Strafgesetz 1852 (Österreich) 1 Strafgesetz 1852 (Österreich) Basisdaten unkorrigiert Titel: Strafgesetz über Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen Abkürzung: St.G. Art: Strafgesetz Geltungsbereich: zunächst Kaisertum Österreich Inkrafttreten: 1.9.1852 Anmerkungen: wiederverlautbart 1945 (A. Slg. Nr. 2), mit Ablauf des 31.12.1974 außer Kraft getreten Quelle: Österreichische Nationalbibliothek [1] Allgemeines Reichs-Gesetz- und Regierungsblatt für das Kaiserthum Österreich 1852 S. 493ff. [493] Kundmachungspatent Einleitung Kaiserliches Patent vom 27. Mai 1852, wodurch eine neue, durch die späteren Gesetze ergänzte, Ausgabe des Strafgesetzbuches über Verbrechen und schwere Polizeiübertretungen vom 3. September 1803, mit Aufnahme mehrerer neuer Bestimmungen, als alleiniges Strafgesetz über Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen für den ganzen Umfang des Reiches, mit Ausnahme der Militärgränze, kundgemacht, und vom 1. September 1852 angefangen in Wirksamkeit gesetzt wird. Wir Franz Joseph der Erste von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; König von Hungarn und Böhmen, König der Lombardei und Venedigs, von Dalmatien, Croatien, Slavonien, Galizien, Lodomerien und Illirien; König von Jerusalem ec.; Erzherzog von Oesterreich; Großherzog von Toscana und Krakau; Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnthen, Krain und der Bukowina; Größfürst von Siebenbürgen; Markgraf von Mähren; Herzog von Ober- und Nieder-Schlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara; gefürsteter Graf von Habsburg, von Tirol, von Kyburg, Görz und Gradiska; Fürst von Trient und Brixen; Markgraf von Ober- und Nieder-Lausitz und in Istrien; Graf von Hohenembs, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg ec.; Herr von Triest, von Cattaro und auf der windischen Mark; Großwoiwod der Woiwodschaft Serbien ec. ec. Um denjenigen Kronländern Unseres Reiches, in welchen bisher das Strafgesetz über Verbrechen und schwere Polizeiübertretungen vom 3. September 1803 mit den durch spätere Gesetze hinzugekommenen Erläuterungen, Abänderungen und Zusätzen in Wirksamkeit steht, eine leichte und zuverlässige Uebersicht des bestehenden Strafrechtes; allen übrigen Kronländern aber, wo hinsichtlich des Strafrechtes theilweise nur schwankende Rechtsgewohnheiten und unbestimmte Gesetze bestehen, und wo zum Schutze der öffentlichen, sowie der Privatrechte in vielen Beziehungen neue Strafnormen erforderlich sind, die Wohlthat eines umfassenden Schutzes durch das Gesetz, so wie eines festen und gesicherten Strafrechtes zuzuwenden, haben [494] Wir von dem obigen Strafgesetzbuche vom 3. September 1803, mit Einschaltung der durch spätere Gesetze verfügten Abänderungen, und mit Aufnahme mehrerer neuen Bestimmungen, eine neue Ausgabe veranstalten lassen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 2 Nachdem Wir bereits in den mit Unseren Beschlüssen vom 31. December 1851 festgesetzten Grundsätzen für die organisatorische Gesetzgebung des Reiches verfügt haben, daß das Strafgesetz für den ganzen Umfang des Reiches in Wirksamkeit gesetzt werde, so verordnen wir, nach Einvernehmung Unserer Minister und nach Anhörung Unseres Reichsrathes, wie folgt:: Artikel I. Vom 1. September 1852 angefangen hat sowohl in jenen Kronländern, in welchen bisher das Strafgesetzbuch vom 3. September 1803 in Rechtskraft stand, als auch in den Königreichen Ungarn, Croatien, Slavonien mit dem croatischen Küstenlande, dem Großfürstenthume Siebenbürgen, der Wojwodschaft Serbien, dem Temeser Banate und dem Großherzogthume Krakau das nachfolgende Strafgesetz über Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen als alleinige Vorschrift für die Bestrafung der darin bezeichneten Handlungen in Wirksameit zu treten, und es werden hiermit alle Gesetze, Verordnungen und Gewohnheiten, welche in irgend einem Theile Unseres Reiches in Beziehung auf die Gegenstände dieses Strafgesetzes bisher bestanden haben, mit alleiniger Ausnahme der für das k. k. Militär und für die Militär-Gränzgebiete bestehenden besonderen Strafgesetze, von eben jenem Tage angefangen, außer Geltung gesetzt. Artikel II. Von eben diesem Tage angefangen hat das gegenwärtige Strafgesetz in Beziehung auf die darin als Verbrechen, Vergehen oder Uebertretungen erklärten strafbaren Handlungen auch dann zur Richtschnur zu dienen, wenn dieselben durch Druckschriften begangen werden. Außerdem haben die Strafgerichte bei der ihnen zugewiesenen Beurtheilung von strafbaren Handlungen, welche durch Druckschriften begangen werden, die Bestimmungen der von Uns erlassenen Preß-Ordnung zu beobachten. Vom obigen Tage angefangen sind daher die durch den Inhalt von Druckschriften begangenen strafbaren Handlungen nicht mehr als besondere Preßvergehen zu behandeln, und es haben sofort in denjenigen Kronländern, in welchen bisher das Gesetz gegen den Mißbrauch der Presse vom 13. März 1849 in Geltung stand, alle hierauf Bezug nehmenden Strafbestimmungen desselben außer Wirksamkeit zu treten. Wo sich das gegenwärtige Strafgesetz des Ausdruckes "Druckschriften" oder "Druckwerke" bedient, sind darunter nicht bloß Erzeugnisse der Presse, sondern auch alle durch Stein-, Metall- oder Holzdruck, Prägung, Abformung oder durch was immer für mechanische oder chemische Mittel vervielfältigte Erzeugnisse des Geistes und der bildenden Kunst (literarische und artistische Werke) zu verstehen. Artikel III. In denjenigen Kronländern, in welchen bisher schon das Strafgesetzbuch vom 3. September 1803 in Geltung war, aber die provisorische Strafproceß-Ordnung vom 17. Jänner 1850 noch nicht eingeführt wurde, sowie in Unserem Großherzugthume Krakau, ist die [495] Gerichtsbarkeit über die in diesem Gesetze als Verbrechen und als Vergehen bezeichneten strafbaren Handlungen von denjenigen Strafgerichten, welchen gegenwärtig die Gerichtsbarkeit über Verbrechen zusteht, und zwar bis zur Einführung der neuen Strafproceß-Ordnung, nach den für das Criminal-Verfahren in diesen Kronländern bestehenden Vorschriften, hinsichtlich der Uebertretungen aber von denjenigen Behörden, welchen dermal die Gerichtsbarkeit über schwere Polizei-Uebertretungen zusteht, und zwar einstweilen nach den für das Strafverfahren über letztere bestehenden Vorschriften mit der weiteren Bestimmung auszuüben, daß alle Beschlüsse über die Ablassung von dem weiteren Verfahren bei Voruntersuchungen hinsichtlich der in den §§. 58-66 des Strafgesetzes bezeichneten Verbrechen, vor ihrer Ausfertigung dem Appellations-Gerichte zur Bestätigung, oder angemessen erscheinenden Abänderung vorzulegen sind, und daß die Vorschrift der §§. 433, 434 und 442 des I. Theiles des Strafgesetzbuches vom 3. September 1803, wonach die Urtheile der Strafgerichte erster Instanz in mehreren Fällen auch wegen Wichtigkeit der strafbaren Handlung vor ihrer Kundmachung an das Obergericht, un in gewissen Fällen von diesem an das oberste Gerichtshof vorzulegen sind, in ersterer Strafgesetz 1852 (Österreich) 3 Beziehung auf alle in den §§. 58-66, 68-73, 76-82, 85 lit. c), 87, 101-104, 106-121, 134-142, 158-170, 190-196, 279-300 und 302-305, und in Beziehung auf die weitere Vorlage an den obersten Gerichtshof auf die in den §§. 58-66, 101-103 und 106-117 des Strafgesetzes bezeichneten Verbrechen und Vergehen Anwendung finden soll. Für diejenigen Kronländer aber, in welchen die ebengenannte Strafproceß-Ordnung bereits in Geltung ist, gleichwie für alle anderen Kronländer, in welchen bisher weder das Strafgesetzbuch vom 3. September 1803, noch die Strafproceß-Ordnung vom 17. Jänner 1850 Giltigkeit hatten, wird die Competenz in Strafangelegenheiten, in Uebereinstimmung mit diesem Gesetze, durch besondere, diesem Strafgesetze beigefügte Verordnungen bestimmt. Artikel IV. Nach Maßgabe dieses Strafgesetzes kann vom Tage seiner Wirksamkeit angefangen nur dasjenige als Verbrechen, Vergehen oder Uebertretung behandelt und bestraft werden, was in demselben ausdrücklich als Verbrechen, Vergehen oder Uebertretung erklärt wird. Artikel V. Die Behandlung und Bestrafung anderer Gesetzesübertretungen, worauf weder das gegenwärtige Strafgesetzbuch, noch die oben (Art. II.) erwähnten besonderen Strafgesetze Beziehung haben, bleibt den dazu bestimmten Behörden nach den darüber bestehenden Vorschriften überlassen. Artikel VI. Ebenso haben einstweilen die in verschiedenen Kronländern wider den Wucher bestehenden Strafgesetze aufrecht zu verbleiben. Derselbe soll als Vergehen behandelt, und von denjenigen Behörden, welchen das Verfahren über Vergehen zugewiesen ist, nach den für eben dieses Verfahren bestehenden gesetzlichen Vorschriften untersucht werden. [496] Artikel VII. Alle in diesem Gesetze vorkommenden Geldbeträge sind in Conventions-Münze nach dem 20 Gulden-Fuße zu verstehen, und es ist daher jede auf eine Bestimmung dieses Strafgesetzes Einfluß nehmende Werthserhebung nach dieser Währung zu berechnen. Artikel VIII. Alle in diesem Gesetze vorkommenden Zeitbestimmungen sind nach dem Kalenderjahre zu berechnen. Artikel IX. Dieses Gesetz soll auch auf bereits anhängige Untersuchungen und auf alle vor dem bezeichneten Tage begangenen strafbaren Handlungen nur in soferne Anwendung finden, als dieselben durch das gegenwärtige Strafgesetz keiner strengeren Behandlung als nach dem früher bestandenen Rechte unterliegen. Gegeben in Unserer kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt Wien den 27. Mai 1852. Franz Joseph. Gr. Buol-Schauenstein m. p. Krauß m. p. Auf Allerhöchste Anordnung: Ransonnet m. p. [497] Strafgesetz 1852 (Österreich) 4 Strafgesetz über Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen. Erster Theil. Von den Verbrechen. Erstes Hauptstück. Von Verbrechen überhaupt. §. 1. Böser Vorsatz. Zu einem Verbrechen wird böser Vorsatz erfordert. Böser Vorsatz fällt aber nicht nur dann zur Schuld, wenn vor, oder bei der Unternehmung oder Unterlassung das Uebel, welches mit dem Verbrechen verbunden ist, geradezu bedacht und beschlossen; sondern auch, wenn aus einer anderen bösen Absicht etwas unternommen, oder unterlassen worden, woraus das Uebel, welches dadurch entstanden ist, gemeiniglich erfolgt, oder doch leicht erfolgen kann. §. 2. Gründe, die den bösen Vorsatz auschließen. Daher wird die Handlung oder Unterlassung nicht als Verbrechen zugerechnet: a) wenn der Thäter des Gebrauches der Vernunft ganz beraubt ist; b) wenn die That bei abwechselnder Sinnenverrückung zu der Zeit, da die Verrückung dauerte; oder c) in einer ohne Absicht auf das Verbrechen zugezogenen vollen Berauschung (§§. 236 und 523) oder einer anderen Sinnenverwirrung, in welcher der Thäter sich seiner Handlung nicht bewußt war, begangen worden; d) wenn der Thäter noch das vierzehnte Jahr nicht zurückgelegt hat (§§. 237 und 269); e) wenn ein solcher Irrthum mit unterlief, der ein Verbrechen in der Handlung nicht erkennen ließ; f) wenn das Uebel aus Zufall, Nachlässigkeit oder Unwissenheit der Folgen der Handlung entstanden ist. g) wenn die That durch unwiderstehlichen Zwang, oder in Ausübung gerechter Nothwehr erfolgte. Gerechte Nothwehr ist aber nur dann anzunehmen, wenn sich aus der Beschaffenheit der Personen, der Zeit, des Ortes, der Art des Angriffes oder aus anderen Umständen mit Grund schließen läßt, daß sich der Thäter nur der nöthigen Vertheidigung bedient habe, um einen rechtswidrigen Angriff auf Leben, Freiheit oder Vermögen von sich oder Anderen abzuwehren; - oder daß er nur aus Bestürzung, Furcht oder Schrecken die Gränzen einer solchen Vertheidigung überschritten habe. - Eine solche Ueberschreitung kann jedoch nach Beschaffenheit als eine strafbare Handlung aus Fahrlässigkeit nach Maßgabe der Bestimmungen des zweiten Theiles dieses Strafgesetzes geahndet werden (§§. 335 und 431). [498] §. 3. Unbegründete Entschuldigungsursachen. Mit der Unwissenheit des gegenwärtigen Gesetzes über Verbrechen kann sich Niemand entschuldigen. §. 4. Das Verbrechen entsteht aus der Bosheit des Thäters, nicht aus der Beschaffenheit desjenigen, an dem es verübt wird. Verbrechen werden also auch an Uebelthätern, Unsinnigen, Kindern, Schlafenden, auch an solchen Personen begangen, die ihren Schaden selbst verlangen, oder zu demselben einwilligen. §. 5. Mitschuldige und Theilnehmer an Verbrechen. Nicht der unmittelbare Thäter allein wird des Verbrechens schuldig, sondern auch jeder, der durch Befehl, Anrathen, Unterricht, Lob, die Uebelthat eingeleitet, vorsätzlich veranlasset, zu ihrer Ausübung durch absichtliche Herbeischaffung der Mittel, Hintanhaltung der Hindernisse, oder auf was immer für eine Art, Strafgesetz 1852 (Österreich) 5 Vorschub gegeben, Hilfe geleistet, zu ihrer sicheren Vollstreckung beigetragen; auch wer nur vorläufig sich mit dem Thäter über die nach vollbrachter That ihm zu leistende Hilfe und Beistand, oder über einen Antheil an Gewinn und Vortheil einverstanden hat. Entschuldigungsumstände, welche die Strafbarkeit eines Verbrechens für den Thäter oder einen der Mitschuldigen oder Theilnehmer nur vermöge persönlicher Verhältnisse desselben aufheben, sind auf die übrigen Mitschuldigen und Theilnehmer nicht auszudehnen. §. 6. Hilfeleistung nach verübtem Verbrechen. Wer ohne vorläufiges Einverständniß, nur erst nach begangenem Verbrechen dem Thäter mit Hilfe und Beistand beförderlich ist, oder von dem ihm bekannt gewordenen Verbrechen Gewinn und Vortheil zieht, macht sich zwar nicht eben desselben, wohl aber eines besonderen Verbrechens schuldig, wie solches in der Folge dieses Gesetzbuches bestimmt werden wird. §. 7. Besondere Bestimmungen über die Zurechnung durch Druckschriften. Wurde ein Verbrechen durch den Inhalt einer Druckschrift begangen, so sind der Verfasser, der Uebersetzer, der Herausgeber, der Verleger oder Vertriebsbesorder, Buchhändler, Drucker, bei periodischen Druckschriften auch der verantwortliche Redacteur, wie überhaupt alle Personen, die bei der Drucklegung oder Verbreitung der strafbaren Druckschrift mitgewirkt haben, desselben Verbrechens schuldig, wenn die allgemeinen Bestimmungen der §§. 1, 5, 6, 8, 9, 10 und 11 auf sie in Anwendung kommen. §. 8. Versuch eines Verbrechens. Zu einem Verbrechen ist nicht nötigt, daß die That wirklich ausgeführt werde. Schon der Versuch eine Uebelthat ist das Verbrechen, sobald der Bösgesinnte eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung unternommen hat; die Vollbringung des Verbrechens aber nur wegen Unvermögenheit, wegen Dazwischenkunft eines fremden Hindernisses oder durch Zufall unterblieben ist. Es ist daher in allen Fällen, wo das Gesetz nicht besondere Ausnahmen anordnet, jede für ein Verbrechen überhaupt gegebene Bestimmung auch auf das versuchte Verbrechen anzuwenden, und der Versuch einer Uebelthat, unter Anwendung des §. 47, lit. a), mit derselben Strafe zu ahnden, welche auf das collbrachte Verbrechen verhängt ist. [499] §. 9. Wer Jemanden zu einem Verbrechen auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht, ist dann, wenn seine Einwirkung ohne Erfolg geblieben war, der versuchten Verleitung zu jenem Verbrechen schuldig, und zu derjenigen Strafe zu verurtheilen, welche auf den Versuch dieses Verbrechens zu verhängen wäre. §. 10. Bei Verbrechen, die durch Druckschriften begangen werden, beginnt die Strafbarkeit der Handlung für den Verfasser, Uebersetzer, Herausgeber, Redacteur und Verleger (§. 7) mit der Uebergabe des zu vervielfältigenden Werkes zur Drucklegung; für die übrigen Schuldigen aber mit dem Anfange ihrer Mitwirkung. Strafgesetz 1852 (Österreich) 6 §. 11. Ueber Gedanken oder innerliches Vorhaben, wenn keine äußere böse Handlung unternommen, oder nicht etwas, das die Gesetze vorschreiben, unterlassen worden, kann Niemand zur Rede gestellt werden. Zweites Hauptstück. Von Bestrafung der Verbrechen überhaupt. §. 12. Hauptarten der Strafen. Die Strafe der Verbrechen ist der Tod des Verbrechers, oder dessen Anhaltung im Kerker. §. 13. Art der Todesstrafe. Die Todesstrafe wird mit dem Strange vollzogen. §. 14. Grade der Kerkerstrafe a) nach der Strenge. Die Kerkerstrafe wird nach dem Unterschiede der Strenge in zwei Grade eingeteilt. Der erste Grad wird durch das Wort "Kerker" ohne Zusatz, der zweite durch "schwerer Kerker" bezeichnet. §. 15. Erster Grad. In dem ersten Grade der Kerkerstrafe wird der Sträfling ohne Eisen, jedoch enge verwahrt, und in der Verpflegung so gehalten, wie es die Einrichtung der für solche Sträflinge bestimmten Strafanstalten nach den darüber bestehenden oder noch zu erlassenden besonderen Vorschriften mit sich bringt. Es wird ihm mit Niemand eine Zusammenkunft ohne Gegenwart des Gefangenenwärters, auch keine Unterredung in einer dem Letzteren unverständlichen Sprache gestattet. §. 16. Zweiter Grad. Der zur Kerkerstrafe des zweiten Grades Verurtheilte wird mit Eisen an den Füßen angehalten. Eine Unterredung mit Leuten, die nicht unmittelbar auf seine Verwahrung Bezug haben, wird ihm nur in ganz besonderen und wichtigen Fällen gestattet. §. 17. Grade der Kerkerstrafe: b) nach der Dauer. Zur Kerkerstrafe wird der Verbrecher entweder auf sein ganzes Leben oder auf gewisse Zeit verurtheilt. Die kürzeste Dauer der letzteren ist in der Regel (§§. 54 und 55) von sechs Monaten, die längste von zwanzig Jahren. Die Strafzeit und jede andere Rechtswirkung eines Strafurtheils beginnt, in so weit nicht in dem Urtheile etwas anderes festgesetzt wird, [500] von dem Zweitpuncte, wo das keinem weiteren Rechtszuge unterliegende Urtheil kundgemacht wurde. Da die Verschiedenheit der Umstände, wodurch ein Verbrechen vergrößert oder verringert wird, das Maß der Strafe für jeden einzelnen Fall bestimmt in dem Gesetze selbst ausdrücken nicht zuläßt; so wird in den folgenden Hauptstücken bei jedem Verbrechen nur der Raum von der kürzesten bis zu längsten Zeit festgesetzt, innerhalb dessen in der Regel die Strafdauer nach der Größe des Verbrechens ausgemessen werden soll. Strafgesetz 1852 (Österreich) 7 §. 18. Verbindung einer der Kerkerstrafe angemessenen Arbeit. Mit der Kerkerstrafe ist stets die Anhaltung zur Arbeit verbunden. Jeder Sträfling muß daher diejenige Arbeit verrichten, welche die Einrichtung der Strafanstalt mit sich bringt. Bei der Vertheilung dieser Arbeiten soll auf den Grad der Kerkerstrafe, die bisherige Beschäftigungsweise und die Bildungsstufe der Sträflinge thunlichst Rücksicht getragen werden. §. 19. Verschärfung der Kerkerstrafe. Die Kerkerstrafe kann noch verschärft werden: a) durch Fasten; b) durch Anweisung eines harten Lagers; c) durch Anhaltung in Einzelnhaft; d) durch einsame Absperrung in dunkler Zelle; e) durch Züchtigung mit Stock- oder Ruthenstreichen; f) durch Landesverweisung nach ausgestandener Strafe. §. 20. Fasten. Der erste und zweite Grad der Kerkerstrafe kann durch Fasten dergestalt verschärft werden, daß der Sträfling an einigen Tagen nur bei Wasser und Brot gehalten werde. Doch soll dieses wöchentlich nicht über drei Mal, und nur in unterbrochenen Tagen geschehen. §. 21. Hartes Lager. Die Verschärfung durch Anweisung eines harten Lagers besteht in der Beschränkung des Sträflings auf bloße Bretter, dieselbe darf jedoch nur an unterbrochenen Tagen und nicht öfter als drei Mal in der Woche stattfinden. §. 22. Einzelnhaft. Die Anhaltung zur Einzelnhaft darf ununterbrochen nicht länger als einen Monat dauern, und dann erst wieder nach einem Zwischenraume von einem Monate in Anwendung gebracht werden. Uebrigens hat der Sträfling auch währen derselben täglich mindestens zwei Besuche durch eine der Aufsichtspersonen der Strafanstalt zu empfangen, und es ist ihm angemessene Beschäftigung zuzuweisen. §. 23. Einsame Absperrung in dunkler Zelle. Die einsame Absperrung in dunkler Zelle darf ununterbrochen nicht länger als drei Tage, dann erst wieder nach einem Zwischenraume von einer Woche und im Ganzen höchstens dreißig Tage in einem Jahre stattfinden. §. 24. Züchtigung mit Streichen. Die Züchtigung besteht bei Jünglingen unter achtzehn Jahren und bei Frauenspersonen in Ruthenstreichen, bei erwachsenen Personen des männlichen Geschlechtes in Stockstreichen, und kann höchstens dreißig Streiche betragen. Sie darf nur gegen Rückfällige, [501] erst nach vorausgegangener Erklärung des Arztes daß sie dem Gesundheitszustande des Sträflings unnachteilig sei, während der Strafdauer nicht öfter als Einmal, und nie öffentlich vollzogen werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 8 §. 25. Landesverweisung. Die Landesverweisung kann nur gegen Verbrecher, die Ausländer sind, Statt haben und muß allezeit auf sämtliche Kronländer des österreichischen Kaiserstaates sich erstrecken. §. 26. Gesetzliche Wirkungen jeder Verurtheilung wegen eines Verbrechens. Mit jeder Verurtheilung wegen eines Verbrechens sind kraft Gesetzes folgende Wirkungen verbunden: a) die Abnahme aller in- und ausländischer Order, Civil- und Militär-Ehrenzeichen; b) der Verlust aller öffentlicher Titel, akademischen Grade und Würden, und die Entziehung des Rechtes, solche ohne Bewilligung des Kaisers neu oder wieder zu erlangen; c) die Ausschließung von der verantwortlichen Redaction periodischer Druckschriften; d) der Verlust jedes öffentlichen Amtes oder Dienstes, mit Einschluß des Lehramtes, und die Unfähigkeit, ohne ausdrückliche Erlaubniß des Kaisers solche neu oder wieder zu erlangen; e) bei Geistlichen die Entsetzung von der Pfründe und die Unfähigkeit, ohne ausdrückliche Bewilligung des Kaisers je wieder eine solche zu erlangen; f) der Verlust der Richteramts-, Advocaturs- und Notariats-Befähigung, der öffentlichen Agentien, und jeder Parteienvertretung von den öffentlichen Behörden; g) Entziehung aller auf die Pensionsvorschriften gegründeten Pensionen, Provisionen, Erziehungsbeiträge oder sonstige Bezüge, sowie aller Gnadengaben. Außerdem bleiben diejenigen Bestimmungen der bürgerlichen, politischen und kirchlischen Vorschriften aufrecht, welche mit der Verurtheilung wegen eines Verbrechens noch anderweitige nachtheilige Folgen verknüpfen. Die Regelung der Vorschriften über die Stellung abgestrafter Verbrecher unter Polizei-Aufsicht und die Bestimmung, in wieferne die Gerichte dabei Einfluß zu nehmen haben, bleibt besonderen Anordnungen vorbehalten. §. 27. Gesetzliche Wirkungen der Todes- und schweren Kerkerstrafe. Außerdem sind aber insbesondere mit den Strafurtheilen, wodurch ein Verbrecher zur Todesstrafe oder schweren Kerkerstrafe verurtheilt wird, kraft Gesetzes noch folgende Wirkungen verbunden: a) Ist der Verbrecher von Adel, so muß dem Straf-Urtheile beigefügt werden, daß er des Adels verlustig wird. Doch trifft dier Verlust nur ihn allein, folglich weder seine Ehegatting, noch die vor dem Strafurtheile erzeugten Kinder; b) der Verbrecher kann, so lange seine Strafzeit dauert, werde unter Labenden ein für ihn verbindliches Geschäft schließen, noch einen letzten Willen errichten. Seine vorigen Handlungen oder Anordnungen aber verlieren wegen der Strafe ihre Giltigkeit nicht. §. 28. Besondere Bestimmungen bei Verbrechen durch Druckschriften. Wenn ein Verbrechen duch eine periodische Druckschrift, wofür eine Caution bestellt ist, begangen wurde, so ist nebst der gesetzlichen Strafe der gänzliche oder theilweise Verfall der Caution zu Gunsten des Armenfonds des Ortes, wo die strafbare Handlung begangen wurde, [502] und zwar bei Verbrechen, gegen welche nach dem Gesetze auf eine mehr als fünfjährige Kerkerstrafe erkannt werden kann, vom halben bis zum vollen Betrage der Caution, bei solchen Verbrechen, wider welche das Gesetz höchstens eine fünfjährige Kerkerstrafe verhängt, im Betrage von eintausend Gulden bis zur halben Caution; und bei noch geringer bestraften Verbrechen im Betrage von fünfhunder Gulden bis eintausend Gulden auszusprechen. Hinsichtlich dieses Cautions-Verfalles kann der Gerichtshof nie unter das geringste gesetzliche Ausmaß herabgehen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 9 §. 29. Ferner kann in dem Falle, wenn ein Verbrechen durch eine periodische Druckschrift begangen wird, auf die Einstellung des weiteren Erscheinens derselben bis auf die Dauer von drei Monaten, und bei besonders erschwerenden Umständen auf deren gänzliche Unterdrückung erkannt werden. Ueberdieß kann in allen Fällen, wo ein Verbrechen durch eine Druckschrift begangen wurde, auch auf die Vernichtung der für strafbar erklärten Druckschrift im Ganzen oder eines Theiles derselben, sowie auf die Zerstörung der zu deren Vielfältigung geeigneten Zurichtung, des Satzes, der Platten, Formen, Steine u. dgl. erkannt werden. §. 30. Bestimmungen wegen des Verlustes eines Gewerbes, eines Schiffs-Patentes und der Berechtigung zur Führung eines Cabotage-Fahrzeuges. Der Verlust des Gewerbes ist keine schon durch das Gesetz mit dem Verbrechen verknüpfte Folge, kann daher nicht durch das Straf-Urtheil ausgesprochen werden. Jedoch hat das Strafgericht, wenn der wegen eines Verbrechens Verurtheilte ein Gewerbe besitzt, nach kundgemachtem Urtheile die Acten an diejenige Behörde mitzutheilen, welcher die Verleihung eines solchen Gewerbes zusteht. In dem Falle, wenn es dieser Behörde bedenklich schiene, dem Verbrecher nach ausgestandener Straf die Ausübung seines Gewerbes zu gestatten, hat sie die Entziehung des Gewerbes unter Beobachtung der bestehenden Vorschriften zu verfügen. Eben dieses Verfahren hat auch dann stattzufinden, wenn der Verutheilte ein Schiffs-Patent oder die Berechtigung zur Führung eines Cabotage-Fahrzeuges besessen hat. Zu diesem Falle steht das Erkenntniß über den Verlust einer solchen Berechtigung der Central-Seebehörde zu. §. 31. Einschränkung der Strafe auf den Verbrecher. Wie die Strafwürdigkeit, so kann auch die wirkliche Strafe Niemand als den Verbrecher treffen. §. 32. Beschränkung der richterlichen Willkür in Ausmessung der Strafe. Die Strafe muß genau nach dem Gesetzes bestimmt, und darf weder schärfer noch gelinder ausgemessen werden, als das Gesetz nach der vorliegenden Beschaffenheit des Verbrechens, und des Thäters vorschreibt. §. 33. Auch kann in der Regel (§§. 52, 54 und 55) keine andere Strafart über den Verbrecher verhängt werden, als welche in dem gegenwärtigen Gesetze bestimmt ist. Noch kann die verwirkte Strafe gegen eine Ausgleichung zwischen dem Verbrecher und dem Beschädigten aufgehoben werden (§§. 187 und 188). [503] §. 34. Vom Zusammentreffen mehrerer Verbrechen; Hat ein Verbrecher mehrere Vebrechen begangen, welche Gegenstände der nämlichen Untersuchung und Aburtheilung sind, so ist er nach jenem, auf welches die schärfere Strafe gesetzt ist, jedoch mit Bedacht auf die übrigen Verbrechen zu bestrafen. §. 35. oder von Verbrechen mit Vergehen oder Uebertretungen. Diese Vorschrift muß auch in dem Falle beachtet werden, wenn Verbrechen mit Vergehen oder Uebertretungen zusammentreffen. Die in den §§. 28 und 29 festgesetzten besonderen Bestimmungen sind jedoch im Falle eines Zusammentreffens von mehreren Verbrechen oder von Verbrechen mit Vergehen oder Uebertretungen nebst der sonstigen gesetzlichen Strafe auch dann in Anwendung zu bringen, wenn auch nur eine der zusammentreffenden strafbaren Handlungen durch den Inhalt einer Druckschrift begangen wurde. - Ebenso ist Strafgesetz 1852 (Österreich) 10 in dem Falle, wenn auch nur auf eine dieser zusammentreffenden strafbaren Handlungen in diesem, oder einem anderen Gesetze eine Geldstrafe oder eine der im §. 240, lit. b) und c), bestimmten Strafen festgesetzt ist, nebst der sonstigen gesetzlichen jedenfalls auch diese besondere Strafe gegen den Schuldigen zu verhängen. §. 36. Von Verbrechen der Unterthanen im Auslande. Wegen Verbrechen, die ein Unterthan des österreichischen Kaiserthums im Auslande begangen hat, ist er bei seiner Betretung im Inlande nie an das Ausland auszuliefern, sondern ohne Rücksicht auf die Gesetzes des Landes, wo das Verbrechen begangen worde, nach dieses Strafgesetze zu behandeln. Ist er jedoch für diese Handlung bereits im Auslande gestraft worde, so ist die erlittene Strafe in die nach diesem Strafgesetze zu verhängende einzurechenen. In keinem Falle sind Urtheile ausländischer Strafbehörden im Inlande zu vollziehen. §. 37. Von Verbrechen der Fremden a) im Inlande; Auch über einen Fremden, der im österreichischen Staatsgebiet ein Verbrechen begeht, ist nur nach gegenwärtigem Gesetze das Urtheil zu fällen (§. 41). §. 38. b) im Auslande; Hat ein Fremder im Auslande das Verbrechen des Hochverrathes in Beziehung auf den österreichischen Staat oder auf den deutschen Bund (§. 58), oder das Verbrechen der Verfälschung österreichischer öffentlicher Creditspapiere oder Münzen begangen (§§. 106-121), so ist derselbe gleich einem Eingeborenen nach diesem Gesetze zu behandeln. §. 39. Hat aber ein Fremder im Auslande ein anderes als die im vorstehenden Paragraphe bezeichneten Verbrechen begangen, so ist er bei seiner Betretung im Inlande zwar immer in Verhaft zu nehmen; man hat sich aber sogleich mit demjenigen Staate, wo er das Verbrechen begangen hat, über die Auslieferung desselben in Vernehmen zu setzten. §. 40. Sollte der auswärtige Staat die Uebernehmung verweigern; so ist gegen den ausländischen Verbrecher in der Regel nach Vorschrift des gegenwärtigen Strafgesetzes vorzugehen. Wenn aber nach dem Strafgesetze des Ortes, wo er die That begangen hat, die Behandlung [504] gelinder ausfiele, ist er nach diesem gelinderen Gesetze zu behandeln. Dem Strafurtheile muß noch die Verweisung nach vollendeter Strafzeit angehängt werden. §. 41. Bestehen über die gegenseitige Auslieferung von Verbrechen mit auswärtigen Staaten besondere Verträge, so ist in Gemäßheit derselben vorzugehen. §. 42. Recht der Entschädigung gegen den Verbrecher. Die Strafe des Verbrechers ändert nichts an dem Rechte derjenigen, welche durch das Verbrechen beleidigt, oder beschädigt worden sind, und welchen dafür Genugthuung, oder Entschädigung von dem Verbrecher seiner Erbern, oder aus seinem Vermögen gebührt. Strafgesetz 1852 (Österreich) 11 Drittes Hauptstück. Von erschwerenden Umständen. §. 43. Allgemeiner Maßstab der Erschwerungs-Umstände. Im Allgemeinen ist das Verbrechen desto größer, je reifer die Ueberlegung, je geflissentlicher die Vorbereitung, womit das Verbrechen unternommen wird, je größer der dadurch verursachte Schade, oder die damit verbundene Gefahr ist, je weniger Vorsicht dawider gebraucht werden kann, oder je mehr Pflichten dadurch verletzt werden. §. 44. Besondere Erschwerungs-Umstände. Besondere Erschwerungsumstände sind: a) wenn mehrere Verbrechen verschiedener Art begangen; b) wenn eben dasselbe Verbrechen wiederholt; c) wenn der Verbrecher schon wegen eines gleichen Verbrechens gestraft worden; d) wenn er Andere zum Verbrechen verführt hat; e) wenn er der Urheber, Anstifter, Rädelsführer eines von mehreren Personen begangenen Verbrechens gewesen ist. §. 45. Auch ist es ein erschwerender Umstand, wenn der Beschuldigte in der Untersuchung den Richter durch Erdichtung falscher Umstände zu hintergehen sucht. Viertes Hauptstück. Von Milderungs-Umständen. §. 46. Milderungsgründe: a) aus der Beschaffenheit des Thäters; Milderungs-Umstände, welche auf die Person des Thäters Beziehung haben, sind: a) wenn der Thäter in einem Alter unter zwanzig Jahren, wenn er schwach an Verstand, oder seine Erziehung sehr vernachlässigt worden ist; b) wenn er vor dem Verbrechen eines untadelhaften Wandels gewesen; c) wenn er auf Antrieb eines Dritten, aus Furch oder Gehorsam das Verbrechen begangen hat; d) wenn er in einer aus dem gewöhnlichen Menschengefühle entstandenen heftigen Gemüthsbewegung sich zu dem Verbrechen hat hinreissen lassen; [505] e) wenn er mehr durch die ihm aus fremder Nachlässigkeit aufgestoßene Gelegenheit zum Verbrechen angelockt worden ist, als sich mit vorausgefaßter Absicht dazu bestimmt hat; f) wenn er von drückender Armuth sich zu dem Verbrechen hat verleiten lassen; g) wenn er den verursachten Schaden gut zu machen oder die weiteren üblen Folgen zu verhindern, mit thätigem Eifer sich bestrebt hat; h) wenn er, da er leicht entfliehen, oder unentdeckt hätte bleiben können, sich selbst angegeben und das Verbrechen bekannt; i) wenn er andere, verborgen gewesene Verbrecher entdeckt, und zu ihrer Einbringen Gelegenheit und Mittel an die Hand gegeben hat; k) wenn er wegen der ohne sein Verschulden verländerten Untersuchung durch längere Zeit verhaftet war. Strafgesetz 1852 (Österreich) 12 §. 47. b) aus der Beschaffenheit der That. Milderungsumstände in Rücksicht auf die Beschaffenheit der That sind: a) wenn es bei dem Versuche geblieben ist, nach Maß, als der Versuch noch von der Vollbringung des Verbrechens entfernt gewesen; b) wenn das Verbrechen mit freiwilliger Enthaltung von Zufügen größeren Schadens, wozu die Gelegenheit offen stand, verübt worden; c) wenn der aus dem Verbrechen entstandene Schade gering ist, oder wenn der Beschuldigte vollkommenen Ersatz oder Genugthuung erhält. Fünftes Hauptstück. Von Anwendung der Erschwerungs- und Milderungsumstände bei Bestimmungen der Strafe. S. 48. Allgemeine Vorschrift in der Beurtheilung der Erschwerungs- und Milderungsumstände. Auf Erschwerungsumstände ist nur in so ferne Rücksicht zu nehmen, als dagegen nicht Milderungsumstände, und eben so auf Milderungsumstände, in so ferne dagegen keine Erschwerungsumstände vorkommen. Nach Maß, als die einen oder die anderen überwiegend sind, muß davon zur Verschärfung der Strafe Anwendung gemacht werden. §. 