Fürsten eingelegt. Wollten und konnten die Verteidiger aber sich halten, so erwies das Nachrücken sich als schlimmer Fehler: nach einer ergebnis¬ losen Bestürmung, ohne die Verstärkung durch die Venetianer bewirkt, ohne die verfügbaren Kräfte konzentriert 0 San. XVI. col. 336, 339; Briefe des Bondorf und der übrigen Haiiptleute an Basel (bei Fechter, S. 119, 120); des Herzogs an Caracciolo (5. Juni, im Arch. stör. lomb. 12, S. 12); der Urner und Schwyzer an die Hauptleute auf der Strasse nach Domo (St. a. Soloth., Denkw. S. XXIX. f. 153); die Eelation des Contarini (San. XVI. col. 460). *) San. XVI. col. 323 (31. Mai). Prato S. 314; Burrigozzo S. 423. ’) Brief des Burgo an den Herzog: Como, 30. Mai (im B. A.): . . . „havemo salvato questa cittä, in la quäle voleva lo capitaneo de Lugano, a nome perö, secundo diceva, de la Sign. V, metterli gente per guardarla“ . . . Das ist keine blosse Verteidigung seiner Flucht aus Mailand: der Hauptmann von Lugano hatte am 26. bereits die Tagsatzung um Vollmacht zur Wegnahme von Porlezza etc. ersucht (Brief des Göldi an die Tag¬ satzung, vom 26. Mai, im St. a. Zürich A 211, 1); am 28. Mai verlangte er vom Kommissär in Bellinzona 100 Knechte mit Pfeiffer und Trompeter, „den ich jetz uff der vard bin gen kum (Como), ein red zu halten, damit ichs zu miner heren handen nemen“ . . . (Brief an den Kommissär im St. a. Zürich A 211, 1). Die Conservatoren in Mailand fürchteten sogar von den anrückenden 8000 Mann einen solchen Streich und suchten sie des¬ halb über Varese und Arona zu dirigieren „et non lassarli andare ad la volta de Como“ (Burgo an den Herzog; Mailand, 26. Mai; im B. A.). 130 zu haben, sah man der Schlacht mit entschlossenen Feinden entgegen: freilich blieben die Vorteile der vorzüglichen Rüstung, der Ueberzahl, der Kavallerie und der furcht¬ baren Artillerie auch dann noch bei den Franzosen. Mit grösster Zuversicht gingen die Belagerer ans Werk. Auf beiden Seiten musste die Erinnerung an die völlig ähnliche Situation vor 13 Jahren wieder frisch erwachen: dieselben Feldherrn am selben Platz, gegen den Sohn des damals Verratenen; auf beiden Seiten vielleicht noch Haupt¬ leute und Soldaten, die die Schmach mit erlebt. Wohl mög¬ lich, dass La Tremoille dem König schon schrieb, er werde ihm den Sohn, wie einst den Vater senden.^) Von allem Anfang an suchte man mit den Schweizern ja die An¬ knüpfung.2) Am 4. Juni begann, kaum dass die Artillerie angelangt und aufgestellt worden, von Osten her die Beschiessung: „morgen hüben sy an zu schiessen, dessglichen kein Eydgnoss, so im Zug war, nie gehört hatt, und werett dz schiessen biss in die nachP^O* in weniger als vier Stunden P P. Martyr, Ep. 523. Guicciardini, istoria d’Italia, 1. XI. ®) San. XVI. col. 333: siehe zweitletzte Seite, Anm. 4. — Ein anonymer Zeddel im St. a. Basel M 1, vor No. 301: „Gnedigen herren, mir hat ein gloubhaffter gesagt, dz im einer von eydgnossen gesagt, wiewol der küng mit sim zug, desglichen min herrn die eydgnossen in dz veld körnen, dester minder nit so werd nit gefochten oder mit den eydgnossen geschlagen; dann der fryd werd im feld gemacht“ . . . Besonders Trivulzio „cominciö . . . a tentarne un altro da combattere con danari; talche ogn’ora non mancava con secreti nunzii et littere a pregare et esortare Sviceri, che li volessero dare il Moretto nelle mano; . . . unde Sviceri, o per cagione di beffa, o per farli doppii tradimenti, o per che se ne fussi cagione, li prestavano orecchie; et credo, che in bona speranza lo tenessino.“ (Prato, S. 312.) Giovio gibt dem Intri¬ ganten den Namen: ein Glarner, Vertius (Hist. 1. XL). Der in die Chronik des Mich. Stettier (S. 488) verarbeitete Bericht des Ludw. Schwinckhardt V. Bern erzählt, die Aufforderung des Triv. sei von Ben. v. Weingarten ab¬ geschlagen worden. ®) Die Solothurner Hauptleute an Solothurn (St. a. Sol., Denkw. S. XXIX. f. 177, Kopie in Basel: M 1, No. 310); der Basler an Basel 131 war bereits eine Bresche geöffnet, „pour entrer 50 hommes de front“.0 »»Die muren wol drümal mit stigleytern gestürmt, die ringkmuren by hundert schritt lang mit sambt vier thürnen gantz uf den boden geschossen und sunst ouch an vil enden verwüst . . . solcher gestallt, das man ebens fus über die ringkmuren in die statt gan mag, das doch alles grusamlich was zu sehen und zehoren.“^) Doch als die Landsknechte und die französische Infanterie sich vorwagten, wurden sie ihrerseits von den wenigen Geschützen in der Stadt und Festung zusammengeschossen, bis sie in einer Vertiefung sich festgesetzt.^ Giovio und seine Abschreiber berichten nun grosse Dinge von dem übermütigen Heroismus der verteidigenden Schweizer: wie sie Tag und Nacht die Tore offen gelassen und im kriegerischen Trotz den Bürgern und italienischen Soldaten das Aufführen von Befestigungen, das Anlegen von Graben verwehrt. Mit einer livianischen Pomprede wendet sich der Unterwaldner Hauptmann Jordinus gegen die Zumutungen des Giovanni Gonzaga und der andern, „alabardam quassans et hastatorum coronam ostendens“: ... ,,modo Gallis sua inani iactantia ferocibus tantum (Fechter, S. 120: Urig. St. a. Basel, M 1, No. 308; Kopie im St. a. Sol. Denkw. S. XXIX. f. 154) des Bondorf (Fechter S. 119). Brief des Herzogs vom 5. Juni (Arch. stör. lomb. 12, S. 12). — Ihr Kommandant war La Fayette (Fleurangers Kap. 36). lieber die Aufstellung siehe Prato, S. 312: . . . „un steccato de carette con sopra l’arteglieria, - et fra l’uno pezzo et l’altro vi erano certi ferri assai longhi e pongienti.“ b Fleuranges, Kap. 36. *) Brief der Basler Hauptleute, vom 6. Juni (bei Fechter, S. 120; zit. oben, Anm. 3). ®) Fleuranges, Kap. 36: Fleuranges und sein Bruder lagen hier „avecques les lansquenets, 3 jours et 3 nuicts ainsi couches en bataille, Sans avoir in tente, ni pavillon pardessus eulx“, wobei die Beschiessung am 4. begann und am Nachmittag des 5. aufgehoben ward. Nachher nimmt er dann aber doch am Kriegsrat teil, der den Sturm durch die Landes¬ knechte berät. — Das Geschütz in Novara soll nach ihm das im Vorjahr von La Palice zurtickgelassene gewesen sein. — 132 — animi tantumque bellici ardoris insit, ut propius accedere intrareque per patentem mumm audeant“ etcd) Mit Bett¬ tüchern wären die Tore und Mauerlücken verhängt, ein Herold an die feindlichen Führer gesandt worden, sie möchten ihr Pulver und Geld schonen, um, ohne Furcht vor Hinterhalt, noch vor dem Anrücken des Entsatzes in die Stadt zu dringen, im günstigsten Kampf ihre Mannheit zu bewähren.^) Und allerdings bewiesen die Belagerten dem furchtbar ungewohnten Geschütz eine Standhaftigkeit, die der he¬ roischen Schlacht wert erscheint, welche sie zwei Tage später schlugen. Wohl hatten anfangs einige zum Rück¬ zug nach Arona geraten, um die Verstärkung zu erwarten,^) wohl mag das französische Geld und die Verheissungen auf den Einzelnen Eindruck gemacht haben: die schreckliche Gefahr schloss sie wieder zusammen. Kaum dass die ersten Löcher geschossen, liefen die Knechte mit den Handbüchsen hinaus, um die Feinde zu schädigen.^) Trotz aller Angst über b Giovio, 1. XI; während die Landsknechte (nach Anshelm S. 420) juchzeten, mugeten und schruwen: „Ei Gots marter! Wir haben die kuemueler in stal geton, sie muessend uns harhalten!“ ") Womit man das Verhalten des Basler Hauptmanns Stoltz ver¬ gleichen mag: . . . „in der statt Nawerra in aller not, als man sich versach, das man die stat sturmen wurd und jederman in der statt nach gewonheit der eygnosschofft mit zertanen armen gepetet hette unnd darnach sich an die weren stalten, stund Stoltz bj den vennlenen und satzte sich nider und lies jederman merken, das er nie hinzu kam, das er doch die knecht mit fruntlichen werten angewissen oder in der nott gevast hette, als dann ein houptman thun soll“ etc. (Zeugnis des Conrad Meyer in den Zeugenaussagen des Basler St. a. M. 1, Nr. 311). Andern sagt er, als sie ihn aufforderten, ,,dz er hinfur zu den knechten gang und dz best handlen hilfen solte“ . ., ,,es gang inn nützit an“ (ib.). ») Anshelm III. S. 420. ^) Brief des Hans Bondorf vom 7. Juni (Fechter S. 119), der Basler Hauptleute vom 6. (Fechter, S. 120). Der Brief der am 5. Juni einge¬ drungenen Berner berichtet, von den Franzosen seien über 60 tot, wie man — 133 — das Umfallen der Mauern Hess man die Tore wirklich offen; Tag und Nacht standen die Reihen in voller Ordnungd) Das Tor von Vigevano, das die Berner verloren, ward mit des Herzogs geringem Geschütz wieder genommen; Basler und Zürcher wehrten in der Nacht, die der Kanonade folgte (4./5. Juni), auf der Mauerwacht die Einfallenden ab, dass sie abzogen und nur mit drohendem Geschrei die Umlagerten ferner in Spannung hielten.^) Allein die Situation war doch aufs höchste gefährdet: die Truppen durch ununterbrochene zweitägige Anstrengung ermüdet, zum Teil ohne Nachtruhe, ohne genügende Lebens¬ mittel und Geschütz, die der Herzog beide, in der Erwartung, die Stadt bald zu verlieren, grösstenteils hatte in die Festung schaffen lassen,D während die Franzosen absichtlich vor allem die Artillerie spielen Hessen und den grössten Teil von Verwundeten erfuhr (Kopie im St. a. Soloth. Denkw. S. XXIX. f. 151) Das Jahrzeitbuch der Kirche von Schachdorf zählt die Namen der fün. während der Belagerung gefallenen Urner auf (Geschichtsfreund VI, Sf* 182). — San. XVI. col. 340, Contarini aus la Cava, nach einem Brief des Griti vom 4. Juni: „et che sguizari erano ussiti a höre 23 fuora et asaltato l’artelarie, quäl da’francesi con loro fu combatuto con ocision di molti di l’una et l’altra parte.“ Ferner die Relation des Contarini, col. 460: die Schweizer, zurückgeschlagen, müssen die Franzosen dann von den Mauern vertreiben. Mich. Stettier, Chronik (S. 488). H Brief der Solothurner Hauptleute (abgedr. bei Glutz. S. 546; Kopie im St. a. Basel M 1 No, 310): „und warend die tore offen und viel ein merkliche zal der mur um, das wir in grossen engsten waren und tag und nacht musten in der Ordnung stan“ etc. 2) Brief des Hans Bondorf vom 7. Juni (Fechter, S. 119; Orig, im St. a. Basel, M. 1, Nr. 306). Auch Fleuranges (Kap. 36) redet davon, dass durch zwei in der Nähe der Bresche aufgestellte Kanonen eines der Stadttore genommen worden sei, erzählt dann aber statt von der Rückeroberung nur von einem durch dasselbe geschehenden und zurückgeschlagenen Ausfall der Verteidiger. 3) Relation des Contarini, San. XVI., col. 460: drei oder vier Stück wären auf den Mauern geblieben und eine grosse Kanone, die neben dem offen stehenden Tor aufgepflanzt war. — 134 -- der Truppen fast frisch bewahrten. Nur mit Mühe war der Sturm bisher abgeschlagen.i) Welch fürchterlich ungleicher Kampf stand aber bevor, wenn am Sonntag (5. Juni) der all¬ gemeine grosse Angriff auf die zu Trümmern geschossenen Mauern geschah! Wahrhaftig kam der Entsatz zur höchsten Zeit. Und glücklicherweise war er wirklich im Anmarsch; von allen Seiten stiegen die Schweizer hernieder: vor Ende ' Mai schon waren einzelne Banner vom Gotthard her in Bellinzona erschienen und wurden die östlichen Kontingente unter dem Freiherrn von Hohensax in Como erwartet.2) Kaum dass die Knechte über die Bergpässe gerückt, waren ihnen die Eilbriefe entgegengetragen worden: . . . „körnend ilentz tag und nacht, den dye venedyer zuchend mit einem grossen zug für kremona ... zu besorgen ist, dye statt meyland falle ab,“^) und dass der spanische Vizekönig die Liga verraten. Am 1. Juni bereits war den Schwyzern und Urnern in Canobbio vom Herzog die Nachricht gekommen, wie er zu Novara liege und der Franzose den Po über¬ schreite, worauf sie eilends nach Sesto Calende fuhren.^ Am 2. trafen die Berner über den Simplon in Domo ein, um sich bei Sesto und Arona mit den Gotthardabteilungen D ib.: „franzoxi montorono fino su li muri; che se haveseno voluto alhora dar la bataglia a la tera, cadauno iudica l’haveriano presa‘‘ . . . D Brief des Bürge an den Herzog; Como, 30. Mai (B. A.): ein ge¬ wisser Baldassare de Bracello, der aus Deutschland, wohl als kaiserlicher Kommissär gekommen war, begab sich zu ihnen nach Bellinzona, um ihnen von dem geplanten Tag in Sterzing und der Unternehmung des Kaisers für Verona zu erzählen und sie, wenn möglich, über Varese zu diri¬ gieren. K. Göldli an die heranrückenden Hauptleute; Lauis, 26. Mai (St. a. Zürich, A. 211, 1). — Ferner der Brief seines Schreibers Seb. Gorni an den Kommissär in Bellinzona, mit der Nachricht vom Verrat der Spanier: . . . „und wz von knechtten uff der strass sind, die heyssen yllen, so beldest sy mögen“ . . . (ib., vom 28. Mai); der Brief des Göldli selber an den gleichen (ib., vom 28. Mai). ^) Brief der Urner und Schwyzer Hauptleute an die ,,jetz uff der — 135 — zu vereinigen; 1) als letzte wohl langten am 4. des morgens früh die Basler an^): sie trafen die Eidgenossen, schon weggezogen, erst in Oleggio, dem „fulen leger“, in dem man seit dem Freitag (3. Juni) die Zürcher, Glarner, Schaff¬ hauser, Appenzeller und St. Galler, und wohl auch die 700 Bündner von Como her mit Ungeduld umsonst erwartete 0* * Strass für thum (Domo) hin‘‘ (St. a, Sol., Denkw., S. XXIX., f. 153); Canobbio, 1. Juni: mit der Aufforderung, in Sesto zu ihnen zu stossen. 1) Brief der Berner Hauptleute Barth. May, Seb. Diesbach etc. an Bern; Vogogna (unterhalb Domo), 3. Juni: In Domo erhalten sie die unter 4.) zitierte Aufforderung der Urner und Schwyzer. Als sie, vor Tag von Domo aufgebrochen, nach Vogogna gelangten, kam ihnen ein Frei¬ burger Bote aus Novara entgegen mit der Meldung, die Stadt sei noch nicht belagert: ,,sind all von den gnaden gotts früsch unnd gesund^‘ (Kopie im St. a. Solothurn, Denkw., S. XXIX., f. 153 v). — Nach der mir nachträglich bekannt gewordenen Erzählung Schodelers (Ms. in der Kts. Bibi. Aarau) fand die Vereinigung des Simplonkontingents mit den Gotthardabteilungen erst in Oleggio („ein stettly zwüschen Arona und Nauerra gelegen“, siehe unten, Anm. 3) statt. *) Nach dem Lieferungsrodel des Hauptmanns Meltinger (St. a. Basel, M. 1, Nr. 299). — Fechter, S. 118, Anm., der den 3. Juni an¬ gibt, nimmt irrtümlich die Langenseefahrt für die Ankunft in Arona. ''^) Diese festen Daten lassen sich einzig aus den Korrespondenzen ermitteln. Streitig ist der Ort des Wartens und der Ver¬ einigung mit den Baslern: Das Basler Itinerar: ,,Uff jetz gemelten sambstag (4. Juni) ist man umb mittagzit für Arona uss in ein stettly, genant das fulleger, zogen, unnd als man ettlicher orten der eydgnoschafft erwarten wolt, bleib man über nacht da still ligen.^*^ Rusconi, Mass. Sforza e la battaglia delTAriotta, Mailand 1885, deutet das etymologisch auf Cameri, ,,ca - mär‘‘ = campo marcio, das faule Lager. Der Bericht der Berner Hauptleute vom 5. Juni (Kopie im St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 151) nennt als den Ort, von dem aus am 5. Juni nach Novara aufgebrochen ward: „Vallese, by zweyen tutschen milen von Nouerra,“ Avoraus dann Fechter S. 118 Varese macht (2 deutsche Meilen von Novara!), das von der Route nicht nur des Simplon¬ kontingents gänzlich abliegt, sondern selbst denjenigen Gotthardabtei¬ lungen, die, wie natürlich, den Langensee hinunterfuhren, ausser dem Wege war. Sogar für die von Como her Erwarteten bedeutet der Marsch über Varese einen Umweg. — Der von Rusconi selber mitgeteilte Brief des Herzogs an seinen Gesandten Caracciolo in Rom, vom 5. Juni, 136 — etwas mehr als 4000 Mann, darunter 400 Walliser, etwas über die Hälfte des aufgebrochenen Heeres.O Allein alles Harren war vergeblich: die Splügenabteilung unter Hohensax erschien bis zum Sonntag nicht; zwei kostbare Tage waren im gefährlichsten Moment, schon in der Nähe des Feindes verloren. Die herzoglichen Räte hatten vor kurzem noch dies zweite Aufgebot gegen die Venetianer, dann gegen Mailand verwenden wollen, um Stadt und Schloss zu retten und Gelder für den Krieg zu erpressen.2) Jetzt aber trat alles gibt den Entscheid (S. 34; ebenso abgedr. in seinem gleichnamigen Auf¬ satz im Arch. stör. lomb. 12, S. 12): ,,Son poi sopragionti qui el terzo giorno le altre fantarie sino al numero de 12 millia pur congregati al dicto loco de Olegio et ultra ne expectiamo altre 5 millia domani‘‘ etc. Ganz gewiss bezeichnen die drei Namen „full leger“, „Vallese“ und Oleggio ein und denselben Ort: ,,Vallese“ ist nur eine Verderbnis aus „Valeggio“ — Oleggio, und das „full leger“ ist nicht durch eine frag¬ würdige Etymologie aus Cameri entstanden, sondern durch das faule Herumliegen, zu dem man sich zwei Tage gezwungen sah, in einem Moment der höchsten Gefahr. In Cameri, blosse 6 km von den Mauern Novaras entfernt, hätten sie dem schrecklichen Donner der Geschütze so lang zugehört, ohne einen Versuch der Unterstützung zu wagen! — Schodelers Zeugnis siehe oben. 1) Von Freiwilligen hört man diesmal gar nichts: die ewig Un¬ ruhigen hatten sich dem ersten Auszug angeschlossen, und unterdessen war in der Schweiz auch die Gefahr der Lage bekannt; leichte Beute war da nicht zu holen. — Die Addition der ursprünglich bestimmten Truppenzahlen ergibt ca. 4500 Mann; dabei ist lange nicht gesagt, dass die Kontingente wirklich in der vorgesehenen Stärke ausrückten: statt der 700 Walliser nahmen z. B. 400 teil. Der Herzog freilich (in dem früher zitierten Brief vom 5 Juni) spricht im Jubel von 12,000 Mann, während den Franzosen 3000 gemeldet waren (Bei. des Contarini): jeder glaubte hier, was er wünschte. 