49. Beschränkung des Verschärfungsrechtes überhaupt. Bei Verschärfung kann weder die Art der für jedes Verbrechen bestimmten Strafe geändert, noch dieselbe über die gesetzlich angemessene Dauer hinaus verlängert werden. §. 50. Insbesondere a) bei Todes- und lebenslangen Kerkerstrafe; Bei der Todes- und lebenslangen Kerkerstrafe findet keine Verschärfung Statt. §. 51. b) bei der zeitlichen Kerkerstrafe; Die zeitliche Kerkerstrafe hingegen soll wegen Erschwerungs-Umständen nach der längeren oder längsten von dem Gesetze bestimmten Dauer ausgemessen, dieselbe auch verhältnißmäßig durch eine oder mehrere der im §. 19 aufgezählten Verschärfungsarten verschärft werden. §. 52. Anwendung der Milderungsgründe. a) Bei der Todesstrafe. Wenn bei Verbrechen, worauf Todesstrafe verhängt ist, Milderungsumstände eintreten, so wird zwar der Richter das Urtheil nach dem Gesetze schöpfen, sich aber weiters nach den [506] über das Verfahren erlassenen Vorschriften zu benehmen haben. – Wenn jedoch der Verbrecher zur Zeit des begangenen Verbrechens das Alter von zwanzig Jahren noch nicht zurückgelegt hat, so ist anstatt der Todes- oder lebenslangen Kerkerstrafe auf schweren Kerker zwischen zehn und zwanzig Jahren zu erkennen. §. 53. b) in anderen Fällen. In allen anderen Fällen wird zur Regel festgestellt, daß wegen Milderungsumständen weder die Art der Strafe noch die gesetzliche Dauer verändert werden kann, sondern die Strafzeit nur innerhalb des Raumes, den die Gesetze gestatten, zu verkürzen ist. §. 54. Außerordentliches Milderungsrecht. Bei Verbrechen, für welche die Strafzeit nicht über fünf Jahre bestimmt ist, kann sowohl der Kerker in einen gelinderen Grad verändert, als die gesetzliche Dauer selbst unter sechs Monate verkürzt werden, in dem Falle, daß mehrere und zwar solche Milderungsumstände zusammentreffen, welche mit Grund die Besserung des Verbrechers erwarten lassen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 13 §. 55. Veränderung der Strafe. Auch soll bei Verbrechen, deren Strafe nach dem Gesetze nicht über fünf Jahre zu dauern hätte, auf die schuldlose Familie zurückgesehen, und soferne für dieselbe durch die längere Dauer der Strafe in ihrem Erwerbungsstande wichtiger Schade entstände, kann die Strafdauer selbst unter sechs Monaten abgekürzet werden, jedoch nur in der Weise, daß die längere Dauer der Kerkerstrafe durch eine oder mehrere der im §. 19 aufgezählten Verschärfungen ersetzt werde. Sechstes Hauptstück. Von den verschiedenen Gattungen der Verbrechen. §. 56. Eintheilung der Verbrechen. Die Verbrechen greifen entweder die gemeinschaftliche Sicherheit unmittelbar in dem Bande des Staates, in den öffentlichen Vorkehrungen, oder dem öffentlichen Zutrauen an, oder sie verletzen die Sicherheit einzelner Menschen, an der Person, dem Vermögen, der Freiheit, oder anderen Rechten. §. 57. Besondere Gattungen von Verbrechen. Nach dieser Beziehung werden hiermit als besondere Gattungen von Verbrechen erklärt: 1. Hochverrath. 2. Beleidigungen der Majestät und der Mitglieder des kaiserlichen Hauses. 3. Störung der öffentlichen Ruhe. 4. Aufstand. 5. Aufruhr. 6. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch gewaltsames Handeln gegen eine von der Regierung zur Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten berufene Versammlung, gegen ein Gericht, oder eine andere öffentliche Behörde. 7. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch gewaltsames Handeln gegen gesetzlich anerkannte Körperschaften oder gegen Versammlungen, die unter Mitwirkung oder Aufsicht einer öffentlichen Behörde gehalten werden. [507] 8. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch gewaltsame Handanlegung oder gefährliche Drohung gegen obrigkeitliche Personen in Amtssachen. 9. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch gewaltsamen Einfall in fremdes unbewegliches Gut. 10. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch boshafte Beschädigung fremden Eigenthums. 11. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch boshafte Handlungen oder Unterlassungen unter besonders gefährlichen Verhältnissen. 12. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch boshafte Beschädigungen oder Störungen am Staats-Telegraphen. 13. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch Menschenraub. 14. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch unbefugte Einschränkung der persönlichen Freiheit eines Menschen. 15. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch Behandlung eines Menschen als Sklaven. 16. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch Entführung. 17. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch Erpressung. 18. Oeffentliche Gewaltthätigkeit durch gefährliche Drohung. Strafgesetz 1852 (Österreich) 14 19. Mißbrauch der Amtsgewalt. 20. Verfälschung der öffentlichen Creditspapiere. 21. Münzverfälschung. 22. Religionsstörung. 23. Nothzucht. 24. Schändung. 25. Andere Verbrechen der Unzucht. 26. Mord. 27. Todtschlag. 28. Abtreibung der Leibesfrucht. 29. Weglegung eines Kindes. 30. Schwere körperliche Beschädigung. 31. Zweikampf. 32. Brandlegung. 33. Diebstahl. 34. Veruntreuung. 35. Raub. 36. Betrug. 37. Zweifache Ehe. 38. Verläumdung. 39. Den Verbrechern geleisteter Vorschub. Siebentes Hauptstück. Von den Verbrechen des Hochverrathes, der Beleidigung der Majestät und der Mitglieder des kaiserlichen Hauses, und der Störung der öffentlichen Ruhe. §. 58. Hochverrath. Das Verbrechen des Hochverrathes begeht: wer etwas unternimmt, a) wodurch die Person des Kaisers an Körper, Gesundheit oder Freiheit verletzt oder gefährdet[508] , oder eine Verhinderung der Ausübung seiner Regierungsrechte bewirkt werden soll; - oder b) was auf eine gewaltsame Veränderung der Regierungsform; - oder c) auf die Losreißung eines Theiles von dem einheitlichen Staatsverbande oder Länderumfange des Kaiserthums Oesterreich, oder auf Herbeiführung oder Vergrößerung einer Gefahr für den Staat von Außen, oder einer Empörung oder eines Bürgerkrieges im Innern angelegt wäre; es geschähe solches öffentlich oder im Verborgenen, von einzelnen Personen oder in Verbindung, durch Anspinnung, Aufforderung, Aneiferung, Verleitung durch Wort, Schrift, Druckwerke oder bildliche Darstellung, Rath oder eigene That, mit oder ohne Ergreifung der Waffen, durch mitgetheilte zu solchen Zwecken leitende Geheimnisse oder Anschläge, durch Aufwiedlung, Anwerbung, Ausspähung, Unterstützung oder durch was sonst immer für eine dahin abzielende Handlung, wenn dieselbe auch ohne Erfolg geblieben wäre. Wenn die vorstehend erwähnten Handlungen gegen die Existenz, die Integrität, die Sicherheit oder die Verfassung des deutschen Bundes gerichtet werden, so sind sie ebenfalls als Hochverrath zu beurtheilen und zu bestrafen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 15 §. 59. Strafe des Hochverrathes. Wegen dieses Verbrechens ist auf Todesstrafe zu erkennen: a) gegen Jeden, der sich einer der im §. 58, lit. a) bezeichneten Handlungen schuldig gemacht hat, wenn diese auch ohne Erfolgt geblieben ist; b) gegen die Urheber, Anstifter, Rädelsführer und alle diejenigen Personen, welche bei einer hochverrätherischen Unternehmung der im §. 58, lit. b) und c) bezeichneten Arten unmittelbar mitgewirkt haben. Gegen alle diejenigen aber, welche sich bei einer solchen Unternehmung auf eine entferntere Weise betheiligt haben, ist die Strafe des schweren Kerkers von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Unternehmens oder des Thäters aber die Strafe des lebenslangen schweren Kerkers zu verhängen. Wurde endlich c) durch öffentlich oder vor mehreren Leuten vorgebrachte Reden, durch Druckwerke, verbreitete bildliche Darstellung oder Schriften zu einer der im §. 58 bezeichneten Handlungen aufgeforder, angeeifert oder zu verleiten gesucht, und ist diese Einwirkung ohne Zusammenhang mit einer anderen verbrecherischen Unternehmung und ohne Erfolg geblieben (§. 9), so ist auf schweren Kerker zwischen zehn und zwanzig Jahren zu erkennen. Für den Ersatz des durch das Verbrechen des Hochverrathes dem Staate oder Privatpersonen verursachten Schadens bleibt jeder Schuldige mit seinem ganzen Vermögen verantwortlich. §. 60. Mitschuld am Hochverrathe: a) durch Unterlassung der Verhinderung; Wer eine in den Hochverrath einschlagende Unternehmung, die er leicht und ohne Gefahr für sich, seine Angehörigen (§. 216), oder diejenigen Personen, die unter seinem gesetzlichen Schutze stehen, in ihrer weiteren Fortschreitung verhintern konnte, zu verhindern vorsätzlich unterläßt, mach sich des Verbrechens mitschuldig, und soll mit schwerem Kerker von fünf bis zu zehn Jahren bestraft werden. [509] §. 61. b) durch Unterlassung der Anzeige. Auch derjenige macht sich des Hochverrathes mitschuldig, der eine hochverrätherische Unternehmung oder eine Person, von welcher ihm eine solche Unternehmung bekannt ist, der Behörde anzuzeigen vorsätzlich unterläßt, in soferne er diese Anzeige machen konnte, ohne sich, seine Angehörigen (§. 216), oder diejenigen Personen, die unter seinem gesetzlichen Schutze stehen, einer Gefahr auszusetzen, und wenn nicht aus dem Umständen erhellt, daß der unterbleibenden Anzeige ungeachtet eine schädliche Folge nicht mehr zu besorgen ist. Ein solcher Mitschuldiger soll ebenfalls mit schwerem Kerker von fünf bis zu zehn Jahren bestraft werden. §. 62. Straflosigkeit wegen der thätigen Reue. Wer sich in eine auf Hochverrath abzielende Verbindung eingelassen, in der Folge aber, durch Reue bewogen, die Mitglieder derselben, ihre Satzungen, Absichten und Unternehmungen der Obrigkeit zu einer Zeit, da sie noch geheim waren, und der Schade verhindert werden konnte, entdeckt, dem wird die gänzliche Straflosigkeit und die Geheimhaltung der gemachten Anzeige zugesichert. §. 63. Majestätsbeleidigung. Wer die Ehrfurcht gegen den Kaiser verletzt, es geschahe dieß durch persönliche Beleidigung, durch öffentlich oder vor mehreren Leuten vorgebrachte Schmähungen Lästerungen oder Verspottungen, durch Druckwerke, Mittheilung oder Verbreitung von bildlichen Darstellungen oder Schriften, macht sich des Verbrechens der Majestäts-Beleidigung schuldig, und ist mit schwerem Kerker von einem bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 16 §. 64. Beleidigung der Mitglieder des kaiserlichen Hauses. Werden derlei Handlungen, oder thätliche Beleidigungen gegen andere Mitglieder des kaiserlichen Hauses vorgenommen, so sind sie, in soferne sich darin nicht ein schwerer verpöntes Verbrechen darstellt, als Verbrechen mit Kerker von einem bis zu fünf Jahren zu bestrafen. §. 65. Störung der öffentlichen Ruhe. Der Verbrechens der Störung der öffentlichen Ruhe macht sich schuldig, wer öffentlich oder vor mehreren Leuten, oder in Druckwerken, verbreiteten Schriften oder bildlichen Darstellungen a) zur Verachtung oder zum Hasse wider die Person der Kaisers, wider den einheitlichen Staatsverband des Kaiserthumes, wider die Regierungsform oder Staatsverwaltung aufzureizen sucht, oder b) zum Ungehorsam oder zum Widerstande gegen Gesetze, Verordnungen, Erkenntnisse oder Verfügungen der Gerichte oder anderer öffentlicher Behörden, oder zur Verweigerung von Steuern oder für öffentliche Zwecke angeordneten Abgaben auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht. Des gleichen Verbrechens macht sich auch derjenige schuldig, der c) Verbindungen zu stiften, oder Andere zur Theilnahme an solchen zu verleiten sucht, oder selbst in was immer für einer Weise daran Theil nimmt, die sich einen der unter lit. a) und b) bezeichneten strafbaren Zwecke zur Aufgabe setzen. Die Strafe dieses Verbrechens ist schwerer Kerker von einem bis zu fünf Jahren. [510] §. 66. Wer eine der in dem §. 58 bezeichneten Handlungen gegen einen deutschen Bundesstaat oder gegen ein Oberhaupt eines dieser Staaten begeht, macht sich, in soferne sich darin nicht ein schwerer verpöntes Verbrechen darstellt, ebenfalls des Verbrechens der Störung der öffentlichen Ruhe schuldig, und ist mit Kerker von einem bis zu fünf Jahren, bei erschwerenden Umständen aber mit schwerem Kerker von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Desselben Verbrechens macht sich schuldig, und ist auf dieselbe Art zu bestrafen, wer eine dieser Handlungen gegen einen anderen fremden Staat oder gegen dessen Oberhaupt unternimmt, in soferne von dessen oder durch besondere Verträge die Gegegenseitigkeit verbürgt, und im Kaiserthume Oesterreich gesetzlich kundgemacht ist. §. 67. Ausspähung (Spionerie) und andere Einverständnisse mit dem Feinde. Wer solche Verhältnisse oder Gegenstände, welche auf die militärische Vertheidigung des Staates oder die Operationen der Armee Bezug haben, in der Absicht auskundschaftet, um dem Feinde auf was immer für eine Weise davon Nachricht zu geben; oder wer im Frieden solche Vorkehrungen oder Gegenstände, welche auf die Kriegsmacht des Staates oder die militärische Vertheidigung desselben Beziehung haben, und die von dem Staate nicht öffentlich getroffen oder behandelt werden, in der Absicht auskundschaftet, um einem fremden Staate davon Nachricht zu geben, macht sich des Verbrechens der Ausspähung (Spionerie) schuldig, und wird nach den hierüber bestehenden Vorschriften von den Militärgerichten untersucht und bestraft. In der gleichen Art sind auch andere Einverständnisse mit dem Feinde und sonstige Unternehmungen zu behandeln, welche beabsichtigen, der kaiserlich-österreichischen Armee oder einem mit derselben verbündeten Heere einen Nachtheil, oder dem Feinde einen Vortheil zuzuwenden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 17 Achtes Hauptstück. Von dem Aufstande und Aufruhre. §. 68. Aufstand. Die Zusammenrottung mehrerer Personen, um der Obrigkeit mit Gewalt Widerstand zu leisten, ist das Verbrechen des Aufstandes; die Absicht eines solchen Widerstandes mag seyn, um etwas zu erzwingen, sich einer aufliegenden Pflicht zu entschlagen, eine Anstalt oder die Vollziehung eines öffentlichen Befehles zu vereiteln, oder auf was immer für eine Art die öffentliche Ruhe zu stören. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese Gewaltthätigkeit gegen einen Richter, eine obrigkeitliche Person, einen Beamten, Abgeordneten, Bestellten oder Diener einer Staats- oder Gemeindebehörde, gegen eine Civil-, Finanz- oder Militärwache, oder einen Gensd'armen, oder gegen einen zur Bewachung der Wälder aufgestellten, wenn auch in Privatdiensten stehenden, jedoch von der zuständigen landesfürstlichen Behörde beeideten Forstbeamten, oder gegen das auf solche Weise beeidete Forstaufsichtspersonale, oder gegen einen zur Aufsicht auf Staats- oder Privat-Eisenbahnen, oder zur Besorgung des Verkehrs auf denselben, oder zum Schutze oder Betriebe des Staats-Telegraphen Bestellten gerichtet ist, in soferne diese Personen in Vollziehung eines obrigkeitlichen Auftrages, oder in Ausübung ihres Amtes oder Dienstes begriffen sind. §. 69. Jeder mach sich des Aufstandes schuldig, der sich der Rottirung, es sei gleich anfänglich, oder erst in dem Fortgange, zugesellt. §. 70. Strafe. Diejenigen, welche bei einem Aufstande gegen die zur Stillung der Unruhe herbeikommenden obrigkeitlichen Personen oder Wachen in der Widersetzlichkeit beharren, haben schwere Kerkerstrafe von fünf bis zehn Jahren, und wenn sie zugleich Aufwiegler oder Rädelsführer sind, von zehn bis zwanzig Jahren verwirkt. §. 71. Außer dem Falle des vorstehenden Paragraphes sind die Aufwiedler und Rädelsführer zu schwerer Kerkerstrafe von fünf bis zehn Jahren, die übrigen Mitschuldigen aber nach Maß der Gefährligkeit, Schädlichkeit und ihrer Theilnahme auf ein bis fünf Jahre zu verurtheilen. §. 72. Hat sich die Unruhe bei ihrer Entstehung ohne weiteren gefährlichen Ausbruch bald wieder gelegt, so ist gegen die Aufwiegler und Rädelsführer Kerker zwischen einem und fünf Jahren, gegen die übrigen Schuldigen aber zwischen sechs Monaten und einem Jahre zu verhängen. §. 73. Aufruhr. Wenn es bei einer, aus was immer für einer Veranlassung entstandenen, Zusammenrottung durch die Widerspänstigkeit gegen die von der Behörde vorausgegangene Abmahnung und durch die Vereinigung wirklich gewaltsamer Mittel so weit kommt, daß zur Herstellung der Ruhe und Ordnung eine außerordentliche Gewalt angewendet werden muß, so ist Aufruhr vorhanden, und jeder macht sich des Verbrechens schuldig, der an einer solchen Rottirung Theil nimmt. Strafgesetz 1852 (Österreich) 18 §. 74. Strafe: a) im Falle des Standrechts; Wenn dem Aufruhre durch Standrecht Einhalt geschehen muß, so hat die Todesstrafe nach den im Gesetze über das Verfahren enthaltenen Vorschriften Statt. §. 75. b) außer dem Standrechte. Außer dem Falle des Standrechtes sollen die Aufwiegler und Rädelsführer zu schwerer Kerkerstrafe von zehn bis zwanzig Jahren und bei sehr hohem Grade der Bosheit und Gefährlichkeit des Anschlages auf lebenslang verurtheilt werden. Die übrigen Mitschuldigen sollen mit schwerem Kerker von einem bis fünf Jahren, bei höherem Grade der Bosheit und Theilnahme aber von fünf bis zu zehn Jahren bestraft werden. Neuntes Hauptstück. Von öffentlicher Gewaltthätigkeit. §. 76. Oeffentliche Gewaltthätigkeit: a) durch gewaltsames Handeln gegen eine von der Regierung zur Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten berufene Versammlung, gegen ein Gericht oder eine öffentliche Behörde. Das Verbrechen der öffentlichen Gewaltthätigkeit wird in folgenden Fällen begangen: Erster Fall. Wenn Jemand für sich allein, oder in Verbindung mit Anderen, eine von der Regierung zur Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten berufene Versammlung, ein Gericht, oder eine andere öffentliche Behörde in ihrem Zusammentritte, Bestande oder in ihrer Wirksamkeit gewaltthätig stört oder hindert, oder auf ihre Beschlüsse durch gefährliche Bedrohung einzuwirken sucht, in soferne die Handlung sich nicht als ein anderes schweres Verbrechen darstellt. §. 77. Strafe. Dieses Verbrechen soll mit schwerem Kerker von einem bis zu fünf Jahren, und bei besonders erschwerenden Umständen bis zu zehn Jahren bestraft werden. §. 78. b) durch gewaltsames Handeln gegen gesetzlich anerkannte Körperschaften oder gegen Versammlungen, die unter Mitwirkung oder Aufsicht einer öffentlichen Behörde gehalten werden. Zweiter Fall. Eben dieses Verbrechens macht sich Derjenige schuldig, welcher die im §. 76 bezeichneten Handlungen gegen gesetzlich anerkannte Körperschaften oder gegen Versammlungen begeht, die unter Mitwirkung oder Aufsicht einer öffentlichen Behörde gehalten werden. §. 79. Strafe. Dieses Verbrechen soll mit schwerem Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre, und bei besonders erschwerenden Umständen bis zu fünf Jahren bestraft werden. §. 80. Wurde zu einer der in den §§. 76 und 78 bezeichneten Handlungen durch öffentlich, oder vor mehreren Leuten vorgebrachte Reden, oder durch Druckwerke, verbreitete bildliche Darstellungen oder Schriften aufgefordert, angeeifert oder zu verleiten versucht, und ist diese Einwirkung ohne Zusammenhang mit einer anderen verbrecherischen Unternehmung gestanden, und ohne Erfolg geblieben (§. 9), so ist in den Fällen des §. 76 auf Kerker von einem bis zu fünf Jahren, in den Fällen des §. 78 aber von sechs Monaten bis zu einem Jahre zu erkennen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 19 §. 81. c) durch gewaltsame Handanlegung oder gefährliche Drohung gegen obrigkeitliche Personen in Amtssachen. Dritter Fall. Wenn Jemand für sich allein, oder auch wenn Mehrere, jedoch ohne Zusammenrottung, sich einer der im §. 68 genannten Personen in Vollziehung eines obrigkeitlichen Auftrages, oder in Ausübung ihres Amtes oder Dienstes in der Absicht, um diese Vollziehung zu vereiteln, mit gefährlicher Drohung oder wirklicher gewaltsamer Handanlegung, obgleich ohne Waffen und Verwundung, widersetzt; oder eine dieser Handlungen begeht, um eine Amtshandlung oder Dienstesverrichtung zu erzwingen. §. 82. Strafe. Ein solcher Verbrecher ist mit schwerem Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre; wäre aber der Widerstand mit Waffen geschehen oder mit einer Beschädigung oder Verwundung begleitet, oder um eine Amtshandlung oder Dienstverrichtung zu erzwingen, begangen worden, von einem bis zu fünf Jahren zu bestrafen. §. 83. d) durch gewaltsamen Einfall in fremdes unbewegliches Gut. Vierter Fall. Wenn mit Uebergehung der Obrigkeit, der ruhige Besitz von Grund und Boden, oder der darauf sich beziehenden Rechte eines Anderen, mit gesammelten mehreren Leuten, durch einen gewaltsamen Einfall gestöret; oder, wenn auch ohne Gehilfen in das Haus, oder die Wohnung eines Anderen bewaffnet eingedrungen, und daselbst an dessen Person, oder an dessen Hausleuten, Habe und Gut, Gewalt ausgeübt wird; es geschehe solches, um sich wegen eines vermeinten Unrechtes Rache zu verschaffen, ein angesprochenes Recht durchzusetzen, ein Versprechen oder Beiweismittel abzunöthigen, oder sonst eine Gehässigkeit zu befriedigen. §. 84. Strafe. Der Urheber einer solchen Gewaltthätigkeit unterliegt der Strafe des schweren Kerkers von einem bis auf fünf Jahre. Diejenigen, die sich als Mithelfer haben brauchen lassen, sollen mit Kerker von sechs Monaten bis auf ein Jahr bestrafet werden. §. 85. e) durch boshafte Beschädigung fremden Eigenthumes. Fünfter Fall. Andere boshafte Beschädigungen eines fremden Eigenthumes sind als Verbrechen der öffentlichen Gewaltthätigkeit anzusehen, wenn entweder: a) der Schade, welcher entstanden, oder in dem Vorsatze des Thäters gelegen ist, fünfundzwanzig Gulden übersteigt; oder wenn, ohne Rücksicht auf die Größe des Schadens b) daraus eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, körperliche Sicherheit von Menschen, oder in größerer Ausdehnung für fremdes Eigenthum entstehen kann; oder c) die boshafte Beschädigung an Eisenbahnen, diese mögen mit oder ohne Dampfkraft betrieben werden, oder an den dazu gehörigen Anlagen, Beförderungsmitteln, Maschinen, Geräthschaften, oder anderen zum Betriebe derselben dienenden Gegenständen, oder an Dampfschiffen, Dampfkesseln, Wasserwerken, Brücken, Vorrichtungen in Bergwerken oder überhaupt unter besonders gefährlichen Verhältnissen verübt worden ist. Strafgesetz 1852 (Österreich) 20 §. 86. Strafe. Die Strafe dieses Verbrechens ist im Falle der lit. a) des vorigen Paragraphes schwerer Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre; im Falle der lit. b) und c) aber schwerer Kerker von einem bis zu fünf und nach der Größe der Bosheit und Gefahr auch bis zu zehn Jahren. Wenn aber aus der Beschädigung wirklich ein Unfall für die Gesundheit, körperliche Sicherheit, oder in größerer Ausdehnung für das Eigenthum Anderer entstanden ist, so sollen die Schuldigen mit schwerem Kerker von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonders erschwerenden Umständen mit lebenslangem schweren Kerker bestraft werden. Hatte endlich eine solche Beschädigung den Tod eines Menschen zur Folge und konnte dieses von dem Thäter vorhergesehen werden, so soll derselbe mit dem Tode bestraft werden. §. 87. f) durch boshafte Handlungen oder Unterlassungen unter besonders gefährlichen Verhältnissen. Sechster Fall. Eben dieses Verbrechens macht sich auch derjenige schuldig, welcher durch was immer für eine andere durch aus Bosheit unternommene Handlung oder durch die geflissentliche Außerachtlassung der ihm, bei dem Betriebe von Eisenbahnen oder von den im §. 85 lit. c) bezeichneten Werken oder Unternehmungen obliegenden Verpflichtung eine der im §. 85 lit. b) bezeichneten Gefahren herbeiführt. §. 88. Strafe. Die Strafe dieses Verbrechens ist schwerer Kerker von einem bis zu fünf Jahren, nach der Größe der Bosheit und Gefahr auch bis zu zehn Jahren. – Tritt jedoch einer der im §. 86 erwähnten weiteren Erschwerungsumstände ein, so sind die hiefür ebenda festgesetzten höheren Strafen in Anwendung zu bringen. §. 89. g) durch boshafte Beschädigungen oder Störungen am Staats-Telegraphen. Siebenter Fall. Boshafte Beschädigungen irgend eines Bestandtheiles des Staats-Telegraphen und jede absichtliche Störung des Betriebes, sowie jeder vorsätzliche Mißbrauch dieser Staatsanstalt, sind, ohne Rücksicht auf den Betrag des Schadens, als Verbrechen der öffentlichen Gewaltthätigkeit, mit schwerem Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre und bei besonders wichtigem Schaden oder besonderer Bosheit, von einem bis zu fünf Jahren zu bestrafen. §. 90. h) durch Menschenraub. Achter Fall. Wenn jemand ohne Vorwissen und Einwilligung der rechtmäßigen Obrigkeit sich eines Menschen mit List oder Gewalt bemächtiget, um ihn wider seinen Willen in eine auswärtige Gewalt zu überliefern. §. 91. Strafe. Auf dieses Verbrechen ist zur Strafe schwerer Kerker von fünf bis zehn Jahren zu verhängen, welcher jedoch, wenn der Mißhandelte einer Gefahr am Leben, oder an Wiedererlangung der Freiheit ausgesetzt worden, bis auf zwanzig Jahre verlängert werden kann. §. 92. Behandlung unbefugter Werber. Wer ohne besondere Bewilligung der Regierung für andere, als kaiserlich-österreichische Kriegsdienste wirbt, oder zur Zeit des Krieges Soldaten oder zum Militärkörper gehörige Dienstmänner auch nur zur Ansiedlung für fremde Länder wirbt, oder zu solcher Zeit sich des Menschenraubes schuldig macht, um anderen als kaiserlich-österreichischen Truppen Recruten, oder einem fremden Staate zum Militärkörper gehörige Personen als Ansiedler zuzuführen, macht sich des Verbrechens der unbefugten Werbung schuldig und wird nach den hierüber bestehenden besonderen Vorschriften von den Militärgerichten untersucht und bestraft. Strafgesetz 1852 (Österreich) 21 §. 93. i) durch unbefugte Einschränkung der persönlichen Freiheit eines Menschen. Neunter Fall. Wenn Jemand einen Menschen, über welchen ihm vermöge der Gesetze keine Gewalt zusteht, und welchen er weder als einen Verbrecher zu erkennen, noch als einen schändlichen oder gefährlichen Menschen mit Grund anzusehen Anlaß hat, eigenmächtig verschlossen hält, oder auf was immer für eine Art an dem Gebrauche seiner persönlichen Freiheit hindert; oder, wenn Jemand, auch bei einer gegründet scheinenden Ursache der unternommenen Anhaltung, die Anzeige darüber sogleich der ordentlichen Obrigkeit zu thun geflissentlich unterläßt. §. 94. Strafe. Die Strafe dieses Verbrechens ist Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre. Hätte die Anhaltung über drei Tage gedauert, oder der Angehaltene einen Schaden, oder nebst der entzogenen Freiheit noch anderes Ungemach zu leiden gehabt; so soll auf ein- bis fünfjährigen schweren Kerker erkannt werden. §. 95. k) durch Behandlung eines Menschen als Sklaven. Zehnter Fall. Da in dem Kaiserthume Oesterreich die Sklaverei und die Ausübung einer hierauf sich beziehenden Macht nicht gestattet, und jeder Sklave in dem Augenblicke frei wird, wenn er das kaiserlich-österreichische Gebiet oder auch nur ein österreichisches Schiff betritt, und ebenso auch im Auslande seine Freiheit in dem Augenblicke erlangt, in welchem er unter was immer für einen Titel an einen Unterthan des österreichischen Kaiserthumes als Sklave überlassen wird, so begeht Jedermann, welcher einen an sich gebrachten Sklaven an dem Gebrauche seiner persönlichen Freiheit hindert, oder im In- oder Auslande als Sklaven wieder weiter veräußert, und jeder Schiffscapitän, welcher auch nur die Verfrachtung eines oder mehrerer Sklaven übernimmt, oder einen auf das österreichische Schiff gekommenen Sklaven an dem Gebrauche der dadurch erlangten persönlichen Freiheit hindert, oder durch Andere hindern läßt, das Verbrechen der öffentlichen Gewaltthätigkeit und wird mit schwerem Kerker von einem bis fünf Jahren bestraft. Würde aber der Capitän eines österreichischen Schiffes oder ein anderer österreichischer Unterthan einen fortgesetzten Verkehr mit Sklaven treiben, so wird die schwere Kerkerstrafe auf zehn und unter besonders erschwerenden Umständen bis auf zwanzig Jahre ausgedehnt. §. 96. l) durch Entführung. Eilfter Fall. Wenn eine Frauensperson in einer, sei es auf Heirath oder Unzucht gerichteten Absicht, wider ihren Willen mit Gewalt oder List entführt; oder, wenn eine verheirathete Frauensperson, obgleich mit ihrem Willen, dem Ehegatten; wenn ein Kind seinen Eltern; ein Mündel seinem Vormunde oder Versorger mit List oder Gewalt entführt wird, die Absicht des Unternehmens mag erreicht worden seyn, oder nicht. §. 97. Strafe. Die Strafe der Entführung wider Willen der entführten Person, oder der Entführung einer Person, die noch nicht das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, ist schwerer Kerker von fünf bis zu zehn Jahren, nach Maß der angewandten Mittel und des beabsichtigten oder erfolgten Uebels. – Ist aber die entführte Person wenigstens schon vierzehn Jahre alt gewesen und ihre Einwilligung beigetreten, so soll schwerer Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre verhängt werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 22 §. 98. m) durch Erpressung. Zwölfter Fall. Des Verbrechens der öffentlichen Gewaltthätigkeit durch Erpressung macht sich schuldig, wer a) einer Person wirklich Gewalt anthut, um sie zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung zu zwingen, in soferne sich seine Handlung nicht als ein schwerer verpöntes Verbrechen darstellt. Unter derselben Voraussetzung begeht eben dieses Verbrechen derjenige, der b) mittelbar oder unmittelbar, schriftlich oder mündlich, oder auf andere Art, mit oder ohne Angabe seines Namens, Jemanden mit einer Verletzung an Körper, Freiheit, Ehre oder Eigenthum in der Absicht bedroht, um von dem Bedrohten eine Leistung, Duldung oder Unterlassung zu erzwingen, wenn die Drohung geeignet ist, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und die persönliche Beschaffenheit desselben, oder auf die Wichtigkeit des angedrohten Uebels gegründete Besorgnisse einzuflößen; ohne Unterschied, ob die erwähnten Uebel gegen den Bedrohten selbst, dessen Familie und Verwandte, oder gegen andere unter seinen Schutz gestellte Personen gerichtet sind, und ob die Drohung einen Erfolg gehabt hat oder nicht. §. 99. n) durch gefährliche Drohung. Dreizehnter Fall. Wer die im §. 98 bezeichnete und auf die dort angegebene Art zur Erregung gegründeter Besorgnisse geeignete Drohung bloß in der Absicht anwendet, um einzelne Personen, Gemeinden oder Bezirke in Furcht und Unruhe zu versetzen, begeht das Verbrechen der öffentlichen Gewaltthätigkeit durch gefährliche Drohung. §. 100. Strafe der vorstehenden zwei Verbrechen. Die Strafe der vorstehenden zwei, in den §§. 98 und 99 bezeichneten Verbrechen ist schwerer Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre. Unter erschwerenden Umständen, insbesondere, wenn durch die zugefügte Gewalt oder gefährliche Drohung der Mißhandelte durch längere Zeit in einen qualvollen Zustand versetzt worden ist; - wenn mit Mord oder Brandlegung gedroht wird; - wenn die angedrohte Beschädigung den Betrag von tausend Gulden, oder der Schade, welcher aus der zu erzwingenden Leistung, Duldung oder Unterlassung hervorgehen würde, den Betrag von dreihundert Gulden übersteigt; - wenn die Drohung gegen ganze Gemeinden oder Bezirke gerichtet wäre, so ist die Strafe mit schwerem Kerker von einem bis zu fünf Jahren auszumessen. Zehntes Hauptstück. Von dem Mißbrauche der Amtsgewalt. §. 101. Mißbrauch der Amtsgewalt. Jeder Staats- oder Gemeindebeamte, welcher in dem Amte, in dem er verpflichtet ist, von der ihm anvertrauten Gewalt, um Jemanden, sei es der Staat, eine Gemeinde oder eine andere Person, Schaden zuzufügen, was immer für einen Mißbrauch macht, begeht durch einen solchen Mißbrauch ein Verbrechen; er mag sich durch Eigennutz, oder sonst durch Leidenschaft oder Nebenabsicht dazu haben verleiten lassen. Als Beamter ist derjenige anzusehen, welcher vermöge unmittelbaren oder mittelbaren öffentlichen Auftrages, mit oder ohne Beeidigung, Geschäfte der Regierung zu besorgen verpflichtet ist. Strafgesetz 1852 (Österreich) 23 §. 102. Besondere Fälle. Unter solchen Umständen begeht dieses Verbrechen insbesondere: a) ein Richter, Staatsanwalt oder anderer obrigkeitlicher, wie auch sonst jeder in Pflichten stehende Beamte, der sich von gesetzmäßiger Erfüllung seiner Amtspflicht abwenden läßt; b) jeder Beamte, der in Amtssachen, daher auch ein Notar, der bei Aufnahme oder Ausfertigung einer Notariatsurkunde eine Unwahrheit bezeugt; c) der ein ihm anvertrautes Amtsgeheimniß gefährlicher Weise eröffnet; der eine seiner Amtsaufsicht anvertraute Urkunde vernichtet, oder Jemanden pflichtwidrig mittheilt; d) ein Advocat oder anderer, beeideter Sachwalter, der zum Schaden seiner Partei dem Gegentheile in Verfassung der Rechtsschriften oder sonst mit Rath und That behilflich ist. §. 103. Strafe. Die Strafe dieses Verbrechens ist schwerer Kerker von einem bis auf fünf Jahre. Nach der Größe der Bosheit und des Schadens kann derselbe auch auf zehn Jahre verlängert werden. §. 104. Geschenkannahme in Amtssachen. Ein Beamter, der bei Verwaltung der Gerechtigkeit, bei Dienstverleihungen, oder bei Entscheidungen über öffentliche Angelegenheiten zwar sein Amt nach Pflicht ausübt, aber, um es auszuüben, ein Geschenk unmittelbar oder mittelbar annimmt, oder sonst sich daher einen Vortheil zuwendet, oder versprechen läßt; ingleichen, welcher dadurch überhaupt bei Führung seiner Amtsgeschäfte sich zu seiner Parteilichkeit verleiten läßt, soll mit Kerker zwischen sechs Monaten und einem Jahre bestraft werden. Auch hat er das erhaltene Geschenk, oder dessen Werth, zum Armenfonde des Ortes, wo er das Verbrechen begangen hat, zu erlegen. §. 105. Verleitung zum Mißbrauche der Amtsgewalt. Wer durch Geschenke einen Civil- oder Strafrichter, einen Staatsanwalt, oder in Fällen einer Dienstverleihung, oder einer Entscheidung öffentlicher Angelegenheiten was immer für einen Beamten zu einer Parteilichkeit oder zur Verletzung der Amtspflicht zu verleiten sucht, macht sich eines Verbrechens schuldig; die Absicht mag auf seinen eigenen, oder eines Dritten Vortheil gerichtet seyn, sie mag ihm gelingen oder nicht. Die Strafe einer solchen Verleitung ist Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre; bei großer Arglist oder wirklich verursachtem erheblichen Schaden schwerer Kerker von einem bis zu fünf Jahren. Außerdem ist das angetragene oder wirklich gegebene Geschenk zum Armenfonde des Ortes zu erlegen. Eilftes Hauptstück. Von der Verfälschung der öffentlichen Creditspapiere. §. 106. I. Nachmachung der öffentlichen Creditspapiere. Das Verbrechen der Verfälschung öffentlicher Creditspapiere begeht, wer öffentliche Creditspapiere, die als Münze gelten, oder die von einer öffentlichen Casse ausgestellten, die Zahlung eines Capitals oder einer jährlichen Rente zusichernden, Schuldverschreibungen, oder die zu denselben gehörigen Coupons oder Talons nachmacht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das nachgemachte Creditspapier ein inländisches oder ein unter was immer für einer Benennung ausgefertigtes ausländisches Creditspapier; ob dasselbe zu Täuschung geeignet oder nicht geeignet ist; ob es schon ausgegeben wurde und ein Nachtheil erfolgt ist oder nicht. Die von der privilegirten österreichischen Nationalbank ausgefertigten Noten und Actien, so wie die von einer inländischen, von der Behörde genehmigten, öffentlichen Creditsanstalt ausgestellten Schuldverschreibungen, und die dazu gehörigen Coupons und Talons werden den öffentlichen Creditspapieren gleichgehalten. Strafgesetz 1852 (Österreich) 24 §. 107. Mitschuldige dieses Verbrechens. Mitschuldiger dieses Verbrechens ist, wer die bei öffentlichen Creditspapieren gewöhnlichen Wappen nachsticht, Papier, Stämpel, Matritzen, Buchstaben, Pressen oder was immer zur Hervorbringung falscher Creditspapiere dienen kann, obgleich nur in einem einzelnen Stücke verfertigt und zum Vorschube der Nachmachung wissentlich überliefert, oder auf was immer für eine Art zur Nachmachung mitwirket, wenn gleich seine Mitwirkung ohne Erfolg geblieben wäre. §. 108. Strafe. a) der Nachmachung der als Münze geltenden öffentlichen Creditspapiere. aa) der vollbrachten Nachmachung. Wenn ein als Münze geltendes öffentliches Creditspapier wirklich verfertiget worden und die Verfertigung mit Werkzeugen geschehen ist, welche die Vervielfältigung dieser Papiere erleichtern, so ist der Nachmacher sowohl, als jeder Mitschuldige zu lebenslangem schweren Kerker; - wenn aber die Nachmachung mit der Feder oder mit anderen Werkzeugen, als jenen der erwähnten Art, stattgefunden hat, zu schwerem Kerker von zehn bis zwanzig Jahren zu verurtheilen. §. 109. bb) der Theilnehmer. Eben diese Strafen sind auch gegen den Theilnehmer zu verhängen, welcher im Einverständnisse mit dem Nachmacher, einem Mitschuldigen oder mit anderen Theilnehmern derlei nachgemachte öffentliche Creditspapiere ausgegeben hat, mag nun dieses Einverständniß vor, während oder nach der Nachmachung getroffen worden seyn. §. 110. cc) der versuchten Nachmachung. Ist die Nachmachung der als Münze geltenden öffentlichen Creditspapiere zwar versucht, aber nicht vollbracht worden, so soll Jeder, welcher hierzu mitgewirkt hat, wenn der Versuch (§. 8.) mit Werkzeugen stattgefunden hat, welche die Vervielfältigung erleichtern, mit schwerem Kerker von fünf bis zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit von zehn bis zwanzig Jahren; - außerdem mit schwerem Kerker von einem bis fünf, und bei besonders erschwerenden Umständen von fünf bis zehn Jahren bestraft werden. §. 111. b) der Nachmachung der öffentlichen Schuldverschreibungen. aa) der vollbrachten Nachmachung. Wenn eine von einer öffentlichen Casse ausgestellte Schuldverschreibung wirklich verfertiget worden und die Verfertigung mit Werkzeugen geschehen ist, welche die Vervielfältigung dieser Papiere erleichtern, so ist der Nachmacher sowohl, als jeder Mitschuldige zu zehn- bis zwanzigjährigem; - wenn aber die Nachmachung mit der Feder oder mit anderen Werkzeugen als jenen der erwähnten Art stattgefunden hat, zu fünf- bis zehnjährigem schweren Kerker zu verurtheilen. §. 112. bb) der Theilnehmer. Gleiche Strafen haben den Theilnehmer zu treffen, welcher einverständlich (§. 109) derlei nachgemachte öffentliche Creditspapiere ausgegeben hat. §. 113. cc) der versuchten Nachmachung. Ist die Nachmachung von solchen Creditspapieren zwar versucht, aber nicht vollbracht worden, so ist Jeder, welcher hierzu mitgewirkt hat, wenn der Versuch (§. 8) mit Werkzeugen stattgefunden hat, welche die Vervielfältigung erleichtern, mit schwerem Kerker von fünf bis zehn Jahren; - außerdem aber mit schwerem Kerker von einem bis fünf Jahren zu bestrafen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 25 §. 114. II. Abänderung der öffentlichen Creditspapiere. Der Verfälschung der öffentlichen Creditspapiere ist auch derjenige schuldig, welcher a) dergleichen (§. 106) echte Papiere in eine höhere Summe, als für welche sie ursprünglich ausgestellt gewesen sind; oder b) in solchen Papieren die Nummern oder andere Theile des Inhaltes derselben abändert, oder dazu Hilfe leistet. §. 115. Strafe a) der Haupt- und Mitschuldigen. Ein solcher Verbrecher soll mit schwerem Kerker von fünf bis zehn Jahren und ist die Verfälschung zwar versucht, aber nicht vollbracht worden, von einem bis fünf Jahren bestraft werden. §. 116. b) der Theilnehmer. Wer einverständlich (§. 109) mit dem Verfälscher, einem Mitschuldigen oder einem anderen Theilnehmer die fälschlich abgeänderten öffentlichen Creditspapiere ausgegeben hat, ist mit schwerem Kerker von fünf bis zehn Jahren zu bestrafen. §. 117. Besonderer Erschwerungsumstand. Bei der Strafbemessung wegen Nachmachung oder Abänderung von öffentlichen Schuldverschreibungen, welche auf Ueberbringer lauten, ist diese Beschaffenheit der öffentlichern Schuldverschreibungen als ein Erschwerungsumstand zu betrachten. Zwölftes Hauptstück. Von der Münzverfälschung. §. 118. Münzverfälschung. Das Verbrechen des Münzverfälschung begeht derjenige: a) der unbefugt nach einem, wo immer im Umlaufe gangbaren Gepräge Münze schlägt, obschon Schrott und Korn der echten Münze gleich, oder noch hältiger wäre; b) der nach einem, wo immer gangbaren Gepräge entweder aus echtem Metalle geringhältigere, oder aus geringschätzigerem Metalle unechte Münze schlägt, oder sonst falscher Münze das Ansehen echten Geldes gibt; c) der echte Stücke Geldes auf was immer für eine Art in ihrem inneren Werthe und Gehalte, nach welchem sie gemünzet worden, verringert, oder ihnen die Gestalt von Stücken höheren Werthes zu geben sucht; d) der Werkzeuge zur falschen Münzung herbeischafft, oder auf was sonst immer für eine Art zur Verfälschung mitwirkt. Strafgesetz 1852 (Österreich) 26 §. 119. Strafe. Die Strafe dieses Verbrechens ist schwerer Kerker von fünf bis zehn Jahren; wenn aber besondere Gefährlichkeit, oder großer Schade dazukommt, von zehn bis zwanzig Jahren. Nur dann, wenn die Verfälschung sich für Jedermann kennbar darstellet, oder, wenn die unbefugt geprägte Münze der echten an Schrott und Korn gleich ist, kann die Strafe zwischen einem und fünf Jahren ausgemessen werden. §. 120. Theilnahme an der Münzverfälschung. Als Theilnehmer an der Münzverfälschung begeht ein Verbrechen, wer verfälschtes Geld im Einverständnisse (§. 109) mit demjenigen, der die Verfälschung begangen, oder begehen geholfen hat, oder mit einem anderen Theilnehmer ausgegeben hat; oder die Theile, um welche die echten Geldstücke in dem Falle des §. 118, c) verringert worden, an sich löset. §. 121. Strafe. Eine solche Theilnahme soll mit schwerem Kerker von einem bis fünf, und bei verursachtem großen Schaden, bis zehn Jahren bestrafet werden. Dreizehntes Hauptstück. Von der Religionsstörung. §. 122. Religionsstörung. Das Verbrechen der Religionsstörung begeht: a) wer durch Reden, Handlungen, in Druckwerken oder verbreiteten Schriften Gott lästert; b) wer eine im Staate bestehende Religionsübung stört, oder durch entehrende Mißhandlung an den zum Gottesdienste gewidmeten Geräthschaften, oder sonst durch Handlungen, Reden, Druckwerken oder verbreiteten Schriften öffentlich der Religion Verachtung bezeigt; c) wer einen Christen zum Abfalle vom Christenthume zu verleiten, oder d) wer Unglauben zu verbreiten, oder eine der christlichen Religion widerstrebende Irrlehre auszustreuen sucht. §. 123. Strafe. Ist durch die Religionsstörung öffentliches Aergernis gegeben worden, oder eine Verführung erfolgt, oder gemeine Gefahr mit dem Unternehmen verbunden gewesen; so soll dieses Verbrechen mit schwerem Kerker von einem bis auf fünf Jahre, bei großer Bosheit oder Gefährlichkeit aber auch bis auf zehn Jahre bestraft werden. §. 124. Trifft keiner der in dem vorhergehenden Paragraphe erwähnten Umstände ein, so ist die Religionsstörung mit Kerker von sechs Monaten bis auf ein Jahr zu bestrafen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 27 Vierzehntes Hauptstück. Von der Nothzucht, Schändung und anderen schweren Unzuchtfällen. §. 125. Nothzucht. Wer eine Frauensperson durch gefährliche Bedrohung, wirklich ausgeübte Gewaltthätigkeit oder durch arglistige Betäubung ihrer Sinne außerstande setzt, ihm Widerstand zu tun, und sie in diesem Zustande zu außerehelichem Beischlafe mißbraucht, begeht das Verbrechen der Nothzucht. §. 126. Strafe. Die Strafe der Nothzucht ist schwerer Kerker zwischen fünf und zehn Jahren. Hat die Gewaltthätigkeit einen wichtigen Nachtheil der Beledigten an ihrer Gesundheit, oder gar am Leben zur Folge gehabt, so soll die Strafe auf eine Dauer zwischen zehn und zwanzig Jahren verlängert werden. Hat das Verbrechen den Tod der Beleidigten verursaht, so tritt lebenslanger schwerer Kerker ein. §. 127. Der an einer Frauensperson, die sich ohne Zuthun des Thäters im Zustande der Wehr- und Bewußtlosigkeit befindet, oder die noch nicht das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, unternommene außereheliche Beischlaf ist gleichfalls als Nothzucht anzusehen und nach §. 126 zu bestrafen. §. 128. Schändung. Wer einen Knaben oder ein Mädchen unter vierzehn Jahren, oder eine im Zustande der Wehr- und Bewußtlosigkeit befindliche Person zur Befriedigung seiner Lüste auf eine andere als die im §. 127 bezeichnete Weise geschlechtlich mißbraucht, begeht, wenn diese Handlung nicht das im §. 129, lit. b, bezeichnete Verbrechen bildet, das Verbrechen der Schändung, und soll mit schwerem Kerker von einem bis zu fünf Jahren, bei sehr erschwerenden Umständen bis zu zehn, und wenn eine der im §. 126 erwähnten Folgen eintritt, bis zu zwanzig Jahren bestraft werden. §. 129. Als Verbrechen werden auch nachstehende Arten der Unzucht bestraft: I. Unzucht wider die Natur, das ist a) mit Thieren; b) mit Personen desselben Geschlechts. §. 130. Strafe. Die Strafe ist schwerer Kerker von einem bis zu fünf Jahren. Wenn sich aber im Falle der lit. b) eines der im §. 125 erwähnten Mittel bedient wurde, so ist die Strafe von fünf bis zu zehn Jahren, und wenn einer der Umstände des §. 126 eintritt, auch die dort bestimmte Strafe zu verhängen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 28 §. 131. Blutschande. II. Blutschande, welche zwischen Verwandten in auf= und absteigender Linie, ihre Verwandtschaft mag von ehelicher, oder unehelicher Geburt herrühren, begangen wird. - Die Strafe ist Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre. Fünfzehntes Hauptstück. Von dem Morde und Todtschlage. §. 134. Mord. Wer gegen einen Menschen, in der Absicht, ihn zu tödten, auf eine solche Art handelt, daß daraus dessen oder eines anderen Menschen Tod erfolgte, macht sich des Verbrechens des Mordes schuldig; wenn auch dieser Erfolg nur vermöge der persönlichen Beschaffenheit des Verletzten, oder bloß vermöge der zufälligen Umstände, unter welchen die Handlung verübt wurde, oder nur vermöge der zufällig hinzugekommenen Zwischen-Ursachen eingetreten ist, in sofern diese letzteren durch die Handlung selbst veranlaßt wurden. §. 135. Arten des Mordes sind: 1. Meuchelmord, welcher durch Gift oder sonst tückischer Weise geschieht. 2. Raubmord, welcher in der Absicht, eine fremde bewegliche Sache mit Gewaltthätigkeiten gegen die Person an sich zu bringen, begangen wird. 3. Der bestellte Mord, wozu Jemand gedungen oder auf eine andere Art von einem Dritten bewogen worden ist. 4. Der gemeine Mord, der zu keiner der angeführten schweren Gattungen gehört. §. 136. Strafe des vollbrachten Mordes: a) für den Thäter, Besteller und die unmittelbar Mitwirkenden; Jeder vollbrachte Mord soll sowohl an dem unmittelbaren Mörder, als an demjenigen, der ihn etwa dazu bestellt, oder unmittelbar bei der Vollziehung des Mordes selbst Hand angelegt oder auf eine thätige Weise mitgewirkt hat, mit dem Tode bestraft werden. §. 137. b) für die entfernten Mitschuldigen oder Theilnehmer. Diejenigen, welche, ohne unmittelbar bei der Vollziehung des Mordes selbst Hand anzulegen und auf eine thätige Weise mitzuwirken, auf eine andere, in dem §. 5 enthaltene, entferntere Art zur That beigetragen haben, sollen bei einem gemeinen Morde mit schwerem Kerker von fünf bis zu zehn Jahren; wenn aber die Mordthat an Verwandten der aufsteigenden oder absteigenden Linie, an dem Ehegenossen eines der Mitwirkenden, da ihnen diese Verhältnisse bekannt waren, oder wenn ein Meuchelmord, Raubmord oder bestellter Mord verübt worden, zwischen zehn und zwanzig Jahren bestraft werden. §. 138. Strafe des Versuches. Der unternommene, aber nicht vollbrachte gemeine Mord ist an dem Thäter und den unmittelbaren Mitschuldigen (§. 136) mit schwerem Kerker von fünf bis zehn Jahren, an den entfernten Mitschuldigen und Theilnehmern (§. 137) aber von einem bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Ist aber ein Raubmord, Meuchelmord, bestellter Mord oder ein Mord an den in dem vorigen Paragraphe erwähnten Angehörigen versucht worden, so ist die Strafe des schweren Kerkers gegen den Thäter und die unmittelbaren Mitschuldigen zwischen zehn und zwanzig Jahren, und bei besonders erschwerenden Umständen auf lebenslang; gegen die entfernten Mitschuldigen und Theilnehmer aber zwischen fünf und zehn Jahren auszumessen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 29 §. 139. Strafe des Kindesmordes. Gegen eine Mutter, die ihr Kind bei der Geburt tödtet, oder durch absichtliche Unterlassung des bei der Geburt nöthigen Beistandes umkommen läßt, ist, wenn der Mord an einem ehelichen Kinde geschehen, lebenslanger schwerer Kerker zu verhängen. War das Kind unehelich, so hat im Falle der Tödtung zehn- bis zwanzigjährige, wenn aber das Kind durch Unterlassung des nöthigen Beistandes umkam, fünf- bis zehnjährige schwere Kerkerstrafe Statt. §. 140. Todtschlag. Wird die Handlung, wodurch ein Mensch um das Leben kommt (§. 134), zwar nicht in der Absciht, ihn zu tödten, aber doch in anderer feindseliger Absicht ausgeübt, so ist das Verbrechen ein Todtschlag. §. 141. Strafe des räuberischen Todtschlages. Wenn bei der Unternehmung eines Raubes ein Mensch auf eine so gewaltsame Art behandelt worden, daß daraus dessen Tod erfolgt ist (§. 134), soll der Todtschlag an allen denjenigen, welche zur Tödtung mitgewirkt haben, mit dem Tode bestraft werden. §. 142. Strafe des gemeinen Todtschlages. In anderen Fällen soll der Todtschlag mit schwerem Kerker von fünf bis zehn Jahren; wenn der Thäter mit dem Entleibten in naher Verwandtschaft, oder gegen ihn sonst in besonderer Verpflichtung gestanden wäre, von zehn bis zwanzig Jahren bestraft werden. §. 143. Tödtung bei einer Schlägerei oder bei einer gegen eine oder mehrere Personen unternommenen Mißhandlung. Wenn bei einer zwischen mehreren Leuten entstandenen Schlägerei, oder bei einer gegen eine oder mehrere Personen unternommenen Mißhandlung Jemand getödtet wurde, so ist Jeder, der ihm eine tödtliche Verletzung zugefügt hat, des Todtschlages schuldig. Ist aber der Tod nur durch alle Verletzungen oder Mißhandlungen zusammen verursacht worde, oder läßt sich nicht bestimmen, wer die tödtliche Verletzung zugefügt habe, so ist zwar Keiner des Todtschlages, wohl aber sind Alle, welche an den Getödteten Hand angelegt haben, des Verbrechens der schweren körperlichen Beschädigung (§. 152) schuldig, und zu schwerem Kerker von einem bis zu fünf Jahren zu verurtheilen. Sechzehntes Hauptstück. Von Abtreibung der Leibesfrucht. §. 144. Abtreibung der eigenen Leibesfrucht. Eine Frauensperson, welche absichtlich was immer für eine Handlung unternimmt, wodurch die Abtreibung ihrer Leibesfrucht verursacht, oder ihre Entbindung auf solche Art, daß das Kind todt zur Welt kommt, bewirk wird, macht sich eines Verbrechtens schuldig. §. 145. Strafe. Ist die Abrtreibung versucht, aber nicht erfolgt, so soll die Strafe auf Kerker zwischen sechs Monaten und einem Jahre ausgemessen; die zu Stand gebrachte Abtreibung mit schwerem Kerker zwischen einem und fünf Jahren bestraft werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 30 §. 146. Zu eben dieser Strafe, jedoch mit Verschärfung, ist der Vater des abgetriebenen Kindes zu verurtheilen, wenn er mit an dem Verbrechen Schuld trägt. §. 147. Abtreibung einer fremden Leibesfrucht. Dieses Verbrechens macht sich auch derjenige schuldig, der aus was immer für einer Absciht, wider Wissen und Willen der Mutter, die Abtreibung ihrer Leibesfrucht bewirkt, oder zu bewirken versucht. §. 148. Strafe. Ein solcher Verbrecher soll mit schwerem Kerker zwischen einem und fünf Jahren; und wenn zugleich der Mutter durch das Verbrechen Gefahr am Leben oder Nachtheil an der Gesundheit zugezogen worden ist, zwischen fünf und zehn Jahren bestraft. Siebenzehntes Hauptstück. Von Weglegung eines Kindes. §. 149. Weglegung eines Kindes. Wer ein Kind in einem Alter, da es zur Rettung seines Lebens sich selbst Hilfe zu verschaffen unvermögend ist, weglegt, um dasselbe der Gefahr des Todes auszusetzen, oder auch nur, um seine Rettung dem Zufalle zu überlassen, begeht ein Verbrechen, was immer für eine Ursache ihn dazu bewogen habe. §. 150. Strafe. Wenn das Kind an einem abgelegenen, gewöhnlich unbesuchten Orte, oder unter solchen Umständen weggelegt worden, daß die baldige Wahrnehmung und Rettung desselben nicht leicht möglich war, so ist die Strafe schwerer Kerker von einem bis zu fünf Jahren, und wenn der Tod des Kindes erfolgt ist, von fünf bis zehn Jahren. §. 151. Wenn aber das Kind an einem gewöhnlich besuchten Orte, und auf eine Art weggelegt worden, daß die baldige Wahrnehmung und Rettung desselben im Grunde erwartet werden konnte, so so ist die Weglegung mit Kerker zwischen sechs Monaten und einem Jahre zu betrafen. Wäre der Tod des Kindes dennoch erfolgt, so ist die Strafe Kerker von einem bis fünf Jahre. Achtzehntes Hauptstück. Von dem Verbrechen der schweren körperlichen Beschädigung. §. 152. Verbrechen der schweren körperlichen Beschädigung. Wer gegen einen Menschen, zwar nicht in der Absicht, ihn zu tödten, aber doch in anderer feindseliger Absicht auf eine solche Art handelt, daß daraus (§. 134) eine Gesundheitsstörung oder Berufsunfähigkeit von mindestens zwanzigtägiger Dauer, eine Geisteszerrüttung oder eine schwere Verletzung desselben erfolgte, macht sich des Verbrechens der schweren körperlichen Beschädigung schuldig. Strafgesetz 1852 (Österreich) 31 §. 153. Dieses Verbrechens macht sich auch derjenige schuldig, der seine leiblichen Eltern; oder wer einen öffentlichen Beamten, einen Geistlichen, einen Zeugen oder Sachverständigen, während sie in der Ausübung ihres Berufes begriffen sind, oder wegen derselben vorsätzlich an ihrem Körper beschädiget, wenn auch die Beschädigung nicht die im §. 152 vorausgesetzte Beschaffenheit hat. §. 154. Strafe. Die Strafe des in den §§. 152 und 153 bestimmten Verbrechens, ist Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre, der aber bei erschwerenden Umständen bis auf fünf Jahre auszudehnen ist. §. 155. Wenn jedoch: a) die obgleich an sich leichte Verletzung mit einem solchen Werkzeuge, und auf solche Art unternommen wird, womit gemeiniglich Lebensgefahr verbunden ist, oder auf andere Art die Absicht, einen der im §. 152 erwähnten schweren Erfolge herbeizuführen, erwiesen wird, mag es auch nur bei dem Versuche geblieben seyn; - oder b) aus der Verletzung eine Gesundheitsstörung oder Berufsunfähigkeit von mindestens dreißigtägiger Dauer erfolgte; oder c) die Handlung mit besonderen Qualen für den Verletzten verbunden war;- oder d) der Angriff in verabredeter Verbindung mit Anderen, oder tückischer Weise geschehen, und daraus eine der im §. 152 erwähnten Folgen entstanden ist; oder e) die schwere Verletzung lebensgefählich wurde; - so ist auf schweren und verschärften Kerker (§. 19) zwischen einem und fünf Jahren zu erkennen. §. 156. Hat aber das Verbrechen a) für den Beschädigten den Verlust oder eine bleibende Schwächung der Sprache, des Gesichtes oder Gehöres, den Verlust der Zeugungsfähigkeit, eines Auges, Armes, oder einer Hand oder eine andere auffallende Verstümmelung oder Verunstaltung; oder b) immerwährendes Siechthum, eine unheilbare Krankheit oder eine Geisteszerrüttung ohne Wahrscheinlichkeit der Wiederherstellung; - oder c) eine immerwährende Berufsunfähigkeit des Verletzten nach sich gezogen, so ist die Strafe des schweren Kerkers zwischen fünf und zehn Jahren auszumessen. §. 157. Wenn bei einer zwischen mehreren Leuten entstandenen Schlägerei, oder bei einer gegen eine oder mehrere Personen unternommenen Mißhandlung Jemand an seinem Körper schwer beschädigt wurde (§. 152), so ist Jeder welcher ihm eine solche Beschädigung zugefügt hat, nach Maßgabe der vorstehenden §§. 154-156 zu behandeln. Ist aber die schwere körperliche Beschädigung nur durch das Zusammenwirken der Verletzungen oder Mißhandlungen von mehreren erfolgt, oder läßt sich nicht erweisen, wer eine schwere Verletzung zugefügt habe, so sollen Alle, welche an den Mißhandelten Hand angelegt haben, ebenfalls des Verbrechens der schweren körperlichen Beschädigung schuldig erkannt, und mit Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre bestraft werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 32 Neunzehntes Hauptstück. Von dem Zweikampfe. §. 158. Zweikampf. Wer Jemanden aus was immer für einer Ursache zum Streite mit tödtlichen Waffen herausfordert, und wer auf eine solche Herausforderung sich zum Streite stellt, begeht das Verbrechen des Zweikampfes. §. 159. Strafe. Dieses Verbrechen soll, wenn keine Verwundung stattgefunden hat, mit Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre bestraft werden. §. 160. Ist im Zweikampfe eine Verwundung geschehen, so ist die Strafe Kerker von einem bis zu fünf Jahren. Wenn jedoch der Zweikampf eine der im §. 156 bezeichneten Folgen nach sich gezogen hat, so ist derselbe mit schwerem Kerker von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen. §. 161. Ist aus dem Zweikampfe der Tod eines der Streitenden erfolgt , so soll der Todtschläger mit zehn- bis zwanzigjährigem schweren Kerker bestraft werden. §. 162. In jedem Falle ist der Herausforderer auf längere Zeit zu verurtheilen, als er verurtheilt worden seyn würde, wenn er der Herausgeforderte gewesen wäre. §. 163. Strafe der Theilnehmer. Wer zu Herausforderung oder zur wirklichen Stellung des einen oder anderen Theiles auf dem Kampfplatze aufgereizt, oder in anderer Art absichtlich beigetragen, oder demjenigen der die Herausforderung abzuwenden suchte, Verachtung gedroht oder bezeigt hat, ist mit Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre; wenn aber sein Einfluß besonders wichtig gewesen, und eine Verwundung oder gar der Tod erfolgt ist, von einem bis zu fünf Jahren zu bestrafen. §. 164. Diejenigen, die sich als Beistände oder sogenante Secundanten für einen der Streitenden zum Kampfe gestellt haben, sollen mit Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre, und nach der Größe ihres Einflusses und des erfolgten Uebels auch bis auf fünf Jahre bestraft werden. §. 165. Strafloswerden des Zweikampfes. Die Strafbarkeit wegen dieses Verbrechens hat zu entfallen: a) für den Herausforderer, wenn er sich nicht zum Streite stellt; b) für diesen sowohl, als für den Herausgeforderten, wenn sie sich zwar zum Streite gestellt haben, aber von dem Kampfe vor dessen Beginne freiwillig abgestanden sind; c) für alle übrigen Mitschuldigen, wenn sie sich für das freiwillige Abstehen von dem Kampfe mit thätigem Eifer bestrebt haben, und derselbe wirklich unterblieben ist. Strafgesetz 1852 (Österreich) 33 Zwanzigstes Hauptstück. Von der Brandlegung. §. 166. Brandlegung. Das Verbrechen der Brandlegung begeht derjenige, der eine Handlung unternimmt, aus welcher nach einem Anschlage an fremdem Eigenthume eine Feuersbrunst entstehen soll, wenn gleich das Feuer nicht ausgebrochen ist oder keinen Schaden verursacht hat. §. 167. Strafe. Das Verbrechen ist nach folgendem Unterschiede auszumessen: a) Wenn das Feuer ausgebrochen und dadurch ein Mensch, da es von dem Brandleger vorhergesehen werden konnte, getödtet wird; oder wenn der Brand durch besondere auf Verheerungen gerichtete Zusammenrottung bewirkt worden, ist die Strafe der Tod; b) wenn der Thäter mehr als einmal, sei es an dem nämlichen oder an verschiedenen Gegenständen, Brand gelegt, und das Feuer auch nur Einmal wirklich ausgebrochen ist; oder c) wenn das Feuer ausgebrochen, und ein für den Verunglückten erheblicher Schaden entstanden ist, wie auch; d) wenn der Thäter die Brandlegung mehr als einmal, jedoch jedesmal ohne Erfolg unternommen hat, soll er lebenslang mit schwerem Kerker bestraft werden; e) wenn das Feuer ausgebrochen, jedoch mit keinem der bisher angeführten Umstände begleitet ist, soll auf schweren Kerker von zehn bis zwanzig Jahren erkannt werden; f) wenn das Feuer zwar nicht ausgebrochen, aber zur Nachtzeit, oder an einem solchen Orte, wo es bei dem Ausbrechen sich leicht hätte verbreiten können, oder unter solchen Umständen, wobei zugleich menschliches Leben augenscheinlicher Gefahr ausgesetzt war, angelegt worden, soll der Thäter mit schwerem Kerker von fünf bis zehn Jahren bestraft werden; g) ist die That bei Tag und ohne besondere Gefährlichkeit unternommen worden, und das gelegte Feuer, ohne auszubrechen, erloschen, oder wenn ausgebrochen, ohne Schaden gelöscht worden, so hat der Thäter schwere Kerkerstrafe zwischen einem und fünf Jahren verwirkt. §. 168. Straflosigkeit eines gelegten Brandes wegen thätiger Reue. Wenn bei einem gelegten Brande der Thäter selbst aus Reue und noch zur rechten Zeit sich so verwendet hat, daß aller Schade verhütet worden ist, so soll er mit aller Strafe verschont werden. §. 169. Von der Straflosigkeit desjenigen, der seine eigene Sache in Brand steckt. Wer durch die, aus was auch immer für einer bösen Absicht unternommene Ansteckung seines Eigenthumes, auch fremdes Eigenthum der Feuersgefahr aussetzt, wird ebenfalls der Brandlegung schuldig und nach der in dem §. 167 bestimmten Ausmessung zu bestrafen seyn. Strafgesetz 1852 (Österreich) 34 §. 170. Wer sein Eigenthum in Brand steckt, ohne daß dabei fremdes Eigenthum in Gefahr läuft, von dem Feuer ergriffen zu werden, ist zwar nicht der Brandlegung, wohl aber des Betruges schuldig, in sofern er dadurch Rechte eines Dritten zu verkürzen oder Jemanden Verdacht zuzuziehen sucht. Ein und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Diebstahle und der Veruntreuung. §. 171. Diebstahl. Wer um seines Vortheiles willen eine fremde bewegliche Sache aus eines Anderen Besitz, ohne dessen Einwilligung entzieht, begeht einen Diebstahl. §. 172. Umstände, wodurch der Diebstahl zum Verbrechen wird: Der Diebstahl wird zu einem Verbrechen, entweder aus dem Betrage, oder aus der Beschaffenheit der That, oder aus der Eigenschafte der entzogenen Sache, oder aus der Eigenschaft des Thäters. §. 173. a) der höhere Betrag; Der Betrag macht den Diebstahl zum Verbrechen, wenn derselbe oder der Werth desjenigen, was gestohlen worden, mehr als fünfundzwanzig Gulden ausmacht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob dieser Betrag oder Werth aus einem oder mehreren, gleichzeitigen oder wiederholten, Angriffen hervorgehe, ob er einen oder mehreren Eigenthümern entwendet, ob der Diebstahl an einem oder an verschiedenen Gegenständen vollbracht worden ist. Der Werth aber ist nicht nach dem Vortheile des Diebes, sondern nach dem Schaden des Bestohlenen zu berechnen. §. 174. b) die gefährlichere Beschaffenheit der That; Aus der Beschaffenheit der That ist ein Diebstahl ein Verbrechen: I. Ohne alle Rücksicht auf den Betrag, wenn der Dieb mit Gewehr oder anderen der persönlichen Sicherheit gefährlichen Werkzeugen versehen gewesen; - oder wenn er bei seiner Betretung auf dem Diebstahle wirkliche Gewalt oder gefährliche Drohung gegen eine Person angewendet hat, um sich im Besitze der gestohlenen Sache zu erhalten. II. Wenn der Diebstahl mehr als fünf Gulden beträgt, und zugleich a) während einer Feuersbrunst, Wassernoth, oder eines anderen gemeinen oder dem Bestohlenen insonderheit zugestoßenen Bedrängnisses; b) in Gesellschaft eines oder mehrerer Diebsgenossen; c) an einem zum Gottesdienste geweihten Orte; d) an versperrten Sachen; e) an Holz, entweder in eingefriedeten Waldungen, oder mit beträchtlicher Beschädigung der Waldungen; f) an Fischen in Teichen; g) an Wild, entweder in eingefriedeten Waldungen, oder mit besonderer Kühnheit, oder von einem gleichsam ein ordentliches Gewerbe damit treibenden Thäter verübt worden ist. Strafgesetz 1852 (Österreich) 35 §. 175. c) die Eigenschaft der gestohlenen Sache; Aus der Eigenschaft der gestohlenen Sache wird der Diebstahl zum Verbrechen: I. Ohne Rücksicht auf den Betrag, wenn solcher a) an einer unmittelbar zum Gottesdienste gewidmeten Sache mit einer den Religionsdienst beleidigenden Verunehrung, oder b) an den in den §§. 85 lit. c) und 89 genannten Gegenständen begangen wird. II. Wenn er mehr als fünf Gulden beträgt, und a) an Früchten auf dem Felde oder an Bäumen, und in den Ländern, in welchen die Zucht der Seidenwürmer einen Zweig der Industrie und der Landwirtschaft bildet, auch am Laub der Maulbeerbäume, welches zur Fütterung der Seidenwürmer dienet; b) am Vieh auf der Weide oder am Triebe; c) an Ackergerätschaften auf dem Felde verübt worden ist; d) an Mineralien, Werkzeugen oder Geräthschaften im Innern der Bergwerke, auf Tagbauen, auf Halden oder in Aufbereitungswerkstätten. §. 176. d) die Eigenschaft des Thäters. Aus der Eigenschaft des Thäters ist der Diebstahl ein Verbrechen: I. Ohne alle Rücksicht auf den Betrag, wenn der Thäter sich das Stehlen zur Gewohnheit gemacht hat. II. Mit Rücksicht auf einen Betrag von mehr als fünf Gulden: a) wenn der Thäter schon zweimal, sei es des Verbrechens oder der Uebertretung, des Diebstahles wegen gestraft worden; b) der Diebstahl von Dienstleuten an ihren Dienstgebern oder anderen Hausgenossen; c) von Gewerbsleuten, Lehrjungen oder Taglöhnern an ihrem Meister oder denjenigen, welche die Arbeit bedungen haben, verübt wird. §. 177. Wenn der Diebstahl nach §. 176 lediglich aus der Eigenschaft des Thäters diesem als Verbrechen zuzurechnen ist, so ist weder die Theilnahme, noch die Mitschuld an demselben als Verbrechen zu behandeln. §. 178. Strafe des Verbrechens des Diebstahls. Ist der Diebstahl außer dem, was in den §§. 173-176 zum Verbrechen erfordert wird, nicht weiter beschwert, so soll er mit schwerem Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre; bei erschwerenden Umständen aber, zwischen einem und fünf Jahren bestraft werden. §. 