2) Burgo an den Herzog, 26. Mai (im B. A.): der Entschluss sei gefasst, den V i z e k ö n i g anzufragen, ob die neuen Schweizer sich mit den andern vereinigen oder gegen die Venetianer marschieren sollten! Der Herzog soll dann aber den Entscheid als seinen eigenen den Haupt¬ leuten mitteilen! — Burgo, Bischof v. Lodi etc. an den Herzog; Como, 30. Mai (B. A.). — 137 ~ vor der einzigen Notwendigkeit zurück: ohne die Bundes¬ brüder nur zu erwarten, ohne den Aufmarsch vollenden zu können, musste man in höchster Eile auf Novara los. Ein Locarnese, Antonio Rosso, hatte vom Herzog den Bericht der Gefahr ins Lager von Oleggio gebracht.^) Am 5. Juni ward das Lager gebrochen; am Abend kam man vor Novara an und drang, wohl im Westen, ohne Hindernis durch das sumpfige, von einem Flusslauf durchschnittene Vorland, fast unbemerkt in die Stadt ^): ,,so hand wir in söllichem die uwern . . . erlösst uss grosser nott, wöllich sich gehalten hand alls from, erlich, biderb lütt, und U5^ern gnaden gross er ingelegt band, dann si an dem herttisten stand sind ge- wäsenn.“ 1) Bollet. storico della Svizz. ital. 1879, S. 175: aus dem Kund¬ schaftsbuch des St. a. Luzern, wo 1565 ein gewisser Hans Michel be¬ zeugt, dass er als Trossbube im Feldzug von Novara den Ant. Kosso gesehen, der auf ein Ausrufen des Herzogs durch das feindliche Lager Briefe zum andern Lager der Eidgenossen getragen, zurückgekehrt sei und Kundschaft über die Franzosen gebracht habe. — Rusconi, S. 28, interpretiert, man habe durch diese Meldung einen Zusammenstoss zwischen den heranrückenden Schweizern und den abziehenden Franzosen ver¬ hindern wollen und das Entsatzheer angewiesen, auf der andern Seite, im Bogen, heranzukommen. Wären die Schweizer, auch nur teilweise, bei Cameri wirklich gestanden, so wäre aber der Zusammenstoss schon vor dem eigentlichen Heranrücken geschehen! Der Bote hat die Eid¬ genossen wohl überhaupt erst von Oleggio herbeigerufen, sodass sie die Absicht, auf die andern zu warten, aufgaben, weil sie die Gefahr nun erkannten. 2) Lieferungsrodel des Meltinger (Basel, M. 1, Nr. 299). Brief der Berner Hauptleute vom 5. Juni (Kopie im St. a. Soloth., Denkw., Sachen XXIX., f. 148), der Basler vom 6. Juni (St. a. Basel, M. 1, Nr. 307, 308). — San. XVL, col. 341, Griti aus Trecate, vom 5. Juni: . . . „per certi paludi'‘. Auch die Memoiren von Fleuranges (Kap. 36) erzählen: . . . ,,mais la ville ne vaut gueres,, si est en pleine terre d’un coste, et Taultre en lien marescageuz; et y a une petite riviere, qui passe d^un coste vers le pays des Suisses, tout contre la ville, et feust cause ladicte riviere üe garder les Frangois de mettre ordre ni rencontre au secours, qui vint ,ä ceulx de la ville.‘‘ 3) Brief der Berner (zit. sub. 2). Heber die ganze Belagerung etc. — 138 — Dass der Entsatz in die Stadt gelassen, setzt allen Fehlern, die man auf französischer Seite begangen, die Krone auf: gewiss hatte man von seinem Nahen so gut die ungefähre Kunde, wie die Belagerten selber. Es ist ]a gar nicht anzunehmen, dass man vom Lager in Oleggio nichts gewusst. In der Hoffnung aber, die Stadt zu bekommen, hatte man keinen einzigen Reiter zur Beunruhigung entgegengesandt; man Hess sie einfach heran.^) Und auch die Belagerung selber ward darum nicht beschleunigt: der all¬ gemeine Sturm, den Landsknechten zwar angetragen, war verspart worden, da das Eindringen durch die Bresche und der Kampf mit den Verteidigern zu verlustvoll erschien 2) und die Stadt zerstört hätte, die nichts höher als die Uebergabe ersehnte. Nicht zwei Tage würden die Schweizer aus Lebensmittelmangel sich noch halten.^ Die ganze Nacht vom 4. auf den 5. war im Wesentlichen untätig verloren. Am Sonntag freilich (5. Juni) ward die Beschiessung noch einmal aufgenommen,D und schien der grosse Angriff sich siehe auch: Letters and papers L, S. 620, Nr. 4280; P. Martyr, Ep. 523; Bambridge an Heinr. VIII., Rom, 10. Juni (im Archiv für Schweizergesch. XII., S. 107). 1) San. XVI., col. 323, berichtet freilich, Sacromoro Visconti sei von Mailand nach Como gezogen, um den Weg zu sperren. Wohl mit Recht erzählt dagegen Prato, S. 314, dass er vielmehr nach Gallarate zog, um die Strasse gegen Mailand zu besetzen, wozu er übrigens viel zu schwach war. Und das war wohl eigene Initiative, nicht Massregel La Tremoilles. D Fleuranges, Kap. 36: da man benachrichtigt worden sei, dass man von der Bresche noch 15 Fuss hoch in die Stadt hinunterspringen, müsste und die Schweizer in der Nähe ihre Artillerie aufgepflanzt hätten. Die Landsknechte verlangten für den Sturm überdies die Unter¬ stützung der Hommes d’armes und Archers für jeden einzelnen Mann. Andere, wie La Marek selber, wollten Feuer in die Stadt werfen. Siehe ferner San. XVL, col. 340 (Contarini aus La Cava, nach dem Bericht, eines nach Novara gesandten Boten). 3) Relation des Contarini, bei San. XVL, col. 460. ^) Brief der Solothurner, vom 6. Juni (bei Glutz, S. 546). — 139 — vorzubereiten 9- am Nachmittag aber schon, als das Nahen^. des Entsatzes bekannt, hob man die Belagerung plötzlich auf und gab die Stadt den Anrückenden frei,^) immer noch in der Hoffnung allerdings, die Vereinigung zu hindern.^ Nur die Landsknechte und leichten Pferde deckten den Abzug nach TrecateA) Die Sorge, im Rücken gefasst zu werden, zwang zu dem wenig ehrenvollen Entschluss, der ersten Niederlage, der die zweite auf dem Fusse folgte.. Den entseheidenden Schlag zu tun, bevor für den Herzog und die Schweizer die Möglichkeit des Succurses gekommen,war also missglückt: der langsame Aufmarsch des grossen. Heers, die Verschleppung der Bewegungen,^) die Umwege 1) Brief des Herzogs an Caracciolo, vom 5. Juni (Arch. stör. lomb. 12, S. 12). ®) Es steht völlig fest, dass die Franzosen am Nachmittag des 5. ab¬ zogen und der Entsatz am Abend in die Stadt gelangte (Brief der Basler vom 6. Juni, bei Fechter S. 120; der Solothurner, bei Glutz S. 546; die Kelation des Contarini, bei San. XYI. col. 460). — Wenn einzelne franzö¬ sische und venezian. Quellen den Abzug als Folge des schon geschehenen Eindringens erklären, so stellen sie die Sache auf den Kopf: San. XVI. col. 341, Griti ausTrecate: „Avisa, come in quella matina, havendo voluteobviar, che 3000 sguizari, quali doveano intrar in Novara, non intrasse, et non avendo potuto, perche diti sguizari per certi paludi introno, adeo parve a quel signor capitanio de ritrarsi et ponersi li a largo mia do e mezo lontan di Novara e li obvierä le vituarie, et in la terra e poca vituaria“ . . .: Fleuranges, Kap. 36: als wären die Eidgenossen schon amt 4. Juni nachts eingedrungen! Offenbar empfand man als Verlegenheit, ein¬ zugestehen, wie schon die blosse Furcht vor dem Entsatz zum Abzug ge¬ zwungen. 3) Relation des Contarini: San. XVI., col. 460. ^) Fleuranges, Anshelm, S. 420. — lieber die Verluste, die man, durch die mailändische Artillerie erlitten, bei Fleuranges: man fragt sich immerhin, wie die paar Geschütze beständig so viel Schaden anrichten konnten. ^) Man mag einwenden, dass ein so kompliziert zusammengesetztes. Heer gar nicht wesentlich schneller ziehen konnte: und in der Tat. zeigt sich in der Marschschnelligkeit eine Ueberlegenheit der rein in— — 140 — und das Hinterdreinziehen hatten der Tagsatzung im letzten Augenblick noch die Verstärkung zu senden erlaubt. Trivulzios Wort trat jetzt in sein Hecht: . . . ,,in celeritä consisteva la victoria, ne era da perder tempo.“^) Und auch die andere Sünde des Feldzuges konnte sich nun rächen: das mangelnde Einverständnis mit den Venezianern.2) Ohne die Heere vereinigt zu, haben, sah man der Schlacht ent¬ gegen: Glück genug, dass wenigstens nicht die vollen 8000 ,anrückten, um vom Rücken her, mit den Belagerten zugleich, den Sturm zu erheben.^ Wenn die Eroberung gescheitert, so war die defensive Kriegsführung geblieben: durch Zögern und Abschneiden der Zufuhr unter den Schweizern die Zuchtlosigkeit zu wecken, diese Hoffnung war nicht verloren.O Auch jetzt noch dachte niemand, von Novara weg zu den Venetianern zu rücken. fanteristischen Armee. Wenn die grössere Langsamkeit nun nicht einen Tadel für die Heeresleistung liefern könnte, so bleibt sie desungeachtet eines der entscheidenden Momente für den Misserfolg des Feldzuges. 1) San. XVI., col. 175. 2) Während der Belagerung schrieb der venezianische Generalkapitän an die Feldherrn, sie möchten von Novara weg gegen die Spanier ziehen: ohne Zweifel, um am Po die Vereinigung auszuführen, die die Republik jenseits der Adda nicht gestattete (San. XVI., col. 340, Meldung aus la Cava, vom 6. Juni). Dann, da die Franzosen auch ihrerseits nicht über die Adda rücken wollten, verlangte er 700 Lanzen und GOOO' Mann Infanterie gegen die Spanier (ib. 341). 3) Brief der Berner Hauptleute vom 5. Juni (Kopie im St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 151): ,,Item, so wäiss uwer gnad, wie unnsser Eydtgn. von Zürich, Glarus, Schaffhusen, Appentzel, Sant Gallenn unnd ettlich mer noch nütt zuo unss körnen sind, unnd haben unns sovil gesumpt, das wir uff gestern sampstag nitt haben mögen zuo den unnsern zu Nauerra belegen, kommen, uss dem, das wir iro zween tag gewartett hand, dan sust wölten wir mitt der hilff gotts die frantzosen unnd all ir geschütz vor Nauerra behaltten haben“ etc. ^) San. XVL, col. 341, Griti aus Trecate (siehe letzte S., Anm. 2) 141 — Als die Feldherrn um den Mittag des 5. Juni den Abzug, nach Trecate entschieden, hatten sie noch die Erwartung gehegt, von dort her den Anrückenden die Strasse ver¬ legen, über sie herfallen oder von der Stadt fern halten zu könnend) Da man auch dafür zu spät gekommen, änderte La Tremoille plötzlich und eigenmächtig den Beschluss: gegen allen Widerspruch Trivulzios und Gritis sollte das ganze Heer statt in dem zum Lager wie geschaffenen Städt¬ chen nun auf offenem Feld, zwischen Trecate und Novara, sich verschanzen^): eine völlig verderbliche Massregel, die der Armee den Vorteil noch nahm, der ihr offen geblieben, ihrerseits hinter Mauern oder an Mauern gelehnt, in un¬ angreifbar fester Stellung, in der Ueberzähl, verteidigt durch das Geschütz, den Ansturm der Schweizer zu erdauern — einen Angriff, der dann vielleicht unmöglich geworden war, der abgeschlagen werden konnte, wenn er überhaupt ge¬ schah. Da die Erinnerung an 1500 getrogen, hätte man. sich, um so mehr auf „den kalten Winterfeldzug^^ von 1511 besinnen dürfen: vor dem Dijonerzug wusste man ia schon, wie die Disziplin dieser Haufen in Belagerungs¬ feldzügen sich bewährte, wie vor Stadtmauern auch die kriegslustigsten Scharen auseinanderliefen, und nun in einer Landschaft obendrein, die bereits geplündert und ohne Lebensmittel war. Dies Lagern in der Nähe des Feindes aber bedeutet einen Schritt von der Defensive zurück, als ob den La Tremoille der Abzug gereut: ohne Zweifel nicht die einzige Episode, in der eine Meinungsverschiedenheit der Feldherrn, die selbstbewusste Rechthaberei des Fran- 0 Rel. des Contarini. Auch der Panegyric des La Tremoille (Kap. 22) bestätigt das. 2) Die Quartiermeister waren bereits nach Trecate gegangen: Griti; z. B. hatte sich bereits einlogiert. Auch der Brief des Gouverneurs von Vercelli, vom 6. Juni (St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 142, Uebersetzung im St. a. Basel, M. 1, Nr. 305) spricht von einer eigentlichen. Umkehr des Heeres. — 'zosen zum Schaden des ganzen Heeres ausgeschlagen.^) Immerhin bewirkte die Verschlimmerung der Situation, dass während der Nacht noch der Nachtrab so weit, als möglich, zum Heere gezogen ward.^) Die französischen Memoiren stimmen in der Beurteilung der Massregel damit überein; Fleuranges: „et si les Frangois y eussent löge, comme ils avoient premierement conclud, le mauvais ne feust pas tourne sur eulx, comme il fist‘‘ etc. Im übrigen hat man sich nicht zu verwundern, wenn sie in der Nennung des Urhebers die Dinge voll¬ ständig umdrehen; für sie und für die bisherige Tradition ist Trivulzio der Unheilstifter: der Panegyric des La Tremoille, über diese fatalen Erinnerungen ein Plaidoyer, statt einer Quelle, behauptet, Trivulzio habe als Herr von Vigevano und Trecate seine Untertanen schonen wollen: . . . ,,et droissa le camp ä moictie chemin, en ung lieu fort estroict et malayse pour gens de cheval ... au desceu dudit seign. de la Trem. qui estoit crime Capital, si discipline militaire eust este bien gardee.‘‘ La Tremoille, der in der ganzen Nacht mit einem Teil des Heeres vor Novara gelegen, um einen Ausfall zu hindern, findet am Morgen den Rest auf halbem Weg, in voller Aufstellung. Im Kriegsrat hält er nun eine grosse Rede, um zum Rückzug auf Trecate zu dringen: wie es nicht die Stunde sei, zu schlagen; beruft sich auf Cäsar, der an der Säone die Helvetier getrennt überfallen u. s. w. Trivulzio aber bringt mit ein paar .völlig lächerlichen Einwänden den Kriegsrat auf seine Seite, und der andere muss nachgeben. — Auch Giovio gegenüber stellte La Tremoille später die Sache ähnlich dar (Historiae, 1. XL). — Die Me¬ moiren des Fleuranges schieben den Befehl gleichfalls dem Trivulzio zu, der von den Bürgern Geschenke erhalten habe. Ueber diesen absurden Vorwurf siehe die Verteidigung bei Rosmini L, S. 568. — Aber all diesen Behauptungen ist einfach das Zeugnis des Contarini entgegen zu halten (San. XVL, col. 460 ff.), der als Begleiter Gritis die Sache nicht nur wissen musste, sondern auch kein Interesse besass, den Trivulzio zu entlasten. Seine Relation ist vielleicht die zuverlässigste zusammenhängende Darstellung des Feldzugs: „El parse mo a monsignor de la Tramoglia per haver intexo alhora de lo alozar el campo, che poco avanti sviceri erano pasati, de non lozar piü a Trechä, ma a la campagna tra Trechä et Novara da la banda de Milan; et non obstante che el signor Zuan Jac. (Trivulzio) et el clarissimo missier Andrea (Griti) lo desconsegliaseno de questo, tarnen lo volse fare, et cussi lozö el campo a campagna.“ 2) Brief der Solothurner Hauptleute (bei Glutz, S. 546): San. XVL, — 143 Wenn aber der neue Kriegsplan darauf beruhte, dass die Schweizer, erschöpft durch den Kampf und den Marsch auf das Zögern eingehen würden, so erwies sich die Vor¬ aussetzung sofort als falsch: noch am selben Abend wäre man zur Schlacht hinausgestürmt, wenn nicht die Ermüdung zur Rast gezwungen hätteA) Bei Gruicciardini und Giovio nehmen die Dinge nun eine romanhafte Wendung. Aus Situation und Wahrschein¬ lichkeit heraus wird die Beratung der Hauptleute, bei Guicciardini der ganzen Heerversammlung farbig geschildert : wie man vom Nahen französischer Verstärkung unter Stuart d’Aubigny Kenntnis gehabt,^) und wie trotzdem die Mei¬ nungen geschwankt, ob nicht die eigenen Leute unter Hohensax erst zu erwarten seien. Die impetuose Beredtsamkeit des Jakob Mutt von Uri,D des Zürichers GrafD hätte alle Zaudernden dann mit sich fortgerissen: „Quanto la cosa pare piü difficile e piü pericolosa, tanto riuscirä piü facile e piü sicura“ . . . Kein Mensch unter den Gegnern erwarte schon den Angriff. Wie die Franzosen gegen die Schweizer noch nie, kaum überhaupt ohne sie zu kämpfen gewagt: „quanto spavento, quanto terrore, quando si vedranno furiosamente e improvisamente assaltati da coloro la virtü e col. 341, Griti aus Trecate, 5. Juni: . . . „et aveano mandato per ingrossarsi a tuor 200 lanze francese, erano in Alexandria, et 2000 fanti^^ . . . Ferner col. 357. b Le Glay, Negoc. L, S. 521: Banissis nach einem Brief des Herzogs vom 6. Juni: „tune consilio facto deliberaverunt eadem nocte aggredi hostes; sed propter lassitudinem militum distulerunt usque ad mane.“ 2) Giovio, 1, XI. In Wahrheit war d’Aubigny schon einige Tage früher bereits zum Heere gestossen (siehe S. oben). Dagegen hätten die Schweizer vom Heranziehen der Truppen aus Alessandria Kenntnis haben können. 3) Guicc., 1. XI. Giovio, 1. XI. 144 la ferocia dei qaali soleva essere il cuore e la sicurtä loro?“^)' Der wütende Hass gegen die Landsknechte und die Ver¬ achtung des französischen und gasconischen Gesindels, die Erinnerung an die frühere Schmach des Orts fand in Jedem das Echo: nur mit einer übermenschlichen Tat könne der Kriegsruhm der Schweizer bewahrt und gemehrt werden^ und die brausende Zustimmung der ganzen Heergemeinde beschloss für den frühen Morgen schon den Angriff. Die ganze Nacht hindurch wären die Trommeln und Pfeifen erklungen, um den Feind durch Täuschung auf den Beinen zu halten und zu ermüden.^ Auf Guiccardinis Kredit vor allem hat man in neuern Darstellungen den Mutt, den „Mottino^^ dann zum eigent¬ lichen Heros von Novara gestempelt, um eine eindrucks¬ volle Hauptfigur die ganzen Ereignisse gruppiert 0- keine einzige direkte Quelle weiss davon ein Wort; dass Mutt existiert und am Zuge teilgenommen bloss lässt sich er¬ weisen über den Grad des Anteils aber keine Silbe. Für eine Eolle dieser Art war aber überhaupt kaum Gelegen¬ heit. Was Guicciardin und Giovio über das Zaudern und Unschlüssigsein erzählen, ist auf die Wahrscheinlichkeit hin q Rede des Mottino, bei Giiicciardini. “) Giovio, 1. XI. ®) Siehe etwa, um nur das Naivste zu nennen: Rusconi, Massim. Sforza e la batt. dell’Ariotta. Brief des Herzogs an die Conservatoren, vom 23. März (B. A.): „Essendo de presente venuti a noi miss. Jacomo Motino, Capitaneo de Sri. Helvety de Olonia cum Thomaso Castello de Lugano, quali domandano la confirmatione de alcuni capitoli et exemptione contracti cum lo R. do et 111. e Archiepiscopo de Genua et miss. Franc. Stampa, nostri ambassatori“ ... Das Jahrzeitbuch der Kirche zu Schachdorf in Uri (Geschichtsfreund VI. S. 183) nennt unter den bei Novara Gefallenen einen „jacob von ure“. Ueber seine event. Abstammung aus der Leventina siehe: Em. Motta, i sudditi dei baliaggi italiani al servizio militare estero, im Rollet. Storico della Svizz. ital., 1879, S. 197 ff. — 145 aus der Situation abgeleitet: Interpretation, statt quellenmassiger Nachricht. Wohl musste es der Zeit als ein Heroismus ohnegleichen erscheinen, dass diese wenigen Tausend eines kümmerlich gerüsteten Heeres nicht einmal die sichere Verstärkung erwarteten: „Non fece mai la nazione degli Svizzeri ne la piü superba, ne la piü feroce deliberazione: pochi contro a molti, senza cavalli, e senza artiglierie, contro a un esercito potentissimo di queste cose, non indotti da alcuna necessitä; perche Novara era überata dal pericolo e aspettavano il giorno seguente non piccolo accrescimento di soldati“.