179. Beläuft sich aber die Summe des Gestohlenen über dreihundert Gulden; - oder ist der Diebstahl mit besonderer Verwegenheit, Gewalt oder Arglist verübt worden; - oder hat der Dieb bei seiner Betretung auf dem Diebstahle gegen eine Person wirkliche Gewalt oder gefährliche Drohung angewendet, um sich in dem Besitze der gestohlenen Sache zu erhalten; - oder hat sich der Thäter das Stehlen zur Gewohnheit gemacht, so soll auf fünf- bis zehnjährigen schweren Kerker erkannt werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 36 §. 180. Der Umstand, daß ein Diebstahl zur Nachtzeit verübt wurde, macht denselben zwar für sich allein, wenn nicht zugleich einer der in den §§. 173-176 angeführten Umstände hinzutritt, noch zu keinem Verbrechen, jedoch soll ein solcher Diebstahl entweder in der Ausmessung der Dauer oder in der Verschärfung der Strafe strenger bestraft werden, als wenn er unter übrigens gleichen Umständen bei Tag geschehen wäre. §. 181. Die Veruntreuung wird zu einem Verbrechen; a) aus der Beschaffenheit der That; Als ein Verbrechen ist diejenige Veruntreuung zu behandeln, wenn Jemand ein, vermöge seines öffentlichen (Staats- oder Gemeinde-) Amtes oder besonderen obrigkeitlich oder Gemeindeauftrages ihm anvertrautes Gut im Betrage von mehr als fünf Gulden vorenthält, oder sich zueignet. §. 182. Strafe. Eine solche Veruntreuung soll mit schwerem Kerker von einem bis zu fünf Jahren; wenn sie aber hundert Gulden übersteigt, von fünf bis zehn, und zwanzig Jahren bestraft werden. §. 183. b) durch den höheren Betrag. Des Verbrechens der Veruntreuung macht sich auch derjenige schuldig, welcher außer dem im §. 181 enthaltenen Falle ein ihm anvertrautes Gut in einem Betrage von mehr als fünfzig Gulden vorenthält oder sich zueignet. Die vom Gläubiger gepfändeten und in Verwahrung des Schuldners belassenen Sachen sind auch als ein dem Letzteren anvertrautes Gut zu betrachten. §. 184. Strafe; Eine solche Veruntreuung ist mit Kerker von sechs Monaten bis auf ein Jahr; wenn aber der Betrag dreihundert Gulden übersteigt, mit schwerem Kerker von einem bis auf fünf Jahre; und bei besonders erschwerenden Umständen zwischen fünf und zehn Jahren zu bestrafen. §. 185. Theilnehmung am Diebstahl oder an Veruntreuung. Der Theilnehmung am Diebstahle oder an einer Veruntreuung macht sich derjenige schuldig, der eine gestohlene oder veruntreute Sache verhehlt, an sich bringt, oder verhandelt. §. 186. Strafe. Ist dem Theilnehmer: a) aus dem Vertrage oder Werthe der Sache, oder aus dem Vorgange bekannt, daß der Diebstahl oder die Veruntreuung auf eine Art, die sie zum Verbrechen eignet, insoferne dieselbe nicht bloß in der persönlichen Eigenschaft des Thäters liegt, begangen worden sei; oder b) übersteigen die zu mehreren Malen verhehlten, an sich gebrachten oder verhandelten Sachen zusammen bei dem Diebstahle den Betrag oder Werth von fünf und zwanzig, bei der Veruntreuung aber von fünfzig Gulden, so ist die Theilnehmung mit Kerker von sechs Monaten bis auf ein Jahr, nach der Größe des Betrages, der Hinterlist und der beförderten Schadens auch bis auf fünf Jahre zu bestrafen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 37 §. 187. Straflosigkeit des Diebstahls und der Veruntreuung wegen der thätigen Reue. Jeder Diebstahl und jede Veruntreuung hört auf strafbar zu seyn, wenn der Thäter aus thätiger Reue, obgleich auf Andringen des Beschädigten, nicht aber ein Dritter für ihn, eher als das Gericht oder eine andere Obrigkeit sein Verschulden erfährt, den ganzen aus seiner That entspringenden Schaden wieder gut macht. Eben dieses gilt auch von der Theilnehmung; doch reicht es zur Befreiung hin, wenn der Theilnehmer an einem Diebstahle oder an einer Veruntreuung vor der obrigkeitlichen Entdeckung den ganzen aus seiner Theilnehmung entstandenen Schaden, insofern sich dieser Antheil erheben läßt, gut gemacht hat. §. 188. Wenn also ein Beschädigter bei der Obrigkeit die Anzeige eines an ihm verübten Diebstahls machte, ohne auch nur aus entfernten Inzichten auf einen Thäter deuten zu können, von dem Thäter aber, ehe die Obrigkeit zur Kenntniß gelangt, daß er der Thäter sei, der Schade gut gemacht würde, so ist der Thäter allerdings straflos; dagegen findet die Bestimmung des vorstehenden Paragraphes keine Anwendung: a) wenn ein Dieb, bevor er das gestohlene Gut in Sicherheit brachte, auf der Flucht von dem Bestohlenen eingeholt wird, und es auf dessen Abforderung zurückstellt, oder es bei der Verfolgung hinwegwirft; oder b) wenn der Thäter sich verpflichtet, dem Beschädigten binnen einer bestimmten Zeit Vergütung zu leisten, aber den Vergleich nicht hält und dann von dem Beschädigten angezeigt wird; oder c) wenn unter diesen Verhältnissen bei der Abschließung des Vergleiches nur ein Theil des entwendeten Gutes zurückgestellt worden ist; oder d) wenn der Thäter einen Theil des entwendeten Gutes vor der obrigkeitliche Entdeckung zurückstellt, und in Rücksicht des Ueberrestes einen Vergleich anbietet, der Beschädigte aber keinen Vergleich eingeht, und den Thäter verhaften läßt. §. 189. Diebstähle und Veruntreuungen, welche als Uebertretungen behandelt werden. In wieferne übrigens die hier nicht vorkommenden Diebstähle oder Veruntreuungen und die Theilnehmung an denselben, wie auch überhaupt die unter Ehegatten, Eltern, Kindern, und Geschwistern, so lange sie in gemeinschaftlicher Haushaltung leben, vorfallenden Diebstähle und Veruntreuungen als Uebertretungen zu behandeln seien, darüber ist die Vorschrift im zweiten Theile dieses Gesetzes enthalten (§. 463). Zwei und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Raube. §. 190. Raub. Eines Raubes macht sich schuldig, wer einer Person Gewalt anthut, um sich ihrer oder sonst einer fremden beweglichen Sache zu bemächtigen; die Gewalt mag mit thätlicher Beleidigung, oder nur mit Drohung geschehen. §. 191. Strafe. Schon eine solche Drohung, wenn sie auch nur von einem einzelnen Menschen geschehen und ohne Erfolg geblieben ist, soll mit fünf- bis zehnjährigem schweren Kerker bestraft werden. §. 192. Ist aber die Drohung in Gesellschaft eines oder mehrerer Raubgenossen, oder mit mörderischen Waffen geschehen, oder ist das Gut auf die Bedrohung wirklich geraubt worden; so soll auf schweren Kerker von zehn bis zwanzig Jahren erkannt werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 38 §. 193. Diese Strafe findet auch Statt, wenn gewaltthätig Hand an eine Person gelegt wurde, obgleich der Raub nicht vollbracht worden. §. 194. Ist aber der mit gewaltthätiger Handanlegung unternommene Raub auch vollbracht worden, so ist die Strafe des schweren Kerkers von zehn zu zwanzig Jahren mit Verschärfung anzuwenden. §. 195. Wenn aber bei dem Raube Jemand dergestalt verwundet oder verletzt worden, daß derselbe dadurch eine schwere körperliche Beschädigung (§. 152) erlitten hat; oder wenn Jemand durch anhaltende Mißhandlung oder gefährliche Bedrohung in einen qualvollen Zustand versetzt worden ist; so soll Jeder, der daran Theil genommen, mit lebenslangem schweren Kerker bestraft werden. §. 196. Theilnehmung am Raube. Wer eine Sache, wovon er weiß, daß sie geraubt worden, sei sie auch von geringem Betrage oder Werthe, verhehlt, verhandelt oder an sich bringt, ist des Verbrechens der Theilnehmung am Raube schuldig, und mit schwerem Kerker zwischen einem und fünf Jahren zu bestrafen. Drei und zwanzigstes Hauptstück. Vom Betruge. §. 197. Betrug. Wer durch listige Vorstellungen oder Handlungen einen Anderen in Irrthum führt, durch welchen Jemand, sei es der Staat, eine Gemeinde oder andere Person, an seinem Eigenthume oder anderen Rechten, Schaden leiden soll; oder wer in dieser Absicht und auf die eben erwähnte Art eines Anderen Irrthum oder Unwissenheit benützt, begeht einen Betrug; er mag sich hiezu durch Eigennutz, Leidenschaft, durch die Absicht, Jemanden gesetzwidrig zu begünstigen, oder sonst durch was immer für eine Nebenabsicht haben verleiten lassen. §. 198. Umstände, wodurch der Betrug zum Verbrechen wird: Der Betrug wird zum Verbrechen, entweder aus der Beschaffenheit der That oder aus dem Betrage des Schadens. §. 199. a) die Beschaffenheit der That. Unter den Bedingungen des §. 197 wird der Betrug schon aus der Beschaffenheit der That zum Verbrechen: a) wenn sich in eigener Sache bei Gericht zu einem falschen Eide erboten, oder wirklich ein falscher Eid geschworen wird, oder wenn sich um ein falsches Zeugniß, so vor Gericht abgelegt werden soll, beworben, oder wenn ein falsches Zeugniß gerichtlich angeboten oder abgelegt wurde, wenn dasselbe auch nicht zugleich die Anerbietung oder Ablegung eines Eides in sich begreift; b) wenn Jemand den Charakter eines öffentlichen Beamten fälschlich annimmt, oder einen obrigkeitlichen Auftrag, oder ein besonders von öffentlicher Behörde erhaltenes Befugniß lügt; c) wenn in einem öffentlichen Gewerbe unechtes oder geringhältiges, sei es zimentirtes oder nicht zimentirtes, Maß oder Gewicht gebraucht wird; d) wenn Jemand eine öffentliche Urkunde oder eine durch öffentliche Anstalt eingeführte Bezeichnung mit Stämpel, Siegel oder Probe nachmacht oder verfälscht; e) wenn die zur Bestimmung der Gränzen gesetzten Markungen weggeräumt oder versetzt werden; Strafgesetz 1852 (Österreich) 39 f) wenn Jemand durch Verschwendung sich in das Unvermögen, zu zahlen, gestürzt, oder durch Ränke den Credit zu verlängern gesucht hat, oder durch Aufstellung erdichteter Gläubiger, oder sonst durch betrügliches Einverständniß oder Verhehlung eines Theiles von seinem Vermögen, den wahren Stand der Masse verdreht. §. 200. b) der höhere Betrag. Andere Betrügereien werden zum Verbrechen, wenn der Schade, der verursacht, oder auf welchen die böse Absicht gerichtet worden, sich höher als auf fünf und zwanzig Gulden beläuft. §. 201. Hauptarten der Betrügereien, welche bei dem höheren Betrag zum Verbrechen werden. Die Arten des Betruges lassen sich zwar wegen ihrer zu großen Mannigfaltigkeit nicht alle in dem Gesetze aufzählen. Insbesondere macht sich aber mit Rücksicht auf den eben erwähnten Betrag eines Verbrechens schuldig: a) wer falsche Privaturkunden verfertigt oder echte verfälscht; wer Urkunden, welche ihm gar nicht, oder nicht ausschließlich gehören, zum Nachtheile eines Anderen vernichtet, beschädigt oder unterdrückt; wer nachgemachte oder verfälschte öffentliche Creditspapiere, wie auch, wer verfälschte Münze, ohne Einverständniß mit den Verfälschern oder Theilnehmern wissentlich weiter verbreitet; b) wer den Schwachsinn eines Anderen durch abergläubische oder sonst hinterlistige Verblendung zu dessen oder eines Dritten Schaden mißbraucht; c) wer gefundene oder ihm irrthümlich zugekommene Sachen geflissentlich verhehlt und sich zueignet, was jedoch auf die Verheimlichung eines aufgefundenen Schatzes nicht anwendbar ist; d) wer sich einen falschen Namen, Stand oder Charakter beilegt, sich für den Eigenthümer fremden Vermögens ausgibt, oder sonst hinter einem falschen Scheine verbirgt, um sich unrechtmäßigen Gewinn zuzueignen, Jemandem an Vermögen oder Rechten Schaden zu thun, oder Jemanden zu nachtheiligen Handlungen zu verleiten, zu denen er sich ohne den ihm mitgespielten Betrug nicht würde verstanden haben; e) wer sich in einem Spiel falscher Würfel, falscher Karten, eines hinterlistigen Einverständnisses oder anderer listigen Ränke bedient. §. 202. Strafe des Verbrechen des Betruges. Die Strafe des Betruges ist insgemein Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre, bei erschwerenden Umständen aber von einem bis zu fünf Jahren. §. 203. Uebersteigt aber der Betrag oder Werth, den sich der Thäter durch das Verbrechen zugewendet, oder worauf die Absicht gerichtet gewesen ist, die Summe von dreihundert Gulden; oder hat der Verbrecher den Betrug mit besonderer Kühnheit oder Arglist verübt; oder die Betrügereien sich zur Gewohnheit gemacht, so ist die Strafe schwerer Kerker von fünf bis zu zehn Jahren. Strafgesetz 1852 (Österreich) 40 §. 204. Wenn das Verbrechen des Betruges durch einen falschen Eid begangen wird (§. 199, lit. a), soll der Betrüger zur schweren Kerkerstrafe, nach der in den §§. 202 und 203 bestimmten Dauer, und wenn er durch den falschen Eid einen sehr wichtigen Schaden verursacht hat, bis zu zwanzigjährigem, nach Umständen auch zu lebenslangem schweren Kerker verurtheilt werden. §. 205. Betrügereien, die als Uebertretungen behandelt werden. Betrügereien, bei welchen kein in den §§. 199 und 200 angeführter Umstand eintritt, sind als Uebertretungen nach der im zweiten Theile dieses Gesetzes vorkommenden Vorschrift zu behandeln. Vier und zwanzigstes Hauptstück. Von der zweifachen Ehe. §. 206. Zweifache Ehe. Wenn eine verehelichte Person mit einer anderen Person eine Ehe schließt, so begeht sie das Verbrechen der zweifachen Ehe. §. 207. Gleiches Verbrechen begeht diejenige Person, welche, ob sie gleich selbst unverheirathet ist, wissentlich eine verehelichte Person heirathet. §. 208. Strafe. Die Strafe dieses Verbrechens ist Kerker von einem bis auf fünf Jahre. Hat der Verbrecher der Person, mit welcher er die zweite Ehe geschlossen, seinen Ehestand verhehlt; so soll er zu schwerem Kerker verurtheilt werden. Fünf und zwanzigstes Hauptstück. Von der Verläumdung. §. 209. Verläumdung. Wer Jemanden wegen eines angedichteten Verbrechens bei der Obrigkeit angibt, oder auf solche Art beschuldigt, daß seine Beschuldigung zum Anlasse obrigkeitlicher Untersuchung, oder doch zur Nachforschung gegen den Beschuldigten dienen könnte, macht sich des Verbrechens der Verläumdung schuldig. §. 210. Strafe. Die Strafe des Verläumders ist in der Regel schwerer Kerker von einem bis auf fünf Jahre; dieser ist aber bis auf zehn Jahre zu verlängern, wenn a) der Verläumder sich einer besonderen Arglist, um die Beschuldigung glaublich zu machen, bedient; oder b) den Beschuldigten einer größeren Gefahr ausgesetzt hat; oder wenn c) der Verläumder ein Dienstbote, Hausgenosse, oder ein Untergebener des Verläumdeten ist, oder ein Beamter die Verläumdung in seinem Amte ausgeübt hat. Strafgesetz 1852 (Österreich) 41 Sechs und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Verbrechern geleisteten Vorschube. §. 211. Vorschub zu Verbrechen. Daß durch Zuthun eben die Gattung von Verbrechen begangen werden, deren sich der unmittelbare Thäter schuldig macht, ist schon in dem §. 5 erklärt. Aber auch derjenige, der einem Verbrecher Vorschub leistet, wird in nachstehenden Fällen selbst eines Verbrechens schuldig: §. 212. a) durch boshafte Unterlassung der Verhinderung. Erster Fall. Wenn Jemand, ein Verbrechen zu hindern, aus Bosheit unterläßt, da er es doch leicht, und ohne sich, seine Angehörigen (§. 216), oder diejenigen Personen, die unter seinem gesetzlichen Schutze stehen, einer Gefahr auszusetzen, hätte verhindern können. §. 213. Strafe. Bei den Verbrechen des Hochverrathes, der Ausspähung, unbefugten Werbung und der Behandlung eines Menschen als Sklaven ist eine so beschaffenen Unterlassung für Mitschuld zu achten und auf die in den §§. 60, 67, 92 und 95 bestimmte Art zu behandeln. Bei anderen Verbrechen soll der Schuldige mit Kerker von sechs Monaten bis auf ein Jahr; wenn aber die auf die That gesetzte Strafe der Tod oder lebenslanger Kerker ist, mit schwerem Kerker zwischen einem und fünf Jahren bestraft werden. §. 214. b) durch Verhehlung. Zweiter Fall. Wenn Jemand der nachforschenden Obrigkeit die zur Entdeckung des Verbrechens oder des Thäters dienlichen Anzeigungen verheimlicht, d. h. deren Bekanntwerden absichtlich zu hindern oder wenigstens zu erschweren sucht; oder den Verbrecher vor ihr verbirgt; oder den ihm bekannten Verbrecher Unterschleif gibt; oder ihre Zusammenkünfte, da er sie hindern könnte, begünstigt. §. 215. Strafe. Ein solcher Verhehler soll, wofern nicht bei den Verbrechen des Hochverrathes, der Ausspähung und Falschwerbung der Fall der unterlassenen Anzeige eintritt, und die Mitschuld an eben diesen Verbrechen begründet (§§. 61, 67 und 92), nach der Gefährlichkeit des verhehlten Verbrechers, und nach der durch seinen Vorschub beförderten Schädlichkeit, mit Kerker von sechs Monaten bis auf ein Jahr; und im Falle des gegebenen Unterschleifes, oder der begünstigten Zusammenkünfte mit schwerem Kerker bis auf fünf Jahre bestraft werden. §. 216. Doch können des Verbrechers Verwandte und Verschwägerte in auf- und absteigender Linie, wie auch seine Geschwister, Geschwisterkinder oder die ihm noch näher verwandt sind, sein Ehegenoß, die Geschwister seines Ehegenossen und die Ehegenossen seiner Geschwister wegen einer solchen Verhehlung allein, nicht gestraft werden. §. 217. c) durch Hilfe zur Entweichung eines wegen Verbrechens Verhafteten. Dritter Fall. Wenn Jemand einem wegen eines Verbrechens Verhafteten die Gelegenheit zum Entweichen durch List oder Gewalt erleichtert, oder der nachforschenden Obrigkeit in Wiedereinbringung des Entwichenen Hinderniß legt. Strafgesetz 1852 (Österreich) 42 §. 218. Strafe. Wenn der Vorschub von Jemandem gegeben wird, der zur Sorge für die Verwahrung verpflichtet ist; oder wenn derjenige, der den Vorschub geleistet, wußte, daß der Verhaftete eines Hochverrathes, einer Verfälschung der Creditspapiere oder Münze, eines Mordes, Raubes oder angelegten Brandes beschuldigt oder straffällig erkannt ist, wird der Verbrecher mit schwerem Kerker, und zwar, wenn der Vorschub einem wegen Hochverrathes oder verfälschter Creditspapiere Verhafteten geleistet worden, zwischen fünf und zehn Jahren, in anderen hier benannten Fällen aber zwischen einem und fünf Jahren zu bestrafen seyn. §. 219. Ist der Verhaftete wegen eines anderen Verbrechens, als die in dem vorhergehenden Paragraphe benannt sind, in der Untersuchung oder Strafe, und hat derjenige, der ihm Vorschub gethan, keine besondere Pflicht zu seiner Verwahrung, so ist die Strafe Kerker zwischen sechs Monaten und einem Jahre. §. 220. d) durch Verhehlung oder sonstige Begünstigung eines Deserteurs. Vierter Fall. Wer ohne im Vorhinein getroffenes Einverständniß (§. 222) einen aus dem Militärdienste entwichenen Soldaten oder Dienstmann (Ausreißer, Deserteur) durch Anweisung des Weges, durch Verkleidung, Verbergung, durch einen bei sich gegebenen Aufenthalt, oder auf was immer für eine Art hilfreiche Hand bietet, und dadurch die Fortsetzung seiner Flucht begünstiget oder die Ausforschung und Wiedereinbringung des Ausreißers erschwert. §. 221. Strafe. Ein solcher Beförderer soll nebst dem, daß er einhundert Gulden an die Kriegscasse zu bezahlen hat, mit Kerker zwischen sechs Monaten und einem Jahre bestraft werden. Ist jedoch eine solche Begünstigung durch einen in längerer Zeit fortgesetzte Verhehlung, oder durch Abkaufung der Montur, Waffen, des Pferdes, oder sonstiger Ausrüstungs-Gegenstände des Ausreißers, oder aus Gewinnsucht, oder unter anderen besonders erschwerenden Umständen verübt worden, so ist die Strafe schwerer Kerker von einem bis zu fünf Jahren. Kann der Schuldige die Zahlung an die Kriegscasse nicht leisten, so ist die Strafe länger auszumessen oder zu verschärfen, und es kann der Umstand, daß der Ausreißer wieder eingebracht worden, an der Anwendung gegenwärtiger Anordnung nichts ändern. §. 222. Verleitung eines Soldaten zur Verletzung militärischer Dienstpflicht und Hilfeleistung zu militärischen Verbrechen. Wer einen zum k. k. Kriegsdienst verpflichteten Mann, obgleich er selbst in keiner solchen Verpflichtung steht, zur treulosen Verlassung des Kriegsdienstes (Desertion), oder zu was immer für einer, nach den für das k. k. Militär geltenden Strafgesetzen als Verbrechen zu behandelnden Verletzung der eidlichen angelobten Treue, des Gehorsams, der Wachsamkeit, oder sonstiger Militärdienstpflichten verleitet, auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht; oder demselben bei Begehung eines Militär-Verbrechens auf was immer für eine Weise Beistand leistet, wird von den Militärgerichten nach den darüber bestehenden besonderen Vorschriften untersucht und bestraft. Strafgesetz 1852 (Österreich) 43 Sieben und zwanzigstes Hauptstück. Von Erlöschung der Verbrechen und Strafen. §. 223. Erlöschungsarten der Verbrechen. Das Verbrechen erlischt: a) durch den Tod des Verbrechers; b) durch die ausgestandene Strafe; c) durch Erlassung derselben; d) durch Verjährung. §. 224. a) der Tod des Verbrechers; Der Tod des Thäters, dieser mag vor, oder nach begonnener Untersuchung (§. 227.), vor oder nach geschöpftem Urtheil erfolgen, hebt zwar die Verfolgung des Verbrechers, und die Anwendung der Strafe auf, jedoch hat das bereits angekündigte Urtheil seine Wirkung in Ansehung der nach dem §. 27 unter b) verlornen freien Verfügung über das Vermögen. §. 225. b) die Vollstreckung der Strafe; Wenn der Verbrecher die wider ihn erkannte Strafe ausgestanden hat, ist das Verbrechen für getilgt anzusehen. Der Bestrafte tritt wieder in alle gemeinschaftliche, bürgerliche Rechte, so weit ihr Verlust nicht unter den in den §§. 26 und 27 ausgedrückten Folgen der Verurtheilung begriffen ist, oder nach dem §. 25 damit verbunden wird. Er kann daher in dem Genusse solcher Rechte von Niemandem gehindert, oder gekränkt werden. Auch soll ihm, so lange er seinen Wandel mit Rechtschaffenheit fortsetzt, über das Vergangene von Niemandem ein Vorwurf gemacht, noch er darüber auf irgend eine Art geschmäht werden §. 226. e) die Nachsicht; Soweit die zuerkannte Strafe nachgesehen worden, hat die Nachsicht eben die Wirkung, wie die ausgestandene Strafe. §. 227. d) die Verjährung; Durch Verjährung erlischt Verbrechen und Strafe, wenn der Thäter von dem Zeitpuncte des begangenen Verbrechens; oder in dem Falle, wenn er deßhalb schon in Untersuchung gezogen worden ist, von der Zeit des Urtheils, wodurch er rechtskräftig freigesprochen worden ist, an zu rechnen, in der vom gegenwärtigen Gesetz bestimmten Zeit von einem inländischen Strafgerichte nicht in die Untersuchung gezogen wurde. Die Verjährung wird daher unterbrochen, wenn gegen den Thäter als Angeschuldigten eine Vorladung, ein Vorführungs- oder Verhaftsbefehl erlassen, oder ein Beschluß zur Einleitung der Untersuchung geschöpft, oder wenn er als Angeschuldigter bereits vernommen oder verhaftet, oder mittelst der Nacheile oder durch Steckbriefe verfolgt worden war. Strafgesetz 1852 (Österreich) 44 §. 228. Die Zeit der Verjährung wird a) für Verbrechen, worauf lebenslange Kerkerstrafe gesetzt ist, auf zwanzig Jahre; b) bei solchen, die nach dem Gesetze mit einer Strafe von zehn bis zwanzig Jahren belegt werden sollten, auf zehn Jahre; für alle übrigen Verbrechen auf fünf Jahre bestimmt. §. 229. Die Verjährung kommt aber nur demjenigen zu Statten, der a) von dem Verbrechen keinen Nutzen mehr in Händen; b) auch, in so weit es die Natur des Verbrechens zugibt, nach seinen Kräften Wiedererstattung geleistet; c) sich nicht aus diesen Staaten geflüchtet, und d) in der zur Verjährung bestimmten Zeit kein Verbrechen mehr begangen hat. §. 230. Wirkung. Die Wirkung der Verjährung ist: daß weder Untersuchung noch Strafe wegen eines solchen Verbrechens mehr Statt haben kann. §. 231. Einschränkung der Erlöschungsart durch Verjährung. Bei Verbrechen, worauf die Todesstrafe verhängt ist, schützt keine Verjährung vor der Untersuchung und Bestrafung. Wenn jedoch von der Zeit eines solchen verübten Verbrechens ein Zeitraum von zwanzig Jahren verstrichen ist, und die in den §§. 227 und 229 angeführten Bedingungen eintreten, ist nur auf schweren Kerker zwischen zehn und zwanzig Jahren zu erkennen. §. 232. Bei einem Verbrechen, worauf im Gesetze Todes- oder lebenslange Kerkerstrafe verhängt ist, gilt hinsichtlich derjenigen Personen, welche zur Zeit, als sie daran Theil genommen haben, noch nicht das zwanzigste Jahr zurückgelegt hatten, nur die Strafdauer von zehn bis zwanzig Jahren als Maßstab der Verjährung. (§. 228, lit. b.) Zweiter Theil. Von den Vergehen und Uebertretungen. Erstes Hauptstück. Von Vergehen und Uebertretungen überhaupt, und deren Bestrafung. §. 233. Die Unkenntniß dieses Gesetzes entschuldigt nicht. Die in diesem Theile des Strafgesetzes vorkommenden Vergehen und Uebertretungen sind insgesammt Handlungen oder Unterlassungen, die jeder als unerlaubt von selbst erkennen kann; oder wo der Thäter die besondere Verordnung, welche übertreten worden, nach seinem Stande, seinem Gewerbe, seiner Beschäftigung, oder nach seinen Verhältnissen zu wissen verpflichtet ist. Die Unkenntniß dieses Strafgesetzes kann also rücksichtlich der in demselben vorkommenden Vergehen und Uebertretungen nicht entschuldigen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 45 §. 234. Verbindlichkeit der Ausländer. Auch Ausländer, die sich in dem österreichischen Kaiserstaate aufhalten, können dieser Vergehen und Uebertretungen schuldig werden, da sie verbunden sind, überhaupt die auf öffentliche Sicherheit und Ordnung sich beziehenden allgemeinen Verordnungen, und wenn sie ein Geschäft unternehmen, auch die besonderen Verordnungen, welche auf dieses Geschäft Beziehung haben, sich bekannt zu machen. Hingegen sind Ausländer, welche in einem fremden Staate sich einer in diesem Theile des Strafgesetzes vorgesehenen strafbaren Handlungen schuldig gemacht haben, deßhalb weder an das Ausland auszuliefern, noch im Inland zu bestrafen. §. 235. Von den Vergehen und Uebertretungen der Inländer im Auslande. Wegen Vergehen und Uebertretungen, die ein Inländer im Ausland begangen hat, ist er bei seiner Betretung im Inlande nie an das Ausland auszuliefern, sondern dann, wenn dieselben im Auslande nicht bestraft oder nicht nachgesehen worden, ohne Rücksicht auf die Gesetze des Landes, wo sie begangen wurden, nach diesem Strafgesetz zu behandeln. Diese Vorschrift findet auch in denjenigen Fällen Anwendung, wenn gegen einen Inländer der wegen derlei Vergehen oder Uebertretungen im Auslande bereits eine Strafe zuerkannt, aber noch nicht vollzogen worden ist. In keinem Falle sind Urtheile ausländischer Strafbehörden im Inlande zu vollziehen. §. 236. Bei Verbrechen in zufälliger Trunkenheit verübt, ist die Trunkenheit als Uebertretung zuzurechnen. Obgleich Handlungen, die sonst Verbrechen sind, in einer zufälligen Trunkenheit verübt, nicht als Verbrechen angesehen werden können (§. 2, lit. c), so wird in diesem Falle dennoch die Trunkenheit als eine Uebertretung bestraft. (§. 523.) §. 237. Strafbare Handlungen der Kindheit. – Verbrechen der Unmündigen vom eilften bis zum vierzehnten Jahre. Die strafbare Handlung, die von Kindern bis zu dem vollendeten zehnten Jahre begangen werden, sind bloß der häuslichen Züchtigung zu überlassen; aber von dem angehenden eilften bis zu dem vollendeten vierzehnten Jahre werden Handlungen, die nur wegen Unmündigkeit des Thäters nicht als Verbrechen zugerechnet werden (§. 2, lit d), als Uebertretungen bestraft. (§§. 269 und 270.) §. 238. Gesetzwidrige Handlungen an sich, auch ohne böse Absicht und erfolgten Schaden, sind Vergehen oder Uebertretungen. Schon die gegen ein Verbot vollbrachte Handlung oder gegen ein Gebot geschehene Unterlassung ist, in sofern sie durch dieses Gesetz dafür erklärt wird, ein Vergehen oder eine Uebertretung, obgleich weder eine böse Absicht dabei mit unterlaufen, noch Schaden oder Nachtheil daraus erfolgt ist. §. 239. Im Allgemeinen haben die in den §§. 5-11 über Verbrechen festgesetzten Bestimmungen auch auf Vergehen und Uebertretungen Anwendungen zu finden, in sofern nicht Abweichungen hiervon im Gesetze in einzelnen Fällen insbesondere angeordnet sind, oder aus der eigenthümlichen Natur des Vergehens oder der Uebertretung folgen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 46 Zweites Hauptstück. Von den Strafen der Vergehen und Uebertretungen überhaupt. §. 240. Gattung der Strafen bei Vergehen und Uebertretungen. Die in diesem Gesetz vorkommenden Vergehen und Uebertretungen werden bestraft: a) um Geld; b) mit Verfall von Waaren, Feilschaften und Geräth; c) mit Verlust von Rechten und Befugnissen; d) mit Arrest; e) mit körperlicher Züchtigung; f) mit Abschaffung aus einem Orte, oder g) aus einem Kronlande, oder h) aus sämmtlichen Kronländern des österreichischen Kaiserstaates. §. 241. Geld, Waaren und Geräthe verfällt dem Armenfonde. Die an Geld, an Waaren, Feilschaften oder Geräth wegen Vergehen oder Uebertretungen verwirkte Strafe verfällt jedesmal dem Armenfonde des Ortes, wo die strafbare Handlung begangen worden. §. 242. Verlust von Rechten und Befugnissen; gegen wen solcher verhängt wird. Der Verlust von Rechten und Befugnissen wird verhängt gegen graduirte oder andere ein Amt oder eine Beschäftigung unter öffentlicher Beglaubigung ausübende Personen, gegen solche, die ein Handwerk oder Gewerbe als Bürger oder unter erhaltener obrigkeitlicher Bewilligung betreiben. Diese Bestrafung wird auf bestimmte Zeit oder für beständig zuerkannt. §. 243. Ist wegen eines Vergehens oder einer Uebertretung auf den Verlust eines Gewerbes zu erkennen, so ist dem Untersuchten auf keine Weise zu gestatten, während der Untersuchung oder vor dem gefällten Urtheile auf das Gewerbe zu verzichten. Ist in diesem Falle das Gewerbe ein persönliches, so erlischt für den Verurtheilten das Recht, zum selbständigen Gewerbsbetriebe gänzlich; war aber das Gewerbe ein radicirtes oder verkäufliches, so ist der Verurtheilte wohl des Ausübungsrechtes verlustig, der für den Fall der Veräußerung dafür eingehende Kaufschilling aber ist keineswegs als verfallen zu erklären. §. 244. Arrest. Erster Grad. Die Strafe des Arrestes hat zwei Grade: der erste wird durch Arrest, ohne Zusatz, bezeichnet, und besteht in Verschließung in einem Gefangenenhaus ohne Eisen; wobei dem Verurtheilten, wenn er sich den Unterhalt aus eigenen Mitteln oder durch Unterstützung der Seinigen zu verschaffen fähig ist, die Wahl seiner Beschäftigung überlassen bleibt. §. 245. Zweiter Grad. Der Arrest des zweiten Grades wird durch den Zusatz „strenger Arrest“ bezeichnet. Auch in diesem wird der Verurtheilte ohne Eisen, in Beziehung auf Verpflegung und Arbeit aber so gehalten, wie es die Einrichtung der für solche Sträflinge bestimmten Strafanstalten nach den darüber bestehenden oder noch zu erlassenden besonderen Vorschriften mit sich bringt. Es wird ihm mit Niemanden eine Zusammenkunft ohne Gegenwart des Gefangenwärters, auch keine Unterredung in einer dem letzteren unverständlichen Sprache gestattet. Strafgesetz 1852 (Österreich) 47 §. 246. Hausarrest. Außer diesen beiden Grade des Arrestes kann auch auf Hausarrest, entweder gegen bloße Angelobung, sich nicht zu entfernen, oder mit Aufstellung einer Wache erkannt werden. Der Hausarrest verpflichtet den Verurtheilten, sich unter keinem Vorwande vom Hause zu entfernen, bei Strafe, die noch übrige Arrestzeit in dem öffentlichen Verhaftorte zu vollstrecken. §. 247. Längste und kürzeste Dauer der Arrestes. In der Regel ist die kürzeste Dauer des Arrestes von vier und zwanzig Stunden (§§. 260 und 267), die längste von sechs Monaten. §. 248. Als Hauptstrafe kann die körperliche Züchtigung nur in Stellvertretung der Arreststrafe (§. 260 lit. b), bloß bei den in den §§. 270, 279, 280, 283, 312, 315, 318, 392. 398, 411, 428, 430, 449, 450, 452, 453, 459, 460, 461, 465, 470, 481, 512, 515, 521, 524 und 525 bezeichneten Vergehen und Uebertretungen und ausschließend bei Dienstboten, Handwerksgesellen, Lehrjungen und solchen Personen Anwendung finden, die ihren Unterhalt in Tag- und Wochenlohn erwerben, denen also ein Arrest auch nur von wenigen Tagen an ihrem Erwerbe, oder an dem Unterhalte ihrer Angehörigen Schaden bringen würde - Sie besteht bei Jünglingen unter achtzehn Jahren und bei Frauenspersonen in Ruthenstreichen, bei erwachsenen Personen des männlichen Geschlechtes in Stockstreichen, und kann höchstens zwanzig Streiche betragen. – Sie darf erst nach vorausgegangener Erklärung des Arztes, daß sie dem Gesundheitszustande des Sträflinges unnachtheilig sei, während des Strafdauer nicht öfter als einmal, und nie öffentlich vollzogen werden. §. 249. Abschaffung. Die Abschaffung aus einem Orte oder aus einem Kronlande findet Statt entweder auf eine bestimmte, oder nach Beschaffenheit der strafbaren Handlung und der Umstände auch auf bestimmte Zeit. Auf Abschaffung aus sämmtlichen Kronländern des österreichischen Kaiserstaates kann nur gegen Ausländer erkannt werden. §. 250. Verschärfung der Strafen. Die hier aufgezählten Strafarten können auch verschärft werden. Eine Verschärfung im Allgemeinen ist, wenn von den einzelnen Strafen mehrere vereinigt werden. Sie hat jedoch nur in denjenigen Fällen Statt, für welche, und in dem Maße, wie sie in dem gegenwärtigen Gesetze bestimmt ist. §. 251. Besondere Bestimmungen bei Vergehen und Uebertretungen durch den Inhalt von Druckschriften. Wenn ein Vergehen durch eine periodische Druckschrift, wofür eine Caution bestellt ist, begangen wurde, so ist nebst der gesetzlichen Strafe auch auf den Verfall der Caution in dem Betrage von einhundert bis fünfhundert Gulden zu erkennen. - Unter dieses geringste gesetzliche Ausmaß darf des Gerichtshof den Cautions-Verfall nie herabsetzen. §. 252. Außerdem kann in dem Falle, wenn ein Vergehen durch die periodische Druckschrift, welche schon einmal den Anlaß zu einer Verurtheilung wegen Vergehen geboten hat, bei abermaliger Verurtheilung wegen eines Vergehens die Einstellung des Erscheinens der periodischen Druckschrift bis zu einer Dauer von drei Monaten ausgesprochen werden. Endlich kann in allen Fällen, wo ein Vergehen durch eine Druckschrift begangen wurde, auf die Vernichtung der im §. 29 bezeichneten Gegenstände erkannt werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 48 §. 253. Verschärfung des Arrestes. Mit dem Arreste können auch eine oder gleichzeitig mehrere der nachfolgenden Verschärfungen verbunden werden: a) Fasten; b) schwerere Arbeit; c) Anweisung eines harten Lagers; d) Anhaltung in Einzelnhaft; e) einsame Absperrung in dunkler Zelle; f) körperliche Züchtigung. §. 254. Verschärfung des Arrestes durch Fasten. Wird die Verschärfung durch Fasten dem Arreste des ersten Grades angehängt; so wird der Sträfling auf die Kost beschränket, welche bei dem Arreste zweiten Grades §. 245 vorgeschrieben ist. Bei Verschärfung des Arrestes des zweiten Grades ist der Sträfling an einigen Tagen bloß auf Brot und Wasser einzuschränken; doch soll beides nicht über zweimal in einer Woche geschehen. §. 255. Hartes Lager. Die Verschärfung des Sträflings auf hartes Lager darf nur an unterbrochenen Tagen, und nicht öfter als zweimal in der Woche stattfinden (§. 21). §. 256. Einzelnhaft. Die Anhaltung in Einzelnhaft (§. 22) darf ununterbrochen nicht länger als durch vierzehn Tage dauern, und dann erst wieder nach einem Zeitraum von einem Monat in Anwendung gebracht werden. §. 257. Dunkle Zelle. Die einsame Absperrung in dunkler Zelle (§. 23) darf ununterbrochen nicht länger als vier und zwanzig Stunden, dann erst wieder nach einem Zeitraume von einer Woche, und während der ganzen Strafdauer höchstens zehnmal stattfinden. §. 258. Körperliche Züchtigung. Als Verschärfung darf die körperliche Züchtigung bloß gegen Rückfällige, und nur unter den im §. 248 enthaltenen Beschränkungen in Anwendung kommen. §. 259. Strafarten im Allgemeinen können nicht verwechselt noch die Bestrafung durch Abkommen mit dem Beschädigten ausgeglichen werden. Im Allgemeinen kann die für jede strafbare Handlung bestimmte Strafart nicht verwechselt, noch die Bestrafung durch Abkommen mit dem Beschädigten aufgehoben werden. §. 260. Ausnahmen. Unter folgenden besonderen Umständen aber ist die in dem Gesetze bestimmte Strafe abzuändern: a) Wenn die Geldstrafe den Vermögens-Umständen oder dem Nahrungs-Betriebe des zu Verurtheilenden, oder seiner Familie zum empfindlichen Abbruche gereichen; b) wenn durch die Dauer des gesetzlich bestimmten Arrestes die Erwerbung des Sträflings oder seiner Familie in Verfall, oder doch in Unordnung gerathen könnte. Strafgesetz 1852 (Österreich) 49 Im ersten Falle ist anstatt der Geldstrafe auf eine verhältnißmäßige Arreststrafe und zwar da, wo das Gesetz nicht etwas Anderes insbesondere vorschreibt, für je fünf Gulden auf einen Tag zu erkennen. Im zweiten Fall kann die Dauer der Strafzeit selbst unter den gesetzlichen geringsten Strafsatz abgekürzt werden, es ist jedoch der Arrest nach §. 253 zu verschärfen. Die körperliche Züchtigung kann aber nur in jenen Fällen, in welchen die Arreststrafe höchstens auf dreißig Tage bemessen wurde, an deren Stelle in Anwendung kommen (§. 248). §. 261. Bei besonders rücksichtswürdigen Umständen kann der Arrest des ersten Grades auch in eine den Vermögens-Umständen des zu Bestrafenden angemessene Geldstrafe verändert, diese Strafverwechslung aber nie von der Wahl des zu Bestrafenden abhängig gemacht werden. §. 262. Wann Hausarrest verhängt werden kann. Ferner kann anstatt des Arrestes des ersten Grades Hausarrest verhängt werden, wenn der zu Bestrafende von unbescholtenem Rufe ist, und durch die Entfernung von seiner Wohnung gehindert würde, seinem Amte, seinem Geschäfte, oder seiner Erwerbung obzuliegen. §. 263. Erschwerende Umstände. Als erschwerende Umstände eines Vergehens, so wie einer Uebertretung, sind anzusehen: a) die Fortsetzung der strafbaren Handlung durch längere Zeit; b) die Wiederholung derselben auch dann, wenn der Thäter wegen eines gleichen Vergehens oder einer gleichen Uebertretung schon gestraft worden ist; c) je größer die aus der Handlung vorherzusehende Gefahr, oder d) der hieraus wirklich erfolgte Schade ist; e) je wichtiger das Verhältnis zwischen dem Schuldigen und dem Beschädigten oder Beleidigten; f) wenn Jugend oder andere ehrbare Personen verführt; g) verderbliche Beispiele in Familien gegeben, oder h) öffentliches Aergernis veranlaßt worden; i) wenn zur Vollziehung der strafbaren Handlung mehrere Zeit oder Vorbereitung nöthig war, oder größere Hindernisse bei Seite geschafft werden mußten; k) wenn der Schuldige der Anführer, oder auf andere Art der Urheber bei einer von Mehreren begangenen strafbaren Handlung war; l) wenn er mehrere Vergehen oder Uebertretungen von verschiedener Art begangen hat; m) wenn er die Untersuchung durch erdichtete Umstände hinzuhalten oder irre zu führen gesucht hat, und insbesondere n) bei Vergehen und Uebertretungen gegen die öffentliche Sittlichkeit, wenn der Schuldige eine Person von Erziehung und mehrerer Bildung ist. Strafgesetz 1852 (Österreich) 50 §. 264. Mildernde Umstände. Dagegen sind als mildernde Umstände anzusehen: a) ein der Unmündigkeit nahes Alter, schwächerer Verstand oder eine sehr vernachlässigte Erziehung; b) früherer unbescholtener Wandel; c) wenn der Schuldige von Anderen verführt; d) aus Furcht oder Vorurtheil des Ansehens, oder e) in einer heftigen Gemüthsbewegung, oder f) durch Nothumstände veranlaßt, gehandelt; g) wenn er, da es in seiner Gewalt stand, die strafbare Handlung zu vollenden, daraus größeren Vortheil zu ziehen, oder größeren Schaden zuzufügen, es bei dem Versuche gelassen, oder h) sich nur geringeren Vortheil zugeeignet, oder i) freiwillig von Zufügung größeren Schadens enthalten; k) wenn er den Schaden nach seinen Kräften gut zu machen gesucht; l) wenn er bei dem Verhöre aus eigenem Antriebe Umstände entdeckt hat, deren Kenntniß in den Stand setzte, einen hervorstehenden Schaden ganz abzuwenden oder zu vermindern. §. 265. Anwendung der Erschwerungs- und Milderungsumstände. Bei Ausmessung der Strafe ist auf die vorhandenen erschwerenden und mildernden Umstände, je nachdem die einen oder anderen überwiegend sind, Rücksicht zu nehmen, jedoch ist die Strafe in der Regel innerhalb des vom Gesetze für die einzelnen Vergehen oder Uebertretungen festgesetzten Strafsatzes auszumessen, so wie auch wegen Milderungs- oder Erschwerungs-Umständen regelmäßig auf keine andere Strafart zu erkennen ist. Wegen Erschwerungs-Umständen können überdies die Bestimmungen der §§. 250, 252 und 253 zur Anwendung kommen. §. 266. Außerordentliches Milderungsrecht. Wenn bei einem Vergehen oder einer Uebertretung mehrere und zwar solche Milderungs-Umstände zusammentreffen, welche mit Grund die Besserung des Schuldigen erwarten lassen, so kann sowohl der Arrest in einen gelinderen Grad verändert, als die gesetzliche Strafe auch unter den geringsten Strafsatz herabgesetzt werden: §. 267. Von dem Zusammentreffen mehrer Vergehen oder Uebertretungen. Hat der Untersuchte mehrere Vergehen oder mehrere Uebertretungen begangen, welche Gegenstand der nämlichen Untersuchung und Aburtheilung sind, oder treffen in solcher Weise Vergehen und Uebertretungen zusammen, so ist dasjenige Gesetz, welches unter diesen strafbaren Handlungen die höchste Strafe bestimmt, jedoch mit Bedacht auf die übrigen, in Anwendung zu bringen. Die in den §§. 251 und 252 festgesetzten besonderen Bestimmungen sind jedoch im Falle eines Zusammentreffens von mehreren Vergehen oder Uebertretungen oder von Vergehen mit Uebertretungen nebst der sonstigen gesetzlichen Strafe auch dann in Anwendung zu bringen, wenn auch nur eine der zusammentreffenden strafbaren Handlungen durch eine Druckschrift begangen wurde. Ebenso ist in dem Falle, wenn auch nur auf eine dieser zusammentreffenden strafbaren Handlungen in diesem oder einem anderen Gesetze eine Geldstrafe oder eine der im §. 240, lit. b) und c) bestimmten Strafen festgesetzt ist, nebst der sonstigen gesetzlichen jedenfalls auch diese besondere Strafe gegen den Schuldigen zu verhängen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 51 §. 268. Weitere Folgen der Verurtheilung. Welche weitere Folgen mit der Verurtheilung wegen eines Vergehens oder einer Uebertretung verbunden sind, ist in besonderen Gesetzen, und in politischen und kirchlichen Vorschriften enthalten. In jenen Fällen, wo der Verurtheilte ein Gewerbe, ein Schiffs-Patent oder die Berechtigung zur Führung eines Cabotage-Fahrzeuges besitzt, haben die im §. 30 enthaltenen Bestimmungen in Anwendung zu kommen, in soferne der Verlust eines solchen Befugnisses nicht ohnehin im Gesetze als Strafe angeordnet ist. Drittes Hauptstück. Von Bestrafung der Unmündigen. §. 269. Unmündige werden schuldig durch Verbrechen, die a) wegen der Unmündigkeit nur als Uebertretungen zugerechnet werden; oder b) durch Vergehen oder Uebertretungen an sich. Unmündige können auf zweifache Art schuldig werden: a) durch strafbare Handlungen, welche nach ihrer Eigenschaft Verbrechen wären, aber wenn sie Unmündige begehen, nach §. 237 nur als Uebertretungen bestraft werden; b) durch solche strafbaren Handlungen, welche schon an sich nur Vergehen oder Uebertretungen sind. §. 270. Bestrafung der ersteren. Die von Unmündigen begangenen strafbaren Handlungen der ersten Art sind mit Verschließung an einem abgesonderten Verwahrungsorte, nach Beschaffenheit der Umstände von einem Tage bis zu sechs Monaten zu bestrafen. Diese Strafe kann nach §. 253 verschärft werden. §. 271. Umstände, worauf bei Bestimmung der Strafe Rücksicht zu nehmen ist. Die Umstände, worauf bei Bestimmung der Strafzeit und der Verschärfung Rücksicht zu nehmen ist, sind: a) die Größe und Eigenschaft der strafbaren Handlung; b) das Alter des Schuldigen, je nachdem sich dasselbe mehr der Mündigkeit nähert; c) seine Gemüthsart, nach der sowohl aus der gegenwärtigen Handlung als aus dem vorhergehenden Betragen sich äußernden Selbstbestimmung, schädlicheren Neigungen, Bosheit oder Unverbesserlichkeit. §. 272. Mit derselben ist eine angemessene Arbeit und der Unterricht eines Seelsorgers zu verbinden. Mit dieser Bestrafung der Unmündigen ist nebst einer ihren Kräften angemessenen Arbeit stets ein zweckmäßiger Unterricht des Seelsorgers oder Katecheten zu verbinden. §. 273. Von Unmündigen begangene Vergehen oder Ubertretungen an sich sind der häuslichen Züchtigung, nach Umständen der Sicherheitsbehörde zu überlassen. Die von Unmündigen begangenen strafbaren Handlungen der zweiten Art werden insgemein der häuslichen Züchtigung, in Ermanglung dieser aber oder nach dabei sich zeigenden besonderen Umständen der Ahndung und Vorkehrung der Sicherheitsbehörde überlassen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 52 Viertes Hauptstück. Von den verschiedenen Gattungen der Vergehen und Uebertretungen. §. 274. Eintheilung der Vergehen und Uebertretungen. Die strafbaren Handlungen, welche nach Verhältniß ihrer Wichtigkeit und ihres nachtheiligen Einflusses hiermit als Vergehen oder Uebertretungen erklärt werden, theilt sich in folgende Gattungen: §. 275. 1. Strafbare Handlungen gegen die öffentliche Sicherheit. Strafbare Handlungen gegen die öffentliche Sicherheit, nämlich gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung, gegen öffentliche Anstalten und Vorkehrungen zur gemeinschaftlichen Sicherheit und gegen die Pflichten eines öffentlichen Amtes. §. 276. 2. Gegen die Sicherheit einzelner Menschen. Strafbare Handlungen, die der Sicherheit einzelner Menschen, nämlich der persönlichen Sicherheit am Leben, an der Gesundheit oder sonst an dem Körper; die der Sicherheit des Eigenthumes oder der Erwerbung; der Sicherheit der Ehre und des guten Rufes; oder der Sicherheit anderer Rechte Gefahr und Nachtheil bringen. §. 277. 3. Gegen die öffentliche Sittlichkeit. Vergehen und Uebertretungen, welche die öffentliche Sittlichkeit verletzt. Fünftes Hauptstück. Von den Vergehen und Uebertretungen gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung. §. 278. Vergehen und Uebertretungen gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung. Vergehen und Uebertretungen gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung sind: a) Auflauf; b) Theilnahme an geheimen Gesellschaften oder verbotenen Vereinen, und Verschweigung von Mitgliedern erlaubter Gesellschaften; c) Herabwürdigung der Verfügungen der Behörden und Aufwiegelung gegen Staats- oder Gemeinde-Behörden, oder gegen einzelne Organe der Regierung, gegen Zeugen oder Sachverständige; d) Aufreizung zu Feindseligkeiten gegen Nationalitäten, Religionsgenossenschaften, Körperschaften u. dgl.; e) Beleidigung einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft; f) Beförderung einer vom Staate für unzulässig erklärten Religionssekte; g) Oeffentliche Herabwürdigung der Einrichtungen der Ehe, der Familie, des Eigenthums, oder durch Gutheißung von ungesetzlichen oder unsittlichen Handlungen; h) Beschädigung von Grabstätten, Eröffnung von Gräbern, Hinwegnahme oder Mißhandlung an Leichen und Entwendungen an derlei Gegenständen; i) Vorschubleistung in Beziehung auf ein Vergehen oder eine Uebertretung; k) Verbreitung falscher beunruhigender Gerüchte oder Vorhersagungen; l) Gesetzwidrige Verlautbarungen; m) Sammlungen oder Subscriptionen zur Vereitlung der gesetzlichen Folgen von strafbaren Handlungen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 53 §. 279. a) Auflauf. Wer sich desselben schuldig mache. Des Vergehens des Auflaufes macht sich schuldig, wer gegen eine der im §. 68 genannten Personen, wenn sie in Vollziehung eines obrigkeitlichen Auftrages, oder in der Ausübung ihres Amtes oder Dienstes begriffen sind, mehrere Menschen zur Mithilfe oder zur Widersetzung auffordert. Die Strafe ist strenger Arrest von einem bis zu sechs Monaten. §. 280. Mitschuldige. Gleiche Strafe verwirkt derjenige, der einer solchen Aufforderung Folge leistet und sich dem Aufforderer in Mithilfe oder Widersetzung zugesellet. §. 281. Pflicht des Hausvaters bei einem Auflaufe. Sobald bei einer öffentlichen Unruhe der Befehl ergangen ist, daß Jedermann sich und seine Hausgenossenschaft zu Hause zu halten habe, macht sich jeder, der ohne erhebliche Ursache aus dem Hause geht, und insbesondere der Hausvater, oder wer sonst einer Familie vorsteht, des Vergehens des Auflaufes schuldig, dafern er die unter ihm stehenden Hausgenossen nicht nach Möglichkeit zu Hause hält. §. 282. Strafe des Hausvaters oder Familienvorstehers; derjenigen die sich unter solchen Umständen vom Hause entfernen. Die Strafe des Hausvaters oder Familienvorstehers ist Arrest von einer Woche bis zu einem Monate. Eben so sind diejenigen zu bestrafen, die unter solchen Umständen sich vom Hause entfernen, wenn sie auch an keiner Unordnung Theil nahmen. §. 283. Strafe derjenigen, welche bei einem Auflaufe den Beamten oder der Wache nicht Folge leisten: Wer bei einem auch aus jeder anderen Ursache, als wodurch eine Zusammenrottung zum Verbrechen wird, veranlaßten Auflaufe dem Beamten oder der Wache, wenn diese die Menge auseinander gehen heißen, nicht Folge leistet, macht sich ebenfalls des Vergehens des Auflaufes schuldig, und ist mit Arrest von einer Woche bis zu einem Monate zu bestrafen. §. 284. derjenigen, welche sich mit dem Beamten oder der Wache in einen Zank oder Wortstreit einlassen. Hätte sich jemand bei einer solchen Weigerung mit dem Beamten oder der Wache in Zank oder Wortstreit eingelassen, so ist die Strafe einmonatlicher strenger Arrest, welcher nach den eingetretenen Umständen verschärft werden soll. §. 285. b) Theilnahme an geheimen Gesellschaften (geheimen Vereinen). Alle Vereinigungen zu geheimen Gesellschaften, in welcher Absicht sie errichtet seyn, und unter welcher Benennung und Gestalt sie bestanden haben oder bestehen mögen, sind verboten. Die Theilnahme an einer geheimen Gesellschaft macht eines Vergehens schuldig. §. 286. Welche Vereinigungen als geheime Gesellschaften anzusehen sind. Als eine geheime Gesellschaft ist jede Vereinigung mehrerer Personen anzusehen: a) wenn das Dasein derselben der Obrigkeit absichtlich verborgen gehalten wird; b) wenn zwar das Dasein derselben bekannt, aber entweder ihre Verfassung und Satzungen verheimlicht, oder eine andere Verfassung, andere Satzungen oder ein anderer Zweck vorgegeben werden, als wirklich bestehen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 54 §. 287. Wer sich der Theilnahme an einer geheimen Gesellschaft schuldig mache. Der Theilnahme an einer geheimen Gesellschaft macht sich schuldig, jeder Inländer: a) der eine solche Gesellschaft zu stiften versucht, oder wirklich stiftet; b) Mitglieder zu einer inländischen oder auswärtigen geheimen Gesellschaft anwirbt; c) der von einer in- oder ausländischen geheimen Gesellschaft Vorsteher oder Mitglied ist; d) mit einer solchen Gesellschaft einen Briefwechsel unterhält; e) der den Zusammenkünften einer solchen Gesellschaft in was immer für einer Eigenschaft beiwohnt; f) zu ihren Zusammenkünften wissentlich sein Haus oder seine Wohnung vermiethet oder leiht; endlich g) der nach seinem Amte zur Anzeige verpflichtete Beamte, welcher von dem Dasein einer geheimen Gesellschaft, oder ihren Zusammenkünften Kenntniß hat, und der Obrigkeit die ämtliche Anzeige zu thun unterlässt. §. 288. Strafe gegen die Stifter einer geheimen Gesellschaft, die Anwerber und die Vorsteher; Die Strafe dieses Vergehens ist nach Beschaffenheit der Theilnahme verschieden. Die Stifter einer geheimen Gesellschaft, die Anwerber und die Vorsteher sind zu strengem Arreste von drei Monaten bis zu einem Jahre zu verurtheilen. §. 289. gegen diejenigen, welche den Zusammenkünften beiwohnen, oder in anderer Weise Theil nehmen; Diejenigen, welche den Zusammenkünften einer geheimen Gesellschaft beiwohnen, oder durch Briefwechsel oder auf was immer für eine andere Weise an derselben Theil nehmen, sind das erste Mal mit Arrest von einem bis zu drei Monaten, im Wiederholungsfalle mit strengerem Arreste von drei bis zu sechs Monaten zu bestrafen. §. 290. ihr Haus oder ihre Wohnung leihen, oder vermiethen, ohne ein Mitglied der Gesellschaft zu seyn; Wer sein Haus oder seine Wohnung wissentlich zu Zusammenkünften einer geheimen Gesellschaft leiht, oder vermiethet, soll, wenn er kein Mitglied der Gesellschaft ist, zu Arrest von einem bis zu drei, im Wiederholungsfalle mit strengerem Arreste von drei bis zu sechs Monaten verurtheilt werden. Nebstdem, wenn das Haus oder die Wohnung vermiethet worden, ist das Miethgeld verfallen. §. 291. wenn sie Mitglieder derselben sind. Ist derjenige, der in seinem Hause oder seiner Wohnung den Zusammenkünften geheimer Gesellschaften Gelegenheit gibt, zugleich selbst Mitglied der Gesellschaft, so ist er, nebst dem Verfalle des etwa bedungenen Miethgeldes mit strengem Arreste von einem bis zu drei, im Wiederholungsfalle bis zu sechs Monaten zu bestrafen. §. 292. Strafe des Beamten, der die Anzeige unterläßt. Die Strafe eines Beamten, der von einer ihm bekannt gewordenen geheimen Gesellschaft oder ihren Zusammenkünften nach seiner Amtspflicht die Anzeige zu machen unterläßt, ist strenger Arrest von einem bis zu drei, im Wiederholungsfalle bis zu sechs Monaten. Sind aber die ihm bekannten Zusammenkünfte einer geheimen Gesellschaft durch längere Zeit fortgesetzt worden, und erwächst der öffentlichen Ordnung dadurch Gefahr, so ist nach Länge der Zeit und Beschaffenheit der Umstände die Strafe des strengen Arrestes von sechs Monaten bis zu einem Jahre zu verhängen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 55 §. 293. Straffälligkeit der Ausländer. Auch Ausländer werden dieser Uebertretung schuldig, dafern sie während ihres Aufenthaltes in diesen Ländern: a) eine geheime Gesellschaft zu errichten; b) Mitglieder zu einer inländischen oder auswärtigen geheimen Gesellschaft zu werben unternehmen; c) bei sich Zusammenkünfte geheimer Gesellschaften selbst halten, oder d) zu Zusammenkünften dieser Art ihr Haus oder ihre Wohnung leihen oder vermiethen; e) durch Briefe oder auf anderen Wegen zur Verbindung inländischer geheimer Gesellschaften und ihrer Mitglieder mit Auswärtigen beitragen. §. 294. Strafe. Die Strafe eines Ausländers ist in allen im §. 293 bezeichneten Fällen, Arrest von einem bis zu sechs Monaten, bei erschwerenden Umständen strenger Arrest von sechs Monaten bis zu einem Jahre. Nach vollendeter Strafzeit ist ein solcher Ausländer aus sämmtlichen Kronländern abzuschaffen. §. 295. Bestrafung, wenn Ausländer vom Auslande her eine geheime Gesellschaft errichten, oder dazu Mitglieder werben. Auch wenn ein Ausländer vom Auslande her eine geheime Gesellschaft in diesen Ländern zu errichten, oder Mitglieder für eine geheime Gesellschaft zu werben unternommen hat, ist derselbe bei seiner Betretung mit der im §. 294 bestimmten Strafe zu belegen. §. 296. Pflicht der Vorsteher, Beamten ec. in Ansehung dessen, was der Gesellschaft gehöret. Bei Entdeckung einer geheimen Gesellschaft sind die Vorsteher und Beamten derselben verpflichtet, der Obrigkeit sämmtliche der Gesellschaft gehörige Urkunden und Korrespondenzen anzuzeigen und auszuliefern. Wer immer etwas, das der Gesellschaft gehört, vorenthält oder unterschlägt, soll mit strengem Arreste von einer Woche bis zu einem Monate bestraft werden. Die Kassen und Geräthschaften der Gesellschaft sind verfallen. §. 297. Aufforderung und Anwerbung zu einem Vereine nach verweigerter Bewilligung oder erfolgter Auflösung, und Fortsetzung der Wirksamkeit eines solchen Vereines. Die Aufforderung oder Anwerbung zu einem Vereine, welchem die Bewilligung verweigert wurde, oder welcher zwar schon bestanden hatte, jedoch von der Behörde aufgelöst wurde, so wie die Fortsetzung der Wirksamkeit eines von der Behörde aufgelösten Vereines überhaupt, ist als Vergehen mit Arrest, im Wiederholungsfalle mit strengem Arreste von drei bis zu sechs Monaten zu bestrafen, in soferne die Handlung nicht unter die strengeren Bestimmungen der §§. 286 und 288 fällt. §. 298. Theilnahme an einem solchen Vereine. Als Theilnehmer an einem solchen Vereine ist Jedermann strafbar, welcher ungeachtet der erfolgten Verweigerung der Bewilligung zur Gründung, oder der von der Behörde angeordneten Auflösung desselben mit der Leistung seiner Beiträge oder sonst mit seiner Wirksamkeit für den Verein fortfährt, den Zusammenkünften derselben beiwohnt, oder hierzu sein Haus oder seine Wohnung leihet oder vermiethet. Diese Theilnahme ist als Uebertretung mit einer Geldbuße von fünfzig bis dreihundert Gulden oder mit Arrest von einem bis zu drei Monaten zu bestrafen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 56 §. 299. Absichtliche Verschweigung von Mitgliedern einer erlaubten Gesellschaft. Vorsteher einer erlaubten Gesellschaft, die der nachfragenden Obrigkeit Mitglieder absichtlich verschweigen, sind einer Uebertretung schuldig, und mit einer Geldbuße von fünfzig bis zu dreihundert Gulden zu bestrafen. §. 300. b) Herabwürdigung der Verfügung der Behörden und Aufwiegelung gegen Staats- oder Gemeinde-Behörden, gegen einzelne Organe der Regierung, gegen Zeugen oder Sachverständige. Wer öffentlich, oder vor mehreren Leuten, oder in Druckwerken, verbreiteten bildlichen Darstellungen oder Schriften durch Schmähungen, Verspottungen, unwahre Angaben oder Entstellungen von Thatsachen die Anordnungen oder Entscheidungen der Behörden herabzuwürdigen, oder auf solche Weise Andere zum Hasse, zur Verachtung oder zu grundlosen Beschwerdeführungen gegen Staats- oder Gemeinde-Behörden oder gegen einzelne Organe der Regierung in Beziehung auf ihre Amtsführung, oder gegen einen Zeugen oder Sachverständigen in Bezug auf ihre Aussagen vor Gericht aufzureizen sucht, ist, in soferne sich in dieser Thätigkeit nicht eine schwerer verpönte strafbare Handlung darstellt, des Vergehens der Aufwiegelung schuldig, und mit ein- bis sechsmonatlichem Arreste zu bestrafen. Hätte er zur Einstimmung in derlei Beschwerden Unterschriften oder Geldbeiträge gesammelt, oder zu solchen aufgefordert, so ist die Strafe zu verschärfen. Auch kann der Verfasser einer solchen Beschwerdeschrift aus dem Orte oder dem ganzen Kronlande, und wenn er ein Ausländer ist, auch aus sämmtlichen Kronländern des Kaiserthumes abgeschafft werden. §. 301. Uebertretung der Aufforderung zu grundlosen Beschwerden. Strafe. Wer aus was immer für eine Absicht, vorzüglich aber aus Gewinnsucht, Parteien zu muthwilligen, grundlosen, im gesetzlichen Instanzenzuge bereits abgethanen Beschwerden auffordert und verleitet, oder in dieser Beziehung Gelderpressungen sich zu Schulden kommen lässt, macht sich einer Uebertretung schuldig, und ist mit Arrest bis zu einem Monate zu bestrafen. §. 302. c) Aufreizung zu Feindseligkeiten gegen Nationalitäten, Religionsgenossenschaften, Körperschaften u. dgl.; Wer Andere zu Feindseligkeiten wider die verschiedenen Nationalitäten (Volksstämme), Religions- oder andere Gesellschaften, einzelne Klassen oder Stände der bürgerlichen Gesellschaft oder wider gesetzlich anerkannte Körperschaften, oder überhaupt die Einwohner des Staates zu feindseligen Parteiungen gegen einander auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht, ist, in so ferne sich diese Thätigkeit nicht als eine schwerer verpönte strafbare Handlung darstellt, eines Vergehens schuldig, und soll zu strengem Arreste von drei bis zu sechs Monaten verurtheilt werden. §. 303. d) Beleidigung einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft; Wer öffentlich oder vor mehreren Leuten, oder in Druckwerken, verbreiteten bildlichen Darstellungen oder Schriften die Lehren, Gebräuche oder Einrichtungen einer im Staate gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft verspottet oder herabzuwürdigen sucht, oder einen Religionsdiener derselben bei Ausübung gottesdienstlicher Verrichtungen beleidiget, oder sich während ihrer öffentlichen Religionsübung auf eine zum Aergerniß für Andere geeignete Weise unanständig beträgt, macht sich, in so fern diese Handlungsweise nicht das Verbrechen der Religionsstörung bildet (§. 122), eines Vergehens schuldig, und soll mit strengem Arreste von einem bis zu sechs Monaten gestraft werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 57 §. 304. f) Beförderung einer vom Staate für unzulässig erklärten Religionssekte; Ebenso macht sich Derjenige eines Vergehens schuldig, und ist mit Arrest von einem bis zu drei Monaten zu bestrafen, welcher zur Begründung oder Verbreitung einer Religionsgesellschaft (Sekte), deren Anerkennung von der Staats-Verwaltung für unzulässig erklärt wurde, Versammlungen veranstaltet, Vorträge hält, oder veröffentlicht, Bekenner anwirbt, oder was immer für eine zu diesem Zwecke abzielende Handlung unternimmt. §. 305. g) Oeffentliche Herabwürdigung der Einrichtungen der Ehe, der Familie, des Eigenthumes, oder Gutheißung von ungesetzlichen oder unsittlichen Handlungen. Wer auf die im §. 303 bezeichnete Weise die Einrichtungen der Ehe, der Familie, oder die Rechtsbegriffe über das Eigenthum herabwürdiget, oder zu erschüttern versucht, oder zu unsittlichen oder durch die Gesetze verbotenen Handlungen auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht, oder dieselben anpreiset, oder zu rechtfertigen versucht, ist, insoferne sich darin nicht eine schwerer verpönte strafbare Handlung darstellt, eines Vergehens schuldig, und mit Arrest von einem bis zu sechs Monaten zu bestrafen. Wenn jedoch eines der in den §§. 300 und 302-305 bezeichneten Vergehen durch Druckschriften begangen wird, so kann, nach Maß ihrer Gefährlichkeit und beabsichtigten größeren Verbreitung, die Strafe auf strengen Arrest bis zu einem Jahre ausgedehnt werden, und es können in diesem Falle die Schuldigen auch aus dem Orte oder dem Kronlande, und wenn sie Ausländer sind, aus sämmtlichen Kronländern des Kaiserthums abgeschafft werden. §. 306. h) Beschädigung von Grabstätten, Eröffnung von Gräbern, Hinwegnahme oder Misshandlung an Leichen und Entwendungen an derlei Gegenständen. Wer die für menschlichen Leichen bestimmten Grabstätten aus Bosheit oder Muthwillen beschädiget, unbefugt Gräber eröffnet, von daher oder aus anderen Aufbewahrungsorten menschliche Leichname oder einzelne Theile derselben eigenmächtig hinwegbringt, oder an menschlichen Leichen Mißhandlungen begeht, macht sich eines Vergehens schuldig, und ist mit strengem Arreste von einem bis zu sechs Monaten zu ahnden. Entwendungen aber, die an Grabstätten, aus Gräbern oder an Leichen in gewinnsüchtiger Absicht vorgenommen werden, sind als Diebstähle (§§. 172 und 460) zu behandeln. §. 307. i) Vorschubleistung in Beziehung auf ein Vergehen oder eine Uebertretung; Wer auf eine in den §§. 214 und 217 bezeichnete Weise sich der Vorschubleistung in Beziehung auf ein Vergehen oder eine Uebertretung schuldig macht, begeht eine Uebertretung, und ist im ersten Falle mit Arrest von acht Tagen bis zu drei Monaten, im zweiten bis zu einem Monate zu bestrafen. §. 308. k) Verbreitung falscher beunruhigender Gerüchte oder Vorhersagungen; Wer im Wege öffentlicher Verlautbarung (durch Maueranschläge, öffentliche Reden oder Vorträge u. dgl. ) ein falsches, für die öffentliche Sicherheit beunruhigendes Gerücht, ohne zureichende Gründe es für wahr zu halten, oder eine so geartete angebliche Vorhersagung ausstreut, oder weiter verbreitet, ist einer Uebertretung schuldig und mit strengem Arreste von acht Tagen bis zu drei Monaten zu bestrafen. §. 309. l) Gesetzwidrige Verlautbarungen; Wer auf die im vorigen Paragraphe bezeichnete Weise die Abstimmung von Richtern oder Mittheilungen aus Verhandlungen der Gerichte oder anderer öffentlicher Behörden, in so weit die Bekanntmachung durch die Gesetze untersagt ist, veröffentlicht, oder irgend eine Verlautbarung fälschlich als Erlaß einer öffentlichen Behörde ausstreut, oder weiter verbreitet, deren gänzliche oder theilweise Unechtheit ihm bekannt, oder aus zureichenden Gründen wahrscheinlich war, ist, in so ferne sich darin nicht eine schwerer verpönte strafbare Handlung darstellt, einer Uebertretung schuldig und mit Arrest von einem bis zu drei Monaten zu bestrafen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 58 §. 310. m) Sammlungen oder Subscriptionen zur Bereitung der gesetzlichen Folgen von strafbaren Handlungen. Wer auf die im §. 308 bezeichnete Weise Sammlungen oder Subscriptionen, Behufs der Deckung oder Ersatzleistung für Kautions-Verfall, Geldstrafen oder Entschädigungen wegen strafbarer Handlungen, veranstaltet oder veröffentlicht, macht sich einer Uebertretung schuldig und soll mit Arrest von vierzehn Tagen bis zu drei Monaten gestraft werden. Wenn aber eine der in den §§. 308-310 genannten Handlungen durch Druckschriften begangen wird, soll sie als Vergehen mit strengem Arreste von einem bis zu sechs Monaten geahndet werden. Sechstes Hauptstück. Von Uebertretungen gegen öffentliche Anstalten und Vorkehrungen, welche zur gemeinschaftlichen Sicherheit gehören. §. 311. Uebertretung der Verleitung eines Beamten zum Missbrauche der Amtsgewalt. Strafe. Wer einen Beamten durch Geschenke zu einer Parteilichkeit oder zur Verletzung seiner Amtspflicht zu verleiten sucht, begeht, in soferne sich darin nicht das im §. 105 bezeichnete Verbrechen oder eine andere schwerer verpönte Gesetzes-Uebertretung darstellt, eine Uebertretung, und ist mit Arrest von einem bis zu sechs Monaten zu bestrafen. §. 312. Beleidigung der öffentlichen Beamten, Diener, Wachen, Eisenbahn-Angestellten. Jede wörtliche oder thätliche Beleidigung einer der im §. 68 genannten Personen, wenn diese in Vollziehung eines obrigkeitlichen Auftrages oder in Ausübung ihres Amtes oder Dienstes begriffen sind, ist, wenn sich darin nicht eine schwerer verpönte strafbare Handlung darstellt, als Uebertretung zu ahnden. §. 313. Strafe. Wörtliche Beleidigungen sind mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate, thätliche aber von einem bis auf sechs Monate zu bestrafen. Wenn jedoch die Beleidigung Folgen nach sich gezogen, und wirklich die Vollstreckung des obrigkeitlichen Auftrages oder die Ausübung des Amtes oder Dienstes verhindert hat, so ist der Schuldige zu strengem Arreste von drei bis zu sechs Monaten zu verurtheilen. §. 314. Andere Einmengungen in die Vollziehung öffentlicher Dienste. Wer sich ohne die im §. 