^) Und um dies Unbegreifliche zu motivieren, ward die fortreissende Gewalt eines die Heeresstimmung verkörpernden Helden substituiert. Das Wort Rankes gehört hierher, aus ^ener denkwürdigen Schrift „Zur Kritik neuerer Geschichtschreiber“: . . . „dass Guicciardini, so in den ersten, als in den letzten Büchern keines¬ wegs aus der Fülle eigener Kenntnis, selbständiger For¬ schung schrieb. Sein Eigentum sind die Diskurse“,^) näm¬ lich als subjektive, einem Beteiligten in den Mund gelegte Erörterungen der Situation, die bloss „der Betrachtung eines vorliegenden Gegenstandes nach allen Seiten und jeder Möglichkeit dienen.“ D Und jener andere Nachweis von „der Umgestaltung der Tatsachen, um zu einer er¬ dichteten Rede zu gelangen.“^ Wohl ist es nicht die Art schweizerischer Quellen, den Anteil der Persönlichkeit her¬ auszuheben; eine Neigung der an der Antike geschulten Renaissance aber darf man statuieren, in einem plastisch herausgearbeiteten Helden den Impuls eines ganzen Volkes und Heeres zu verkörpern, und ganz aus dem gleichen Be¬ dürfnis heraus hat die Nachwelt den Mottino akzeptier^ ") Guicc. ]. XL ®) S. 19. S, 27. b S. 24 ff. — 146 auch dadurch nicht misstrauisch gemacht, dass Giovio eine offenbare Doublette bringt: bei ihm hat Graf, von Zürich, die Rolle des Mottino übernommen; dafür erscheint der Urner dann in der Erzählung von den französischen Hunden, die, in der Witterung des Sieges, den eidgenössischen Wachen um die Beine wedeln, einer vollends trivialen und widerlichen Anekdote. In Wahrheit hat es" für die Knechte auch nur eine Ueberlegung des Wartens nicht gegeben: „Sobald die Schweizer im Feld erscheinen, geht ihr ganzes Treiben auf eine Schlacht.Noch in der Nacht wäre man beinahe hinausgestürmt; dass der Feind nicht mehr vor der Stadt lag, weckte eher Bedauern.^) Von Gegenmeinungen imd Schwanken keine Rede: Es ist nicht nur der Mangel an Nahrung,^) die Unlust, sich einzuschliessen und untätig zu harren, sondern ganz der gleiche mächtige Wille, der im Kampf selber dann ihren Stoss über Gräben und Hecken weg, gegen Artillerie, Landsknechte und Reiterei unwider¬ stehlich macht: wenn irgendwo, so entspringen hier Ent¬ schluss und Gelingen aus derselben Wurzel. Schweizerische Heereszüge haben immer raschen Erfolg gebraucht: das Wartenmüssen demoralisierte, ie grösser und kampflustiger die Schar. Aus dieser Erwägung auch empfahl sich die Kanke, Eoman. und German. Nationen, S. 400. Siehe den Brief der Berner vom 5. Juni (oben zit.); der Bas¬ ler des ersten Auszugs, vom 6. Juni (S. a. Basel M 1 No. 308): . . . .„und meinten, sölich unser vind vor der statt ze finden; aber es was umb¬ aust; also uff das wurden wir und sy der selben nacht mit einandern rätig, unsern vinden nachzeziehen“ etc. Ebenso lakonisch die andern Berichte über die Beratung: der Basler des zweiten Auszugs (St. a. Basel M. 1 No. 307): Anshelm S. 420. ^) Kelation des Contarini (San. XVI. col. 460): . . . „et non havendo victuaria alcuna, veneno la matina seguente a l’alba fora de la tera per assaltar el campo francese et per esserli forza a combater.“ — 147 — höchste Eile, und zweifellos haben die Führer mit der panischen Gewalt der Ueberraschung gerechnet.^) , Warum man die herannahende Verstärkung nicht abgewartet hat, sagt vielleicht am besten die Züricher Chronik der Schwaben- und Mai¬ länderkriege, 1499—1516 (Anz. f. Schw. gesch. VI. S. 292): „und am seihen abend (5. Juni) kamendt ouch die Eidtgnossen, so über den Gotthartt zogen warendt, gan Nawerren; aber die über den Vogell zugendt, wurdent verspett um uber-faren durch Jörg Körnly und ein pfaffen von Unter¬ walden. Und rattschlagthend, das sy den fygendt morndis welthendt angriffen, ee er sichinnschantzen möchte.“ Bei der allgemeinen Angriffslust brauchte es da keinen Mottino mehr. Viertes Kapitel. Die Schlacht. Das französische Heer hatte in der vom Fluss Terdoppio und vom Kanal der Mora begrenzten, mannigfach durchzogenen Ebene im Osten von Novara das Lager be¬ zogen. Gehölz und Gestrüpp erschwerten für den Feind den geschlossenen Anmarsch; Morast und Wassergräbea konnten als Verschanzung dienen: ohne Zweifel die Vor¬ teile, wie sie zur Wahl dieses Punktes mochten eingeladea haben. Doch verdeckte die Bewachsung wieder vielfach das Nahen und schloss, wenn der Gegner herangekommen,, die Aktion der Reiterei zum guten Teil aus; es war eine Verteidigungsposition und für eine Schlacht entschieden, ungünstig, die man kaum schon erwartete D* Wohl möglich,. i)Der Ort des französischen Lagers steht nur im allgemeinen fest: zwischen Trecate und Novara (San. XVL, col. 438, 457. Bericht des Herzogs an die Eidgenossen vom 6. Juni, in Uebersetzung bei Anshelm, S. 425, im Wortlaut bei Rusconi und im Arch. stör, lomb., 12, S. 13; Originale im St. a. Zürich, Tschud. Sammlg. VI., Nr. 36,, St. a. Basel, M. 1, Nr. 309, St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 160.. — Nur das z. T. gleichlautende Schreiben des Herzogs an Florenz, bei San. XVI., col. 397, gibt an: „inter oppidum Galliatae et Novariam^. Der Bericht des florentin. Gesandten aus Piacenza (bei San. XVL, col. 398) gibt nach Briefen des Herzogs an: . . . „si ritrasse due miglia ad unoluogo che si chiama Ariotta.“ — Heber die Beschaffenheit dieser „Ariotta‘‘ geheissenen Ebene siehe Rusconi, S. 37 ff. und den im Anhang gegebenen Plan. Ferner die mo¬ dernen Karten des „Istituto geografico militare“, f. 44: Novara und Trecate. x\uf dem Kreuzungspunkt der Strasse von Novara nach Trecate^ 149 dass La Tremoille seinen Leuten, die spät erst zur Ruhe kamen, gesagt hat, sie könnten sicher schlafen, da die Schweizer ja, zum Kampf noch nicht bereit, ihre Ver¬ stärkung erwartetend) Am frühen Morgen aber brachen schon die Haufen aus den Toren und Mauerlücken hervor: mochte im allgemeinen während der Nacht ein Plan des Schlagens unter den Haupt¬ leuten verabredet worden sein; jetzt stürmte man ordnungs¬ los, fast ohne Hauptleute und Fähnlein in die Ebene: ein ungeduldig tolles Drauflosgehen ohne geschlossene Reihen, ohne Kundschaft vom Feind zu haben, jeder Einzelne auf seine Begier, und erst der Donner der Geschütze brachte sie zur Besinnung^) mit dem Weg nach Pernate und Galliate, genau in der -Mitte zwischen den drei Städten, erhob sich ein Gehöft desselben Namens. Diese Stelle etwa mag man als Zentrum der französischen Position annehmen. Die Güter hatten Trivulzio gehört und waren dann als Anhängsel von Vigerano an Schinner übergegangen. D Fleuranges, Kap. 37. 2) Siehe die Zeugenaussagen über die Schlacht im Basler Staats¬ archiv (M. 1, Nr. 311), bei der Knappheit der übrigen schweizerischen Berichte von hohem Wert. Uebereinstimmendes Zeugnis des Martin Kistler, Hans Koler, Barth. Schonenburg, Hans Spetty u. s. w.: „als sy vor Noverna inn das veld körnen, haben die knecht keyn ordnung gehebt, sonder, als sy dess geschutz und der viegenden inn wurden, sich selbs müssen inn ein ordnung schicken und ye einer den andern anruffen, und da die venlin hynfur uff das veld körnen, do wäre der huff ye lenger, ye grosser, und als sy sich vast gesamlet, hettent sy sich zu den viegenden getan“ . . . ,,und wisse nit, das die houplut, als sy von Nouerna gezogen, ir wacht und kuntschafft gehebt; dann er selbs nit gewist hab von den viegenden ze sagen, biss er für alle uff das veld körnen und die viegend zu inen geschossen haben.“ Aehnlich die andern: . . . „als ouch die houptlut solichs bekant, da die knecht sy darumb geschuldiget hant“ etc. . . . „und sye war, das die knecht über die houptlut treffenlich geschriegen haben, wo die houptlut vnd die grossen hansen werent“ etc. . . . „dann sy alle on ordnung gezogen und von der viegend wesen und wonung nutzit gewist, biss sy für alle Strassen und graben uff das veld körnen, sye sy durch das geschutz. — 150 — Denn wenn man den Feind im Schlaf zu überfallen gemeint, so sah man sofort, wie falsch die Rechnung ge¬ wesen: wohl hatten die Schweizer durch das Gebüsch oder Gehölz eine Zeit lang fast unbemerkt sich genähert; doch die Wachen schlugen Alarm. Er war überrascht, aber weit davon entfernt, in der Panik dem Angreifer das Feld ZU überlassen.^) In kurzer Frist, während noch die Haufen das treffenlich uff sy gangen, der viegend innen worden, do haben sy sich selbs müssen ordnen und syent darnach, zerstrowt und inn irrung gangen und nit gewisst, wie sy sich soltent halten, dann sy dheynen herrn gehebt, der sy hette ermotig oder gefurt“ . . . „und sye war, das die houptlutt all dheyn wacht, noch kuntschafft uff die viegend vor der slacht gehabt hant“ etc. — Diesen übereinstimmenden Aussagen gegenüber erhält der Herzog Unrecht: „quamvis elvetii duces illico per exploratores cognovissent^‘ (in den Mitteilungen an die Eidgen. und an Florenz, zit. vorletzte S. Anm. 1).^ Auch der Bericht der Solothurner (bei Glutz, S. 546) scheint anzudeuten, dass man unerwartet rasch auf den Feind stiess: „und sobald wir für die Stadt us kamen, funden wir sie angends und brachen in sie.“ Scho* deler vollends sagt: „da des die Eydgnossen innen wurden, das die vyend noch vorhannden waren“ . . . Der Brief des Bondorf an Basel (Fechter, S. 124) spricht eben¬ falls von der „Missordnung‘‘; der Berner Hauptmann May (bei Ans¬ helm, S. 426) erzählt: ,,sind wir uf sie gestossen on alle ordnung‘‘; Anshelm hat das treffende Bild: „wie die hitzigen bien‘^ Diese Disziplin¬ losigkeit vor einem entscheidenden Schlag steht in der schweizerischen Kriegsgeschichte keineswegs vereinzelt! 0 Fleuranges, Kap. 37, vor allem schiebt die Schuld an der spät bemerkten Annäherung dem Gehölz zu (ä l’ombre de ce petit bois). Audi der Brief des Gouverneurs von Yercelli (St. a. Solothurn, Denkw. S. XXIX. f. 142) sagt: „sont venus donner sus le camp des francoys, lesquelz il ont trouve en asses mauluaise ordre, come Ton dist“ .... La Tremoille z. Bsp., aus dem Schlaf geschreckt, konnte sich nicht mehr vollständig be¬ waffnen (San. XYI. col. 438, Erzählung des Griti; Fleuranges: . . . „pour que le guet des Frangois et des Suisses estoient desja pesle mesle contre son logis.“). Allein ohne Zweifel waren diese ersten Angreifer zu schwach,, um die Ueberraschung auszunützen. (Auch Fleur. deutet darauf: „L’allarme feust bien grande au camp, et la gendarmerie y alla chascun ä cheval; et les Suisses- se renforgoient toujours et vindrent donner la bataille aux Frangois“ . . .) 151 — selber unordentlich sich verstärkten und sammelten, empfing das Geschütz die Kommenden und stellte sich das übrige Heer für den Kampf bereit: die Knechte haben sich durch ihr Hinauslaufen zweifellos selber die Möglichkeit eines durch Ueberraschung entscheidenden Stosses genommen. Während auf beiden Seiten erst sich die Treffen ordneten und bereits die Artillerie in die Haufen schlug, kam die Schlacht in Gang. Und nun war das Stärkenverhältnis der Gegner aller¬ dings denkbar ungleich: die Franzosen, etwa 1200 Lanzen und gegen 10,000 Mann deutscher und französischer Infanterie,0 an und für sich schon in der Ueberzahl, fanden sich in einer durch Geschütz überdies furchtbar verteidigten Stellung, mit dem Vorteil der besten Rüstung und Bewaff¬ nung die Schweizer aber, durch Märsche und Belagerung ermüdet, iämmerlich selbst mit dem Nötigsten versehen — sogar die Hauptleute besassen nicht alle ihren SpiessO —, 0 Die Franzosen hatten aus Alessandria 200 Lanzen und 2000 Mann Infanterie nachziehen wollen, die aber kaum mehr zur Zeit -anlangten. Gar nicht zu zählen ist das unzuverlässige Gesindel, das sonst, in Italien erst, dem Heer sich angeschlossen und nur seine Beweglichkeit hemmte. Auch der Brief des fiorentin. Gesandten (San. XVI. col. 398) spricht von 10,000 Mann Infanterie. 0 Brief des May an Bern (Anshelm S. 426): . . . „sind aber si in ir Ordnung gestanden und ein laeger gehaept nach allem vorteil, und mit buechsen versehen, ob den 20 grosser stuk carthonen und ganzer schlangen und ob 400 hagkenbuechsen“ . . . 0 Der Herzog (an Florenz, San. X\ I. col. 397) spricht von dem Zu¬ zug, der am Vorabend in die Stadt gelangt war, als von „fere inermium helvetiorum subsidia“. Dem Basler Hauptmann Stoltz ward später zum Vorwurf gemacht, dass er mit einem „schefflin“ (javeline, kurzer Spiess) dagestanden: „das ettlich knecht zu im geredt, er sole ab herab sagen, was er weit mit dem hanffstriegel, meynende das schefflyn, so er by im bette, thuon (Zeugnis des Schonenburg, St. a. Basel M 1 No. 311). Dieser kurze, dickstielige, mit lancettförmigem Eisen versehene Knebelspiess war schon während des Schwabenkriegs ausgemerzt worden (Mitteilung von Herrn Prof. Häne in Zürich). — 152 — mit ein paar Büchsen des Herzogs und ein paar Pferden/) 8 oder 9000 Mann/) in mangelhafter Ordnung und gar nicht ohne unzuverlässige Schurken in den eigenen Reihen; im Grund ohne andern Vorteil, als den primitivsten eines jeden Fussvolkes: ihre rasche, allem sich anpassende Beweglich¬ keit. Eine Anzahl Verwundete und Feiglinge war von An¬ fang an in Novara geblieben.^ Der Verlauf des Kampfes selber nun und das Fest¬ legen der Operationen auf den Ort bleiben in hohem Grade unsicher, weil wir für das Begreifen des Ganzen zunächst auf die abgeleiteten Darstellungen des Giovio und Anshelm angewiesen sind, und von ihnen her die vielen Berichte der Teilnehmer zu verstehen und einzureihen versuchen, die, wenn überhaupt ein Detail, doch meist gerade nur das selber Gesehene und Erlebte geben: Jene beiden Erzäh¬ lungen aber weichen unter sich selber aufs stärkste aus¬ einander. Nur was mit den fragmentarischen Bildern in den Briefen sich zusammenfügt, wird Anspruch auf Wahr- 0 Anshelm S. 421; die Zeugenaussagen im Basler St. a. — Fleuranges übertreibt gewaltig, wenn er sagt: „et n’avoient avecques eulx que 500 chevaux, tant des leurs que de ceulx que le More Max. leur avoit envoye.“ Mit 500 Pferden hätte man nachher wahrlich die Franzosen nicht ent¬ fliehen lassen! 0 Das Zeugnis des Griti (San. XVI., col. 4^8): ,,li quali sguizari non fono piü di 8000 che veneno a investir dite fantarie francesi‘‘; ebenso col. 455. Auch Anshelm ,S. 421: „der kern, zum höchsten uf 8000 man geschaezt“ etc. Auch die Berechnung aus den zwei Zügen vom Mai und Juni ergibt diese Zahl, da von den Freiwilligen wohl kaum bis zum Schluss alle beim Heere geblieben. Die Uebertreibungen der Franzosen haben so wenig Wert, wie anderseits die Behauptung der Schweizer, mit 30,000 Franzosen sich geschlagen zu haben. 3) Die Zeugenaussagen: u. a. Zeugnis des Radeck: „Er wisse ouch nit, wer inn der statt Nonerna beliben, da die knecht hinweggezogen, wie wol man gesagt, das ir vil da beliben; wer sy aber syent, wisse er nit.^‘ Natürlich ist hier, wie in den Beschuldigungen der Hauptleute, viel wüstes Geschrei, aber doch nur Uebertreibung von wirklich Vor¬ gefallenem. Dazu die Behauptung des Anshelm, S. 421. 