312 vorausgesetzte Beleidigung auf andere Weise einmengt um eine der ebenda genannten Personen in der Ausübung ihres Amtes oder Dienstes oder in Vollziehung eines obrigkeitlichen Befehls zu hindern, macht sich einer Uebertretung schuldig und ist mit Arrest von einem Tage bis zu einem Monate zu bestrafen. §. 315. Verletzung von Patenten und Verordnungen. Strafe. Einer Uebertretung macht sich auch derjenige schuldig, der Patente, Verordnungen, Siegel der Staats- oder Gemeindebehörden oder unter was immer für Namen und Gestalt zur öffentlichen Bekanntmachung angeschlagene oder ausgesetzte, von der Obrigkeit unterfertigte Urkunden abreißt, hinwegnimmt, zerreißt, besudelt, oder auf andere Art verletzt. Geschieht diese Uebertretung aus bloßem Leichtsinn oder Muthwillen, so ist die Strafe Arrest von vier und zwanzig Stunden bis zu einer Woche. Zeigt sich aber bei der Untersuchung die Absicht, entweder die Behörde zu beschimpfen, oder die Bekanntmachung und Befolgung einer Anordnung zu verhindern; so ist die Strafe strenger Arrest von einem bis zu drei Monaten. Nach Beschaffenheit des Falles und des Thäters kann der strenge Arrest bis zu sechs Monaten ausgedehnt werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 59 §. 316. Eröffnung öffentlicher Amtssiegel. Strafe. Eine Eigenmächtige oder widerrechtliche Eröffnung öffentlicher Amtssiegel, unter denen schriftliche Aufsätze oder andere Gegenstände verschlossen gehalten werden, ist, wenn sie aus bloßem Muthwillen oder leichtfertiger Neugierde verübt wird, als Uebertretung mit Arrest von einem bis zu drei Monaten zu bestrafen. Wird sie aber zum Zeichen der Geringschätzung öffentlicher Anordnung oder in der Absicht verübt, um dadurch das vermeintliche eigene Recht oder irgend eine gehässige Absicht eigenmächtig durchzusetzen, so ist sie mit strengem Arreste von einem bis zu sechs Monaten zu ahnden. Zu den öffentlichen Amts-Siegeln gehören aber nicht bloß die Siegel der Staatsbehörden, sondern auch jene der Gemeinden, der öffentlichen Lehranstalten, der Pfarreien und der öffentlichen Notare. §. 317. Beschädigung der öffentlichen Beleuchtung. Strafe. Wer eine zur öffentlichen Beleuchtung aufgestellte Laterne vorsätzlich zerschlägt oder auf andere Art beschädiget, ist für diese Uebertretung mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate zu bestrafen. §. 318. Beschädigung von Brücken, Schleußen, Dämmen ec., sowie der im §. 85, lit. c erwähnten Gegenstände, und muthwillige Verletzungen in Beziehung auf den Staats-Telegraphen. Strafe. Die muthwillige Abwerfung oder Beschädigung einer Brücke, Schleuße, eines Dammes, Beschläges oder Geländers, oder was immer für eines Bauwerkes, wodurch die Ufer der Flüsse und Bäche befestiget, oder Abschüsse an Straßen und Wegen oder Brücken bewahret sind, ist nach Maß des unterlaufenden großen Muthwillens oder veranlaßten Schadens als Uebertretung mit Arrest von einem bis zu drei Monaten zu bestrafen. Der gleichen Strafe unterliegt auch jede Beschädigung der im §. 85, lit. c) erwähnten Gegenstände, so wie die in dem §. 89 bezeichnete Handlungsweise in Beziehung auf den Staats-Telegraphen, wenn sie nur aus Muthwillen, Leichtsinn oder schuldbarer Nachlässigkeit geschehen ist. Die mit einer solchen Beschädigung etwa verbundene Entwendung ist insbesondere zu bestrafen. §. 319. Beschädigung aufgestellter Warnungszeichen. Strafe. Ferner ist die Hinwegreißung oder absichtliche Beschädigung aller Warnungszeichen, welche, um Unglück zu verhüten, aufgestellt werden, eine Uebertretung, die insgemein mit Arrest von drei Tagen bis zu drei Monaten; bei unterlaufender größerer Bosheit und erfolgtem Schaden aber mit eben so langem strengem Arreste zu bestrafen ist. §. 320. Uebertretungen gegen die Vorschriften in Ansehung der Meldung von ankommenden Fremden und Veränderungen der Einwohner, und in Beziehung auf andere falsche Meldungen oder Angaben. An denjenigen Orten, wo besondere Vorschriften in Beziehung auf die Bekanntgebung aller Einwohner und Fremden an die Sicherheitsbehörde bestehen, ist die Nichtbeobachtung dieser Vorschriften, in soferne in denselben nicht etwas Anderes verfügt wird, in folgenden Fällen als Uebertretung zu ahnden: Strafe der Hauseigenthümer; a) Wenn ein Hauseigenthümer, Administrator, Sequester, oder wer sonst der Verwaltung eines Hauses vorsteht, der mit seinen Bestandnehmern vorgehenden Veränderungen in der vorgeschriebenen Zeit nicht anzeigt. Die Strafe ist nach Verschiedenheit der Orte und des Häuserertrages fünf bis fünfzig Gulden. der After-Bestandgeber; b) Wenn jemand Zimmer wochen- oder monatweise in Afterbestand verläßt oder Bettgeher hält, und nicht binnen vier und zwanzig Stunden bei jedesmaliger Veränderung die vorschriftmäßige Anzeige macht. Die Bestrafung ist fünf Gulden, welche Strafe bei wiederholter Uebertretung zu verdoppeln ist. Strafgesetz 1852 (Österreich) 60 der zur Beherbergung berechtigten; c) Wenn ein Gastwirth, der zur Aufnahme von Fremden berechtigt ist, von denjenigen, die über Nacht verbleiben, nicht die vorgeschriebene Anzeige macht. Die Bestrafung ist dieselbe, welche bei b) festgesetzt worden. der hierzu nicht berechtigten Gastwirthe; d) Wenn in einem Schankhause, welches zur Beherbergung nicht berechtigt ist, jemand über Nacht aufgenommen wird. Die Bestrafung ist das erste Mal fünf Gulden, das zweite Mal dieselbe Strafe nebst Arrest von einer Woche, das dritte Mal die Abschaffung von dem Schankgewerbe. der sich falsch Meldenden; e) Wenn Jemand in einem Meldungszettel sich einen falschen Namen beilegt, einen falschen Stand, eine falsche Beschäftigung oder andere fälschliche Umstände angibt, oder überhaupt die Polizei- oder sonst eine Staats- oder Gemeindebehörde außer dem Falle strafgerichtlicher Untersuchungen, wofür besondere gesetzliche Bestimmungen bestehen, mit falschen Angaben über seinen Namen, seinen Geburtsort, seinen Stand oder sonst über seine Verhältnisse auf eine Weise hintergeht, wodurch die öffentliche Aufsicht irre geführt werden kann. Dabei ist es gleichgiltig, ob er dadurch Unrichtigkeiten in den von den Behörden ihm ausgestellten Pässen oder anderen Urkunden veranlaßt, oder endlich, auch abgesehen von beigebrachten Pässen und Urkunden, der öffentlichen Behörde auf Befragen über seine Person falsche Angaben macht. Die Bestrafung ist Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate. Findet sich bei der Untersuchung, daß der Uebertreter die Irreführung der Obrigkeit wirklich beabsichtigte, so ist die Bestrafung eben so langer strenger Arrest. Bei sich zeigender Bedenklichkeit in Ansehung der Umstände oder Person ist der Uebertreter nach vollendeter Strafzeit aus dem Orte, ein Ausländer aber nach Beschaffenheit der Umstände auch aus sämmtlichen Kronländern des österreichischen Kaiserstaates abzuschaffen. der Nachmacher oder Verfälscher öffentlicher Urkunden; f) Wenn Jemand eine öffentliche Urkunde ohne die im §. 197 vorausgesetzte böse Absicht nachmacht oder verfälscht. Die Strafe ist Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate. derjenigen, die sich eines fremden Ausweises bedienen. g) Wenn Jemand sich zu seinem Fortkommen eines fremden Reisepasses oder anderen obrigkeitlichen Ausweises bedient oder seine Ausweisung zu diesem Zwecke einem Anderen überläßt, in soferne dieß nicht als Mittel zur Verübung einer anderen Uebertretung, eines Vergehens oder eines Verbrechens unternommen wird. Die Bestrafung ist strenger Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate. Bei besonderen Bedenken in Ansehung der Umstände oder der Person des Uebertreters ist derselbe nach überstandener Strafe, wenn er ein Inländer ist, aus dem Orte, ein Ausländer aber nach Umständen selbst aus allen Kronländern des Reiches abzuschaffen. §. 321. Strafe für Gewerbsleute, die Gesellen ohne Wanderbuch (Kundschaft) aufnehmen. Ein Gewerbsmann, welcher einen Gesellen, der nicht mit einem vorschriftmäßigen Wanderbuche, oder da, wo noch keine Wanderbücher bestehen, mit einer ordentlichen sogenannten Kundschaft versehen ist, in Arbeit nimmt, wird für diese Uebertretung das erste Mal mit fünf Gulden, das zweite Mal mit Verdopplung dieser Geldstrafe, das dritte Mal Arrest bis zu einem Monate, nach Maßgabe bedenklicher Umstände auch mit dem Gewerbsverluste bestraft. Strafgesetz 1852 (Österreich) 61 §. 322. Für Postmeister wegen vorschriftwidriger Beförderung von Reisenden. Ein Postmeister, welcher einen Reisenden, der nicht mit einem vorschriftmäßigen Passe (oder polizeiämtlichen Geleit- oder Passierscheine) versehen ist, überhaupt, oder Jemanden in einer Richtung weiter befördert, die von der ihm in seinem Passe oder Passierscheine vorgezeichneten abweicht, begeht dadurch eine Uebertretung und ist das erste Mal mit einer Geldstrafe von fünfzig Gulden, das zweite Mal mit dem doppelten Betrage und das dritte Mal mit der Abschaffung vom Posthause zu bestrafen. §. 323. Rückkehr eines Verwiesenen oder aus sämmtlichen Kronländern Abgeschafften. Strafe. Wenn Jemand, der aus sämmtlichen Kronländern des österreichischen Kaiserstaates wegen eines Verbrechens verwiesen (§. 25), oder wegen eines Vergehens oder einer Uebertretung durch das Strafgericht (§. 249), oder aus polizeilichen Rücksichten durch die Sicherheitsbehörden abgeschafft worden ist, unter was immer für einem Vorwande in eines derselben zurückkehrt, so begeht er durch diese Rückkehr eine Uebertretung, und soll das erste Mal mit Arrest von einem bis zu drei Monaten, bei Wiederholung mit strengem Arreste von drei bis zu sechs Monaten bestraft werden. §. 324. Eines aus einem Kronlande oder Orte Abgeschafften. Strafe. Derjenige, welcher aus einem Kronlande oder aus einem bestimmten Orte, von dem Strafgerichte (§. 249), oder aus was immer für Gründen durch die Staats- oder Gemeindebehörden auf beständig oder auf eine gewisse Zeit abgeschafft worden, begeht, wenn er im ersten Falle jemals, im zweiten Falle vor Verlauf der letzten Frist wiederkehrt, eine Uebertretung, und ist mit Arrest von einem bis zu drei Monaten, bei wiederholter Betretung mit eben so langem Arrest zu bestrafen. §. 325. Vergolden oder Versilbern von Münzen und Nachbildung von Münzen öffentlichen Creditspapieren ohne betrügerische Absicht. Wer ohne die Absicht, Jemanden zu hintergehen (§§. 106, 114, 118 und 197), gangbare oder auch außer Cours gesetzte (verrufene) Münzen vergoldet oder versilbert, oder Denkmünzen, Medaillen, Spielpfennige oder was immer für geprägte Erzeugnisse; ebenso wer Adressen, Ankündigungen oder überhaupt Druckwerke in solcher Art verfertiget, daß sie bei oberflächlicher Betrachtung leicht als gangbare Münzen oder öffentliche Creditspapiere angesehen werden können, macht sich einer Uebertretung schuldig, und ist mit Arrest von einem bis zu drei Monaten, und dem Verfalle aller gesetzwidrigen Erzeugnisse zu bestrafen. §. 326. Unbefugtes Halten eines Preß- oder Stoßwerkes. Strafe. Wer ein sogenanntes Stoß- oder Preßwerk hält, ohne von der Behörde dazu ausdrücklich, oder durch die Bewilligung zur Betreibung eines Gewerbes oder einer Fabrikation, wozu Stoß- oder Preßwerke nothwendig sind, die Erlaubniß erhalten zu haben, macht sich einer Uebertretung schuldig, und ist nebst dem Verfalle des Stoß- oder Preßwerkes das erste Mal mit Arrest von acht Tagen bis zu einem Monate, bei wiederholter Uebertretung nebst einmonatlichem Arreste, wenn er ein Gewerbsmann ist, auch mit dem Verluste des Gewerbes zu bestrafen. §. 327. Unbefugtes Halten einer Winkelpresse. Wenn jemand eine Buchdruckerpresse, oder eine Handpresse mit Schriftsatz, oder eine Kupferdruck-, Steindruck-, Holzdruck-Presse oder was immer für ein Preßwerk, das zur mechanischen oder chemischen Vervielfältigung von Druckschriften geeignet ist (Artikel II. des K. M. P.) ohne Erlaubniß der Behörde hält, begeht eine Uebertretung, welche mit dem Verfalle des Preßwerkes, und mit Geldstrafe von einhundert bis fünfhundert Gulden, und bei länger fortgesetztem Gebrauche auch noch mit Arrest von einem bis zu drei Monaten zu ahnden ist. Strafgesetz 1852 (Österreich) 62 §. 328. Unbefugte Verfertigung eines der vorgenannten Werke. Eben so ist Derjenige zu bestrafen, welcher eines der in §§. 326 und 327 bezeichneten Werke verfertiget, ohne die Bewilligung zur Betreibung eines Gewerbes, oder einer Fabrikation, die derlei Werke erzeugen oder den Auftrag oder die Erlaubniß der Behörde dazu erhalten zu haben. §. 329. Verfertigung von Punzen, Stämpeln oder Modellen zu Nachbildung von Münzen. Strafe. In gleicher Weise ist die ohne Erlaubniß der Behörde geschehene Verfertigung und der Gebrauch von Punzen, Stämpeln oder Guß-Modellen, von was immer für einer Form, mit welchen Abdrücke oder plastische Nachbildung von Münzen nach einem im In- oder Auslande gesetzlich gangbaren Gepräge in Metallen erzeugt werden können, dieselben mögen zum Spielwerke, zu Verzierungen oder zu sonst was immer für einem, obgleich an sich erlaubten Zwecke bestimmt seyn, als Uebertretung zu bestrafen. §. 330. Unbefugte Verfertigung ämtlicher Siegel. Strafe. Wer ein öffentliches Amtssiegel (§. 316) ohne Auftrag des Amtes, für welches dasselbe gehört, verfertigt, oder das verfertigte an jemand Anderen verabfolgt, als an das Amt, welches die Verfertigung aufgetragen hat, macht sich einer Uebertretung schuldig, und ist das erste Mal mit Arrest von einer Woche bis zu einem Monate, bei wiederholter Uebertretung nebst einmonatlichem Arreste und wenn er ein Gewerbsmann ist, auch mit dem Verluste des Gewerbes zu bestrafen. Siebentes Hauptstück. Von den Uebertretungen gegen die Pflichten eines öffentlichen Amtes. §. 331. Bestrafung der öffentlichen Beamten, Diener, Wachen u.s.f., die sich in ihrem Amts- oder Dienstverrichtungen thätliche Beleidigungen erlauben. Wenn eine der im §. 68 bezeichneten Personen sich in ihren Amts- oder Dienstverrichtungen thätliche Beleidigungen erlaubt (worunter insbesondere Verhaftnehmungen in anderen, als durch die Gesetze bestimmten Fällen begriffen sind), so macht sie sich einer Uebertretung schuldig, und ist das erste Mal mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate, das zweite Mal mit eben so langem strengen Arreste zu bestrafen. §. 332. Umstände zur Verschärfung der Strafe. Wäre die thätliche Beleidigung unter Umständen geschehen, welche zu einem Auflaufe Anlaß gegeben haben oder doch geben konnten, so ist die Strafe strenger Arrest von einem bis zu drei Monaten. §. 333. Strafe desjenigen, der sich ohne betrügerische Absicht für einen öffentlichen Beamten oder Diener ausgibt. Wer sich ohne betrügerische Absicht (§. 199, lit. b) für einen öffentlichen Beamten oder Diener ausgibt, oder sich durch das unbefugte Tragen der Uniform den Anschein eines öffentlichen Beamten oder Militärs anmaßt, macht sich einer Uebertretung schuldig, und soll mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate bestraft werden. §. 334. Unbefugtes Tragen von Ordenszeichen oder anderen Ehrendecorationen. Wer unbefugt in- oder ausländische Ordenszeichen oder Ehrendecorationen trägt, begeht eine Uebertretung, und verfällt in eine Geldstrafe von zehn bis hundert Gulden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 63 Achtes Hauptstück. Von den Vergehen und Uebertretungen gegen die Sicherheit des Lebens. §. 335. Allgemeine Vorschrift in Beziehung auf die Vergehen und Uebertretungen gegen die Sicherheit des Lebens. Jede Handlung oder Unterlassung, von welcher der Handelnde schon nach ihren natürlichen, für Jedermann leicht erkennbaren Folgen, oder vermöge besonders bekannt gemachter Vorschriften, oder nach seinem Stande, Amte, Berufe, Gewerbe, seiner Beschäftigung, oder überhaupt nach seinen besonderen Verhältnissen einzusehen vermag, daß sie eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder körperlichen Sicherheit von Menschen herbeizuführen, oder zu vergrößern geeignet sei, soll, wenn hieraus eine schwere körperliche Beschädigung (§. 152) eines Menschen erfolgte, an jedem Schuldtragendem als Uebertretung mit Arrest von einem bis zu sechs Monaten; dann aber, wenn hieraus der Tod eines Menschen erfolgte, als Vergehen mit strengem Arreste von sechs Monaten bis zu einem Jahr geahndet werden. §. 336. Besondere Fälle. Die Vorschrift des vorstehenden Paragraphes ist insbesondere in Anwendung zu bringen, wenn der Tod oder die schwere körperliche Verletzung aus einem der nachstehenden Verschulden eingetreten ist. a) durch unvorsichtiges Unterhalten von brennenden Kohlen in verschlossenen Räumen; b) durch Außerachtlassen der nöthigen Vorsichten bei Wasserfahrten; c) durch Nichteinhaltung der in Beziehung auf Dampfschiffe, Dampfmaschinen und Dampfkessel gegebenen Vorschriften oder sonst nöthigen besonderen Vorsichten; d) durch Unvorsichtigkeit bei Schwefelräucherungen und Anwendung von Narkotisirungs-Mitteln; e) durch Nichtanbringung von Warnungszeichen bei Aufstellung von Fangeisen, Schlingen, Wolfsgruben und Selbstgeschossen; f) durch Außerachtlassung der besonderen Vorschriften über Erzeugung, Aufbewahrung, Verschleiß, Transport und Gebrauch von Feuerwerkskörpern, Knallpräparaten, Zündhütchen, Reib- und Zündhölzchen und allen durch Reibung leicht entzündbaren Stoffen, Schießpulver und explodirenden Stoffen (Schießbaumwolle), insbesondere auch dadurch, daß derlei Gegenstände heimlich den Frachten der Post-Anstalten oder Eisenbahnen beigepackt werden; g) durch Nichtbeachtung der bei dem Betriebe von Bergwerken vorgeschriebenen Vorsichten. §. 337. Vorschriften bei erfolgter Tödtung oder schwerer körperlicher Beschädigung aus einem Verschulden unter besonders gefährlichen Verhältnissen. Wenn eine nach §. 335 als Verschulden zuzurechnende Handlung oder Unterlassung in Beziehung auf die in den §§. 85, lit. c), 87 und 89 bezeichneten Gegenstände oder unter den dort erwähnten besonders gefährlichen Verhältnissen begangen wird, so soll dieselbe auch dann, wenn hieraus nur eine schwere körperliche Beschädigung erfolgte, als Vergehen mit strengem Arreste von sechs Monaten bis zu zwei Jahren, und im Falle einer dadurch veranlassten Tödtung bis zu drei Jahren verurtheilt werden. §. 338. Gegen das Baden in Flüssen, Teichen ec. Wer in Flüssen oder Teichen außer den von der Behörde dazu bestimmten Orten oder gegen ein von der Behörde erlassenes und zur öffentlichen Kenntniß gebrachtes Verbot badet, ingleichen wer zur Winterszeit außer den dazu bestimmten Strecken auf dem Eise schleifet, wer endlich zur Zeit, da es wegen eintretender Gefahr verboten worden, sich dennoch über eine Eisdecke wagt, ist für diese Uebertretung mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate zu bestrafen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 64 §. 339. Vorschrift für unverehelichte schwangere Frauenspersonen. Eine unverehelichte Frauensperson, die sich schwanger befindet, muß bei der Niederkunft eine Hebamme, einen Geburtshelfer oder sonst eine ehrbare Frau zum Beistande rufen. Wäre sie aber von der Niederkunft übereilt, oder Beistand zu rufen verhindert worden, und sie hätte entweder eine Fehlgeburt gethan, oder das lebendig geborne Kind wäre binnen vier und zwanzig Stunden, von Zeit der Geburt an, gestorben, so ist sie verbunden, einer zur Geburtshilfe berechtigten, oder wo eine solche nicht zur Hand ist, einer obrigkeitlichen Person von ihrer Niederkunft die Anzeige zu machen, und derselben die unzeitige Geburt oder das tote Kind vorzuzeigen. §. 340. Strafe auf die Verheimlichung der Geburt. Die gegen diese Vorschrift geschehene Verheimlichung der Geburt wird nach Herstellung der Verheimlichenden als Uebertretung mit strengem Arreste von drei bis sechs Monaten bestraft. §. 341. Unvorsichtiges Fahren und Reiten. Strafe. Wer aus Unvorsichtigkeit Jemanden durch Ueberfahren oder Ueberreiten tödtet oder körperlich schwer beschädiget, ist nach §. 335 zu bestrafen. §. 342. Schnelles Fahren und Reiten. Strafe. Zeigt sich bei der Untersuchung, daß zu dem Vorfalle das schnelle Fahren oder Reiten beigetragen habe; so ist dieser Umstand als erschwerend zu betrachten, und bei Ausmessung der Strafe noch besonders auf dasjenige Rücksicht zu nehmen, was gegen das schnelle Fahren und Reiten im §. 427 verordnet ist. §. 343. Unbefugte Ausübung der Arznei- und Wundarzneikunst als Gewerbe. Strafe. Wer, ohne einen ärztlichen Unterricht erhalten zu haben, und ohne gesetzliche Berechtigung zur Behandlung von Kranken als Heil- oder Wundarzt, diese gewerbsmäßig ausübt, oder insbesondere sich mit der Anwendung von animalischem oder Lebensmagnetismus oder von Aetherdämpfen (Narkotisirungen) befaßt, macht sich dadurch einer Uebertretung schuldig, und soll mit Arrest, nach der Länge der Zeit, in welcher er dieses unerlaubte Geschäft getrieben, und nach der Größe des Schadens, den er dadurch zugefügt hat, mit strengem Arreste von einem bis zu sechs Monaten; im Falle des aus seinem Verschulden erfolgten Todes eines Menschen aber wegen Vergehens nach §. 335 bestraft werden. §. 344. Strafe gegen den Ausländer. Ist der Straffällige ein Ausländer, so ist derselbe nach vollendeter Strafzeit aus den sämmtlichen Kronländern des Kaiserstaates abzuschaffen. §. 345. Verkauf verbotener Arzneimittel. Strafe gegen den Eigenthümer der Apotheke, wenn er davon nichts gewußt hat. Der Verkauf von Arzneimitteln, deren Verabfolgung durch die allgemeine Apothekernorm oder durch specielle Vorschriften an besondere Vorsichten gebunden ist, ohne Beobachtung dieser Vorschriften ist als eine Uebertretung sowohl an dem Eigenthümer und Provisor der Apotheke, als den Gehilfen zu bestrafen. Hat der Eigenthümer nicht davon gewußt, so daß ihm nur Mangel der schuldigen Aufsicht zur Last fällt, so ist derselbe zu einer Strafe von fünf und zwanzig bis fünfzig Gulden, bei dem zweiten Falle von fünfzig bis hundert Gulden zu verurtheilen. Bei dem dritten Uebertretungsfalle wird ihm die Führung der Apotheke benommen, und ein Provisor bestellt. Strafgesetz 1852 (Österreich) 65 §. 346. Wenn er davon gewußt hat. Hat der Eigenthümer von dem verbotenen Verkaufe gewußt, so ist derselbe bei dem ersten Uebertretungsfalle mit einer Strafe von fünfzig bis hundert, im zweiten von hundert bis zweihundert Gulden zu bestrafen; und wäre durch das gegebene Arzneimittel Jemand zu Schaden gekommen, nach den mehr oder minder wichtigen Folgen, zum strengen Arreste von einem bis zu sechs Monaten zu verurtheilen. §. 347. Strafe gegen den Provisor. Wenn dem Provisor bei der Aufsicht Nachlässigkeit zur Last kommt, ist derselbe das erste Mal mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate, das zweite Mal mit Entfernung von seinem Dienste zu bestrafen. Hätte er von dem Verkaufe der verbotenen Arznei Kenntniß, so ist er mit strengem Arreste von einem bis zu sechs Monaten zu bestrafen und für unfähig zu erklären, ferner in einer Apotheke zu dienen. §. 348. Strafe des Apothekergehilfen. Der Apothekergehilfe (Subject), welcher verbotene Arznei mit Vorwissen seines Herrn verkauft, ist mit Arrest von einem bis zu drei Monaten; und wenn es ohne Kenntniß seines Herrn geschah, mit strengem Arreste von drei bis zu sechs Monaten zu bestrafen. Dem Urtheile ist bei einem zweiten Uebertretungsfalle beizusetzen, daß dem Sträfling sein Lehrbrief abgenommen werden, und er weiter als Apothekergehilfe zu dienen nicht mehr fähig seyn soll. §. 349. Falsche oder schlechte Bereitung der Arzneien. Pflicht des Arztes, der davon weiß. Wenn eine Arznei falsch, oder aus Materialien, die ihre Arzneikraft bereits verloren haben, verfertigt; in einem unreinen, der Gesundheit, wegen seiner Bestandtheile oder wegen anderer vorausgegangener Mischungen, nachtheiligen Gefäße verarbeitet oder verwahret wird, begeht der Apothekergehilfe, der Eigenthümer oder Provisor der Apotheke, in soferne einem, oder dem anderen von den letzteren Mangel der gehörigen Aufsicht zur Last gelegt werden kann, eine Uebertretung. Jeder Arzt, dem ein Fall dieser Art bei einem Kranken vorkommt, ist unter eigener Verantwortung der Obrigkeit davon die Anzeige zu machen verpflichtet. §. 350. Strafe für den Apothekergehilfen; Der Apothekergehilfe ist das erste Mal mit Arrest von einer Woche, das zweite Mal mit eben so langem verschärftem Arreste zu bestrafen. Bei dem dritten Falle ist er zu verurtheilen, so lange wieder als Lehrjunge zu dienen, bis er bei einer neuen Prüfung Beweise zureichender Kenntnisse und der in Bereitung der Arzneien erforderlichen Genauigkeit gegeben hat. §. 351. für den Eigenthümer; Der Eigenthümer der Apotheke wird das erste Mal um fünfzig, bei Wiederholung um hundert Gulden bestraft. Wenn Fälle dieser Art sich öfter ereignen, ist demselben auf unbestimmte Zeit ein Provisor zu setzen. §. 352. für den Provisor der Apotheke. Ein Provisor soll bei einem solchen Falle mit Arrest von einer Woche, das zweite Mal mit Verschärfung des Arrestes durch Fasten bestraft, bei öfteren Fällen von dem Provisordienste entfernt werden. §. 353. Verwechslung der Arzneien in der Apotheke. Strafe. Wenn in der Apotheke Arzneien verwechselt oder unrichtig ausgegeben werden, ist derjenige, welcher sie ausgegeben hat, wegen dieser Uebertretung mit Arrest von einer Woche , bei unterlaufender größeren oder oftmaligeren Unaufmerksamkeit mit Verlängerung des Arrestes bis zu drei Monaten, auch mit Verschärfung desselben zu bestrafen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 66 §. 354. Unberechtigter Verkauf innerer oder äußerlicher Heilmittel. Strafe. Außer den berechtigten, wie auch den Hausapotheken der beglaubigten Heil- und Wundärzte auf dem Lande ist der Verkauf von innerlichen und äußerlichen Heilmitteln, in Beziehung auf deren Verabfolgung besondere beschränkende Anordungen bestehen, ohne von der Behörde darüber ertheilte besondere Bewilligung verboten. Diese Uebertretung ist mit Arrest von einem bis zu drei Monaten; ist der Verkauf durch mehrer Monate fortgesetzt worden, mit Verschärfung des Arrestes, und zeigen sich in der Untersuchung von dem Verkaufe solcher Arzneien schädliche Folgen, mit strengem Arreste von einem bis zu sechs Monaten zu bestrafen. §. 355. Dem Uebertreter ist auch aller Vorrath abzunehmen. Auch ist der Verkäufer bei verschärfter Strafe verbunden, allen Vorrath der zubereiteten Arznei, Materialien und Geräthschaften der Obrigkeit einzuliefern. Ausländer, welche dieser Uebertretung schuldig werden, sind aus den sämmtlichen Kronländern des Kaiserstaates abzuschaffen. §. 356. Verschulden eines Heilarztes durch Unwissenheit. Ein Heilarzt, der bei der Behandlung eines Kranken solche Fehler begangen hat, aus welchen Unwissenheit am Tage liegt, macht sich, insoferne daraus eine schwere körperliche Beschädigung entstanden ist, einer Uebertretung, und wenn der Tod des Kranken erfolgte, eines Vergehens schuldig, und es ist ihm deßhalb die Ausübung der Heilkunde so lange zu untersagen, bis er in einer neuen Prüfung die Nachholung der mangelnden Kenntnisse dargethan hat. §. 357. Verschulden eines Wundarztes durch Unwissenheit. Dieselbe Bestrafung soll auch gegen einen Wundarzt Anwendung finden, der die, im vorhergehenden Paragraphe erwähnten Folgen durch ungeschickte Operationen eines Kranken herbeigeführt hat. §. 358. Vernachlässigung eines Kranken von Seite der Aerzte und Wundärzte. Strafe. Wenn ein Heil- oder Wundarzt einen Kranken übernommen hat, und nach der Hand denselben zum wirklichen Nachtheile seiner Gesundheit wesentlich vernachlässiget zu haben überführt werden kann, so ist ihm für diese Uebertretung eine Geldstrafe von fünfzig bis zweihundert Gulden aufzuerlegen. Ist daraus eine schwere Verletzung oder gar der Tod des Kranken erfolgt, so ist die Vorschrift des §. 335 in Anwendung zu bringen. §. 359. Nichtanzeige verdächtiger Todesfälle oder Krankheiten von Seite der ärztlichen Personen. Strafe. Aerzte, Wundärzte, Apotheker, Hebammen und Todtenbeschauer sind in jedem Falle, wo ihnen eine Krankheit, eine Verwundung, eine Geburt oder ein Todesfall vorkommen, bei welchem der Verdacht eines Verbrechens oder Vergehens, oder überhaupt einer durch andere herbeigeführten gewaltsamen Verletzung eintritt, verpflichtet, der Behörde davon unverzüglich die Anzeige zu machen. Die Unterlassung dieser Anzeige wird als Uebertretung mit einer Geldstrafe von zehn bis hundert Gulden geahndet. Strafgesetz 1852 (Österreich) 67 §. 360. Vernachlässigung des Kranken von Seite seiner Angehörigen. Strafe. Wenn dargethan wird, daß diejenigen, denen aus natürlicher oder übernommener Pflicht die Pflege eines Kranken obliegt, es demselben an dem nothwendigen medicinischen Beistande, wo solcher zu verschaffen war, gänzlich haben mangeln lassen, sind sie einer Uebertretung schuldig, und nach Beschaffenheit der Umstände mit Arrest von einem bis zu sechs Monaten zu bestrafen. §. 361. Unbefugter Handel mit Gift. Strafe. Wer ohne ausdrückliche Erlaubniß der Obrigkeit mit Arsenik oder was immer für einer Gattung von Gift oder dem Gifte durch besondere Vorschriften gleichgestellten Waaren Handel treibt, begeht eine Uebertretung, und ist, in soferne in den folgenden Paragraphen nicht besondere Strafbestimmungen vorkommen, mit Geld von fünf bis fünfzig Gulden, oder mit Arrest von einem bis zu acht Tagen zu bestrafen. §. 362. Strafe für einen dazu nicht berechtigten Handelsmann, wenn er auch die gesetzlichen Vorsichten beobachtet. Ein Handelsmann oder Krämer, der ein ordentliches Kaufgewölbe oder Laden hat, und unbefugt Gift verkauft, wenn er gleich die für den befugten Giftverbrauch bestehenden gesetzlichen Vorsichten beobachtet, ist für diese Uebertretung bei der ersten Betretung nebst dem Verluste des Giftwaare nach Verschiedenheit der Vermögensumstände mit einer Geldstrafe von fünf und zwanzig bis hundert Gulden zu belegen, bei einem zweiten Falle nebst der verdoppelten Geldstrafe noch mit Arrest von einem Monate zu bestrafen, das dritte Mal aber seines Gewerbes verlustig zu erklären. §. 363. Wenn er sie nicht beobachtet hat. Hätte ein zum Verkaufe der Giftwaaren nicht berechtigter Handelsmann oder Krämer Gift verkauft, ohne die vorgeschriebenen Vorsichten zu beobachten, so ist derselbe gleich bei der ersten Betretung seines Gewerbes verlustig; und zeigt sich bei der Untersuchung, daß der unerlaubte Handel auf diese Art schon durch längere Zeit fortgesetzt worden, so ist er mit strengem Arreste von einem bis zu drei Monaten zu bestrafen. Ist aber dadurch Jemand getödtet oder körperlich schwer beschädiget worden, so ist der Schuldtragende nach §. 335 zu behandeln. §. 364. Unbefugter Handel mit Gift von wandelnden Krämern. - Strafe. Wandelnde Krämer oder sogenannte Hausirer, welche weißen oder gelben Arsenik, Ratten- oder Mäusepulver, Fliegensteine, Hüttenrauch (Hüttrich) für das Vieh, Fischkörner (Kokelskörner) oder andere giftartige Waaren zu Kauf tragen, begehen eine Uebertretung und sind nebst dem Verluste der Giftwaaren und des Hausirungsbefugnisses, je nachdem sie den unerlaubten Verkauf durch längere Zeit getrieben, dadurch vielleicht auch Schaden veranlaßt haben, mit strengem Arreste von einem bis zu sechs Monaten zu bestrafen. §. 365. Unvorsichtigkeit bei dem Giftverkaufe. Bei den Apothekern und denjenigen Handelsleuten, die zum Handel mit Giftwaaren ordentlich berechtiget sind, ist jede Unterlassung der Vorsichten, welche durch die Verordnungen über den Giftverkauf vorgeschrieben werden, wie auch jede in den §§. 366-368 bezeichnete Fahrlässigkeit als Uebertretung zu bestrafen. §. 366. Verabfolgung von Gift an Jemanden ohne die vorgeschriebene Bewilligung. Strafe. Insbesondere soll dann, wenn an Jemanden, der sich nicht der vorgeschriebenen Bewilligung ausweiset, Gift verabfolgt worden, das erste Mal eine Geldstrafe von fünf bis zu fünfzig Gulden, das zweite Mal der Verlust des Gewerbes eintreten. Strafgesetz 1852 (Österreich) 68 §. 367. Unterlassene Führung des Vormerkbuches. Strafe. Wird bei der Untersuchung gefunden, daß über den Giftverkauf kein eigenes Vormerkbuch geführt wurde, in welchem die Personen, an welche, der Zeitpunct, wann Gift verabfolgt wurde, und die Erlaubniß, gegen deren Vorweisung ein Giftverkauf nur stattfinden darf, genau zu verzeichnen sind, so wird die Verabsäumung das erste Mal mit zehn bis fünfzig Gulden, das zweite Mal bis hundert Gulden, bei weiterer Fortsetzung mit dem Verluste des Gewerbes bestraft. §. 368. Nachlässigkeit in Aufbewahrung und Absonderung des Giftes. Strafe. Wenn in der gehörigen Absonderung der Giftwaaren von den übrigen, oder wenn in der Bezeichnung der Gefäße oder in der Verschließung derselben Nachlässigkeit entdeckt werden, bleibt derjenige, welcher der Handlung oder Apotheke vorsteht, dafür verantwortlich. Die bloße Verabsäumung der gehörigen Vorsicht wird bei der ersten Betretung mit fünf bis fünf und zwanzig Gulden zu bestrafen, und diese Strafe bei ferneren Betretungen zu verdoppeln seyn. §. 369. Strafe, wenn Jemand dadurch zu Schaden gekommen. Hätte eine solche Verabsäumung die Folge nach sich gezogen, daß eine wirkliche Verwechslung mit Giftwaaren geschehen, und Jemand dadurch getödtet oder körperlich schwer beschädiget worden ist, so ist diese Verabsäumung nach §. 