153 — scheinlichkeit erheben können: vielleicht, dass gerade die glänzende Schilderung, die Giovio, z. T. mit den Worten des Livius entwirft, mit dem einfachem Sachverhalt der übrigen Nachrichten sich nicht verträgt^) 1) Zusammenstellung der Quellen; Schweizerische Berichte; Brief des Hauptmanns May an Bern, vom 7. Juni (Anshelm, S. 426); der Basler Hauptleute des ersten Aus¬ zugs (St. a. Basel, M, 1, Nr. 308, Kopie im St. a. Soloth., Denkw., S. • XXIX., f. 154, des zweiten Auszugs (bei Fechter, S. 123, z. T. fehlerhaft; 400 Walliser, nicht 4000! Orig, im St. a. Basel, M. 1, Nr. 307, Kopie im St. a. Soloth., XXIX., f. 156); der Solothurner (bei Glutz, S. 546, Orig, im St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 177); der Glarner, vom >6. Juni (St. a. Zürich, Tschud. Sammlg., VI., Nr. 35); des Hans Bondorf an Basel (Fechter, S. 119 und 124, Orig, im St. a. Basel, M. 1, Nr. 306); die Verantwortung des Nik. Conrad, vom 5. Juli (bei Glutz, S. 548); der Brief des Münsi Pfiffer an Mülhausen (in Mossmann, Cartulaire IV., •S. 499); die Zeugenaussagen im Prozess gegen die Basler Hauptleute (St. a. Basel, M. 1, Nr. 311); namentlich die letztem sind voll von packenden Momentbildern aus der Schlacht. Mailändische Berichte; des Herzogs, an Florenz (San. XVI., col. 397) und, z. T. wörtlich übereinstimmend, an die eidgenöss. Orte, beide vom 6. Juni (gedr. im Arch. stör. lomb. 12, S. 13 und bei Rusconi, deutsch bei Anshelm, S. 425; Originale im St. a. Zürich; Tschud. Sammlg. VI., Nr. 36; Solothurn XXIX., f. 160; Basel, M. 1, Nr. 309); in den exakten Angaben z. T. unzuverlässig, mit der Tendenz zur Uebertreibung, um das Unerwartete und Wunderbare noch zu erhöhen. — Nachrichten des Herzogs enthalten ferner der Brief des florentin. Gesandten Martelli in Piacenza, vom 9. Juni (San. XVI., col. 398) und des Jacques de Banissis aus Worms (Le Glay, Negoc., t. I., S. 521). Von grösstem Wert die venezianischen Berichte bei Sanuto XVI.: col. 357 aus Crema, 8. Juni; col. 367, 9. Juni aus Bergamo (nach dem Bericht eines Augenzeugen); col. 367 aus Crema, 10. Juni; col. 373, Crema, 11. Juni; col. 380 aus Bologna; besonders aber die Relationen des Griti, col. 438, 455, 457, und seines Begleiters Contarini, col. 460 ff. Auf französischer Seite; die Memoiren von Fleuranges, Kap. 37; .sichtlich zuverlässiger, als in den früheren Kapiteln, da das Haupt¬ ereignis natürlich frischer in der Erinnerung sich bewahrte, als das Vorund Nachher des Feldzuges, während Bouchet-La Tremoille, Kap. 22, micht nur alle Zahlen des Gegners ins Unglaubliche übertreibt, sondern 154 — Die Eidgenossen waren unerwartet im Angesicht desFeindes erschienen: sie so gut überrascht durch die Nähe des Lagers, wie iener durch den frühen Angriff. Im Feuer des Gegners erst sammelte und ordnete sich der Schwarm, erschienen die Fähnlein und schlossen sich die Reihen; traten die einzelnen Hauptleute an die Spitze. Hier erst wieder den Helden zu entlasten und herauszustreichen sucht und die Schuld an der Niederlage einzig dem von Trivulzio befehligten, angeblich fast nur aus Italienern bestehenden Zentrum zuschreibt: ,,parquoy la . bataille, estoit presque toute de Italiens et aussi l’arrieregarde eulx retirerent sans coup frapper: et si tous se fussent aussi bien acquictez que ledict seigneur de La Tremoille et ceulx de Tavantgarde, qui’L conduisoit, Fhonneur en fust aux Franqois demoure'‘ . . . Schliesslich der Brief des savoyischen Gouverneurs von Vercelli, vom 6. Juni (St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 142; deutsche Uebersetzung im St. a. Basel, M. 1, Nr. 305). Weitere ausländische Berichte: Card. Bambridge an Heinrich VHL, Rom, 10. Juni (Archiv für Schweizergesch. XIL, S. 107 und in: Letters¬ and papers I., S. 599, Nr. 4196); Rob. Wingfield an Heinr. VHL (Orig, letters illustrative of English History, Henry Ellis, IL, series, vol. 1; London 1827). Spinelly an Heinr. VHI. in Letters and papers I., S. 620, Nr. 4280. Petrus Martyr, Ep. 523: Valladolid, 18. Juni. Chronikalische Darstellungen: obenan Anshelm, S. 421; Frid. Sicher, S. 44; Basler Chronik der Mailänderkriege (zit. S. 96, Anm. 2), S. 46; alle drei wohl auf zuverlässigen Informationen fassend. Ebenso die aus¬ führliche, farbenreiche Darstellung Schodelers (Ms. in der K. Bibi. Aarau).. — Prato, storia, S. 315: ziemlich unbrauchbar. Bedeutend besser: Grunello, Kap. 26 Ferner die Erzählung im Eingang der Memoiren von Du Bellay. Historische Erzählung: bei Guicciardini, storia, 1. XL, und bei Giovio, Hist., 1. XL, der den La Tremoille und Trivulzio befragt zu haben versichert und darum den neuern Darstellungen vor allem zu Grunde gelegt worden ist (siehe den Excurs am-Ende). Die Volkslieder bei Liliencron, HL, 90—97. Moderne Darstellungen: Ranke, Roman. - German. Nationen. Gisi, S. 108 ff.: eine aus Fleuranges ergänzte Wiedererzählung des Giovio. Aehnlich Dierauer, Schweiz.-Gesch., IL, S. 428, während Glutz-Blotzheim mehr der Darstellung des Anshelm folgt, die er, soweit ihm dasmöglich, durch die originalen Berichte zu ergänzen sucht: freilich geht die Sonne bei ihm im Westen auf. — Martin, Hist, de France; t. VH.,, S. 417. Ausführlich und völlig kritiklos: Rusconi, Mass. Sforza . . . — 155 — teilte und gliederte sich der Haufen in die drei Treffen,, die gesondert nun vergingen.^) Während die Artillerie immer gewaltiger ihre Salven. abliess, zog der eine Haufen, etwa 3000 Mann,2) unter schrecklichen Verlusten dem Geschütz entgegen, um es zu unterlaufen.^) Das Gestrüpp erschwerte den geschlosse¬ nen Anmarsch; der Rauch der Geschütze Hess die einzelnen Trupps den Zusammenhang und die Fühlung verlieren 0: 400 Knechte verliefen sich im Morast von den Fähnlein und griffen auf eigene Rechnung die Feinde jenseits des Grabens an, ohne von den übrigen noch Kunde zu habend): „und hat uff Erden soelichs grusams Ding von Schiessen, und von grosser Not nie kein Mann gehoert, und was in uns Allen, dass keiner, so im Feld waren, keiner mit dem 0 Siehe die Zeugenaussagen, — Giovio behauptet, schon in^ Novara seien 1000 Mann ausgewählt worden, die mit 8 Geschützen um den Herzog und seine Reiter bleiben sollten, während die zwei andern Haufen auf getrennten Wegen ohne Geräusch an den Feind zogen. Die Trennung trat aber erst vor dem Geschütz ein; der wahre Sachverhalt bei Anshelm: „So bald nun d’viend iro gwar wurden, bluesends uf und liessend ir gschuez angon. Do teilten sich d’Eidgnossen also, dass der groesser huf mit den vaenlinen besits einen bogen schlug, vom gschuez zewichen und besits anzegrifen.“ Darnach kritisiert sich von selbst die Konstruktion bei RuscOni, S. 41 und 47. ®) Die Zahl aus der Relation des Contarini (San. 460 ff.) ®) Brief der Glarner: „uund als wir usser unserm leger, die statt naweren, zogen sind, schüssend sy von stund an zuo uns, das wir behennd mussten zien ungeordnet, dann wir vermeintten dem geschütz abzien, aber ye verrer wir zugen, ye mer grosses geschütz uunser fyent uff uuns abliessen; uff das zugent wir dem geschütz engegen und unsern fyent engegen“ etc. *) Darauf bezieht sich wohl die Stelle im Brief der Solothurner (bei Glutz): „und was Gestruept, dass sich unser Zug von einandern theilt ahn Wissen; das schuf auch der Rauch von ihrem grimmen Geschütz“ etc., nicht auf den Flankenmarsch, von dem Anshelm redet. Zeugnis des Schonenburg in den Zeugenaussagen. Fleuranges, der,, vielleicht irrtümlich, behauptet, diese 400 seien von den Landsknechten abgesprengt worden, während die Ungunst des Terrains die Schuld trug. — 156 Leben davon kaem, und wusst kein Parthy, wie es der .andern ging.‘‘^) Natürlich, dass der erbittertste Kampf hier ausgefochten ward: um die Artillerie zu unterlaufen und zu gewinnen, galt es, die sie verteidigenden Lands¬ knechtshaufen zu sprengen und die furchtbare Verbindung von Geschütz und Infanterie zu überwinden.^) An diesem Punkt kam die Schlacht vorläufig zum Stehen. Allein während hier mit einer Wut gerungen ward, die man aus der Verbitterung und Raserei des alten Landsknechtshasses sich sattsam vergegenwärtigen mag, wäh¬ rend immer schrecklichere Salven in die Schwärme schlugen, hatten die Angreifer hinten ein Manöver voll¬ zogen, das von ihrer taktischen Leistungsfähigkeit glänzend redet: vom Kampf überrascht und vom Geschützfeuer bom¬ bardiert, hatten sie, wohl mühsam, sich endlich in Ordnung gebracht. Jetzt, um den Kanonen zu entgehen, schlug ein Haufe von 4000 Mann sich auf die Seite. In einem Bogen abschwenkend, durch die Gräben und Vertiefungen des Terrains, vom Feind, der voll mit dem Frontangriff be¬ schäftigt war, nicht bemerkt, näherte er sich seitlich in musterhafter Ordnung dem Wagenpark der Franzosen und ihrer nach vorn hin engagierten Artillerie.^ Griti, der die 0 Brief der Solothurner bei Glutz S. 546. Verantwortung^ des Konrad ►(ib. S. 548): . . . „dass sich die Ordnung mengen Mal zertrennt hat, und wenn ich die Ornig wieder half machen, und wann das Geschütz so treff¬ lich in uns ging, so wollten die Knecht nit in der Ornig beliben.“ Konrad befand sich mit dem Hauptmann von Schwyz, Meltinger von Basel etc. bei dem eigentlichen Angriffshaufen. 0 Eine der vollständig sichern Tatsachen der Schlacht: alle Quellen sind sich einig, dass Geschütz und Landsknechtsinfanterie die Kosten be¬ stritten und verbunden kämpften. ®) Anshelm S. 421 (siehe oben). Damit verbindet sich die Rela¬ tion des Contarini: „ l’altro (sc. squadron) veramente de 4 milia se discostö alquapto de la strada et se ne veniva per certi fosi el piui secreto potevano, tarnen cum tanto ordine, quanto e posibile a dire“, und der etwas konfuse Bericht aus Bergamo, nach der Erzählung eines Augenzeugen — 157 Nacht in Trecate zugebracht und auf das Donnern hin zu Pferde gestiegen, sah sich bereits vom eigenen Heere ab¬ geschnitten: er erhielt einige Schüsse; kein einziger Schweizer aber bewegte sich aus der ReiheP) Wahrlich ist dies Vermögen erstaunlich, aus voller Auflösung zur Ordnung überzugehen und im Kanonenfeuer eine Wendung zu vollführen, wie sie sonst der voraus festgesetzte Plan zu disponieren pflegt; die Gefahr erst schliesst bei diesen Kriegern wieder die Disziplin. Während dieses ganzen Flankenmarsches aber war der kleinere Haufe mit seinen paar Büchsen der vollen Gewalt der Artillerie und ihrer Verteidigung preisgegeben gewesen. Landsknechte und Schweizer rangen hier wieder einmal um den Sieg: „je vous assure,“ sagt ihr Hauptmann Fleuranges, ,,les Suisses trouverent merveilleusement bonne bande; et feust long-tems, que je pensois, que les Suisses perdroient la dicte bataille.“ ,,Uff das zugent wir dem geschütz engegen und unsern fyent engegen,^^ heisst der Be¬ richt der Glarner,2) „und koment zum ersten einen hufen landtzknecht engegen und zuo und derzuo einenn mercklichen huffen kürysser mit grossem geschutz, die ein uffsechen uff die der lantzknechten ersten Ordnung hatten. (San. XVI. coL 367): „et diti sguizari propiuqui feno tre squadroni . . . et che francesi con le artelarie feno il dover in loro; e cussi conie si andavano movendo, cussi etiam le artellarie si voltava ... et de’diti primo spuadron (von vorn) fo morti quasi tnti. Poi vene il secondo squadron per fiancho“ etc. ^) Er sah dann aus der Ferne die ganze Entwicklung mit an: die Relation seines Begleiters Contarini ist darum für alles Folgende das Zeug¬ nis ersten Ranges. — Aulfällig bleibt, dass kein einziger unter den Briefen der Schweizer von dieser Flankenbewegung ein Wort weiss: die Haufen waren getrennt und wussten von sich nichts (siehe den Brief bei Glutz S. 546); von den Kampfschilderungen in den Briefen aber scheinen alle dem ersten Angriffshaufen anzugehören. *) St. a. Zürich, Tschudi Sammlung YI, Nr. 35. Dazu den Brief des Bondorf (Fechter S. 125). — 158 unnd gryffen sy an mit hilff und anrüffen des allmechtigen gotz, siner lieben muotter marya und allen gottes heilgen, insonderheitt unser hushern sant frydolin und sant hylaryen; die hulffen uns, das wir inen langem nach die flucht angewunnen und erschluegen sy zum Teil vast all zuo tod.“ Doch auch die schwere Reiterei griff nun ein: 300 Lanzen unter dem Herrn von Sedan brachen mit furchtbarer Ge¬ walt von hinten in den Haufen und rissen die Fahnen¬ glieder völlig auseinander; die ganze Abteilung schien be¬ reits verloren.0 Es war der gefährliche Augenblick der Schlacht: schon lösten vom letzten Treffen, das, in der Nähe des ersten stehend, noch keine Gelegenheit zum Schlagen gehabt, sich 0 Contarini: „tirando adoncha l’artelaria, come ho predito, al squadron de li 3 milia, ne fece uno grandissimo fracasso, et tanto piui, che corse etiam tre compagnie de homeni d’arme adoso dito squadroii, de quäl li fece grandissimo danno, in modo, che el Duca, vedendo la total ruina de diti squadron, come el quäl se atrovava, se meze a fuzer'^a Novara, credendo, nhe sviceri fusseno roti del tutto“ etc. Brief der Glarner: . . „uund Kessen die francosen mit irem reissigen zug ulf die vendli inn hergon und demnach hinden inn die Ordnung“ (Fort¬ setzung zu der Stelle oben). Brief der Solothurner (bei Glutz): „und wurden unseri Zeichen um¬ geben mit den finden, dass der ander teil der ünsern keins wegs zu inen moecht kommen“. . . Die Erzählung des Priesters von Unterwalden, der dem Splügenkon¬ tingent mit dem Sacrament begegnete: „dan als wir ]on Ordnung an die viend geluffen, ist ein frantzösischer reysiger züg an einem ort durch uns gerent und hat unser vil, nach bi 100 knecht von den anderen getrent, das wir nit mer zu unseren buffen mögen körnen, und habend über die graben müssen wichen. Ist einer hier us, der ander därt us gefaren, das wir US den reysigen uus retten möchtind“ (Fortsetzer von Tschudis Schweizer Chronik, im Arch. f. Schweizergesch. X., S. 222. — Von diesem Priester ist in Basler Briefen ebenfalls die Bede und damit die ganze Partie der Chronik gesichert). Zeugnis des Hans von Mertzingen:.„die venline sye alle davor im ersten huffen, der den an griff getan hatt, gewesen“; des Conrad Meyer:.„als er mith Hanns Heinrich von Solotorn unnd ander neben — 159 — die Unzuverlässigen los.^) Der Donner des Geschützes und der Anblick des Gefechtes, der furchtbar Verstümmelten und der Toten, die Wirkung der Schüsse und die eigene Gefahr mussten ja die ruhig Dastehenden noch viel stärker dem letzsch huffen gehalten habe, hette man di vennlj verloren, dz nieman wusst, wo die hinkomen; weren er und Hanns Heinrich und die andern ze rat worden, die vennlj zu suochen unnd daran ir leben zehenken . . . unnd als sy schier zuo dem huffen der vennlenen körnen, weren inen dry eydtgnossen knechte begegnet, die sy dann von den vennlenen gefragt. Die heten inen gesagt (als ouch des zugs und sine geselen gesehen haben), dz die reisigen die vennlj umgeben hetten, dz er unnd sine gesellen zuo den vennlenen nit körnen mochten; müsten also widerumb zum letzsten hufen ryten und die vennlj verlassen, und wo sy von den dryen nit gewarnet worden, weren sy den reisigen in die hend geritten‘‘ etc. — Fleuranges, Kap. 37. Schodeler. — So gross war der Anteil der Landsknechte und ihres Führers La Marek an der Verteidigung der Artillerie, dass der Bericht aus Bergamo ihm zum Kommandanten des Geschützes macht: „quäl era governade da uno capitanio, chiamato el Gran Diavolo“ (San. XVI., col. 367), was der Beiname des La Marek war (Contarini, ib., col. 460). — Heber die Verluste ib.: „et de’diti primo squadron fo morti quasi tuti.“ 9 Dass dieser dritte Haufe, wohl seitlich rückwärts, hin¬ ter dem ersten, vornangreifendensichbefand, ergibt sich aus den Basler Zeugenaussage: z. B. des Hans von Mertzingen: „Daß er diser gezug hab müsse einen knecht, dem bede sin hend mit dem geschutz ab¬ geschossen wurden, verbynden, demnach sich zu dem letsten huffen, darinn Hans Stoltz (der Basler Hauptmann) gewesen sye, getan und den selben huffen inn einer Ordnung stan funden, und als dem hertzogen von meyland vier ross erschossen wurden, da hab er damals von den knechten gehört, das Hans Stoltz soll den Hertzogen von meyland, so inn demselben huffen ouch gewesen ist, hab geheissen abziechen und ouch selbs gesechen den Hertzogen und sin volck abziechen .... als er unden by dem weg inn einer matten, darin er einen .geschossnen knecht verbunden, mit sinen ross gehalten und das horn von uri blosen gehört, da ha b er sich hynfur zum ersten huffen. da der angriff beschechen ist, getan“ etc. Heber dieses seitliche Rückstellen des dritten Treffens siehe Jähns, Handbuch einer Gesch. d. Kriegswesens, S. 933, und die dort zitierte Theorie des Machiavelli. Dem Griti erschien es als zum vordem gehörig (die Relation des Contarini spricht nur von zwei Haufen, bei deren erstem sich der — 160 — schrecken, als die Kämpfenden selber. Dass der Herzog, auf Geheiss oder eigenen Antrieb, mit seiner Umgebung wieder nach Novara floh, konnte den Anfang der allgemeinen Panik herbeiführen. „Das geschutz und das gefecht hab inn der massen geengstiget, das er der nechsten, so bj im gestanden sind, nit war gnomen hab‘^ gestand später einer von ihnen.D Massenhaft müssen in diesem Augen¬ blick die Knechte hinten ausgerissen sein, um den wenigen Nachzüglern die Kunde der schrecklichen Verluste ent¬ gegenzurufen.0 Wohl war nun vorn beim Angriffshaufen der erste Knäuel der Landsknechte auseinandergehauen: doch das Herzog befand), während der Bericht aus Bergamo (San. XVL, coL 367) richtig von dreien erzählt: „adeo il terzo squadron di sguizari se ritrasse in Novara“, womit nur die Flucht des Herzogs und einzelner Knechte gemeint sein kann. 0 Zeugnis des Conrad Meyer. 2) Die Verantwortung des Konrad (bei Glutz, S. 548) spricht von 400, die mit dem Herzog geflohen. Der Brief der Hauptleute an die Tagsatzung von 500 (E. A. 504, Baden, 21. Juni, Kopie des Briefes,. Vercelli, 11. Juni, im St. a. Basel, M. 1, Nr. 321). Siehe ferner die Basler Zeugenaussagen, die übereinstimmend einzelne mit Namen ge¬ nannte Basler belasten, u. a. die des Schonenburg: ,,Dann das zuo nachganden tagen Niclaus appotecker hie zum Saffran im gesagt, als J. Wolffgang Yselin und er mit einander gan Nauerna gezogen, sye inen Hans Herter, der furier, uff dem veld rittend begegnet, sy angeschrugen, und als sy in gefragt, wie es gang, hab er inen geantwurt: es gadt, das Gott erbarme, und sye damit für geraten und gan Nouern körnen“ etc. Das Zeugnis des Adelberg: . . . „als er und iro bj zwentzig mit im zerstrowt us der statt Nawerra glofen syen und zum huffen willen gehebt, haben etlich uf den rossen vor der stat gehalten, sye Hans Her . . euch der einen gewessen; fragte er inn: Hans, wie gat es? Sagte er: wenden uch all zur statt zuo und wychen; sagte er: Hans, lass uns dem kleinen hufen, den sy in noten sehen vor inen stan, zuo loufen, sagte Hans Her, er verstand sich der sach nutzit und er solte der stat zuo, und habenn also Hans Her und die, so bj im werent, inn und sine gesellen wendig gemacht“ etc. Zeugnis des Radeck, der als Kranker in Novara geblieben und auf den Lärm sich rüstete: „Und also sy bede (er hatte einen Begleiter mitgenommen) für die statt — 161 Geschütz tat fortwährend schweren Schaden. Es ward unter¬ laufen und erobert. „Demnach gryffen wir nach einandern% an den drytten huffen fuossknecht, landtzknecht und lageyen, und die kürysser die hielitten mit anderm geschütz hertt uff uns/‘ fährt der Glarner Bericht weiter, „unnd aber allem so gewannen wir inen nacheinandern die flucht an und erschluogen den fuosszug zum teil und ettlich kürysser.