335 zu bestrafen. §. 370. Vorschrift für Gewerbsleute, welche Gebrauch von Gift machen. Strafe der Nichtbeobachtung. Bei Gewerben, welche Gebrauch von Gift oder giftartigen Materialien machen, ist der Meister, oder wer sonst die Leitung auf sich hat, schuldig, dieselben stets unter seiner Verwahrung zu halten, und bei Versendungen die dafür bestehenden besonderen Vorschriften zu beobachten. Die Unterlassung dieser Vorsichten ist, wenn dadurch Niemand zu Schaden kommt, als Uebertretung mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate; wenn aber dadurch Jemand getötet oder körperlich schwer beschädigt worden ist, nach §. 335 zu bestrafen. §. 371. Strafe gegen den Verkauf unbekannter Materialwaaren. Der im §. 368 bestimmten Strafe unterliegt jeder Handelsmann, der irgend eine sogenannte Materialwaare, deren Gattung, auch ohne eben zum ärztlichen Gebrauche gewidmet zu seyn, vorher ganz unbekannt war und nicht von der Behörde geprüft worden, in Umlauf setzt. §. 372. Verfertigung und Ausbesserung verdächtiger Waffen. Strafe. Wer eine durch besondere Vorschriften verbotene oder sonst durch ihre Beschaffenheit verdächtige Waffe verfertigt, oder, wenn ihm eine Waffe von solcher Beschaffenheit zur Ausbesserung gebracht wird, dieselbe nicht anhält, und der Obrigkeit Anzeige macht, soll für diese Uebertretung mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate bestraft werden; wäre aber mit einer solchen Waffe Jemand körperlich schwer beschädigt oder getötet worden, so ist dieß nach §. 335 zu ahnden. §. 373. Unterlassene Verwahrung geladener Gewehre. Strafe. Jäger, oder wer sonst zu Hause geladenes Gewehr hat, sind verpflichtet, dasselbe vor Kindern und anderen unvorsichtigen und unerfahrenen Personen zu verwahren. Wird diese Sorgfalt vernachlässiget, und kommt dadurch Jemand zu Schaden, so ist diese Verabsäumung als Uebertretung mit Arrest von einer Woche bis zu einem Monate zu bestrafen, und der Arrest nach Maß der größeren Nachlässigkeit noch zu verschärfen; und wenn Jemand am Körper schwer beschädigt oder getötet worden ist, nach Maßgabe des §. 335 zu ahnden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 69 §. 374. Strafe auf unvorsichtige Abdrückung eines Gewehres. Gleiche Strafe ist nach Maß der schädlichen Folge gegen denjenigen zu erkennen, der ohne böse Absicht gegen Jemanden ein Gewehr abdrückt, ohne sich vorher versichert zu haben, daß es nicht geladen ist. §. 375. Unrichtige Anzeige der Zeit des Todes. Strafe. Wer bei der Todtenbesichtigung die Zeit, wann Jemand gestorben ist, unrichtig anzeiget, und dadurch veranlaßt, daß der Verstorbene früher begraben oder zergliedert wird, als, um der Begrabung und Eröffnung der Scheintodten zuvorzukommen, gesetzlich vorgeschrieben ist, soll für diese Uebertretung mit strengem Arreste von einem bis zu sechs Monaten bestraft werden. §. 376. Unterlassung der schuldigen Aufsicht bei Kindern und solchen, die sich selbst gegen Gefahr zu schützen unvermögend sind. Strafe. Im Allgemeinen sind diejenigen, welche aus natürlicher oder übernommener Pflicht die Aufsicht über Kinder oder andere Menschen führen, die sich selbst gegen die Gefahr vorzusehen und zu schützen unvermögend sind, wegen der in Erfüllung dieser Pflicht unterlaufenen Sorglosigkeit verantwortlich. Wenn daher ein solches Kind oder ein solcher Mensch getötet oder körperlich schwer beschädigt wird, ist derjenige, welchem der erwiesene Mangel der schuldigen Sorgfalt zur Last fällt, nach Vorschrift des §. 335 zu bestrafen. §. 377. Anwendung des Absudes von Mohnköpfen bei Kindern. Unter derselben Voraussetzung sind die erwähnten Personen insbesondere auch für die Anwendung des Absudes von Mohnköpfen bei Kindern zur gleichen Strafe zu verurteilen. §. 378. Strafe, wenn Kinder an gefährlichen Orten sich überlassen werden. Verschärfung der Strafe bei verheimlichter Verunglückung. Ebenso sind diejenigen zu behandeln, denen die Pflege eines Kindes oder die Aufsicht darüber obliegt, wenn ein in ihrer Pflege oder Aufsicht stehendes Kind, weil es allein an einem für Kinder gefährlichen Orte sich überlassen worden, dadurch getötet oder körperlich schwer beschädigt worden ist. Die Strafe ist zu verschärfen, wenn die einem Kinde zugestoßene Verunglückung verheimlichet wird. §. 379. Strafe gegen mit einer schändlichen Krankheit behaftete und dieselbe verheimlichende Amme. Eine Frauensperson, die sich bewußt ist, mit einer schändlichen oder sonst ansteckenden Krankheit behaftet zu seyn, und mit Verschweigung oder Verheimlichung dieses Umstandes als Amme Dienste genommen hat, soll für diese Uebertretung mit dreimonatlichem strengen Arreste bestraft werden. §. 380. Unterlassung der Aufstellung der Warnungszeichen bei einem Baue. Strafe. Wenn bei einem Baue die Ausstellung der vorgeschriebenen Warnungszeichen unterlassen wird, so ist der Baumeister, oder wer sonst bei dem Baue die Aufsicht führt, für jeden Fall dieser Uebertretung um zehn bis fünfzig Gulden zu bestrafen. Ist Jemand wegen dieser Unterlassung beschädigt worden, so ist nach Beschaffenheit des Vorfalles nebst der Geldstrafe Arrest von einem bis zu drei Monaten zu verhängen. Ist aber hieraus der Tod oder eine schwere körperliche Beschädigung eines Menschen erfolgt, so ist die Vorschrift des §. 335 in Anwendung zu bringen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 70 §. 381. Unterlassung der Anzeige des zu besorgenden Einsturzes. Strafe, wenn auch der Einsturz nicht erfolgt. Der Eigenthümer eines Hauses, Gebäudes oder derjenige, welchem darüber die Aufsicht übertragen wurde, ist verbunden, wenn dasselbe in irgend einem Theile Einsturz besorgen läßt, unverzüglich einen Baumeister zur Besichtigung und vorläufigen Sicherung herbeizurufen. Wird nach der Hand entdeckt, daß diese Vorsicht, da sie nach Befinden der Bauverständigen nothwendig war, unterlassen worden, so ist, wenn auch der Einsturz nicht erfolgt, die Unterlassung als Uebertretung mit fünf und zwanzig bis zweihundert Gulden zu bestrafen. §. 382. Wenn durch den Einsturz Jemand beschädigt oder getötet wurde. Ist der Einsturz wirklich erfolgt, dabei jedoch Niemand beschädiget worden, so ist die Bestrafung auf fünfzig bis fünfhundert Gulden zu erhöhen. Wenn aber Jemand durch den Einsturz getötet oder körperlich schwer beschädiget worden ist, so hat die Strafe des §. 335 in Anwendung zu kommen. §. 383. Strafe gegen den Baumeister, welchem ein Gerüst oder ein Gebäude einstürzt. Ein Baumeister, welcher einen Bau mit Gerüsten führt, oder Theile des Gebäudes durch Unterstützung zu sichern hat, ist, wenn ein solches Gerüst oder das Gebäude einstürzt, für diese Uebertretung das erste Mal mit fünf und zwanzig bis zweihundert Gulden zu bestrafen. Bei dem zweiten Falle ist derselbe nebst der Geldstrafe noch verpflichtet, künftig jedes Mal einen anderen Baumeister zu seinem Baue zu Hilfe zu nehmen, unter Strafe, des Baumeisterrechtes verlustig zu werden. §. 384. Wenn dadurch Jemand getötet oder körperlich schwer beschädiget wird. Ward bei solchen Einsturze Jemand getötet, oder körperlich schwer beschädiget, so ist der Baumeister nicht nur zu einer Geldstrafe von fünfzig bis fünfhundert Gulden zu verurteilen, und außerdem nach §. 335 zu behandeln, sondern demselben auch die Führung eines Baues so lange zu untersagen, bis er vor Kunstverständigen darthut, über diesen Theil der Baukunst seine Kenntnisse zureichend verbessert zu haben. §. 385. Bei grober Unwissenheit des Baumeisters. Aeußert sich aber bei der Untersuchung eines im vorhergehenden Paragraphe enthaltenen Falles von Seite des Baumeisters grobe Unwissenheit, so ist demselben sogleich bei dem ersten Falle eines Einsturzes alle fernere Führung eines Baues zu untersagen. §. 386. Strafe gegen das zu frühe Beziehen neugebauter Häuser oder Gewölbe. Wer in den Städten, und wo sonst die Vorschrift darüber besteht, ein neuerbautes Haus oder Gewölbe, ohne daß die Obrigkeit nach genommener Einsicht die Erlaubniß ertheilt hat, bezieht, oder durch andere beziehen läßt, soll für diese Uebertretung nach Verschiedenheit der Umstände mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate, oder um den Betrag des halbjährigen Mietzinses bestraft werden. §. 387. Unterlassene Anzeige eines mit der Wuth behafteten Thieres. Strafe. Wer einen Hund oder sonst ein Thier, an welchen Kennzeichen der wirklichen Wuth oder auch nur solche wahrzunehmen sind, die vermuthen lassen, daß die Wuth erfolgen könne, anzuzeigen unterläßt, ist einer Uebertretung schuldig, und zu Arrest, bei wirklich erfolgtem Ausbruche und Beschädigung von Menschen und Thieren aber zum strengen Arreste von drei Tagen bis zu drei Monaten zu verurtheilen. Ist aber hieraus der Tod oder die schwere körperliche Beschädigung eines Menschen erfolgt, so ist die Unterlassung der Anzeige nach §. 335 zu ahnden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 71 §. 388. Unbefugtes Halten schädlicher Thiere. Strafe. Ohne besondere Erlaubniß der Obrigkeit ist Niemandem erlaubt, wilde oder ihrer Natur nach sonst schädliche Thiere zu halten. Die Nichtbeachtung dieses Verbotes ist eine Uebertretung, und es soll nicht nur das schädliche Thier sogleich weggeschafft, sondern der Eigenthümer auch nach Beschaffenheit der Umstände mit einer Geldstrafe von fünf bis fünf und zwanzig Gulden belegt werden. §. 389. Wenn dadurch Jemand beschädiget wird. Wird Jemand von einem solchen ohne obrigkeitliche Erlaubniß gehaltenen Thiere beschädiget, so ist nach Maß des Schadens die Geldstrafe auf fünf und zwanzig bis einhundert Gulden zu erhöhen. §. 390. Strafe auf die Vernachlässigung der Verwahrung eines mit Erlaubniß gehaltenen wilden Thieres. Aber auch, wenn die Obrigkeit ein wildes Thier zu halten die Erlaubniß ertheilt, ist der Eigenthümer wegen sicherer Verwahrung desselben stets verantwortlich. Die Vernachlässigung dieser Verwahrung ist als Uebertretung mit zehn bis fünfzig Gulden zu bestrafen, wenn dadurch Jemand beschädiget wurde. §. 391. Vernachlässigung bösartiger Hausthiere. Strafe. Jeder Eigenthümer eines Hausthieres von was immer für einer Gattung, von welchem ihm eine bösartige Eigenschaft bekannt ist, muß dasselbe sowohl bei Haus, als wenn er außer dem Hause davon Gebrauch macht, so verwahren oder besorgen, daß Niemand beschädiget werden kann. Die Vernachlässigung dieser Vorsicht ist eine Uebertretung und auch ohne erfolgte Beschädigung mit einer Strafe von fünf bis fünf und zwanzig, bei wirklich erfolgtem Schaden aber von zehn bis fünfzig Gulden zu belegen. §. 392. Strafe wider das Anhetzen oder das Reizen derselben. Kommt bei der Untersuchung einer von einem Thiere zugefügten Beschädigung hervor, daß Jemand durch Anhetzen, Reizen oder was immer für absichtliches Zuthun den Vorfall veranlaßt hat, so macht sich der Thäter einer Uebertretung schuldig, und ist mit Arrest von einer Woche, der nach Umständen zu verschärfen ist, zu bestrafen. Neuntes Hauptstück. Von den Vergehen und Uebertretungen gegen die Gesundheit. §. 393. Vergehen gegen die Pestanstalten. In einem Bezirke, worin zur Hintanhaltung der drohenden Gefahr der Pest oder anderer ansteckender und für den allgemeinen Gesundheitszustand gefährlicher Krankheiten besondere Anstalten getroffen sind, macht man sich eines Vergehens durch jede Handlung schuldig, welche nach ihren natürlichen, oder vermöge der besonders bekannt gemachten Vorschriften für Jedermann leicht erkennbaren Folgen das Uebel herbeiführen oder weiter verbreiten kann; die Handlung mag in einer Unternehmung oder Unterlassung bestehen, sie mag im Vorsatze oder in einem Vergehen gegründet seyn. Die Bestrafung dieser Vergehen wird jedoch in den für derlei Verhältnisse überhaupt bestehenden, oder von Fall zu Fall je nach den Umständen zu ertheilenden besonderen Vorschriften bestimmt. Strafgesetz 1852 (Österreich) 72 §. 394. Strafe auf Verhehlung der Geräthschaften eines an einer ansteckenden Krankheit Verstorbenen. Wenn bei einem an einer ansteckenden Krankheit Verstorbenen der Gesundheitsbeschau von dessen Geräthe etwas verhehlet; wenn dasjenige, was die Gesundheitsaufsicht wegen gänzlicher Vertilgung oder Reinigung der Geräthschaften verordnet, nicht befolgt wird, begeht der Schuldtragende eine Uebertretung, und ist nach Wichtigkeit des Umstandes mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate zu bestrafen. §. 395. Gegen Krankenwärter, Dienstleute und Hausgenossen, die etwas davon entziehen. Krankenwärter, Dienstleute, Hausgenossen, oder wer sonst immer von dem zur Vertilgung oder Reinigung bestimmten Geräthe etwas entzieht, sind einer Uebertretung schuldig, und sollen mit strengem Arreste von einem bis zu drei Monaten bestraft werden. §. 396. Gegen Siechknechte. Wenn ein Siechknecht von denjenigen Geräthschaften, deren Vertilgung angeordnet ist, etwas für sich zurückbehält oder verkauft, ist die Bestrafung für diese Uebertretung nach Beschaffenheit der Umstände und des Erfolges strenger Arrest von einem bis zu drei Monaten. §. 397. Gegen diejenigen, welche wissentlich etwas davon kaufen. Diejenigen, welche von den in beiden vorausgehenden Paragraphen bezeichneten Geräthschaften wissentlich etwas ankaufen oder sonst an sich bringen, sind wegen dieser Uebertretung mit strengem Arreste von drei Tagen bis zu einem Monate zu bestrafen. §. 398. Verunreinigung der Brunnen, Cisternen u.s.w. Strafe. Wer in einen Brunnen, eine Cisterne, einen Fluß oder Bach, dessen Wasser einer Ortschaft zum Trunke oder Gebräue dienet, todtes Vieh oder sonst etwas wirft, wodurch das Wasser verunreiniget und ungesund werden kann, begeht eine Uebertretung, und soll mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate, bei hervorleuchtendem großen Muthwillen oder Bosheit auch mit Verschärfung bestraft werden. §. 399. Fleischverkauf von einem nicht nach Vorschrift beschauten Viehe. Strafe. Wenn bei einem Gewerbe, welches zu einem Verkaufe von rohem oder auf irgend eine Art zubereitetem oder verkochtem Fleische berechtiget ist, etwas von einem nicht nach Vorschrift beschauten Viehe verkauft wird, ist die Strafe dieser Uebertretung das erste Mal, nebst dem Verluste des nicht beschauten Fleisches oder des daraus gelösten Geldes, fünf und zwanzig bis zweihundert Gulden; bei der zweiten Uebertretung ist die Geldstrafe zu verdoppeln; bei einem dritten Falle soll der Uebertreter seines Gewerbes verlustig und zu einem Gewerbe dieser Art für immer unfähig erklärt werden. §. 400. Uebertretung der bei einer Viehseuche gegebenen Vorschriften. Strafe. Bei den verschiedenen von dem Viehstande kommenden Nahrungsmitteln wird auch folgende Vorschrift nothwendig: Wer bei einer unter dem Viehe sich äußernden Krankheit den zur Untersuchung abgeordneten Aerzten ein krankes Vieh verheimlichet, oder sobald erklärt ist, daß eine Viehseuche herrscht, die Vorschriften nicht beobachtet, welche darüber sowohl wegen des gefallenen als angesteckten, als des noch gesunden Viehes entweder im Allgemeinen bestehen oder nach Beschaffenheit der Umstände insbesondere bekannt gemacht werden, ist einer Uebertretung schuldig, und soll mit Arrest von einem bis zu drei Monaten bestraft werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 73 §. 401. Dieser Strafe unterliegen insbesondere auch diejenigen: a) welche, auch ohne daß in dem Orte oder dessen Nachbarschaft eine Viehseuche herrscht, die Anzeige der innerlichen Erkrankung eines Stückes Vieh an den Ortsvorsteher, oder bei der Erkrankung mehrerer Stücke die Unterbringung alles demselben Eigenthümer gehörigen Viehes in einen Nothstall und dessen abgesonderte Wartung, bis durch volle zehn Tage keine Spur eines kranken Zustandes mehr zu bemerken ist, vernachlässigen, oder krankes Vieh mit dem übrigen Gemeindevieh austreiben lassen, oder ein neu eingebrachtes Rind ohne Besichtigung heimlich schlachten oder weiter verkaufen, oder die dießfalls insbesondere getroffenen Maßregeln nicht beobachten; b) welche bei herrschender Viehseuche heimlich oder öffentlich krankes Vieh, Fleisch, Milch, Butter, Häute, Unschlitt oder was immer für andere Theile des Rindviehes, sei es nun von gesunden oder kranken, von geschlachteten oder gefallenen Stücken aus verdächtigen Orten einkaufen, einschwärzen und in nicht angesteckte Ortschaften zum Verkaufe oder eigenen Gebrauche einführen; c) welche aus angesteckten Ortschaften ungeachtet geschehener Abmahnung über die Gränzen nach gesunden Gegenden Vieh führen oder treiben, wenn dieses Vieh nach seiner Absperrung in den Nothstall binnen zehn Tagen an der herrschenden Viehseuche erkrankt; oder welche Theile des Rindviehes einschleppen, die als von geschlachteten Stücken herrührend erkannt werden; d) jene Ortsvorsteher , welche, wenn zwei bis drei Stücke Vieh wöchentlich in einem Stalle oder im Orte überhaupt erkranken, der politischen Bezirksbehörde die Anzeige zu machen unterlassen. §. 402. Bei einer aus der Verheimlichung des kranken Viehes oder Nichtbefolgung der Vorschrift erfolgten Verbreitung des Uebels und größerem Nachtheile ist die Strafe zu verdoppeln, nach Umständen auch auf strengen Arrest zu erkennen. §. 403. Verfälschung der Getränke auf eine der Gesundheit schädliche Art. Weinhändler, Bierbrauer, Gewerbsleute, die Branntwein und andere gebrannte Wässer verfertigen; wie auch Schankinhaber aller Art, deren Getränke auf eine Art, welche auf die Gesundheit eine schädliche Wirkung haben kann, zubereitet, gefälscht oder verdorben befunden werden, sind einer Uebertretung schuldig. §. 404. Diejenigen, die sich der in den beiden vorangehenden Paragraphen bezeichneten Uebertretungen schuldig machen, sollen, nebst dem Verluste des auf die angedeutete Art zubereiteten gefälschten oder verdorbenen Getränkes, nach Maß der vorhandenen Menge und der Zeit, in der sie dieses Geschäft getrieben haben, zu einer Strafe von einhundert bis fünfhundert Gulden verurtheilt werden. Im Wiederholungsfalle ist diese Strafe zu verdoppeln; bei der dritten Uebertretung aber nebst der Geldstrafe der Verlust des Gewerbes zu verhängen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 74 §. 405. Strafe, wenn der Zusatz oder die Mischung in hohem Grade schädlich ist. Zeigt sich bei der Untersuchung eines Getränkes eine Mischung oder ein Beisatz, welche als der Gesundheit in einem hohen Grade schädlich erkannt werden, so ist das Getränke sogleich zu vertilgen, und für diese Uebertretung nebst dem Verluste des Handels, Gewerbes oder Ausschankes mit lebenslänglicher Unfähigkeit zu demselben auf drei- bis sechsmonatlichen strengen Arrest zu erkennen. §. 406. Fälschung des Zinngeschirres. Ein Zinngießer, so wie überhaupt jeder Gewerbsmann, der Koch- oder Eßgeschirr aus Zinn, das mit Blei gefälscht ist, verfertigt, oder mit Bleizusätzen verzinnet, ist nebst dem Verluste des aus dem gefälschten Zinne verfertigten Vorrathes das erste Mal mit einer Geldstrafe von fünf und zwanzig bis fünfzig Gulden zu belegen, bei dem zweiten Male, oder auch sogleich bei der ersten Betretung, wenn er dieses schädliche Gewerbe länger getrieben, oder von dem aus dem gefälschten Metalle verfertigten Geschirre viel verkauft, oder wenn Jemand dadurch an seiner Gesundheit wirklich Schaden gelitten hat, ist er mit dem Gewerbsverluste zu bestrafen. §. 407. Gesundheitsschädliche Zubereitungen oder Aufbewahrungen von genußbaren Waaren überhaupt. Uebrigens ist jeder Zusatz, jede Mischung oder Fälschung, welche schon entweder für sich oder durch die dabei gebrauchten Materialien, durch die Art der Zubereitung, oder die zur Zubereitung oder Aufbewahrung gebrauchten Gefäße einer genußbaren Waare von was immer für einer Gattung eine der Gesundheit schädliche Eigenschaft mittheilen kann, als eine Uebertretung zu behandeln, und nach dem Grade der Schädlichkeit und der Länge der Zeit, durch welche dieses schädliche Geschäft fortgesetzt worden, mit einer Geldstrafe von zehn bis einhundert Gulden oder mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate, der nach Umständen auch zu verschärfen ist, zu bestrafen; nach Beschaffenheit bedenklicher Umstände ist gegen die Schuldigen auch auf die in den §§. 404 und 405 bestimmte Strafe zu erkennen. §. 408. Einige besondere Fälle dieser Uebertretung. Zu dieser Uebertretung gehören insbesondere: a) Die Verwendung von Mineralfarben bei Eßwaaren, oder das Ueberstreichen jener Stoffe, welche den menschliche Körper berühren sollen, mit Kupfer-, Arsenik-, Blei-, Zink- und anderen, giftige Metallpräparate enthaltenden Mineralfarben, so wie das Stärken von Stoffen mit Stärke, der solche Mineralfarben beigemischt sind; b) die Anwendung von Bleiglätte oder schlechter Glasur bei Eß-, Trink-, Koch-, und Kinderspiel-Geschirr; c) vorschriftwidrige Verfertigung von Eß-, Trink-, oder Kochgeschirr aus Packfong; d) die Nichtbeobachtung der besonderen für die Einrichtung der Branntweinbrenn-Apparate gegebenen gesundheitspolizeilichen Vorschriften von Seite der Branntwein-Erzeuger und Verschleißer; e) der Gebrauch von Kupfergeschirren bei dem Geschäfte der Fleischselcher, Fleischsieder und überhaupt aller jener Gewerbsleute, welche sich mit dem Sieden und dem Verkaufe der bei ähnlichen Geschäften vorkommenden Nahrungsartikel befassen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 75 Zehntes Hauptstück. Von anderen die körperliche Sicherheit verletzenden oder bedrohenden Uebertretungen. §. 409. Selbstverstümmlung. Strafe. Die Selbstverstümmlung, wie auch sonst jede absichtliche Selbstverletzung, um sich dem Militärstande zu entziehen, ist nach Beschaffenheit der That und der Umstände als Uebertretung mit strengem Arreste von vierzehn Tagen bis zu drei Monaten zu bestrafen. §. 410. Ueberdieß soll der Thäter nach vollstreckter Strafe dennoch zu denjenigen Militärdienste abgegeben werden, zu welchem er noch tauglich befunden wird. §. 411. Vorsätzliche und bei Raufhändeln vorkommende körperliche Beschädigungen. Vorsätzliche und die bei Raufhändeln vorkommenden körperlichen Beschädigungen sind dann, wenn sich darin keine schwere verpönte strafbare Handlung erkennen läßt (§. 152), wenn sie aber wenigstens sichtbare Merkmale und Folgen nach sich gezogen haben, als Uebertretungen zu ahnden. §. 412. Strafe. Die Strafe der Uebertretung ist nach der Gefährlichkeit und Bösartigkeit der Handlung nach der öfteren Wiederholung, zumal bei Raufern von Gewohnheit, nach der Größe der Verletzung der verletzten Person, Arrest von drei Tagen bis zu sechs Monaten. §. 413. Mißhandlungen bei häuslicher Zucht. Das Recht der häuslichen Zucht kann in keinem Falle bis zu Mißhandlungen ausgedehnt werden, wodurch der Gezüchtigte am Körper Schaden nimmt. Daher sind dergleichen Mißhandlungen der Eltern an ihren Kindern, der Vormünder an Mündeln, eines Gatten an dem anderen, der Erzieher und Lehrer an ihren Zöglingen und Schülern, der Lehrherren an ihren Lehrjungen, und der Gesindehälter an dem Dienstvolke als Uebertretungen zu bestrafen. §. 414. Mißhandlungen von Eltern an ihren Kindern. Strafe. Bei Mißhandlungen der Eltern an ihren Kindern sind die ersteren vor Gericht zu berufen, und ist ihnen das erste Mal der Mißbrauch der Gewalt und die gegen die Natur laufende Lieblosigkeit ihres Betragens mit Ernst und Nachdruck vorzuhalten; bei einem zweiten Falle ist den Eltern ein Verweis zu geben, und die Bedrohung beizusetzen, daß sie bei abermaliger Mißhandlung, der elterlichen Gewalt verlustig erklärt, ihnen das Kind abgenommen, und auf ihre Kosten an einem anderen Orte werde erzogen werden. §. 415. Bei einem dritten Rückfalle, oder wofern entweder die erste Mißhandlung schon an sich sehr schwer oder die Gemüthsart der Eltern so beschaffen wäre, daß für das Kind weitere Gefahr zu besorgen stünde, ist sogleich das erste Mal auf die oben angedrohte Strafe zu erkennen, und in dieser Absicht mit der Behörde wegen Benennung eines Vormundes das Einvernehmen zu pflegen. §. 416. Sind die Eltern die Erziehungskosten zu tragen unvermögend, so soll von der Obrigkeit für die Unterbringung des Kindes gesorgt, die Mißhandlung aber mit verschärftem Arreste, nach Beschaffenheit der Mißhandlung auch mit strengem Arreste von einer Woche bis zu drei Monaten bestraft werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 76 §. 417. Mißhandlung der Mündel von Seite der Vormünder. Strafe. Die Bestrafung der Mißhandlung eines Vormundes an seinem Mündel ist sogleich das erste Mal Entsetzung von der Vormundschaft, und wenn diese mit einem Nutzen verbunden war, strenger gerichtlicher Verweis, bei unentgeltlicher Vormundschaft Arrest von einer Woche bis zu einem Monate. §. 418. Läßt ein Vormund sich eine solche Mißhandlung bei einem anderen Mündel nochmals zu Schuld kommen, oder treten auch bei einer ersten Mißhandlung die Umstände des §. 415 ein, so ist derselbe ferner zu Vormundschaften unfähig zu erklären, nebstbei auf die Bestrafung zu erkennen, welche im §. 416 in solchen Fällen für die Eltern festgesetzt worden. §. 419. Gegenseitige Mißhandlung der Eheleute. Strafe. Wenn ein Gatte den anderen auf die in dem §. 413 erwähnte Art mißhandelt, sind beide Theile vorzufordern, und nachdem die Mißhandlung untersucht worden, ist dem mißhandelnden Theile ein strenger Verweis zu geben; nach Umständen ist derselbe mit Arrest von einer Woche bis zu drei Monaten und im Wiederholungsfalle mit Verschärfung des Arrestes zu bestrafen. Doch steht dem mißhandelten Theile frei, eine Milderung der Strafe und selbst die Nachsicht derselben anzusuchen, worauf der Richter allezeit gehörig Rücksicht zu nehmen haben wird. §. 420. Der Lehrer oder Erzieher an ihren Zöglingen. Strafe. Erzieher oder Lehrer von beiderlei Geschlecht, die an ihren Zöglingen Mißhandlungen verüben, sind das erste Mal mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate zu bestrafen; im wiederholten Falle aber nebst der erst bestimmten Strafe fernerhin zu einem Lehramte oder Erziehungsgeschäfte untauglich zu erklären. §. 421. Der Gesindehalter und Lehrherren an Dienstboten und Lehrjungen. Die Mißhandlung eines Gesindehalters oder Lehrherrn an Dienstboten oder Lehrjungen ist nach Umständen der mißhandelten Person und der Schwere der Mißhandlung mit einer Geldstrafe von fünf bis einhundert Gulden, oder mit Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate zu bestrafen, bei öfteren Rückfällen aber, oder wenn die Art der Mißhandlung besondere Härte verräth, ist die Strafe zu verschärfen. §. 422. Strafe gegen die Verstellung der Straßen zur Nachtzeit durch Wägen, Fässer ec. Wenn an einem öffentlichen Platze, auf der Straße, oder vor einem Haus oder Gewölbe, zur Nachtzeit, was immer für eine Gattung von Wägen, Bauholz oder andere Baumaterialien, Waaren, Fässer, Verschläge oder überhaupt etwas, wodurch die Vorübergehenden Schaden nehmen können, gelassen worden, ist der Schuldtragende wegen dieser Uebertretung um zehn bis fünfzig Gulden oder mit Arrest von drei bis vierzehn Tagen zu bestrafen; bei mehrmaligen Rückfällen ist die Strafe zu verschärfen. §. 423. Wann sie gegen den Gastwirth zu verhängen sei. Wenn dieß bei Reisewägen oder bei Gastwägen geschieht, wovon die Pferde in einem Gasthofe eingestellt sind, so ist die Strafe stets gegen den Gastwirth zu erkennen. §. 424. Benehmen bei eintretender Nothwendigkeit, dergleichen Sachen über Nacht auf der Straße zu lassen. Strafe. Wenn aber bei Führung eines Baues, bei großen Waarenversendungen zur Marktzeit oder wegen anderer besonderer Umstände die Nothwendigkeit eintritt, Baumaterialien, Waaren oder Wägen über Nacht auf Straßen und Plätzen zu lassen, muß solches jederzeit der Sicherheitsbehörde des Ortes angezeigt, und dabei ein Warnungszeichen von einer oder zwei beleuchteten Laternen aufgestellt werden, widrigens die Unterlassung Strafgesetz 1852 (Österreich) 77 des einen oder des anderen als Uebertretung mit der im §. 422 festgesetzten Strafe zu ahnden ist. §. 425. Strafe, wenn Jemand zu Schaden gekommen wäre. Wäre in den Fällen der drei vorausgehenden Paragraphe Jemand schon wirklich zu Schaden gekommen, so ist die Strafe zu verschärfen, und soferne eine der im §. 335 vorausgesetzten Folgen eingetreten ist, die strafbare Handlung nach jenem Paragraphe zu beurtheilen. §. 426. Strafe gegen das Herabwerfen von den Fenstern, oder die Unterlassung der Befestigung des dahin Gestellten oder Gehängten. Wer an Straßen, vor Fenstern, Erkern oder sonst in einer Wohnung etwas stellt oder hängt, ohne es gegen das Herabfallen zureichend gesichert zu haben, oder wer aus dem Fenster, von Erkern oder sonst von oben herab etwas wirft, wodurch die Vorübergehenden beschädiget werden können, soll wegen dieser Uebertretung um fünf bis fünf und zwanzig Gulden oder mit Arrest von drei Tagen bis zu einer Woche bestraft werden. Bei einer durch den Herabsturz erfolgten leichten Verwundung ist die Geldstrafe zu verdoppeln und der Arrest zu verschärfen. Ist eine schwere körperliche Beschädigung erfolgt, oder sogar Jemand getötet worden, so ist die Handlung nach Maßgabe des §. 335 zu ahnden. §. 427. Strafe gegen das schnelle und unbehutsame Fahren und Reiten. - Gegen den Eigenthümer des Wagens. Wegen der Uebertretung des schnellen, unbehutsamen Fahrens und Reitens in Städten und anderen stark bewohnten oder zahlreich besuchten Gegenden soll der Eigenthümer oder Benützer des Wagens, wenn er selbst zugegen ist, und dem Kutscher das Schnellfahren nicht untersagt, oder wenn er selbst auf gedachte Art schnell fährt oder reitet, um fünf und zwanzig bis einhundert Gulden bestraft werden. §. 428. Gegen den Kutscher oder Knecht. Wenn der Kutscher für sich allein, oder dem ihm gemachten Verbote zuwider, schnell fährt; ingleichen wenn ein Reit- oder Pferdeknecht in stark besuchten Gegenden für sich schnell reitet oder fährt, soll der Kutscher oder Knecht mit Arrest von drei bis vierzehn Tagen bestraft werden. Im Wiederholungsfalle ist die Strafe zu verdoppeln. §. 429. Gegen den Lohnkutscher, der einen der Polizei nicht vorgestellten Knecht fahren läßt. Ein Lohnkutscher, der einen der Polizei nicht vorgestellten oder von derselben nicht tauglich befundenen Knecht zum Fahren bestellt, soll für diese Uebertretung um fünf und zwanzig bis fünfzig Gulden bestraft werden, und ist noch besonders wegen allen Schadens verantwortlich welcher durch einen solchen Knecht veranlaßt wird. §. 430. Gegen Kutscher oder Knechte, welche ihre Pferde ohne Aufsicht im Freien stehen lassen. Ein Kutscher oder Knecht, welcher bespannte Wägen, oder Pferde ohne Bespannung im Freien, ohne Aufsicht stehen läßt, wo sie durch Ausreißen oder sonst Schaden anrichten können, ist einer Uebertretung schuldig, und soll, wenn gleich kein Schaden geschehen, das erste Mal mit Arrest von einem bis zu acht Tagen, bei wiederholtem Fall aber, wenn wirklicher Schade erfolget, bis zu einmonatlichem verschärften Arrest bestraft werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 78 §. 431. Handlungen und Unterlassungen gegen die körperliche Sicherheit überhaupt. Ueberhaupt lassen sich die Uebertretungen, wodurch die körperliche Sicherheit verletzt werden kann, nicht sämmtlich aufzählen. Es soll daher jede der in den §§. 335 bis 337 bezeichneten Handlungen oder Unterlassungen auch dann, wenn sie keinen wirklichen Schaden herbeigeführt haben, als Uebertretung mit einer Geldstrafe von fünf bis fünfhundert Gulden, oder mit Arrest von drei Tagen bis zu drei Monaten geahndet werden. §. 432. Wenn jedoch eine bei dem Betriebe von Eisenbahnen oder von anderen im §. 85 lit. c) bezeichneten Werken oder Unternehmungen, oder bei dem Staats-Telegraphen angestellte Person in ihrem Dienste ein Verschulden dieser Art begeht, so ist immer auf strengen Arrest von drei Tagen bis zu drei Wochen, und bei sehr erschwerenden Umständen bis auf sechs Wochen zu erkennen, je nach dem Maße, als ein höherer Grad von Fahrlässigkeit erwiesen wird, eine Gefahr für mehrere Menschen entstanden ist, mehrere Verletzungen zugefügt wurden, oder sonst etwa ein größerer Schade erfolgt ist. §. 433. Insbesondere sind mit diesen Strafen noch folgende Uebertretungen der bei dem Eisenbahnbetriebe angestellten Personen zu ahnden: a) Die Eröffnung der Bahn vor erhaltener Bewilligung oder vor Erfüllung der dazu vorgeschriebenen Bedingungen; b) die vernachlässigte Aufstellung oder Erhaltung der zur Verhütung von Schaden vorgeschriebenen Einfriedungen, Absperrschranken, Verbotstafeln oder anderer Schutzmittel und Warnungszeichen; c) die Bestellung von Individuen, welche die durch die Dienstvorschriften geforderte Befähigung nicht nachgewiesen haben, oder welche von der Verrichtung, zu der sie bestimmt sind, durch die Staatsverwaltung für ausgeschlossen erklärt wurden; d) die Vornahme einer Fahrt oder die Gestattung derselben bei schadhaftem, eine Gefahr drohenden Zustande der Bahn, oder mit Locomotiven, Wägen oder anderen Betriebsmitteln von solcher Beschaffenheit. Eilftes Hauptstück. Von den Vergehen und Uebertretungen gegen die Sicherheit des Eigenthumes. §. 