“ G Aber wohl nur die Flankenbewegung gab auch hier vorn den Sieg. Denn die 4000 hatten unterdessen ihren Umgehungs¬ marsch ausgeführt und, ohne mit einem einzigen Mann die Reihen zu lockern, an" den Wagen der Franzosen vorbei, der Artillerie seitlich sich genähert.^) Wohl wurde diese, soweit möglich, nun gedreht, und vielleicht hat auch hier noch ein wütender Kampf getobt.D Der Ausgang aber war Noiierna durch die gassen hynuss nutz an das veld komen, werent gegen in beden vil knecht gelouffen gan Nouerna zu, inn die statt ylende, und zu inen beden geredt, sy mochtent nit mer zu den knechten komen‘‘ etc.. St. a. Bern, Deutsches Miss.-B., 1 168 (26. Juni): „Statt und land, etc. wir werden warlich bericht, wie an der schiacht vor Novarra iro vil dahinde beliben unnd flüchttig syen worden, die demnach haruss kommen, tross unnd annder gutt mitt inen bringenn“ etc. mit Befehl, auf sie zu greifen. 0 Oben zit.: Vom Kampf mit dem zweiten Haufen wird nicht aus¬ drücklich geredet: es scheinen darunter die Verteidiger der unmittelbar vor¬ her eroberten Geschütze gemeint zu sein. — Damit zu kombinieren ist wieder der Brief des Bondorf (Fechter S. 124). Es ist hier also ange¬ nommen, dass beide den Kampf des ersten, vordersten Haufens, nicht des Flaiikenkontingents erzählen. *) Relation des Contarini: „L’altro squadron de 4 milia se ne vene, come ho predito, discostandose, et passö dove erano tuti li cariazi de’ francexi senza moversi niente del suo ordine, et vedendo che non ge era gran guardia a l’artelaria, li deteno Fasalto, et deserando ad uno trato grandissimo numero de sciopeti et archibuxi, la preseno facilmente.“ 0 Nach dem Bericht des Augenzeugen aus Bergamo (Siehe oben und des Anshelm: „Und als nun d’viend der vaenlinen und des groessern hufen gewar wurden, wanten si sich und ir gschuez gstrax gegen im mit so heftigem schiessen und treffen, dass vil saek laer und vil spruer Icaum mehr zu bezweifeln: die 8000 Landsknechte 0 konnten sich nicht länger halten. Sie fast allein hatten ausser der Artillerie bisher die Kosten des Kampfes getragen: die französische Infanterie, beim blossen Anblick des Flanken¬ kontingents verweigerte, sich zu schlagen;2) die Hommes d’armes konnten durch die Sümpfe und Gräben, wie es scheint, gar nicht mehr zu den Geschützen gelangen,^ und längst schon hatte die Unterstützung durch die drei Kom¬ pagnien La Mareks aufgehört.O Als die 400 abgesprengten Schweizer von rechts her noch den Landsknechten in die Flanke fielen, war ihr Halt vollends verloren.^) Und das Wanken der Landsknechte überlieferte die Artillerie und entschied damit die Schlacht. „Unnd zum aller lettsten, dann es vor ein lange zytt gewertt hatt, so hatt der reissig zug noch ein gross geschütz und schussend vast zuo uns und tetten uns do euch ettwas Schadens, doch so giengent wir inen gegen dem geschütz und vertryben sy mit gewalt vom geschütz und uss dem veld.“®) Mnden und neben abstubend“ etc. „Do driikt dennoclit der kern, zum hoechsten uf 8000 man geschaezt, so hantlich fuer, dass die buechsen gestilt und umgeworfen wurden und der strit zur hand kam. Do lief ouck der minder huf der Eidgnossen schnei hinzu und brach besits in“ etc. — Die Kelation der Contarini (siehe Anm. 2) weiss davon nichts; sowenig, wie Fleuranges. 0 Eine ungefähre Zahl. Fleuranges behauptet: „et croy qu’il n’yen avoit point 5000 sains et en point de combattre“. Man weiss aber nicht, wo der Fest geblieben wäre: etwa 7500 waren anfänglich; wenige Tage vorher noch 1500 dazu gekommen (San. XVI., col. 328), mögen auch noch welche in Alessandria geblieben sein. h Fleuranges: . . . „quand ils visrent l’autre bande des Suisses qui approchoit“. *) Kelation des Contarini: „li homeni d’arme veramente franeexi, per esser li fossi et paludi, non poteno socorer l’artelaria“. h Fleuranges: . . . . „croy, que s’il feust demeure en son estat, comme il estoit ordonne, que la bataille n’eust point este perdue par les trangois, comme eile feust“, sagt sein Sohn! Fleuranges: Basler Zeugenaussagen: des Schonenburg. Brief der Glarner, des Bondorf. — 163 — Die regellose Flucht ergriff nun das ganze Heer: die furchtbarste Waffe, auf die das Vertrauen am höchsten gewesen,^) war verloren, ja begann gegen die Franzosen selber sich zu wenden.^) Die Reiterei, unsicher auf dem ungünstigen Terrain, hatte überhaupt nur teilweise ver¬ sucht, einzugreifen: fast intakt, rettete sie sich aus dem Gemetzel.^) Die volle Wucht des von zwei Seiten unwider¬ stehlich nun hereinbrechenden Stosses aber sauste auf die weichenden Deutschen: von ihrem vordersten Glied, 3—400 Mann, entkam kaum einer; bis auf zwei blieben alle ihre Hauptleute auf dem Platz; von den 8000 Mann ward der grössere Teil erschlagen, und durch ein Wagestück nur rettete ihr Kommandant La Marek noch die eigenen Söhne.^) Gegen den Mittag war der Sieg völlig entschieden. Trotz Geschütz und Kavallerie war es vor allem doch ein Infanteriekampf gewesen: die Landsknechtsinfanterie verteidigte die Kanonen; das schweizerische Fussvolk unter¬ lief sie und griff sie dann an; sein Flankenmarsch brachte den Entscheid. In einem erstaunlichen und durch die Orts¬ schwierigkeit nicht voll erklärten Mass scheidet dagegen die Reiterei vom Gefechte aus. Und doch erbringt auch die Schlacht von Novara den Beweis von der Unzulänglichkeit des nur infanteristischen Herres: so gewaltig hatte die Artillerie die Deutschen unterstützt, dass den Schweizern die Vernichtung nur in einem ungeheuerlichen Kraftauf¬ wand gelang, und ihnen gegenüber waren sie doch fast 0 Contarini: (li homeni d’arme) vedendola persa (die Artillerie), subito se messeno a fuzer per ester la natura de ’francesi, che, quando sono senza artelaria, li pare esser privi de la man destra“. *) Brief der Solothurner; Fleuranges: „Et se cuiderent rallier la lansquenets 2 ou 3 fois; mais l’artillerie des frangois, que la Suisses avoient gaignee, commenga ä battre si fort dedans eulx, que cela les decourageoit tous“. •) 40 Hommes d’armes seien gefallen (Contarini; Relation des Griti bei San. XYL Col. 438)! 0 Fleuranges. — 164 — dieselbe Zahl. Noch einmal war man der vorgeschrittenen Kriegskunst, der Verbindung von Artillerie, Fussvolk und Reiterei, z. T. durch die Fehler des Gegners selber Herr geworden; aber hier schon kündigt die Niederlage von Marignano sich an. Und dieselbe Unzulänglichkeit beweist sich in der Ver¬ folgung des Sieges: was zusammengehauen ward, ist das Fussvolk, mit dem man gekämpft; selbst die französische Infanterie rettete sich bis auf 500 Mann,^) und von den Reitern entkam, wer im Angriff nicht schon gefallen. Der Herr von Sedan aber flüchtete die Kasse des Heers, mit 250,000 Livres, die am Vorabend noch eingetroffen.2) — Nicht minder charakteristisch vielleicht, als die ungestörte Flucht selber, ist die Richtung, die sie nahm: 2000 Mann zogen unbehelligt nach Trecate;0 die Hauptmasse war an Novara vorbei nach Südwesten geflohen: so wenig Gefahr der Verfolgung gab es für sie, dass man nach Vercelli und dem Po, um das Ausfallstor des Feindes herum, sich wagte ;0 auch jene 2000 schlugen bald den Weg nach Südwesten ein, und in kürzester Frist hätte das Heer gesammelt von neuem in der Lombardei stehen können. „Et sans point de faulte, si les Suisses eussent ete forts de gens de cheval, ils eussent faict un gros meurtre et un gros gain; ce quüls ne fisrent.^‘^) Allein, was die Schwäche des Heeres, war doch auch seine Stärke gewesen: die hohe Beweglichkeit in gefähr¬ lichen Lagen, das mühelose Sichanpassen ans Terrain, die alten Tugenden schweizerischen Fussvolkes hatten auch 0 Relation des Contarini. 0 Fleuranges ; Rel. des Contarini. ®) Rel. des Griti (San. XYI., col. 438); Bericht aus Crema, der noch von einem Sieg der Franzosen redet (ib. col. 357). 0 Siehe den Brief des Gouverneurs von Vercelli, vom 6. Juni (St. u. Solothurner Denkw. S. XXIX., f. 142). ®) Fleuranges. 165 — diesen Sieg errungen, gegen einen Feind, der zur Hälfte schon wehrlos gemacht erschien, wenn er auf ungeeignetem Boden überrascht ward. Ueberhaupt sind die Ursachen des Gelingens in den Momenten gerade zu suchen, die der französischen Kriegsführung völlig abgingen: vor der Schlacht in der Schnelligkeit des Marschierens und des Ent¬ schlusses zum Schlagen, während der Schlacht in dem Zu¬ sammenarbeiten der Teile, die, von einander getrennt, doch sich nicht sahen und von sich nichts wussten. Das kühne Wagen, in so schlimme Lage es am Anfang geführt, hatte eben diese Gefahr wieder überwunden: „Semlich gaech, frefen angrif, wiewol die mislich, so sinds doch den Eidgnossen der merteil gegen grossen zuegen glueklich und wol erschossen. Man spricht: gluek hilft den doerstigen, lasst die zagen.“ D Ganz unzuverlässig und übertrieben erscheinen nun in den Briefen der Beteiligten die Zahlen der Verluste, die jeder seinem Gegner zugefügt haben will: 8 oder 9000 Feinde hätten die Sieger erschlagen,0 während die Unter¬ legenen mit noch grösserem Schaden der Schweizer sich trösteten.^ Für die Franzosen jedenfalls steht fest, dass der ihrige sich fast nur auf die Landsknechte bezog, während die schwere, wie die leichte Reiterei fast ohne Schaden 9 Anshelm S. 422. — Die quellenkritische Begründung der Erzäh¬ lung und das örtliche Festlegen der Operationen im Excurs am Ende. ®) Brief der Glarner: 9000, zum grössten Teil Landsknechte, der Solothurner: 8000, Anshelm: 10,000, Sicher: 13,000 etc. Siehe ferner die Zusammenstellung bei Gisi, S. 255. — Die Basler Chronik nennt wohl mit Recht: „6000 landsknecht, 800 kürisser und mer dann 400 frantzoesischer fuszknechten“. ®) Fleuranges: „Et bien vous veulx-je dire, que la fleur des Suisses y demeura, et plus de Suisses que de lansquenets“. Einzelne Be¬ richte reden von mehr toten Schweizern, als lebendig in die Schlacht ge¬ zogen waren. - 166 davonkam/) und selbst die übrige Infanterie nur unbedeutend litt.^) Freilich wurden viele auf der Flucht noch von deu Bauern erschlagen3): aber 6000 Tote sind schon eine sehr hohe Zahl. 'v Vollends ungleich steilen sich die Angaben für die Schweizer: während Frid. Sicher von 800 redet, zählen andere 1300 oder 2000.0 Die Frage hängt eng zusammen mit der Dauer der Schlacht überhaupt: dass der Herzog von einem zwei- oder gar einstündigen Kämpfen redet, ist eine lächerliche Uebertreibung;0 denn der Ausfall aus Novara geschah früh am Morgen, und gegen Mittag erst ent¬ schied sich der Sieg: von 7 Uhr an bis etwa um 11 Uhr tobte das Gemetzel;®) stundenlang feuerte die Artillerie,^ und ganz gewiss darf man die Wirkung des Geschützes auf die geballten Haufen wahrhaft verheerend ver¬ anschlagen. Von Bern allein waren „bi 150 tot und ob 50 übel wund“;0 von Basel 75 ;0 das Schachdorfer Jahrzeitbuch zählt für Uri und Livinen 54 Namen, Ve des ge¬ samten Auszugs.^®) Wenn man nun mit der Verallgemei- 0 San. XVl, col. 368, 398: col. 357 (aus Crema): „Et di francesi etiam e stä morti tutti i lanzinech, di quali solum e vestati 1000 vivi; et che de li cavali francesi non e seguito alcun danno . . Wenn, nach der Basler Chronik, wirklich 800 gefallen wären, so bedeutet auch das nur einen verhältnismässig geringen Teil. ®) Contarini: „500 fanti de ’francexi“ ; die Basler Chronik: 400. •) Bambridge an Heinr. VIII. (Archiv f. Schw.-Gesch, XII., S. 107). 0 Anshelm: 2000; Contarini: „2 in 3 milia“; von den phantastischeu Angaben derer zu schweigen, die das Heer von vorneherein zu gross nahmen. An Florenz (San. XYI., col. 397), an die Eidgenossen ; an den Kaiser gar: „pugnatum est circiter unam horam, non plur“ (Le Glay, S. 521), ®) Griti (San. XVI., col. 457 : „l’asalto comenzo a höre 7 et andoe a zena aFrazene de lä da Po in Monfera“ etc. — Contarini: „Dita bataglia, dal venir fora de’sviceri de Novara fino a lafuga de’francexi durö quatrö hore^^. 7 Brief des B. May (Anshelm S. 426): drei Stunden. Zedel bei Anshelm S. 429. Die Züricher Chronik (Anz. f. Schw.Gesch. YI. S. 292) nennt für Zürich 75 Tote. 7 Basler Chronik S. 47. •* * Geschichtsfreund VI. S. 160. 167 nerung dieses Verhältnisses vielleicht zu hoch geht (1500 Mann von 8- oder 9000), so bleibt doch in jedem Fall eine für schweizerische Siege ungewöhnliche Zahld) Die Beute, die den Ueberlebenden zufiel, war eine er¬ staunlich reiche: vor allem die Artillerie, über 20 Stück grosser Büchsen, hunderte von Hackenbüchsen,2) die Pferde und Wagen, der Park des La Marek, der gar nicht zur Ver¬ wendung gekommen, einige Fähnlein, der ganze Tross und was im Lager vorhanden. Kaum liessen sich Ochsen und Karren auftreiben, um alles weg zu schaffen, und einen Teil der Geschütze mussten die Knechte selber nach Novara schleppen.^ Aber ausserdem ein grosses Gut an Geld, Metallen, Kleinodien, Seide u. a., von dessen Erlös dem einzelnen Mann freilich nur 4 Batzen zufielen: das Beste war verheimlicht und vorher schon weggebracht worden.^ Der Brief der Basler Hauptleute vom 2. Juli (St. a. Basel Mi, Nr. 327): „alle die, so von unser Eydgiiosscliaftt zu Nawerra an der Schlacht umbkomen sind, schetzt man by nunhundert oder tusigen ungevarlich zum höchsten.“ Auch die Basler Chronik nennt 1000 Mann, die Züricher 1400, Schodeler 1500. 5 Die Angaben differieren: Brief des May (Anshelm S. 426): „ob den 20 grosser stuk Carthonen und ganzer schlangen und ob 400 hagkenbüchsen“ ; der Glarner: „dryssig stuck büchsen und dussennt haggenbuchsen“; Brief der Basler (Fechter S. 123) : „20 Hauptstück Büchsen, darunter 3 Carth. und 17 Notschlangen, auch bei 16 Wägen voll Hackenbuchsen“; des Bondorf (ib. S. 124): 18 Stück; des Münsi Pfiffer (bei Mossmann): 21 Stück, 300 Hackenbüchsen. — San. XVI. col. 398: 22 Stück. Die Basler Chronik S. 47 gibt ebenfalls detaillierte Angaben: 17 grosse Not¬ schlangen, 4 grosse Karthaunen, 400 Hackenbüchsen etc. Schodeler: „sunder vil hagen, die noch off den wägen lagen, nämlich by 800, da wol zu ge¬ denken, wo man nit alsbald zu der sach gethan hett, das man grossem schaden hett enpfachen.“ 3) Brief des May. Brief der Basler vom 19. Juni (Fechter, S. 131). Damit über¬ einstimmend die Zeugenaussagen. — Brief der Berner (bei Ansh., S. 428, Kopie im St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 206). Die Vergicht, abgedr. bei Ansh., S. 424. — Das Nachsuchen des Verschwundenen beschäftigte die Tagsatzung noch im Dezember (E. A. 526 a, 533 j etc.). Siehe auch St. a. Bern, Mail. Kriege 66, f. 28: 19. Okt. 168 Die Sieger verweilten mehrere Stunden noch auf dem Platz, um, wie es der Brauch, für den Erfolg zu danken, die Toten zu bestatten und den Gewinn zu bergen. Dann zogen sie nach Novara, wo der Herzog nicht einmal für Speise und Trank gesorgt hatte.Das wüste Geschrei aber gegen die Geflohenen und einzelne Hauptleute, der Lärm über geringe Beute, lässt ahnen, wie die Verwilderung und Vertierung die Kehrseite dieses Heroismus.^) Gab es doch Verdacht genug, der Berner Hauptmann Weingartner „waere erst nach ergangnem strit von boesen fruenden erwuergt^‘^): die 600 Goldstücke, die er bei sich gehabt, waren verschwunden.^ Die Bedeutung des iSieges Jedoch ist eine enorme; noch einmal zeigt die kriegerische Kraft der Eidgenossen sich auf voller Höhe: erstaunlicher für den Fernestehenden noch, wie für die Beteiligten. Wenn diese selber meinten, „dass kein groesser noch haerter stand d’Eidgnossen nie gehaept 0 Brief des May, der Solothurner (bei Glutz), der Glarner, des Bondorf (Fechter, S. 124). *) Siehe die Basler Zeugenaussagen: mit Unrecht beschuldigt wohl der Hauptmann Meltinger, der mit dem Hauptmann von Schwyz, dem Venner von Unterwalden, Erni Winkelried, mit dem Schultheiss Konrad im vordersten Glied gestanden (Verantwortung des Konrad bei Glutz, S. 548). Uebereinstimmend dagegen der Hauptmann des ersten Auszugs, Hans Stoltz: ,,Hans Stoltz sei ettwo inn einer kilchen und bette'^ etc. . . . ,,das nach der slacht ein gross gemurmel über Hans Stoltzen gangen und geredt worden, wie er an der slacht nit gewesen, und sye war, das er mit sinen hosen und schu noch unbefleckt gewesen, da die schiacht beschechen . . . darzu hab er ein schefflin uff siner achslen getragen für sin gewer, das sich an einer schiacht ouch nit gezympt hab^ etc. — Einzelne Ausreisser behaupteten, vom Feind gefangen worden zu sein. — Auch Nik. Conrad ward beschuldigt j^siehe seine Verantwortung), und Albr. von Stein wehrte sich vor der Tagsatzung gegen den Verdacht der Flucht (Abschied,vom 21. Juni, siehe: Schweizer. Gesch.-Forscher, Bd. 5, S. 340: ,,Biograph. Notizen über Albr. von Stein“ etc., ferner E. A. 504 b). ®) Anshelm S. 422. *) Brief des May (ib. S. 426), der Berner Hauptleute (ib. 428). -- 169 — liond^V) so fühlten jene sich an die Heldentaten der Antike erinnert, ja sie überboten.„ . . adeo e statta grande e mirabile/^ schreibt Schinner über die Schlacht,^) ,,che li hominj stupischano ad tall iatto ad credere. Era etiam tanto grande il credito et spavento de Franzesi overo la exquisita la loro prattica, intelligentia et adherentia, che le cosse commune de essa V. Ex. tia et de li Sen. ri Helvecy se stimaveno totaliter contrite et expugnate.“ Eine Rüstung, wie sie selten in Italien erschienen, war zerschmettert, von einigen tausend schlecht bewaffneter Knechte ohne Reiter und Geschütz; ein Heer, vor dem man Monate lang gezittert, bevor es kam, war getötet oder zerstreut, zwei Feldherrn von altem Ruhm geschlagen und verjagt, und die blitzähnliche Schnelligkeit musste den Ein¬ druck verdoppeln. Mailand und Italien war mit einem Schlage befreit, und die Gefahren brachen wie eine Flut über den Angreifer selber herein: zwei Monate später war Frankreichs eigene Existenz bedroht. Kaum je ist ein voll¬ ständigerer Umschlag schneller erfolgt: Im erneuten Zub Brief des May (ib. S. 426, “) P. Martyr, Ep. 523 : „Parva manu saepe legisti Romanos hinc, Athenienses inde maximas hostium copias profligasse. Nil unquam memini me legisse in re bellica majus“ . . . (Valladolid, 18, Juni). Die berühmte Stelle bei Guicciardini: „con tanta fama per tutto il mondo, che molti avevano ardire, considerato la magnanimitä del proposito, il dispregio evidentissimo della morte, la fierezza del combattere e la felicitä del successo, preporre questo fatto quasi a tutte le cose memorabili, che si leggono dei Romani e dei Greci“. ®) Brief an den Herzog vom 21. Juni (im B. A.): „ . . . „unde in questa parte pochi se retrovaveno ad haver fede, fiducia, ne speranza iu le cosse nostre aut che ardisseno confessare la nome da V. Ex, tia, et mi sono retrovato quasi solus peregrinus; sed nunquam defuit mihi fiducia in Deo neque destiti de la fede, adeo che quasi dicano, fusse me propheta stato“, etc, Aeusserst charakteristisch in der Mischung brennender politi¬ scher Leidenschaft und religiöser Erregung: gebieterisch verlangt er die Bestrafung der Schuldigen und Besserung des Regiments und weist auf den Angriff gegen Frankreich selber. — 170 — sammenwirken des Kaisers und Englands, im Krieg in Artois, im Sieg von Guinegate, wie im schweizerischen Feldzug vor Dijon sind die Nachwirkungen der Schlacht von Novara. zu erkennen. Sie erst machte die Liga von Hecheln ernst¬ lich mobil. Fünftes Kapitel. Verfolgung und Rufiösung. Durch die Flucht des Herzogs und seiner Begleiter* und durch die übrigen Ausreisser hatte sich die Nachricht, verbreitet, die Schweizer, nicht die Franzosen, seien ge¬ schlagen,^) während Sforza meinte, La Tremoille sei ge-' fallen,^) und andere behaupteten, er sei mit Trivulzio gefangen.D Tagelang noch lebte man in der Unsicherheit und liefen die falschen Gerüchte. Aber augenblicklich fast hatte die Lombardei umge¬ schlagen: am Po, in Lodi, schrie das Volk: „Duca, duca!“;. die Ghibellinen betraten die Stadt, und der französische Gouverneur floh zu den Venezianern.^ Cremona, Pizzighettone fielen ab;D in Mailand griff der Pöbel zu den b San. XVL col. 460: . . . el Ducha, vedendo la total ruina de diti squadron, cum el quäl se atrovava, se messe a fuzer a Novara, credendo, che sviceri fusseno roti del tutto, et molti de li soi fuziteno et a Caxale et altri lochi, digando, el Ducha et sviceri esser roti.“ — Col. 357: Crema, 8. Juni; Col. 367: selbst der Augenzeuge der Schlacht brachte die Nach¬ richt nach Bologna! — Col. 373, Crema, 11. Juni. — Sie gelangte ja so¬ gar in die Schweiz! Sein Brief an Morone vom 9. Juni (Docum. Mor. S. 52). La Tre¬ moille ward allerdings am Schenkel verwundet (Griti, bei San. XYI. col. 438). — Bambridge meldete am 10. Juni (aus Rom) den Tod La Tremoilles und Trivulzios an Heinrich VIII. (Arch. f. Schweizergesch. XII S. 107). ®) Le Glay, Negoc. I. S. 521, Banissis, nach einem Brief aus Mantua,., vom 8. Juni. — San. XVI. col. 373. *) San. XVI. col. 343: 7. Juni, nach einem Brief aus Crema. — coL. 344 ebenso. ®) ib. col. 357, 9. Juni i col. 349, 368. — 172 — Waffen, stürmte die Häuser der Guelfen und erschlug deren . einen mit 200 Soldaten, der sich zu spät ins Kastell zu retten versuchtet) Die herzoglichen Räte, Burgo, der Bischof von Lodi, wagten sich aus Como wieder hert) Aus Brescia aber flüchtete, wer noch etwas zu verlieren hatte, und kaum 200 Personen seien in der Stadt gebliebent) JEin radikaler Umschlag, so stürmisch und unvermittelt, wie einen Monat vorher zu Gunsten der Franzosen, vollendete den Sieg: nicht Willkür und Laune, sondern die Störung des Eigentums und die durch Exilierung, Konfiskation und Rückkehr der Verbannten zerrüttete Ordnung, nach der Schlacht aber die Furcht vor dem schrecklichen Sieger, treiben die Bewohnerschaften unaufhörlich in den Gegen¬ sätzen umher: ihr Schwanken ist die Folge der Wehr- und Willenlosigkeit; ihre Angst geht darauf, den Abfall wieder wett zu machen; denn mit Begeisterung kehrte niemand unter das Regiment des Sforza zurück. Kaum scheint es nötig, zu sagen, dass auch Genua seinen französischen Gouverneur wieder verjagte: auf die Nachricht vom Nahen der Flotte der Fregosi und eines vom Vizekönig gesandten Heeres von 3000 Mann und 400 Reitern brachen die Unruhen los und verliessen die Adurni Mie Stadt; am 17. Juni wählte der Rat der Vierhundert nach dem Willen Cardonas den Ottaviano Fregoso zum Dogen: der vierte Staatsstreich innerhalb eines einzigen Jahres.O 0 Le Glay, Neg. I. S. 521: Banisses, nach einem Brief des Burgo 'Vom 7. Juni. San. XVI. col. 373. “) San. XVI. col. 366. 0 ib. col. 376: . . . „non homo, no femina, no puto, ni galo, ni galina; imo non e in Brexa 200 persone.“ *) Am 20. Juni 1512 verlässt der französ. Gouverneur die Stadt; am 23. kommt Janus Fregoso. Am 25. Mai 1513 flieht er und kehrt am 17. Juni zurück. — Siehe darüber: Senarega, de rebus Gennensibus, in Mura> tori, Berum ital. script. t. XXIV. -- 173 — In böse Lage gerieten durch den schweizerischen Sieg' aber auch die Venezianer: ihr Heer stand ja mitten im abgefallenen Gebiet bei Cremona und war keinen Augen¬ blick vor einem Handstreich der Spanier mehr sicher. Am 7. Juni schon liess ihr Kapitän die Addabrücke zerstören, die Soldaten, die in Brescia das Kastell belagerten, zurück¬ rufen und in Venedig die Befestigung Paduas, die Erstellung der Brücke über die Etsch verlangen.^) Am 8. ging der grösste Teil über Pontevico, Gambara, Asola, Valeggio, nach Verona zurück,um auch von dort, nach einem schüchternen Belagerungsversuch, etschabwärts zu ziehen und mit der Eroberung von Legnago sich zu begnügen. Eine wahre Panik hatte Heer und Führer ergriffen; so gross und drohend die Koalition eben noch dagestanden, so kläglich war nach dem Zusammenbruch der Franzosen auch für Venedig die Situation; denn zu den frischen Eroberungen des Feldzuges sah man nun Crema und Bergamo, ja das alte Gebiet der Republik von den Spaniern gefährdet.^) Diese selber hatten bei Piacenza indessen, wie bisher, den Entscheid erwartet, mit unaufhörlichen Einladungen an den Herzog, ihnen zu vertrauen und sich anzuschliessen,^)^ b San. XVI. col. 343, 7. Juni; col. 373; dabei schien das Castell von Brescia so gut wie erobert. *) ib. col. 349, 351, 354, 357, 368; In Valeggio, 11. Juni, stiess Sacramoro Visconti mit 40 oder 50 Lanzen zu dem flüchtigen Heere (col. 368). ib. col. 370; 372 (13. Juni, Abzug von Verona), col. 377, 379 (16. Juni, Einnahme von Legnago). Darauf zog man noch einmal vor Ve¬ rona, parlamentierte mit der Bürgerschaft (col. 388), beschoss und griff die Mauern an. Nach einem Ausfall der Belagerten zog man dann ganz von der Stadt ab (col. 394, 18. Juni. — Le Glay, Neg. I. S. 524, Brief des Banissis). — Siehe darüber vor allem auch das „Diario del campo tedesco‘‘ (Archivio veneto 35, S. 89 ff.) *) ib. col. 357, 9. Juni; col. 366 etc. ®) Jean le Veau; Como, 2. Juni (L. L. XII. S. 139). — An die Schweizer, während sie nach Novara marschierten; „Die spannyer schribent uns, sy wellennt uunser gutt frünt sin; was aber da geschah, mögen wir — 174 — mit Versprechungen an den Kaiser, über den Po gegen die Franzosen zu stossen,^) bald wieder mit Anstalten zum Rück¬ zug nach Neapel^): in Wahrheit nur dazu bereit, von sich selber jede Gefahr abzuhalten und nachher den Gewinn rasch zu holen. Jetzt, nach dem Sieg der Schweizer, sandte der Vizekönig einige hundert Lanzen zu ihnen, um die Wendung in Genua indessen eigenmächtig zu entscheiden und mit dem Grossteil des Heeres gegen die flüchtigen Venezianer zu rücken, nach Verona, zu den kaiserlichen hin.^) Ende Juni schon bedrohte er so die Republik im eigenen Land. Zu den Eidgenossen aber waren die lang erwarteten Ostkontingente, noch am .Schlachttag selber, endlich gestossen: in Como hatte der Bischof von Lodi ihnen vor¬ gemacht, ihre Eile tue nicht not;0 in der Nähe von Novara nit wüssen“ (Brief der Glarner vom 29. Mai, St. a. Zürich, Tschud. Sammlg. VI. No. 33). b Le Glay, Neg. I. Brief des Banissis vom 21. Juni. b San. XVI. col. 345. b ib., col. 375. — Brief der Basler Hauptleute vom 19. Juni (St. a. Basel, M. 1, Nr. 318): . . . „und erclagt sich der vicerey zum höchsten, das er nit hat mögen by der schiacht sin und man sin nit gewartet hat.‘‘ Darauf beschliessen die Hauptleute, er solle gegen die Venezianer ziehen (ebenso im Brief der Solothurner Hauptleute vom 18. Juni (St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 212). — Jean le Veau, 26. Juni (L. L. XIL, S. 160). b Der Entschuldigungsbrief der Glarner des 2. Auszugs an Glarus, vom 6. Juni (St. a. Zürich, Tschud. Sammlg. VI., Nr. 34). Siehe ferner die oben inserierte Stelle der Zürcher Chronik (S. 292 des Anz. f. Schw.-Gesch. VI.), vor allem aber die damit übereinstimmende, ganz ausführliche und auf zuverlässiger mündlicher Ueberlieferung beruhende Erzählung in der Fortsetzung von Tschudis Schweizerchronik (Arch. f. Schweizergesch. X., S. 221): „Die andern Eidgnossen, die über den Vogel gezogen, wurdind gesumbt durch den Bischoff von Chum, der des Hertzogen nechster vetter was, das si eins tags ze spat kamend; dan er gab inen für, sie wurdint uff Maren ze denen, so über den Gotthart zogen, körnen, und mit einandern gen Novarra ziechen.“ -- 175 liefen ihnen die flüchtigen Knechte mit der Kunde der Niederlage entgegen; die kurze Stockung, die darüber ein¬ trat, verschuldete, dass die französischen Reiter ihnen ent¬ gingen, die auf der Flucht sonst gerade in ihre Hände gelaufen wärend) Wohl mag man glauben, dass sie mit Groll und Neid den verpassten Siegesanteil betrauerten. Ihre Ankunft stärkte das Heer bald auf gegen 16,000 Mann;2) ausserdem waren spanische Kürassiere unter Prosper Colonna zugezogen, während die Fussknechte wieder fort¬ geschickt wurden.^) Der Herzog aber, von Mitteln fast völlig entblösst, war zur Erhaltung solcher Truppenmassen ausser Stande, und mit Notwendigkeit sahen diese auf Kon¬ tribution und Plünderung sich angewiesen. Noch besass man ja die Sicherheit keineswegs, dass In beiden Chroniken ist vom Vogel die Rede und der Splügen gemeint. 1) Brief der Basler Hauptleute, bei Fechter, S. 128: unter den flüchtigen Schweizern befand sich vor allem der Basler Fourier, Hans Herr. Giovio überträgt dessen Rolle wieder seinem Intriganten, dem „Vertius‘‘. — Heber das Eintreffen ferner: der Brief der Glarner (des 1. Auszugs), im St. a. Zürich, Tschad. Sammlg., Nr. 35. — Die beste Schilderung in der Fortsetzung zu Tschudi. Heber die falschen Bot¬ schaften, mit denen sie hingehalten worden waren: Anshelm, S. 420. Man bemerke die Notiz bei Sanuto XVI., col. 324, aus dem venezian. Quartier: . . . ,,di Tintrar in Como sguizari 500 e, datoli ducati uno per uno, erano tornati indriedo“; auch Bestechung wäre also nicht aus¬ geschlossen! D So geben die Hauptleute wenigstens selber an: die Freiburger, aus Vercelli, 11. Juni (K. bibl. Freiburg, Coli. Girard VIIL, f. 60); die Berner, 11. Juni (Kopien im St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 207, Basel, M. 1, Nr. 313). Man ist dadurch nicht gezwungen, eine höhere Teilnehmerzahl für die Schlacht anzunehmen, da auf die erste Kunde des Sieges gewiss von allen Seiten die Leute zuliefen: am 6. Juni sah Bern sich veranlasst, das ungeordnete Reislaufen ins Mailändische zu verbieten (St. a. Bern, Deutsches Miss.-Buch, f. 149), wobei gar nicht anzunehmen ist, dass diese Freiwilligen noch für die Schlacht anlangten. 3) Brief der Berner Hauptleute (zit. sub. 2); Jean le Veau, 26. Juni (L. L. XIL, S. 160). — 176 mit der Schlacht auch der Feldzug zu Ende sei: freilich hatten die Franzosen weder in Vercelli, noch in Alessandria Halt gemacht; doch niemand konnte wissen, ob nicht in Savoyen oder Montferrat die Sammlung des Heeres ge^ lang: ihre Reiterei war intakt, 4000 Mann Infanterie noch beisammen und Nachschub aus Frankreich zu erwarten; der König selber wollte sogar im Feld erscheinen,^) und auch die Signorie von Venedig, über den Rückzug ihrer eigenen Truppen erstaunt, verlangte die Fortsetzung des Krieges.^) So entschlossen die Hauptleute sich denn zum Zug gegen das Gebirge: ein militärisches Verfolgen des Sieges, Rache für den Verrat und Erwartung des Gewinnes zu¬ gleich. Am 10. Juni brach die ganze Heeresmasse, den Herzog in der Mitte, mit 16 Stück Büchsen von Novara aufO’ Vercelli schon, das gutwillig die Tore geöffnet, ward mit 15,000 Gulden gebüsst.O Hier schon kam der Bericht, wie La Tremoille und Trivulzio mit ihrem Volk am gleichen Tag über das Gebirge gezogen, wie der Schreck ihres Nahens 0 San. XVI. col. 376: Brief des Teod. Trivulzio, der diese Nach¬ richten aus dem franz. Lager erhalten. — Ferner col. 367, 403, 405: Berichte aus Mailand, wie der König seinen Truppen die Rückkehr über die Alpen verboten etc. col. 381: Brief des venezian. Boten bei Trivulzio: . . . „spera presto poträ esser in campagna; et si mons. di la Trimolia, ch’e degno capitanio, in questa cosa non farä quello si convien, perderä molto di reputatione.“ ib. col. 363, 4, vom 11. Juni, an Griti: . . . „debbi dir a quelli capitanii regii, debano rinforzar l’exercito, perche il nostro exercito, quaj e salvo e intacto, ritornerä in aiuto, et far unanimi l’impresa“ etc. — col. 402: 20. Juni; 585. *) Brief der Berner und Freiburger (zit. letzte S. Anm. 2), der Basler (St. a. Basel M 1 No. 318) bei Fechter S. 133. *) Brief der Basler (zit. sub 3.): ursprünglich waren 30000 verlangt: durch „Gönner und Vormünder“ des Herzogs von Savoyen, dem die Stadt gehörte, wie sie unter den Eidgenossen sich fanden, ward sie ermässigt. Das Geld war tür den Herzog von Mailand bestimmt, doch erhielt jeder Knecht davon einen Gulden an die Soldzahlung. — Ferner: P. Martyi\ Ep. 524. — 177 in die Zerstreuten und Verwundeten in Ivrea, Chivasso u. a, gefahren, sodass auf der panischen Flucht über 300 in • der Dora Baltea ertränkend) Mochten sich auch während des ganzen Juni noch in den Winkeln des Hochpiemonts klei¬ nere Trupps der Feinde halten; D ein Widerstand war nicht zu denken und nicht mehr beabsichtigt: „temeno molti sguizari e non voleno per niente con loro combaterd^O Die Führer, La Tremoille, Trivulzio, waren bereits nach Frankreich gegangen, sich zu entschuldigen und sich an¬ zuklagen 0: weil man die Artillerie verloren, Uneinigkeiten und Vorwürfe des Feldherrn selber verschuldeten, dass man sich zu stellen überhaupt nicht mehr versuchte, und die einzige Schlacht hatte den ganzen Feldzug entschieden. Die Unternehmung der Schweizer aber ward nun zum reinen Beutezug: zwei Boten ritten nach Mailand, um 600,000 Dukaten als Strafe der Empörung zu verlangen;^) Vercelli ward von einzelnen Zucht- und Zügellosen übel mitgenommen,®) San Germane (westl. von Vercelli), das die Tore geschlossen und den Proviant verweigert, von einem Haufen Knechte beschossen, gestürmt und geplündert und viele Bürger erstochen, während kein Hauptmann ein Wort dawider wagen durfte.^ Dann zog das Heer nach Asti b Brief der Berner (zit. vorletzte Seite, Anm. 2). *) San. XYI. col. 405 (22. Juni), 407, 410, 417 (Griti, 18. Juni: be¬ sonders um Oulx), 438, 455. ®) ib. col. 364: Griti, 12. Juni. *) San. XVI. col. 410, 417 (Griti, 18. Juni). — Eine bezeichnende Stelle: ib. col. 438, Griti, 1. Juli.:.„li capitani andati dal Roy a justificarsi l’uno di l’altro, e per la inimititia etiam il ducha di Barbon e monsignor di la trimolia (Siehe Kap. 1).Ma tien certissimo, a mezo questo mexe sarano potenti in Aste e di qua in Alexandria di la Paia“ etc, Trivulzio immerhin befand sich noch Ende Juni in Oulx (ib. col. 474). ®) Brief der Berner (zit. oben), der Basler (St. a. Basel Mi Nr. 318); San. XVI. col. 372. ®) Briefe der Berner und Basler; ferner L. L. XVI. S. 160. b Brief der Basler (Fechter S. 134), der Solothurner, aus Ast, vom 18. Juni (St. a. Soloth. Denkw. S. XXIX. f. 212), — 178 — weiter, wo man Schloss- und Stadttor offen fand; denn die Bürger waren mit Weib und Kind geflohen. Nachdem man auch diesen Ort noch völlig ausgeräumt, „dass man ganz nichts darin findet, dann die leeren Häuser^V) ward von hier aus mit den kleinen Machthabern über die weitern Kontributionen verhandelt. Der Herzog von Savoyen, der Frankreich am meisten unterstützt, hatte nach Vercelli schon Entschuldigungen gesandt, wie alle Hülfeleistung ohne sein Wissen geschehen; doch, der Zuzug der 100 Lanzen und das gefundene Ge¬ schütz sprachen dagegen, und nur seine Verbindung mit den Orten und die Einverständnisse halfen ihm, dass er mit 50,000 Kronen davonkam.O Der Markgraf von Montferrat büsste mit 100,000 Dukaten, seine Stadt Asti mit ihrer Landschaft 100,000 Kronen, Saluzzo 30,000. „Wir hond’s lied hoch angfangen; wie es hinuss bracht werd, weisst Got.“D Zehn bis zwölf Tage lang lag das Heer nun untätig in Asti, 15,000 Mann, mit nichts anderem, als mit Brandschatzung, Schadenstiften, Geldeinnehmen beschäftigt, „dass es ein Gots erbaermd ist, und weder frint noch viend .sicher.^‘0 Gie freien Knechte streiften im Land herum, um auf eigene Kechnung zu freibeutern ^): kein Wunder, 0 Brief der Basler (Fechter S. 136), der Solothurner (zit. oben sub. 7), des Münsy Pfyffer an Mülhausen (Mossmann, CartuL IV. ISTr. 2001). 2) Brief der Basler (Fechter, S. 133), der Glarner (Kopie im St. a. Basel, M. 1, Nr. 317), der Berner (vom 4. Juli, Anshelm, S. 431): des Geoffroy Ferrier an den Herzog von Mailand (2. Juli, im B. A.). — Der Herzog wandte sich um Schutz und Verwendung an Bern, das die Entschuldigungen an der Tagsatzung, geltend machte (St. a. Bern: Latein. Miss.-Buch 1513—21, 1 15 v., Deutsches Miss.-Buch, f. 165, 24. Juni). Siehe auch oben. 3) Brief der Berner (Ansh., S. 431), der Glarner (zit.'sub. 2). Brief des Paravisino an den Herzog, 28. Juni (im B. A.). ^) Brief der Berner (Ansh., S. 431). D Brief der Basler (St. a. Basel, M. 1, Nr. 318, vom 19. Juli). Es seien gegen 3000 gewesen (ib., Nr. 326). — Bitte des Herzogs 179 — ^enn die Truppen in kurzer Zeit völlig verwilderten. „Wir hond ein grosse unghorsame, denn es ist ein merklicher grosser huf lueten hie, darunder vil unnuetzes volk von lantlueten, die stelen und rowen, was da ist; es ist nuet sichers, gots hueser als wenig, als anders ... Es farend taeglich mit geladnen trossen on urlob hinweg“^) etc. Und als man so im Piemont die Verrätereien gerächt, zog das Heer am 29. Juni wieder ins Mailändische zurückj vor Alessandria,^) um die Europäer zu strafen und neue Summen von der Not und allgemeinen Angst zu erpressen, „nitt an beswärd der; armen lüten, die noch dise burdi zu lyden haben, wann inen abgetruncken und gessen wirtt, was gefunden werden mag.“^) Da dem Herzog die Mittel zur Soldzahlung gänzlich fehlten, so war man auf Brand¬ schatzung allerdings angewiesen;9 aber immer behält es etwas Bemühendes, ein Heer, das eben die glänzendste Heldentat verrichtet und mit Griechen und Römern ver¬ glichen worden ist, wie eine Räuberbande im Land herum streichen zu sehen. Der Stadt Mailand war es durch Jammern und Gnade¬ begehren indes gelungen, wenigstens Aufschub und Ervon Mailand an die Hauptleute, den Untertanen des Markgrafen von Knechten entrissenes Gut zurückzugeben: 24. Juni, im St. a. Zürich, A. 211, 1. 9 Brief der Berner (Ansh., S. 431). 9 Brief der Berner (bei Anshelm, S. 431). 3) Brief der Freiburger, vom 4. Juli (K. bibl. Freiburg, Coli. Girard VIIL, f. 96). 9 Brief der Berner aus Vercelli, 11. Juni (Kopie im St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 207): . . . ,,der hertzog hätt unns noch biss uff dise stund kein gellt geben, dann er hätt nütt, dann das wir müssend beschetzenn die stett, so sich hättend abgeworffen, unnd im mnnd unns den sold gewinnen^^ etc. - 180 mässigung der Zahlung zu erlangen 0* niit 200,000 Dukaten hatte auch sie ihren Abfall zu büssen, und ähnlich gewiss 0 Brief des Bürge an den Herzog, Mailand, 14. Juni (im B. A.): Er hat sich bemüht, die Boten hinzuhalten und sucht eine Ermässigung zu erreichen, „che Suiceri potessero essere contentati et la citä non se havesse ad mettere ad desperatione.“ Deshalb sucht er vorläufig 150,000 Duk. aufzutreiben. Die Boten nennen darauf als Mindestsumme die sofortige Zahlung von 200,000 Duk., deren Erlegung Burgo für unmöglich hält: „perche ... in questa perturbatione ognino ha provisto a le cose sue, mandando via li soi dinari et cose preciose.“ Mit Mühe erreicht man, dass die Eidgenossen wenigstens nicht sofort abreisen, sondern schriftlich zurückberichten. — Selbst die 150,000 Duk. konnten aber vorläufig nicht voll aufgebracht werden (Burgo an den Herzog,. 18. und 22. Juni, im B. A.). — Gleichzeitig verhandelte die Stadt mit dem Heer selber: Brief der Basler (St. a. Basel, M. 1, Nr. 318), vom 19. Juni, vom 1. Juli (Fechter, S. 137): die Mailänder machten geltend, die Franzosenfreunde seien nach Frankreich geflohen; dann erschien ihre Gesandtschaft in Alessandria, mit der Bitte, nicht vor Mailand zu ziehen: „denn wo wir dahin zögen, so würden etlich Wurmessige von ihnen aus der Stadt und dem Land fliehen, dass es dann nicht ihres Erduldens wäre, solche Zahlung zu erstatten.‘‘ Die Sieger hatten unterdessen „erfunden, dasdas boppel gerecht unnd gutt ist unnd gern tätte, aber der adel ist inen zu swär unnd überlegen‘‘ etc. (Brief der Hauptleute in Asti, 20. Juni, an die Tagsatzung, im St. a. Soloth., Denkw., S. XXIX., f. 20)9 und St. a. Bern, Mailänderkriege Nr. 26; St. a. Basel, M. 1, Nr. 319); aber alles half nichts, es blieb bei der Forderung der 200,000 Duk.: „zä e stä pagä piü di 70 milia, et fanno a questo modo, che mandano polize e mandati per caxa a li citadini, chi ducati 3000, chi ducati 300 etc., siche milanesi sono disperati.‘‘ • (San. XVI., col. 408, Crema, 22. Juni, nach Berichten aus Bergamo und Cremona. — Ferner col. 405, 410). . . . ,,domino Andrea dal Borgo, orator cesareo, ch’e li in Milan, dimandando a uno citadin, pagasse la taxa, quäl scusandosi non haver, par, che uno sguizaro statim li butö via la testa‘‘ (ib., col. 421, aus Crema, vom 25. Juni. — Ferner col. 432). Die Aufrufe für die Zahlung: vom 23. Juni, im Arch. di storia austr. XXVII., 2, 367; vom 3. Juli, in den Docum. Morone (Einl. XLIV., 4), mit Androhung sofortiger Exekution; vom 22. Juli, ib., wo als Summe 200,000 Dukaten genannt ist (danach korrigieren sich einzelne abweichende Angaben bei Sanuto): „pena il doppio, ed anderanno i fanti elvetii in casa ad allogiare, finche avranno pagato.“ 181 — alle andern Städte des Herzogtums;^) selbst Vigevano, Schinners Eigentum, ward ja mit 24,000 Pfund gestraft.^) Der Herzog selber fand sich wehrlos allen Forderungen, gegenüber: „Item mit dem herzogen ist man uberkommen, das er muos allen denen, so im veld sind, iezlichem vier soeld bzalen, nämlich zwen von hus zuo hus, ein sturmsold von Nowara, und den vierden von der schiacht wegen, ouch denen, so nit dran sind gsin. Der arm herzog muos alles annemen, wie billich weisst Got. Des glichen den frien knechten, die ligend uf der lifrung, und gati den armen lueten in allem land vast uebel. Zuodem so sol er allen, so am sturm oder schiacht sind wund worden, soeld geben. Bringt alles ein merklich gross gelt; wer joch das nacher bzalen werde So legte denn auch der siegreiche Krieg dem unglück¬ lichen Staat eine Last- auf die Schultern, die kaum zu tragen war: des Herzogs Mitteilung über die Summen, auf die man sich geeinigt, wagte Bürge nur vier Konservatoren überhaupt zu eröffnen, „perche, quando la cosa fusse divulgata, haveria generato una inestimabile desperatione in questa cittä . . . infiniti citadini se ne seriano andati con 0 Die 12,000 Dukaten, um deren Nachlass L o d i den Herzog „genibus flexis“ bat, werden auch den Schweizern zu Gute gekommen sein (Brief der Commune vom 7. Juli, im B. A.). 2) Die Reklamation Schinners an die Hauptleute von Basel, Rom, 20. Juni (St. a. Basel), Eidgenossenschaft D 2, Orig.-Abschied): „dann die statt und volk unstritpar und nitt vest sind, . . . sy och warlich als handwerckvolck durch banch hinweg nit rych, sunder arm sindt, und mitt arbeitt sich ernerren, ouch sy die unsern sindt“ etc. — Die¬ selbe Reklamation an den mailänd. Gesandten Caracciolo in Rom (dessen Brief an den Herzog, vom 18. Juni, im B. A.). ^) Brief der Berner vom 4. Juli (Ansh., S. 431). — Für die zwei letzten Monatssolde ward ihm dann ,,ursach halb siner armuot“ Stundung gewährt, und zwar für den dritten Sold einen Monat, für den vierten auf. St. Michael (29. Sept.), nachdem er versprochen, die Zölle von Mailand und Como zu verpfänden und die Städte als Bürgen zu geben: die Hauptleute sollten die Solde dann in Empfang nehmen. ,,Grosy 182 — le famiglie et robbe sue“ etc.^) Die zur Exekution der Auflagen und zur Bewachung nach Mailand gesandten Schweizer brachten Bevölkerung und Fiskus zur Verzweif¬ lung.2) Auf den Januar 1514 waren weitere unerschwingunruow‘‘ der Knechte brach los, als sie diese Stundung erfuhren, ,,und wolten ir gantz bezalung hann^‘ (Briefe der Basler vom 11. Juli, im St. a. Basel, M. 1, Nr. 328; der Freiburger vom 4. Juli, K. bibl. Frbrg., Coli. Girard VIII., f. 96; der Solothurner vom 5. Juli im St. a. Soloth., Denkw., S. XXX., f. 5. Ferner San. XVI., col. 553). — Die Finanzbeamten erklärten dem Herzog, auch diese Termine zu halten, sei völlig unmöglich, und verlangten 6 Monate und 1 Jahr Zeit (Prefecti rei pecun. Duci, 6. Juli, im B. A.): schon das Auftreiben der 2. Rate machte die grösste Mühe (Docum. Mor., S. 62, 1. Juli. — Sforza an Caracciolo in Rom, 29. Juni, im B. A.). Burgo schlug, um diesen Aufschub zu erlangen, die Sendung eines Bevollmächtigten an die Orte selber vor (Brief an den Herzog, 6. Juli, im B. A.), und fragte den päpstlichen Gesandten in der Schweiz, den Bischof von Veroli, um Rat, der anstatt des Gesuchs bei der Tagsatzung eine Verhandlung von Kanton zu Kanton vorschlug: ,,benche stanno durissimi, et tanto piü,. che questi del regimento timeno la plebe cossi sublevata et non ardiscono parlare^‘ (die Unruhen des Juli. — Brief des Bischofs an Burgo,. 25. Juli, im B. A.). 1) Burgo an den Herzog, 22. Juni (im B. A.): da inan die Pille nun schlucken müsse, so beschwört er den Herzog, nicht nur die Summe überhaupt herunterzutreiben, „perche l’ha lato campo de dinare de l’inhabilitä et impotentia sua'‘, sondern vor allem auch die Höhe der sofort zu leistenden Zahlung festzusetzen, den Rest auf 2 bis 3 Jahre zu verteilen und dadurch die Entlassung des Heers zu ermöglichen; denn aus den Einkünften des laufenden Jahres könne ja kein Dukaten ver¬ wendet werden. Aber der Herzog konnte keine Hoffnung auf Ermässigung geben (Brief an Burgo, aus Asti, 24. Juni, im B. A.). 2) Pref. rei pecun. Duci, 5. und 7. Juli (im B. A.). Bis zum 7. Juli waren 69,000 Duk. ins Feld, 6000 an den Vizekönig etc., im ganzen 83,125 Duk. bezahlt. Die Güter der geflohenen Rebellen be¬ trugen nur etwa 25,000 Duk. In seiner schwachen Gutmütigkeit ge¬ währte der Herzog überdies jeden Augenblick Steuernachlass. 300 Schweizer besorgten in Mailand die Execution; über] die Art des Eintreibens: „se usano tutti li termini dolci che piü se possono, et se pregano con li braza in croce, se li promette remuneratione del servitio. liehe GeldIeiHturl^^en zu der Rate der Krie$■ T % » •i ' ^» * i vi-'i •y';, .> ! .> • •. ✓ v< j.» 't. 4 ' - ^ • ■. • * 't , ■' \ V ^ ' •• y V S y ■ * .- Vl/, W'. *•*'‘.'''' * .•^-A> :■ V ?-. . • • . • ; V -'f” • y- - *. -■ >/ ' 5;"-: t ß ■\ ino, Bart, de, venezian. Gene¬ ralkapitän, 89', 90, 94 — 96, 102—105, 115, 140®, 343. Andelfingen 76®. Anderhalden, ,v. Schwyz 28®. Anshelm, Val, v. Bern, 33, 214, 266, 268, 273 etc. Amiens 241®, 248®, 263, 289', 297®, 344. Apenin 115. Appenzell 135, 140®, 220®, 230, 234®, 241, 255. Arona 107, 108', 109, 129®, 132, 134, 135 b Ariotta 148', 335. Artois 170, 217. Asola 173. Asti 20,32', 42, 75', 92', 96,99-101, 103. 105, 106, 111 — 114, 120®, 123', 177, 178, 183, 194®, 261, 267, 270, 272, 280, 291—4, 296, 297, 312', 315, 319, 320, 341. Aubigny, Stuart d’ 92, 94, 95, 42, 297b Augsburg 189. Auxonne 235, 248, 249, 266, 291. Avignon 246'. Babenberg, Dan., Schulth. v. Solo¬ thurn 279'. Baden 12, 14, 77, 80, 188—191, 202®, 204®, 209, 229, 241, 244®, 308, 309 b Baglione, Gian P. 103. Baissey, Jean de, Gruyer v. Bur¬ gund, 25', 26, 28®, 31®, 32, 75, 86®, 201, 238', 247, 259, 262®, 266, 270®, 272', 273', 278-281, 293—295, 299, 303', 341, 345. Balbiano, Aless., mld. Kommissär 107—109. Balerna 12, 13, 39. Barbante, Alvisio 23'. Bari, Erzbischof v. 68*. Bari, Duca v., Bruder von Max. Sforza 316®, 317. Basel, Basler, 23, 28, 41, 75', 107-113, 119", 121, 125, 129- 133, 135, 137®, 139®, 146®, 149®, 150, 153', 156', 160®, 166, 168®, 174—178, 180—182, 189, 191*, 193—197, 205*, 210®, 219*, 220, 221, 223, 224', 227-238, 240, 241*, 252, 2.53, 255—7, 262*, 263', 269®, 276, 281-3, 294 \ 298', 301®. Basel, Biscliof v. Basel 80®. Baume-les-Üames (a. Doubs) 228®. Baumgartner, Rud., Venner, von Hern, 29®, 208. Baumgartner, Urban, Vogt im Obersimmental, 203 b Bayard 224, 245. Beaune 248. 249. Beccaria, Aug. de 110®. Beckenried 221®. Bellinzona 41, 74, 106, 107', 109', 129®, 134®, 195-197. VI Bergamo 42, 56, 69, 74, 96’, 126’, ! 153’, 156*, 159, 160, 161», 173, | 184*, 191, 265“, 315, 317, | Berger, Gg., Venner von Zürich 75’. Bern, Berner 22, 23*, 29, 32*, 33, 38’, 58, 74—78, 80-82, , 98», 99, 107—110, 112, 119— 121,125,132-135,137», 140®,146*, 153’, 161, 166, 167, 175-179, i 181», 184, 188—194, 197, 201— | 227, 229, 231—235, 237-241, 252, 255-257, 2ßl% 268», 282, 283, 295, 299, 300, 304’, 306’, 307, 315, 318», 319. Bernhardin (Vogel) 125», 147’, 174*, 175. Berbisey, Thom., Schöffe v. Dijon, 248», 253’, 254’, 257*, 258', | 260, 261», 265’, 266». I Besangon 220, 223’, 227, 229, ! 231, 235, 240, 241’, 273», 274*. | Beze b. Mirebau 238». i Biel 204207, 212, 241’. Bipp 212. I Blois 56, 86, 87’, 88*, 90», 93», 94 ' Bologna 124’, 153', 171’. | Bondorf, Hans, Hauptmann von i Basel 107», 129’, 131, 133», 150, 1 153’, 157», 161», 162», 168'. Boner, Thomas, frz. Werber 77*. j Boudet, Michel, Erzbischof von i Langres 254*, 285’, 286’. | Bourbon, Karl v., Connetable von ' Erkrch. 89, 92, 93, 177*, 294, 296’, 298, 299», 312’, 319. ! Bracello, Baldass. 134». Brandeck, Landsknechtshauptmann 94’. I Brandenburg, Lor., v. Zug, frz. 1 Werber 26, 77». Braunschweig, Herzog v. 240. Breisach 220. Breisgau 193’, 203. Brescia 14, 42, 54, 56, 103-105, 122, 123, 172, 173, 185, 265», 315, 317. Brie 247». Brissago 40. Bubenhofen, Hans Casp. v., Land¬ vogt V. Mömpelgard 231». Buchsee 283». Büren, Ludw. v., Amtmann von Thun, 204*. Büren 283». Büri, Bened. 279*. Burgdorf 206. Burgo, Andrea da, kaiserl. Kom¬ missär in Mid. 36*, 46», 50», 51, 68, 95’, 110», 111, 115-117, 122, 126’, 129», 134, 136», 172, 179’, 181 — 186, 191, 195—198, 219», 221», 295», 316». Burgund 186, 188, 190*, 192», 195, 196, 201, 215, 216, 219, 221*, 225, 236, 238, 243—245, 248, 259», 261, 268—270, 273—276, 278, 288—290, 295’, 296’, 298, 307, 312’, 319, 340 Calais 217. Caluso (Montferrat), 194. Cameri 135», 136. Campeggio, Lor., Bischof v. Feltre 73. Canobbio 134». Caracciolo, mid. Gesandter i. Rom: u. a. 72, 87’, 115*, 1.35«, 139’, 181», 182, 184, 186, 225’, 317. Cardona, Raim. v., span. Vizekönig, 5, 11, 14, 42, 43’, 45, 47», 48—50, 54—56, 61, 62, 67, 70, 71, 73», 92, 96, 104, 106-108, 111-113, 115, 116», 120-124, 134, 136», 172, 174, 182, 183, 187’, 189. Carpi, kaiserl. Gesandter in Rom: u. a. 60», 61. Casale 171’, 316. Catalonien 122. Castellione 46». Castiglione 117, 324. Chambery 219’. Champagne 247», 276», 287, 289», 298. Chätelard, Freiherr v., 206». Chätillon s. Saöne 248». Chiavenna 12, 40, 41, 342. Chioggia 96. Chivasso 177. Chur 41. „ Bischof V. Chur 121, 342. Cirey, Ben. de, Maire v. Dijon, 243, 246, 251, 262, 263’. Colla, Giov. 46». Colonna, Marc Antonio 123. „ Prospero, 46', 49’, 70®, 175. Como 40, 45, 116», 117, 121, 125», 127, 129, 134—6, 138’, 172, 174, 175*, 181», 307*, 308,310. YIT Conrad, Nik., Sclmltli. von Solo¬ thurn, 26 \ 153 \ 156', 160», 168», 194®. Contarini, Bart., Kap. v. Crema, 100», 101, 104®, 111“, 116». Contarini, Proveditor bei der venezian. Armee, 104*, 117', 133,138*. Contarini, Piero, Begleiter v. An¬ drea Griti, 91®, 127—129, 133, 136', 138, 139, 141, 142, 146*, 153', 156—159, 161-164, 336ff. Corbeil 295, 296', 345. Corboson, Simon v., Zeremonien¬ meister der Fürstin v. Orange, 24, 28. Crema, 42, 56, 94^ 100», 101, 104®, 111», 113», 116», 153', 183, 191, 265^ 315. Cremona, Stadt u. Schloss v., 14, 20, 21, 42, 44', 46, 54, 56, 57», 70, 88, 101—104, 112^ 115, 122, 134, 171, 173, 183, 197“, 261, 265^ 268', 270, 277, 291. 292^', 296, 303—5, 308, 312, 316, 340. Crivelli, 50, 107', 308. Dachsfelden, Freiherr v., 224', 229, 234^ Dandolo, venez. Gesandter in Frank¬ reich, 289', 290. Dauphinee, 66, 69, 89, 91, 99“, 189-193, 197“, 219', 244—246, 249, 273*, 298®, 312, 313. Delemont, 283®. Delle, 224, 227, 228®. Diesbach, Altschultheiss, v. Bern, 205. Diesbach, Ludw., v., 209. „ Seb., v., 135'. „ Wilh., V., 306'. Diessenhofen, 230. Dijon, 66, 170, 198, 225“, 232^ 234, 236, 240 ff, 267', 268», 270, 279'. 280—282, 284—288, 291, 292, 294, 297—300, 302, 314“, 315, 318*—320, 325. Dittlinger, Venner, v. Bern, 29®, 208, 213®. Dole, 219. Domaso, 40. Domo d’Ossola, 12, 13, 39, 40', 41“, 45, 107, 108', 125, 129', 134, 135, 188*, 197“. Doubs, 227, 229. Dora Baltea, 177. Dora Kiparia, 94. Du Lac, Lancel, Gouverneur von Orleans, 248“, 263, 293“. Duras, 92. Eigen, Ambros., v. St. Gallen, frnz. Werber, 25', 26“, 76—78, 86». Eisass 231. Emmental 206. Engelhard, Conr., Hauptmann, von Zürich, 75'. England, Engländer, 27, 65—67, 77—79, 82, 87, 89, 111, 120“, 121, 128*, 170, 186, 195, 216, 217, 224, 312», 313, 315, 317, 318'. Ensisheim, 220, Eptingen, Petermann, v., 228®. Erlach (Bern), 78'. Erlach, Ludw., Junker, 29®. Eschental 39. Escher, Jak., v. Zürich, franz. Werber, 28—30. Etalans, 227“. Etsch, 173. Faenza, 265“. Falk, Peter, v. Freiburg, 21®, 57*, 59', 60*, 61, 63», 312', 313. Falkenstein (Soloth.) 212. Falkner, Ulr., Hauptmann, von Basel, 107». Fehr, Schultheiss von Luzern, 25, 26', 78, 210, 211'. Ferdinand, Kg. v. Spanien, 6, 65, 67, 85', 111, 122, 217“, 224, 233, 277, 294 Ferrara, Alfons, Herzog v., 49', 59. Ferrarius, Ant., 44»; Ferner, Geoffroy, 178“. Fieschi, v. Genua, 98, 184, Filonardi, Ennio, Bischof v. Veroli, päpstl. Gesandter in der Schweiz, 57®, 64', 120“, 182, 187—189, 191», 219, 221“, 229», 314“. Fleckli, Martin, v. Schwyz, 313. Fleuranges, Sohn v. Bob. de la Marek, 90—95, 100“, 101, 131, 133“, 150, 153', 155®, 157, 162', 163“, 165», 245', 248“, 254'. Florenz, 73“, 123®, 148', 150, 183, 187' Fluhe, Jörg a. der, Wallis, 77*, 125*. Foscari, Franc., venez. Gesandter in Rom, u. a.: 43“, 55®, 64“, 73', 123. VIII Franche-Comte, 216% 227, 232— | 235, 241 ^ 243, 244, 270^ 282, 345. I Franz I. (v. Angouleme), 85,88, 292, I 296, 320. Fraiienfekl, 229. ; Fregosi, v. Genua 98, 172, 183. Freiamt, 230. Freiburg, Freiburger, 22, 28, 58, 59', 75', 76, 80, 81 ^ 107-109, 119-121, 125', 135', 175^ 176^ 179^ 182, 188*, 192', 193, 195, 202', 206^ 207, 209*, 212, 216^ 220, 221—223, 229, 233, 234, 236, 240, 252, 253, 255, 256, 267», 282, 299, 300, 302. Freigrafschaft, s. Franche-Comte. j Frisching, Hans, Hauptmann, von Bern, llOl | Fruntz, Ammann, v. Unterwalden, | 28', 194«, 323'. | Fruttigen (Bern), 206, 213'. j Phichs, Hans, v. Muri, französ. i Reisläufer, 26®. i Gadius, Georg, 198'. | Gallarate, 138'. Galliate, 148', 149. Gambara, 173. Gasser, Heinr., v. Solothurn, 26®. Geldern, 66, 296'. Genf, 33, 299, 300. Genua, 11, 42, 88, 98, 106', 172, 174, 183, 184, 189, 197®, 217, 261, 264, 265», 272, 273, 319, 320, 340, 341. Gheri, Goro, päpstl. Gesandter in der Schweiz, 314\ 345. Ghiara d’Adda, 42, 56, 101, 102, 115, 291. Giustiniani, Ant, 56. Guinegate, 170, 224, 250, 287. Glarus, Glarner, 23, 28, 109, 114, 121. 130®, 135, 140», 153', 155', 157, 158, 161, 162«, 167®, 168', 174, 175'. 178', 220*, 222,230, 241, 255, 279'. Glaser, Mich., 'Löwenwirt, v. Bern, franz. Werber, 29, 33, 205, 207, 208, 210'. Göldli, Casp., Hauptmann v. Lu¬ gano, 110*, 117, 129», 134», 195, 196, 198, 323. Göldli, Reinwalt, v. Zürich, franz. Werber, 76®, 210, 268*. Gonzaga, Giov., 110', 131. Gorni, Seb., Schreiber in Lugano,. 134». Gotthard, 106, 108', 109', 125, 134, 135', 147'. Graf, Anshelm, Pfarrer in Altdorf, Agent Schinners, 37, 315. Graf, von Zürich, 143, 146. Grandson, 78', 219'. Graffenried, Niki., Venner, v. Bern, 29», 208. Graubünden, Graubündner, 12, 40, 41, 121, 135, 220®, 230, 241, 255, 342. Gravedona, 40 Gray, 229, 234, 235, 237, 238, 240, 283®, 301». Greifensee, 229. Grenoble, 245. Grieb, Leonh., Hauptmann, von Basel, 223*, 253, 281®. Griti, Andrea, 56, 57*, 85', 87', 89', 90—96, 100—102, 104, 105, 127. 128, 134, 139—143, 150', 152®, 153', 156, 157, 159', 163», 176», 177. Grüningen, 229. Gruyer, s. Baissey. Guidoto, venez. Gesandter bei Cardona, 45-47, 55«, 70*, 97', 111®. Gull, Conr., 28®. Gultschy od. Göltschy, Heinr., von Uri, 28». Gümminen, 227*. Guyenne, 94', 224, 287', 288. Gy, 233, 234, 283®. Hab, Hans, v. Zürich, französ. Werber, 27', 76®. Habsberg, Ulr. v, kaiserl. Ge¬ sandter, 21«, 26®, 66*, 223', 237, 253, 276®, 281». Hagg. Bened., franz. Werber, 25', 27', 30', 75—77, 81®. Halter Heiny u. Burgy, 78®, 79*. Hasli, 125*, 184*, 206, 213. Hauser, Ulr., 268*. Heinrich YIIL, König v. England, 65, 111, 122, 154, 171®, 186®, 187', 217—9. 241, 244, 265, 287, 294. Herr, Hans, Fourier, v. Basel, 175’. Hetzel, Hans Rud., Vogt V. Erlach, französ. Werber, 33, 77*, 78, 81, 205», 209«. ix Hetzel, Casp., Altvetiner, v. Bern, 205, 208, 209. Holiensax, Ulr., v., 134, 136, 142, 342. Immertal, 227". Innsbruck, 14, 266, 270". Interlaken, 239. Jougne, 227 ^ JoLix, 202, 203, 206, 209«. Irmy, Nik., von Solothurn, 26*. Isabella d’Este, Marcliesa v. Man¬ tua, 43 \ 48, 49 h Julius II., Papst, 5, 7, 10—12, 14, 20, 21, 41, 43, 45, 49\ 62\ 54 ff, 60-64, 86, 88*, 123, 185, 187, 216, 229*, 315. Jung, Felix, v. Zürich, 110 h Jura, 227, 232*. Jvrea, 177. Karl V. Burgund, Enkel Maxim. I., 12, 65«, 86\ 86, 270*, 296h Karl der Kühne, Herzog v. Bur¬ gund, 7, 232*, 277, 288. Keller, Constans, Chorherr i. Bern, midischer Agent, 37, 310h Keller, Klaus, Lütiner, v. Zürich, 75^ 183*, 313*. Köniz (Bern), 204, 207, 208. Konstanz, 229. Krämer, Werli, v. Zürich, franz. Werber, 76*. La Cava, b. Cremona, 104, 140*. Lafayette, Kommandant der franz. Artillerie, 93, 131. La Marek, Bob. de, Herr v. Sedan, 89, 92, 127, 128\ 138®, 158, 159, 162—164, 167, 245\ 343. Lameth, Ant. de, 208, 222^. Landau, Hans, v., kaiserl. Gesandter, 21«, 66*. Landolt, Ulr., v. Glarus, 28«. Lang, Matthäus, Bischof v. Gurk, 14, 19, 47—52, 316. Langensee, 107®, 135*. La Palice, Jacques, 85, 93®, 131«, 245. Lateran, Konzil, 54, 64, 314h La Tremoille, Louis de, *19, 20, 22, 24, 29S 32, 33, 37, 38\ 55, 56, 74, 76, 79, 88, 90-95, 99, 100, 104, 105, 111, 113, 116«, 118, 128, 130, 138—142, 149, 150^ 154, 171, 176, 177, 197, 201, 225", 242-248, 250, 251, j 253, 258—262, 264—267, 269— 271, 273‘, 275-282, 284, 285, 288—293, 296, 297, 299, dl2\ 318*, 323 \ 340, 341. Lausanne, 219 \ Legnago, 173. Lenzburg, 26*, 210*. Leo X., Papst, 57, 60 ff, 65—67, 69, 71—73, 86, 89, 107S 111—' 114, 120, 121, 123, 124, 184— 187, 189, 193, 195*, 196, 216, 217*, 219, 220*, 269, 274, 288, 294, 296*, 305, 307, 314-317, 319, 342, 343, 345, 346. Leventina, 144*, 166. Lipomano, V., venez. Gesandter in Rom, u. a.: 123‘, 124. Locarno, 12—14, 19, 39, 40*, 41*, 4ö* m7 197“* Lodi, 44*, 70, 101, 102, 114-116, 171, 181. Lodovico, Moro, Herzog v. Mid., 8, 35, 45, 48, 51, 128*, 130. Lombardei, Lombarden 5, 6, 11, 12, 19, 33, 34, 70, 85—88, 94, 117, 121, 127, 164, 171, 188, 192, 196, 197, 224, 298, 304. Longueville, Herzog v., 224, 245. Lothringen, Herzog v., 276, 277, 290*. Ludwig XII., König v. Frankreich, 6, 14, 16, 19, 20, 22, 24, 27, 29, 31—33, 35 ff, 49*, 55—57, 60, 61. 64-67, 70, 73, 77*, 78—81', 85—87, 89-91, 93—96, 98, 99*, 104«, 114, 123, 128*, 130, 176, 177*, 185«, 189*, 191, 193, 195, 196, 197, 201, 216— 218, 219*, 221«, 222, 225, 232*, 233, 241, 243, 244®, 245*, 248, 250, 258-261, 263—267, 269— 279, 284, 288—299, 302—306, 312—315, 318—321, 340. 341, 343—345. Lugano, 12—14, 19, 39, 40*, 45, 110«, 117, 129«, 134«, 144*, 195-197. Luino, 40, 41*. Lüthy, Thom., aus dem Emmental, franz. Reisläufer, 26*, 278h Luxemburg, 240. Luzern, 21®, 22, 23, 26", 28, 29, 32, 41, 42«, 55, 75*, 77*, 78— 81, 88, 107*, 121, 202*, 204, X 206 •, 207, 210, 211, 220, 221, 230, 241, 253. 255, 256*, 279*, 283, 304 307, 315, 318, 319. Lyon, 73, 89, 190®, 219*, 225, 244—246, 273®, 290*, 293 ^ Magon, 219*. Maggiatal, 39, 41“. Mailand, Stadt und Mailänder, 13, 39, 44*, 46*, 47, 49,52, 55, 69, 106*, 115—117, 121, 126*, 129, 134, 136, 138*, 142*, 177, 179— 182, 184, 185, 195. Mailand, Schloß, 22, 46, 49, 51, 88, 103, 116, 117, 127, 136, 183, 261, 265“, 268*, 270, 277, 292*, 296, 297, 303—306, 312, 316, 340. Mantua, 12, 14, 112“, 122, siehe ferner Isabella v. Margarethe v. Oesterreich, Tochter Max L, 20, 50*. 51-53, 55, 66, 87, 122, 124“, 216, 244', 274^ 283*. Marignano, 104®, 164. Marseille, 98. Marthalen, 76^ Maximilian I., deutscher Kaiser, 5—7, 10, 12—14, 20, 33, 50— 52, 54-57, 59, 65 ff, 69, 72, 75 *, 79, 82, 85—87, 89, 96, 111, 112, 116, 120—122, 124, 134“, 170, 174, 185, 186-191, 193, 195—197, 215-221, 222. 224, 225, 227, 228, 233, 234, 239, 240, 241, 259^ 264—266, 269, 270, 273—277, 283*, 287, 288, 291, 292, 294-296, 305, 314% 315, 317, 319, 340, 345. May, Barthol., v. Bern, 135', 150, 151*, 153*, 166—169, 194“, .306*. May, Wolfgang, 306*. Mecheln, Liga v,, 65, 170, 216, 217, 269, 318. Medici, Giul. u. Lor., 63, 64, 73% 342, 345. Meiss. Jak., Tagsatzungsbote, von Zürich, 193. Mellingen, 229. Meltinger, Heinr., Hauptmann, v. Basel, 125% 135% 137% 156’, 168% Meltius, Lanc., mld. Gesandter, u. a. 305* etc. Mendrisio, 12, 39. Meratt, Peter, v. Basel, 107% 108% 109*. Meyer, Conr., v. Basel, 132% Meyer, ,Tak., v. Basel, 219“, 223% 234% 273% Mezieres, Rene de, 259, 282, 294, 300, 301% 341. Mirebeau, 234—237, 240, 241. Misox, 314. Modena, 70. Montbeliard, 227, 228% 231, 283% 301% Montcenis, 79% 95, 108*, 190. Montdragon, franz. Kommandant von Lugano, 24% Montferrat, 42, 89, 92, 98, 166% 176, 178, 179, 189, 194, 196, 202% 313. Morges, 201. Morone, Giro!., 41, 44% 50, 53% 62% 71 ff, 86% 109% 123, 124% 126, 127, 315—317, 345. Mortara, 109. Moser, Erni, v. Luzern, franz. Werber, 26—28, 75% 76, 79*, 81% 210, 211. Mülhausen, 75*, 125*, 189, 205% 210% 223% 228, 254*. Münchenbuchsee, 205®. Murten, 219% 227% 234% Mutt, Jak., V. Uri, 143-147, 337, 338. Navarra, 313. Narbonne, 219*. Neapel, 68, 73% 111, 112, 115, 174. Neuenburg, 76, 77% 81% 201-203, 207, 209% 218% 222*. Normandie, 245. Novara, 46% 70, 81, 82% 86% 93—95, 99% 101, 107% 108, 109, 111, 114, 118, 127—129, 131% 132% 134—142, 144 ff, 171% 173% 174, 176, 181, 188% 195, 197% 198, 216, 244, 245% 249, 271, 287, 304, 306% 307, 310, 313% 324, 325, 335 ff, 343, 344. Oberland, Berner, 206, 207% 209% Obwalden, 22, 41. Ochsenbein, Nik., v, Solothurn, 26% 31% 34% 212, 213% .344. Oglio, 104. Oleggio, 135—138. Olten, 209, 210. Orange, Philiberthe v. Luxemburg, XI Fürstin V., 190, 218', 227% 244', 276^ 318*. Orleans, 42. Ürsini, Silvio, 51. Unix, 69, 89, 90, 94—96, 103, 104", 177, 245'. Padua, 54, 173, 313. Palavicinus, Ant. Maria, 51. l'aravisino, Aug., rald. Gesandter, 23', 32', 188—192, 196', 197, 203—204, 208", 211, 217—220, 222, 223, 231', 236‘, 240‘', 260, 264^ 265®, 283®, 293-295, 298', 301', 303, 305, 307, 308, 310. Paris, 55®, 278, 288, 298®. Parma, 11, 42, 44®, 59, 61—63, 70—73, 123, 305, 315. Pavia, 44', 46®, 70®, 71, 95', 101, 105, 110®, 114, 308. Payerne, 201, 223, 227®. Pernate, 149, 335. Peschiera, 42, 102, 105. Peterlingen, 33. Pfiffer, Münsi, v. Mülliausen, 153', 167®, 178'. Philipp, Erzherzog v. Oesterreich, Sohn Max I., 233. Piacenza, 11, 42, 44®, 59, 61—63, 67®, 70—73, 103, 111®, 112, 115®, 123, 148', 153', 173, 305, 315. Picardie, 27, 76, 78, 82, 128*, 245. Piemont, 89, 98, 113, 177, 179. Pieve del Cairo, 104®, 105,114^ 127. Pisa, Konzil, v. 314® Pizzighettone, 105, 115, 171. Po, 95®, 103, 113, 124, 127, 134, 140% 164, 166®, 117, 174. Pontailler, 235. Pontailier, 227% Ponte Curono, 110'. Pontevico, 102', 117', 173. Pontremoli, 115. Porlezza, 129®. Provence, 65, 269. ' Primtrut, 219, 228®, 283®. Pusterla, Joh. Bapt., mld. Agent, 41', 45. Pyrenäen, 87. Ragaz, 230. Rapperswyl, 230 Rat, Werner, v. Zürich, franz. Werber, 28®, 29, 30. Regensberg, 229. Reggio, 68*. Reichenbach, Willi, v., kaiserl. Gesandter u. a., 233', 234. Renee, Tochter Ludwigs XII., 65®, 86. Renzo da Ceri, venez. Infanterie¬ kapitän, 102, 103. Reyna, Lanzel, Schatzmeister von Mld., 40®, 45, 75'. Rheintal, 230. Rinach, Jak. u. Melch. v., 301“. Rischach, Eberh. v.. 231“. Roche a Doubs, 227% Rochefort, Jean de, Bailly v. Dijon, 259, 266, 282, 30P, 341. Röist, Marx, Ilürgermeister von Zürich, 229®, 306, 309', 312®. Rom, u. a. 21, 58^ 87', 183, 184, 186, 190, 289', 312', 313, 345. Romagna, 11, 123". Rosso, Ant., V. Locarno, 137. Rottweil, 231, 241', 255. Rotz, Melch. v. Unterwalden, 28,77*. Rougemont, 283®. Ruswyl, Hans Heini v., 79'. Saanen, 45. Sale, 108—110, 127. Saluzzo, 178, 196. San Bassano, 103. San Bonifazio, 96. San Germano, 177. San Giorgio, b. Novara, 104®, 127. San Giorgio, Bischof v. Ostia, 61. Sanseverin, Card, v., 64*, 86', 185 313. Sansoine, 236, 237, 239, 240. Santa Croce, Card, v.,64*, 86', 185. St. Gallen, 135, 140®, 221, 229, 234“, 241, 255. Sanuto, Marino, 58. Saone, 219', 234, 235, 238, 301% Sapin, Jean, receveur general der Bourgogne, 282', 290. Savello, Silvio, 303'. Savoyen, 80®, 91“, 92, 98, 99, 114, 119, 176, 178, 196, 197, 201- 203, 206®, 276®, 312®, 319, 345. Schachdorf (Uri), 133, 144*, 166. Schad, von Schaffhausen, franz. Werber, 25', 76'. Schaffhausen, 23, 28®, 107', 110“; 135, 140®, 192', 193, 221, 229, 233, 234, 237, 241, 252, 255. Schenk, Christ., zu Limburg, kais. Gesandter, 215. Xll Sclienkenberg (Bern), 209. Schilling, Theob., Chorherr in Lu¬ zern, mich Agent, 23^, 37, 315. Schmid, Felix, Bürgermeister von Zürich, 14, 194®. Schmid, Jak., franz. Werber, 27 \ 77^ 78% 268. Schoeny, Altvenner, v. Bern, 29®,208. Schottland, 287 \ 313. Schinner, Matthäus, Card. v. Sitten, 14, 36, 40^ 42, 43, 45, 46^ 49, 50, 54, 59\ 61, 63, 64*, 71, 121, 123, 124^ 149, 169, 181, 185—187, 190, 234^ 259*, 260, 261, 267, 268', 303—305, 308, 310, 313, 316, 318*, 330, 331, 346. Schwarzmurer, Hans, Ammann v. Zug, 14, 25, 26, 183*, 194«, 253, 278% 281®, 323'. Schwyz, 23, 28®, 33, 40', 75', 107', 121, 129', 134, 135, 156', 168®, 194«, 210, 211, 213®, 220- 222, 230, 241, 255, 282, 344. Senser, Eud., Vogt v. Wangen, 212'. Sesto, Calende, 134, 135. Seyssel, Claude de, 313, 314. Sforza, Aless., 101®, 102. Sforza, Joh. Maria, Erzbischof v. Genua, mld. Gesandter, 21«. Sforza,, Maximilian, Herzog von Mailand, 5, 6, 11, 14, 19, 21, 23', 25, 39-55, 60-63, 67— 72, 74, 76, 87—89, 95', 96, 98®, 102—118, 120^ 121, 124, 126- 129, 131, 133—137, 139, 143. 144, 148*, 150—153, 155*, 158— 160, 166, 168, 169, 171-176, 178-192, 195—197, 202®, 211, 217-220, 222®, 225', 231', 236®, 240^ 259®, 260, 262', 265, 266, 268’, 277, 279', 283®, 293-295, 297, 298', 303 -316, 324, 329*, 337, 338, 342, 344, 345. Sforza, Ottav , Bischof v. Lodi, 46®, 49, 55, 62, 70, 88, 116^ 136^ 172, 174, 184'. Simmenthal, 203, 206, 213', 306'. Simplon, 75', 107, 109', 125, 134, 135*. Soderini, 123«. Solothurn, Solothurner, 22, 26% 28, 75—77, 79', 80, 107—111, 114', 125', 130®, 133, 138*, 139®, 142®, 150, 153', 156', 158', 163’, 168', 174®, 177', 178, 182, 189, 192, 194, 201 213, 216, 220 -222, 227, 229, 233. 234, 238-240, 252-256, 262®, 266', 270. 279- 281, 284®, 294', 307, 319', 344. Somenza, Ag., 46®, 186® Somme, 287. Soncino, 115. Sorico, 40. Sormano, Bened., 126'. Spanien, Spanier, 5, 12, 20, 45', 47', 49', 50', 52', 54, 55®, 59, 62, 63, 65—69, 72, 73, 75, 85, 87-89, 96, 100, 103, 104, 106', 111-113, 117, 120, 122—124, 126, 128*, 134®, 140^ 173, 175, 183*, 187', 188, 193, 216, 266, 287', 288, 305, 312®, 313, 315, 317, 343. Spiez, 209. Splügen, 125, 136, 158', 175. Stadler, Meinrad, v. Schwyz, 194«. Stampa, Joh. Franz, mld. Gesandter in der Schweiz, 21®, 23', 45, 68, 120', 127®, 144*. Stans, 23'. Stein, 25, 81®. Stein, Albr. v., Bern, 16^ Steiner,Werner,Ammann,v.Zug,28®. Stella, J. P., venez Gesandter in der Schweiz, 21, 32', 55, 57®, 75', 96'. Sterzing, 134®. Stölly, Hans, v. Solothurn, 26®, 28', 31®, 212, 213®, 344. Stoltz, Hans, Hauptmann, v. Basel, ^ 107®, 132^ 151®, 159', 168'. Storch, Joh., kaiserl. Gesandter in der Schweiz, 21®, 66*. Strub, Peter, v. Solothurn, franz. Werber, 76'. Sursee, 26®, 77'. Susa, 94, 95, 100®, 101', 313. Tabourot, Pierre, 251*, 254', 257', 259-263, 275', 280®, 285', 286“. Taferny, Peter, v. Freiburg, Tag¬ satzungsbote, 57", 81®, 120®, 122®, 188®. Talant, Schloß bei Dijon, 249. Tanaro, 113®. Tavannes, Landsknechtshauptmann, 92, 94'. XIII Terdoppio, 148, 335 ff. ^ Theroiianne, 217, 224, 241. ^ Thorberg (Bern) 209. Thun, 206. : Thurgau, 76, 220®, 241. Til le Chateau, 241. Tirol, 124. Toggenburg, 230. Tortona, 100, 112, 113®, 311®. Tournay, 28’. Trachselwald, 210. Trecate, 137®, 139, 140—143, 148', 157, 164, 335. Tremoille, s. La Trera. Treviso, 54. Trient, 14, 102. Trivulzio, Camillo, Sohn des J. J., 99, 100, 101. Trivulzio, J J., Marschall von Frankreich, 23', 24, 41, 55. 56', 69, 86®, 88—101, 103, 104, 106, 113, 116®, 128,. 130®, 140—142, 149, 154, 171, 176, 177, 245', 266, 298, 312—315, 336, 342, 343. Trivulzio, Theodor, Neffe des J. J., 90, 95, 96, 103, 105, 176'. Troyes, 219. j Trusardo, Conte, 55*. Truttmann, Hans, v. Basel, Tag¬ satzungsbote, 41, 57®, 66*, 80', 81®, 109®, 119®, 120®, 121, 191*, : 192*, 219*, 273®. j Ulrich, Herzog v. Würtemberg, ! 230, 239, 240, 255, 271, 274, [ 301®, 341. Untersee (Kt. Bern), 206. Unterwalden, 23', 26®, 42®, 76, 77*, 107', 147‘, 158', 194, 210, 211, 221, 232, 234, 241, 253, 255, 281, 283, 284. Urbino, hierzog v., 73. Uri, 23, 28®, 40', 74, 76, 107', j 121, 129', 133—135, 159', 166, 194®, 211, 220®, 221, 230, 238, 241, 255, 298®, 345. Vaduz, 230. ! Valeggio, 102, 173. Valence (Dauphine), 99*. Valengin, 276®, 277. Valentia (Piemont) 113®. Valtravaglia, 40®. Valtravers, 76. Varese, 117, 129®, 134*, 135*. Veltlin, 12, 40, 315, 342. Venedig, 5, 12—14, 21, 42, 43*, 47^ 50, 52, 54—59, 61, 64, 69, 70, 75', 86, 88, 89, 91, 92', 94, 96, 101 — 105, 112, 115, 116^ 118, 122-124, 126—128, 140, 153', 171, 173—176, 185, 187', 188, 197C215, 240, 248^ 265^ 256, 291, 298®, 312', 313, 315, 317. Vercelli, 44'. 14L“, 1.50*, 164, 175—178. ' Vergy, Willi, v., kaiserl. Feldhauptmann, 201, 229, 230, 232- 234, 237, 238, 241, 244, 255, 257', 264, 271, 274. Veroli, s. Filonardi. Verona, 13, 14, 54, 96®, 102, 103, 115, 121-123, 134“, 136, 173, 174. Verzasca, 41*. Vevey, 203, 206*. Vizekönig, s. CardonaVicenza, 13, 54, 266, 313. Vier, Hans, von Merenschwand (Fehr?), 81®. Vigevano, 46“, 114, 133, 142', 149, 181, 225', 234', 259“, 310'. Villafranca, 102. Villeneuve, Humhert de, Präsid. des Parlaments v. Dijon, 25-27, 31®, 32, 77*, 201, 270*, 272', 296', 299-302, 312®, 309‘, 345. Visconti, Galeazzo, 184'. Visconti, Sacromoro, 49—51, 70, 88, 100“, 112®, 129, 138', 173^ Visconti, Valentine, Gemahlin des Herzogs v. Orleans, 272'. Voghera, 111. Vogogna, 135*. Vortau]X, 78*. Waadt, 80®, 107, 201. Waber, Hans, v. Freiburg, franz. Werber, 77*. Waberger, franz. Werber, 77*. Wabern (b. Bern), 206. Wallis, 29, 41“, 80®, 81, 107, 121, 125*, 136, 220“, 227, 234“, 241, 255. Waltighofen, 228®. Wangen, 206, 210, 212'. Wattenwyl, Jak., Schultheiß, von Bern, 119“, 205*, 234—237, 239*, 241®. XIV Weingarten, Bened. v, Haiiptmann, ; V. Bern, 110", 130“, 168, 343. Wildermut, Jak., v. Neuenburg, 34 k i Willisau, 210. | Winkelried, Erni, Venner, v. Unter¬ walden, 168k Winkler, Heinr., Tagsatzungsbote und Hauptmann vor Dijon, von Zürich, 193, 255, 279', 282 k Winterthur, 229. Worms, 189, 190. Wyder, Anton, v. Saanen, franz. Werber, 29^ 77", 208. Würtemberg, 203, 237. Yorck, Card, v., 185, 186. | Yverdon, 201, 207 k j Zofingen, 210, 212, 213. Zorn, Willi., kaiserl. Gesandter, 228®, 233', 234. Zug, Zuger, 28®, 76, 77®, 194®, 210, 211', 221, 230, 241, 253, 255, 281®. Zugewandte Orte, 45. Zürich, 22, 28, 29 ff, 31,40®, 42®, 57®, 74-76, 80, 96’, 110, 119, 121, 125', 133, 135, 140®, 191", 193, 194, 197, 207, 211, 217— 222, 229-231, 234, 237, 238, 240, 241, 253, 255, 256, 264", 265", 271, 274, 279', 281®, 283, 293—295, 298 302, 304—306, 309, 345. / f.' s>' ^, o BRIGHAM YOUNG UNIVERSITY tK, 3 1197 21868 8098 r Date Due All library items are subject to recall at any time.