434. Vorschriften zur Verhütung der Nachlässigkeit bei Anwendung der Feuersgefahr. Der große oft nicht zu berechnende Schade der Feuersbrünste macht es nothwendig, die Verabsäumung irgend einer der zur Abwendung der Feuersgefahr bestehenden Vorschriften als Uebertretung zu behandeln und zu bestrafen. §. 435. Strafe gegen Bau-, Maurer- oder Zimmermeister, welche wider die besonderen Feuerlösch- oder Bau-Ordnungen handeln. Ein Bau-, Maurer- oder Zimmermeister, welcher bei Führung eines Baues oder bei Veränderungen etwas anlegt, was in den besonders gegebenen Feuerlösch- oder Bau-Ordnungen wegen Feuersgefahr verboten wird, ist einer Uebertretung schuldig, und soll nebstdem, daß er verpflichtet ist, den ordnungswidrig angelegten Theil auf seine Kosten abzubrechen und nach der Vorschrift herzustellen, das erste Mal mit einer Geldstrafe von fünf und zwanzig bis zwei hundert Gulden belegt werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 79 §. 436. Strafe auf wiederholte Uebertretung. Wenn er sich eine solche Uebertretung wiederholt zu Schulden kommen lässt, ist er mit doppelter Geldstrafe zu belegen; und im dritten Falle ihm alle weitere Führung eines Baues zu untersagen. §. 437. Gegen Polierer und Aufseher bei einem Baue. Der Polierer oder Aufseher bei einem Baue, wobei etwas gegen die zur Abwendung von Feuersgefahr bestehenden Vorschriften angelegt wird, soll sich zu dem vorschriftswidrigen Baue nicht gebrauchen lassen, widrigens er für diese Uebertretung mit Arrest von drei bis zu vierzehn Tagen bestraft wird. §. 438. Gegen diejenigen, welche sich mit der Verfertigung oder Setzung der Oefen beschäftigen. Ein Töpfer (Hafner), Klempner (Blechschmied), oder Schlossermeister, oder wer immer sonst Oefen verfertigt, begeht, wenn er gegen die zur Verhütung von Feuersgefahr bestehende Vorschrift einen Ofen setzt oder eine Röhre zieht, eine Uebertretung, und ist mit fünf bis fünf und zwanzig Gulden zu bestrafen. Bei wiederholtem Falle ist die Strafe zu verdoppeln; das dritte Mal wird der Uebertreter des Gewerbes verlustig. §. 439. Gegen Gesellen, welche feuergefährliche Oefen setzen. Der Geselle, welcher einen feuergefährlichen Ofen zu setzen, oder eine solche Röhre zu ziehen den Auftrag erhält, soll sich dazu nicht gebrauchen lassen, widrigens er für diese Uebertretung mit Arrest von drei bis zu vierzehn Tagen bestraft wird. §. 440. Gegen Jeden, welcher ohne Feuerbeschau oder ohne Baumeister eine Veränderung vornimmt. Wenn jemand ohne einen Baumeister Dachzimmer anlegt, oder sonst einen Bau führet, oder wenn er an Rauchfängen, Heizung, Herden, Oefen für sich eine Veränderung vornimmt, worüber nach Vorschrift vorher die Feuerbeschau genommen werden muß, so begeht er eine Uebertretung, und ist mit fünf und zwanzig bis zwei hundert Gulden zu bestrafen. Hat er etwas wirklich Feuergefährliches angelegt, so soll er solches sogleich abzubrechen und feuergefahrfrei herzustellen verhalten werden. §. 441. Strafe des Maurer- oder Zimmergesellen, welcher sich dazu gebrauchen lässt. Der Maurer- oder Zimmergeselle, welcher sich zu einer solchen Veränderung gebrauchen lässt, ist für diese Uebertretung mit Arrest von drei bis vierzehn Tagen zu bestrafen, und dieser Arrest zu verschärfen, wenn er deßhalb bereits ein Mal bestraft worden. §. 442. Gegen Rauchfangkehrer, welche die Anzeige feuergefährlicher Gegenstände unterlassen. Ein Rauchfangkehrer (Schornsteinfeger), welcher an Oefen, Herd- oder Heizanlagen oder an Rauchfängen (Schornsteinen) etwas Feuergefährliches entdeckt, ist verbunden, solches seinem Meister, oder wo keine Meisterschaften bestehen, so wie in dem Falle, wenn er bei neuerlicher Fegung wieder Feuergefährliches findet, unmittelbar der Sicherheitsbehörde die Anzeige zu machen. Die Unterlassung dieser Anzeige ist in beiden Fällen eine Uebertretung, und wird mit Arrest von einem bis zu acht Tagen bestraft. Strafgesetz 1852 (Österreich) 80 §. 443. Gegen Rauchfangkehrermeister, welche die Anzeige der Gesellen unbeachtet lassen. Der Rauchfangkehrermeister, welcher auf die von einem Gesellen ihm geschehene Anzeige den Augenschein vorzunehmen, und wenn er wirklich Feuersgefahr gefunden, davon sogleich die Anzeige an den Hauseigenthümer oder Verwalter, und sofern dieser nicht Abhilfe getroffen, die weitere Meldung an die Sicherheitsbehörde unterlassen hat, soll für diese Uebertretung um fünf bis fünzig Gulden bestraft werden. §. 444. Wenn sie der richtigen Fegung wegen nachzusehen unterlassen. Eben dieser Uebertretung ist schuldig ein Rauchfangkehrermeister, der unterläßt, nach Pflicht seines Gewerbes von Zeit zu Zeit in seinem Betriebe wegen richtiger Fegung der Rauchfänge (Schornsteine) nachzusehen oder nachsehen zu lassen. §. 445. Handel mit Schießpulver. Strafe. Kaufleute und Krämer, welche mit Schießpulver oder mit anderen von den im §. 336, lit. f) genannten feuergefährlichen Waaren handeln, und in ihren Kaufgewölben oder sonst in ihrem Hause davon einen größeren Vorrath halten, als durch die dafür gegebenen besonderen Vorschriften gestattet ist, oder die den erlaubten Vorrath nicht vorschriftmäßig verwahrt haben, sind einer Uebertretung schuldig, und sollen das erste Mal mit Verlust des übermäßigen oder unverwahrten Vorrathes und einer Geldstrafe bis zu fünf und zwanzig Gulden; zum zweiten Male nebst diesem Verluste mit Verdopplung der Geldstrafe, bei der dritten Betretung mit Arrest bis zu einem Monate und Verlust des Befugnisses, mit derlei Gegenständen zu handeln, bestraft werden. §. 446. Gewerbe, welche Vorrath von leicht feuerfangenden Materialien, Diejenigen Handels- und Gewerbeleute, welche von leicht feuerfangendem Materiale von was immer für einer Gattung Vorrath haben, und solchen auf Böden oder sonst unsicheren, nicht durch Mauerwerk oder gehörige Absonderung verwahrten Orten aufbewahren, sind einer Uebertretung schuldig, und nach Beschaffenheit der Waaren und Menge des Vorrathes um fünf und zwanzig bis fünfhundert Gulden zu bestrafen. §. 447. von Heu, Stroh oder Brennholz haben. Wer Vorräthe von Heu, Stroh oder Brennholz dort, wo für deren Aufbewahrung eigens gewidmete Gewölbe oder Behältnisse vorhanden sind, an anderen Orten niederlegt, unterliegt für diese Uebertretung der im vorhergehenden Paragraphe festgesetzten Strafe. §. 448. Dienstpersonen bei der Ofenheize. Dienstpersonen, welche die Heizung über sich haben, und in der Heize Holz zum Dörren zur Hand legen, begehen eine Uebertretung, und sind dafür mit Arrest von einem bis zu drei Tagen, der bei wiederholten Fällen zu verschärfen ist, zu bestrafen. §. 449. Betretung feuergefährlicher Orte mit offenem Lichte. Strafe. Ein Hausknecht, Kutscher, Pferde- oder Viehwärter, eine Dienstmagd, oder wer immer mit offenem Lichte in einer Scheuer (Stadel), in einem Stalle, in Behältnissen von Holz, oder wo Kohlen, Stroh, Heu oder andere leicht feuerfangende Gegenstände aufbewahrt werden, betreten wird, soll für dieser Uebertretung mit Arrest von einem bis zu acht Tagen bestraft und derselbe im Wiederholungsfalle verschärft werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 81 §. 450. Gegen dieselbe Uebertretung von Seite der Lehrjungen, Gesellen und anderer Dienstpersonen. Ebenso sind Lehrjungen oder Gesellen der Handels- oder Gewerbeleute, sowie überhaupt alle Dienstpersonen zu bestrafen, welche sich in ein Magazin oder in ein anderes Behältniß von brennbarem Materiale mit offenem Lichte begeben. §. 451. Gegen Dienstgeber oder Gewerbsinhaber, welche die nöthigen Laternen nicht anschaffen, oder selbst eine dieser Uebertretungen begehen. Kommt bei der Untersuchung vor, daß die Dienstgeber oder Gewerbsinhaber die nothwendigen Laternen nicht angeschafft haben, so sind auch diese einer Uebertretung schuldig, und sollen mit fünf bis fünfzig Gulden bestraft; und wenn der Dienstgeber, Handels- oder Gewerbsmann selbst eine der in den vorhergehenden zwei Paragraphen bezeichneten Uebertretungen begehen würde, soll derselbe zu einer Geldstrafe von fünf und zwanzig bis fünfhundert Gulden verurtheilt werden. §. 452. Gegen das Tabakrauchen in feuergefährlichen Orten. Wer in einem Stalle, einem Heu- oder Strohgewölbe, oder in einer Scheuer (Stadel) oder überhaupt an Orten, wo sich leicht feuerfangende Sachen befinden, Tabak raucht, soll mit Arrest von einem Tage bis zu einer Woche bestraft, und diese Strafe nach Umständen auch verschärft werden. §. 453. Gegen die Vernachlässigung eines auf freiem Felde, oder in der Nähe von Scheuern, Schobern ec. aufgemachten Feuers. Wer in der Nachbarschaft einer Scheuer, eines Heu- oder Getreideschobers, oder eines Feldes, wo die Ernte entweder nocht steht, oder die geschnittene Ernte noch nicht eingeführt ist, Feuer aufmacht, in einem Walde angezündetes Feuer verwahrlost, oder, ohne es ganz ausgelöscht zu haben, verläßt, soll für diese Uebertretung mit Arrest von einem Tage bis zu einer Woche und bei größerer Gefährlichkeit auch mit Verschärfung bestraft werden. §. 454. Gegen das Reisen mit Fackeln durch Wälder, Ortschaften ec. Wenn Jemand mit Fackeln reiset oder fährt, müssen diese vor den hölzernen Brücken und vor den Ortschaften oder Wäldern bei Strafe von fünfzig bis zu fünfhundert Gulden für jeden Fall dieser Uebertretung ausgelöscht werden. Auf diese Vorschrift sind die mit der Post reisenden Fremden von den Postmeistern insbesondere aufmerksam zu machen. §. 455. Pflicht der Postillone und Landkutscher hiebei. Die Postillone, Land- und Miethkutscher sind verbunden, dieses den Reisenden jedes Mal, wenn sie an solche Orte kommen, nochmal anzudeuten, und nicht von der Stelle zu fahren, bis die Fackel ausgelöscht ist, widrigens sie sich einer Uebertretung schuldig machen, und mit Arrest von einem bis zu acht Tagen zu bestrafen sind, der nach Umständen verschärft werden soll. §. 456. Sollte ein Reisender den Postillon oder Kutscher mit Drohungen oder Gewalt zu fahren zwingen, so hat letzterer in dem nächsten Orte, wo er genugsamen Beistand zu finden hofft, den Vorfall zu melden. Hier hat der Gemeindevorsteher von dem Reisenden eine summarische Aussage aufzunehmen, und bei unbekannten Reisenden die Sicherstellung der Strafe zu fordern, ihn aber dann in Fortsetzung der Reise nicht zu hindern, sondern den ganzen Vorgang sogleich dem Gerichte anzuzeigen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 82 §. 457. Befugniß jeder Ortschaft, durch welche Jemand mit Fackeln reiset. Ebenso ist jede Ortschaft berechtiget, einen Reisenden, der mit brennender Fackel durchfährt, ohne Ausnahme anzuhalten, und sogleich der Behörde anzuzeigen. §. 458. Strafe auf die Verheimlichung einer entstehenden Feuersbrunst. Wer eine entstehende Feuersbrunst zu verheimlichen sucht, oder wenn sie bei ihm entsteht, sie anzuzeigen unterläßt, soll für diese Uebertretung nach Verschiedenheit des Ortes und der größeren oder kleineren aus der Verheimlichung entstandenen Gefahr mit einer Geldstrafe von zehn bis hundert Gulden belegt werden. §. 459. Allgemeine Strafbestimmungen für Handlungen oder Unterlassungen, woraus sonst Feuersgefahr sich besorgen läßt. Nebst den in den vorhergehenden Paragraphen insbesondere aufgezählten Fällen sind überhaupt auch alle anderen Handlungen und Unterlassungen, von welchen sich eine Feuersgefahr leicht voraussehen läßt, als: bei offenem Lichte Flachs oder Hanf brechen, in der Nähe von Häusern oder Scheuern schießen oder Feuerwerke abbrennen, die Nichtbeachtung der insbesondere vorgeschriebenen Vorschriften, hinsichtlich des Aussprühens von Funken aus den Locomotiven auf Eisenbahnen bei den Fahrten der Eisenbahnzüge durch oder in der Nähe von Ortschaften, u. dgl. als Uebertretungen, und nach dem Maße zu bestrafen, als sie mit den vorausgeschickten Fällen mehr oder minder übereinstimmen. §. 460. Diebstähle minderer Art. Alle Diebstähle, welche nicht nach der Vorschrift der §§. 172 bis 176 als Verbrechen bestraft zu werden geeignet sind, sollen als Uebertretungen mit einfachem oder strengem Arreste von einer Woche bis zu sechs Wochen bestraft, nach Beschaffenheit der Umstände der Arrest auch verschärft werden. §. 461. Mindere Veruntreuungen und Betrügereien. Gleiche Strafe greift auch Platz bei Veruntreuungen und Betrügereien, in soferne die ersten nicht nach den §§. 181 und 183, die zweiten durch die in den §§. 199, 200 und 201 aufgezählten Umstände die Eigenschaft des Verbrechens enthalten. §. 462. Ausmaß der Dauer und Verschärfung der Strafe bei diesen Uebertretungen. Die Dauer der Strafe und ihre Verschärfung ist nach der Größe des Betrages, der aus der Handlung hervorleuchtenden List, Bosheit, Gefahr und des dadurch mehr hintergangenen Zutrauens zu bestimmen. §. 463. Diebstähle und Veruntreuungen zwischen Ehegatten oder nahen Verwandtschaften in gemeinschaftlicher Haushaltung. Diebstähle und Veruntreuungen zwischen Ehegatten, Eltern, Kindern oder Geschwistern, so lange sie in gemeinschaftlicher Haushaltung leben, können nur, wenn das Haupt der Familie darum ansucht, nach Maßgabe des §. 460 zur Strafe gezogen werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 83 §. 464. Theilnehmung an diesen Uebertretungen. Die Theilnehmung an Diebstählen und Veruntreuungen ist eine Uebertretung, in soferne sie nicht nach den §§. 185 und 186 ein Verbrechen bildet. §. 465. Strafe der Theilnehmung. Die Strafe der Theilnehmung ist insgemein nach §. 460 zu bestimmen; insbesondere aber auf eine strengere Strafe gegen diejenigen zu erkennen, welche Unmündige oder sonst an Verstand geschwächte Personen zu solchen Uebertretungen verleiten. §. 466. Wann sie strafbar zu seyn aufhören. Die in den §§. 187 und 188 vorkommenden Bestimmungen finden auf Diebstähle und Veruntreuungen und die Theilnehmung an denselben auch dann Anwendung, wenn dieselben bloße Uebertretungen sind. §. 467. Vergehen gegen das literarische und artistische Eigenthum. Strafe. Jeder unbefugte Nachdruck und jede demselben in den Gesetzen gleichgeachtete Vervielfältigung oder Nachbildung eines literarischen oder artistischen Produkts ist auf Verlangen des Beeinträchtigten als ein Vergehen zu ahnden, und soll nebst dem, daß die vom Gesetze bestimmte civilrechtliche Entschädigung Platz zu greifen hat, an demjenigen, welcher dieselbe veranstaltet, oder zu deren Ausführung wissentlich mitgewirkt hat, oder mit deren Erzeugnissen Abdrücke, Abgüsse, u.s.w., der Zerlegung des Drucksatzes, und bei Kunstwerken, in soferne auch der Zerstörung der Platten, Steine, Formen und anderer Objekte, welche anschließend zur Ausführung dieser Vervielfältigung gedient haben, mit einer Geldstrafe von fünf und zwanzig bis eintausend Gulden, oder im Falle der Zahlungsunmöglichkeit mit Arrest von fünf Tagen bis zu sechs Wochen, und in Fällen der Wiederholung oder nach vorangegangener wenigstens zweimaliger Bestrafung auch mit Verlust des Gewerbes bestraft werden. Auch die confiscirten Exemplare sind, in so weit sie nicht durch Uebereinkommen mit dem durch das Vergehen Beschädigten zu dessen Entschädigung verwendet werden, zu vertilgen. Ebenso ist die dem anschließenden Rechte des Autors oder seiner Rechtsnachfolger zuwider veranstaltete öffentliche Aufführung eines dramatischen oder musikalischen Werkes im Ganzen oder mit Abkürzungen und unwesentlichen Abänderungen als Vergehen, außer der Confiscation der unrechtmäßig genützten Manuskripte (Textbücher, Partituren, Rollen) mit einer Geldstrafe von zehn bis zweihundert Gulden oder bei Zahlungsunmöglichkeit mit verhältnismäßigem Arreste zu ahnden. §. 468. Uebertretung der boshaften Beschädigung fremden Eigenthumes. Strafe. Die boshafte Beschädigung eines fremden Eigenthums ist, in soferne sie nicht nach der Vorschrift der §§. 85 und 89 ein Vergehen bildet, als Uebertretung mit Arrest von einem Tage bis zu einem Monate zu bestrafen. §. 469. Schlosser u. dgl., die Dietriche verfertigen. Strafe. Schlosser und andere Feuerarbeiter, welche Dietriche oder Hauptschlüssel für unbekannte Personen, oder welche Schlüssel nach bedenklichen Formen oder bloßen Abdrücken verfertigen, oder welche ohne Vorsicht und gehörige Erkundigung nicht bekannten Personen Schlüssel nachmachen oder Schlösser aufsperren; Schlossermeister, welche das sogenannte Sperrzeug (die Dietriche) nicht gehörig verwahren oder unsicheren Händen anvertrauen; Trödler, welche Schlüssel, Dietriche oder Aufsperrhaken kaufen oder verkaufen, sind einer Uebertretung schuldig, und für den ersten Fall mit einer Geldstrafe von fünf und zwanzig bis fünfzig Gulden zu belegen; bei wiederholter Uebertretung ist die Strafe zu verdoppeln; die dritte Uebertretung soll mit dem Verlust des Gewerbes bestraft werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 84 §. 470. Gewerbsdiener, Handwerksgesellen oder Dienstpersonen, welche sich ohne Vorwissen ihres Herrn dieser Uebertretung schuldig machen. Wenn ein Gewerbsdiener, Handwerksgeselle oder eine Dienstperson ohne Vorwissen ihres Herrn oder Meisters sich einer der vorgenannten Uebertretungen schuldig macht, ist derselbe mit strengem Arrest bis zu einer Woche zu bestrafen. Bei einem zweiten Falle ist der Arrest zu verschärfen, und der Sträfling, wenn er ein Ausländer ist, aus sämmtlichen Kronländern des Kaiserstaates abzuschaffen. §. 471. Strafe gegen Trödler und Hausirer, die von Unmündigen kaufen. Trödler (Tandler), Hausirer, oder wer immer mit bereits gebrauchten, abgelegten oder alten Sachen Gewerbe und Handel treibt, sollen, wenn sie von unmündigen Kindern etwas kaufen oder eintauschen, für diese Uebertretung nach Umständen der Person und Sache mit fünf bis fünfzig Gulden oder mit Arrest von einem bis zu zehn Tagen bestraft werden. §. 472. Strafe bei öfterer Betretung. Bei wiederholten Fällen ist die Geldstrafe zu verdoppeln, oder die einfache Geldstrafe durch Arrest von einem bis zu acht Tagen, und nach Umständen auch dieser noch zu verschärfen. Zeigt sich durch öfters fortgesetzte Uebertretungen, daß keine Besserung erfolgt, so sind die Uebertreter, wenn sie ein bürgerliches Gewerbe oder eine obrigkeitliche Erlaubniß haben, derselben verlustig: ohne besondere Erlaubniß handelnde Inländer sind auf unbestimmte Zeit aus dem Orte, aber auf beständig aus allen Kronländern des Kaiserstaates abzuschaffen. §. 473. Juwelen- und Galanteriehändler, Gold- und Silberarbeiter. Juwelen- und sogenannte Galanteriewarenhändler, wie auch Gold- und Silberarbeiter, denen Juwelen oder Gold- und Silberwaaren zum Kaufe von Jemandem angeboten werden, welcher, nach den Umständen zu schließen, davon nicht der Eigenthümer oder nicht von dem Eigenthümer abgeschickt ist, sind verbunden, die Sache und den Verkäufer anzuhalten, und wenn dieser sich nicht zureichend auszuweisen im Stande ist, seine Stellung vor die Behörde zu veranlassen. Die Unterlassung dieser Vorschrift ist eine Uebertretung, und mit fünf und zwanzig bis hundert Gulden zu bestrafen. §. 474. Strafe, wenn sie eine verdächtige Waare an sich gebracht haben. Wenn sie eine ihnen auf solche Art angebotene verdächtige Waare an sich bringen, ist der Käufer nach Verschiedenheit des Werthes mit einer Strafe von fünfzig bis fünfhundert Gulden zu belegen. §. 475. Vorschrift in Ansehung des geschmolzenen Goldes und Silbers. Gold- und Silberarbeiter, welchen geschmolzenes Gold und Silber, das nicht mit den Namen eines anderen befugten Gold- und Silberarbeiters bezeichnet ist, zu kaufen angeboten wird, sind verbunden, den Verkäufer anzuhalten, und dessen Stellung vor die Behörde zu veranlassen. Im Falle sie dieses unterlassen, oder dergleichen unbezeichnetes Gold und Silber an sich bringen, findet die auf diese Uebertretung in dem vorhergehenden Paragraphe gesetzte Strafe Statt. Strafgesetz 1852 (Österreich) 85 §. 476. Verbindlichkeit, jeden verdächtigen Verkäufer überhaupt anzuhalten. Aber nicht nur Handels- und Gewerbsleute allein, sondern auch sonst Jedermann hat die Verbindlichkeit, wenn ihm Gegenstände zum Kaufe oder sonst darauf zu leihen, angeboten werden, die nach ihrer Eigenschaft gegen den Anbietenden den Verdacht, daß sie entwendet sind, erwecken, diesen nach Möglichkeit anzuhalten, und wenn er sich nicht ausweiset, seine Stellung vor die Behörde zu veranlassen. Wer diese Verbindlichkeit zu erfüllen aus seiner Schuld unterlässt, ist nach dem §. 473 zu bestrafen. §. 477. Strafe für den Verkäufer verdächtiger Waaren. Ebenso begeht Jedermann eine Uebertretung und unterliegt je nach dem Werthe der Sache einer Geldstrafe von fünf und zwanzig bis fünfhundert Gulden, welcher auf vorerwähnte Art eine verdächtige Sache an sich kauft, oder darauf als auf sein Pfand leihet. §. 479. (= §. 478.) Strafe des Betruges durch Uebervortheilung gegen Satzungen oder Taxordnungen. In soweit an einzelnen Orten besondere Satzungen oder Taxordnungen für den Verkauf bestimmter Waaren oder den Preis gewisser Leistungen bestehen, ist das Zuwiderhandeln gegen dieselben durch Uebervortheilung entweder in dem Gebrauche von Maß und Gewicht, wenn diese auch echt sind, oder in der Eigenschaft oder in dem Preise der Waaren oder Leistungen nach den dafür gegebenen besonderen Vorschriften zu bestrafen. Die dritte so geartete Uebertretung aber soll, wenn sie sich nicht ohnehin als eine schwerer verpönte strafbare Handlung darstellt, als eine Uebertretung mit dem Gewerbsverluste bestraft werden. §. 479. Verabredungen von Gewerbsleuten, Fabriks-, Arbeits-Unternehmern oder Dienstgebern. Verabredungen von Gewerbsleuten, Fabriks- oder Arbeits-Unternehmern oder Dienstgebern, um eine Umänderung in den Arbeits- oder Lohnverhältnissen zu erwirken, oder um den Preis einer Waare oder einer Arbeit zum Nachtheile des Publikums zu erhöhen oder zu ihrem eigenen Vortheile herabzusetzen, oder um Mangel zu verursachen, sind als Uebertretungen zu bestrafen. §. 480. Strafe für die Urheber. Wenn sie Vorsteher sind. Strafe der übrigen Mitschuldigen. Die Urheber solcher Verabredungen sind nach der größeren und minderen Wichtigkeit des Gegenstandes mit strengem Arreste von einem bis zu drei Monaten, und wenn sie zugleich Gewerbsvorsteher sind, nebstdem mit Entsetzung und fernerer Unfähigkeit zum Vorsteheramte zu bestrafen. Die Strafe der übrigen Mitschuldigen ist verschärfter Arrest von drei Tagen bis zu einem Monate, je nachdem jedem derselben eine stärkere Mitwirkung zur Last fällt. §. 481. Verabredungen von Arbeitern. Strafe. Verabredungen von Berg- und Hüttenarbeitern, Handwerksgesellen, Hilfsleuten der im §. 479 erwähnten Arbeitsgeber, von Lehrjungen, Dienstboten oder überhaupt von Arbeitern, um sich durch gemeinschaftliche Weigerung, zu arbeiten, oder durch andere Mittel einen höheren Tag- oder Wochenlohn oder andere Bedingungen von ihren Arbeitgebern zu erzwingen, sind Uebertretungen, und an den Rädelsführern mit verschärftem Arreste von acht Tagen bis zu drei Monaten zu bestrafen; auch sind dieselben, je nachdem sie Inländer oder Ausländer sind, aus dem Kronlande oder dem ganzen Reiche abzuschaffen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 86 §. 482. Strafe gegen Gewerbsleute, welche den Vorrath von Waaren nothwendiger Lebensbedürfnisse verheimlichen oder zu verabfolgen verweigern. Wenn Gewerbsleute, welche Waaren, die zu den nothwendigen Bedürfnissen des täglichen Unterhaltes, zum allgemeinen Ankaufe feilbieten, ihren Vorrath verheimlichen, oder davon was immer für einem Käufer zu verabfolgen sich weigern, sind dieselben einer Uebertretung schuldig, und nach Beschaffenheit, als die Waare unentbehrlicher ist, das erste Mal mit einer Geldstrafe von zehn bis fünfzig Gulden zu belegen; bei dem zweiten Falle ist die Strafe zu verdoppeln; der dritte Fall zieht den Verlust des Gewerbes nach sich. §. 483. Strafe, wenn dadurch Unruhen veranlaßt wurden. Hätten die Fälle der §§. 478, 479, 481 und 482 Veranlassungen zu einer öffentlichen Unruhe gegeben, so ist die für die drei ersten Fälle bestimmte Strafe des einfachen in strengen Arrest zu verwandeln, bei dem Falle des §. 482 aber der Gewerbsverlust sogleich auf das erste Mal zu verhängen. §. 484. Wenn die Verheimlichung oder Weigerung zur Zeit einer öffentlichen Unruhe geschieht. Wenn die in dem §. 482 angeführte Verheimlichung oder Weigerung zur Zeit einer öffentlichen Unruhe geschieht, so ist der Schuldige, wenn sich in seiner Handlung nicht ein Verbrechen darstellt, nebst dem Gewerbsverluste mit ein- bis sechsmonatigem strengem Arreste zu bestrafen. §. 486. (= §. 485.) Winkel-Versatz-Geschäfte. Strafe. Wer aus dem Geldausleihen auf Pfänder ein eigenes Gewerbe macht, Pfänderbücher führt, Versatzscheine ausgibt, macht sich einer Uebertretung schuldig, und soll im ersten Falle mit unentgeltlicher Zurückgabe der angenommenen Pfänder an den Eigenthümer, im zweiten Falle nebstdem auch mit dem Erlage des auf die Pfänder geliehenen Betrages, und im wiederholten Betretungsfalle überdies mit Arrest bis zu einem Monate bestraft werden. §. 486. Verschulden von in Concurs verfallenen Schuldnern. Strafe. Wenn ein Schuldner in Concurs verfällt, und sich nicht ausweisen kann, daß er nur durch Unglücksfälle und unverschuldet in die Unmöglichkeit gerathen sei, seine Gläubiger vollständig zu befriedigen; oder wenn ihm übermäßiger Aufwand zur Last fällt; oder wenn er, nachdem der Passivstand den Activstand bereits überstieg, den Concurs nicht sogleich selbst bei Gericht angemeldet, sondern neue Schulden gemacht, Zahlungen geleistet, Pfand oder Bedeckung angewiesen hat; so ist er, in soferne sich in seiner Handlung nicht das Verbrechen des Betruges (§. 199, lit. f) darstellt, eines Vergehens schuldig, und wenn mit strengem Arreste von drei Monaten bis zu einem Jahre zu bestrafen, der nach Umständen auch zu verschärfen ist. Derselben Strafe unterliegen in Concurs verfallene Handelsleute insbesondere auch in folgenden Fällen: a) wenn der Gemeinschuldner die Handlung schon in verschuldetem Zustande oder, soferne nach den Handelsgesetzen zur Ausübung eines Handelsbefugnisses ein bestimmter Handlungsfond erforderlich ist, ohne den Besitz desselben und mit Hintergehung der Behörde über die wahre Beschaffenheit seines Vermögensstandes, angetreten hat; b) wenn er schon einmal in Concurs verfallen war, und die Erlaubniß zum Wiederantritte seines Geschäftsbetriebes, in soferne derselbe durch die Vorschriften über die Ausübung der Handelsbefugnisse an bestimmte Bedingungen gebunden ist, durch falsche Angaben über den Bestand derselben erlangt hat; c) wenn er die vorgeschriebenen Handlungsbücher gar nicht oder so mangelhaft geführt hat, daß der Gang seines Geschäftsbetriebes und der Stand seines Vermögens nicht darnach beurtheilt werden kann; d) wenn er bei der Buchführung auch nur in Ansehung einzelner Posten absichtliche Unrichtigkeiten begangen, wenn er die Bücher ganz oder theilweise vernichtet, unterdrückt oder den Inhalt derselben auf Strafgesetz 1852 (Österreich) 87 was immer für eine Weise entstellt hat; e) wenn er über die Entstehung von Schulden oder über die Verwendung bedeutender Empfänge an Geld, Waaren der anderen Gegenständen keine befriedigende Aufklärung zu geben vermag; f) wenn er sich in verstellte, ihrer wahren Beschaffenheit nach auf bloße Wetten gerichtete Lieferungsverträge über Creditspapiere oder Waaren, oder in andere gewagte, mit seinen Vermögenkräften in keinem Verhältnisse stehende Geschäfte eingelassen hat; g) wenn er zu einer Zeit, da es ihm bereits bekannt war, daß der Passivstand den Activstand übersteige, die Eröffnung des Concurses durch Verschleuderung seiner Waaren unter ihrem wahren Werthe oder durch andere seinen Gläubigern verderbliche, obgleich nicht betrügliche Mittel zu verzögern gesucht hat. Wenn eine Handlungs-Gesellschaft in Concurs verfällt, so ist die Strafe gegen alle Mitglieder, welchen das erhobene Verschulden zur Last fällt, und wenn ein in Concurs gerathener Handelsmann die Geschäfte nicht selbst geführt hat, auch gegen den schuldtragenden Verwalter der Handlung zu verhängen. Zeigt sich bei Untersuchung wider einen in Concurs verfallenen Handelsmann, dass sich derselbe hinsichtlich des Ausweises über den Besitz des vorgeschriebenen Handlungsfondes bei Antritt seines Geschäftsbetriebes oder zur Erlangung der Wiederbefähigung, falls er schon einmal in Concurs verfallen war, einer Hintergehung der Behörde über den wahren Stand seines Vermögens schuldig gemacht hat, so sind alle Personen, welche zu diesem Zwecke durch fälschliche Bestätigung eines von dem Verschuldeten vorgegebenen Vermögenserwerbes, durch Behändigung von Geldern oder Effecten zum scheinbaren Ausweise über den Besitz derselben, durch Anerkennung erdichteter Forderungen, Verheimlichung von Gegenansprüchen oder sonst auf was immer für eine Weise mitgewirkt haben, als Mitschuldige dieses Vergehens zu bestrafen. Zwölftes Hauptstück. Von Vergehen und Uebertretungen gegen die Sicherheit der Ehre. §. 487. Ehrenbeleidigungen: a) unbegründete Beschuldigung wegen eines Verbrechens, Vergehens oder einer Uebertretung. Einer Ehrenbeleidigung macht sich schuldig: a) Wer einen anderen fälschlich eines Verbrechens, ohne daß die Beschuldigung so weit gegangen ist, um die nach dem §. 209 zum Verbrechen der Verläumdung erforderlichen Eigenschaften zu erreichen, oder fälschlich eines Vergehens oder einer Uebertretung beschuldiget. §. 488. b) unbegründete Beschuldigung wegen anderer unehrenhafter oder unsittlicher Handlungen. b) Wer auch sonst durch Mittheilung von erdichteten oder entstellten Thatsachen Jemanden namentlich oder durch auf ihn paßende Kennzeichen fälschlich einer bestimmten unehrenhaften oder solchen unsittlichen Handlung beschuldiget, welche diesen in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen geeignet ist. Strafgesetz 1852 (Österreich) 88 §. 489. c) Veröffentlichung von anderen ehrenrührigen, wenn auch wahren Thatsachen des Privat- und Familienlebens. c) Wer in Druckwerken, verbreiteten Schriften oder bildlichen Darstellungen, oder wer, ohne hierzu durch besondere Umstände genöthigt zu seyn, öffentlich wider Jemanden ehrenrührige, wenn auch wahre Tatsachen des Privat- und Familienlebens bekannt macht. §. 490. In wie ferne bei den vorstehenden Beschuldigungen der Beweis der Wahrheit zulässig sei, und als Entschuldigung dienen könne, Wurde eine der in den §§. 487 und 488 erwähnten Beschuldigungen von dem Beschuldiger in einer der im §. 489 bezeichneten Arten veröffentlicht, so tritt seine Strafbarkeit ein, wenn er nicht die Wahrheit seiner Angabe beweiset, oder wenn die Beschuldigung sich auf eine solche strafbare Handlung bezieht, die nur auf Verlangen eines Dritten strafgerichtlich verfolgt werden kann. In letzterem Falle, gleichwie auch hinsichtlich der im § 489 erwähnten Thatsachen ist er nie zum Beweise der Wahrheit seiner Angaben zuzulassen. Wurde aber eine der in den §§. 487 und 488 angeführten Beschuldigungen in anderer als der im §. 489 bezeichneten Weise geäußert, so wird der Beschuldiger straflos, wenn er entweder die Wahrheit seiner Angabe beweiset, oder doch solche Umstände darthut, aus welchen sich hinreichende Gründe ergaben, um die vorgebrachte Beschuldigung für wahr halten zu können. §. 491. d) andere öffentliche Schmähungen. d) Ebenso begeht eine Ehrenbeleidigung, wer einen Anderen öffentlich oder vor mehreren Leuten, in Druckwerken, verbreiteten Schmähschriften oder bildlichen Darstellungen von was immer für eine Art, es sei namentlich oder durch auf ihn passende Kennzeichen, ohne Anführung bestimmter Thatsachen, verächtlicher Eigenschaften oder Gesinnungen zeiht, oder dem öffentlichen Spotte aussetzt. Beruft sich der Schmähende bei der strafgerichtlichen Untersuchung zur Begründung seiner Schmähung auf entehrende Handlungen des Geschmähten, so hat er, um straflos zu werden, die Wahrheit seiner Angabe zu beweisen. §. 492. Der in den vorstehenden §§. 487 - 491 bestimmten strafbaren Handlungen macht sich auch derjenige schuldig, welcher die daselbst bezeichneten Angriffe gegen Familien, öffentliche Behörden oder einzelne Organe der Regierung mit Beziehung auf ihre ämtliche Wirksamkeit, gegen gesetzlich anerkannte Körperschaften oder gegen den Ruf eines Verstorbenen richtet. §. 493. Strafe. Alle in den vorstehenden §§. 487-492 bezeichneten Ehrenbeleidigungen sind in der Regel als Uebertretungen mit Arrest von einem bis zu sechs Monaten, wenn sie aber durch Druckschriften begangen werden, als Vergehen mit Arrest von sechs Monaten bis zu einem Jahre zu bestrafen. Die Strafe verwirkt nicht bloß der erste Urheber, sondern auch jeder, der eine solche Ehrenbeleidigung weiter zu verbreiten sucht. Wurde die Ehrenbeleidigung durch eine Druckschrift verbreitet, so ist, wenn es der Beleidigte verlangt, das wider den Schuldigen erflossene Straferkenntniß auf dessen Kosten auch durch den Druck zu veröffentlichen, und das Strafgericht hat zu bestimmen, in welcher Weise dieß nach Beschaffenheit der Umstände zu geschehen habe. Strafgesetz 1852 (Österreich) 89 §. 494. Besondere Erschwerungs-Umstände. Als besonder Erschwerungsumstände einer Ehrenbeleidigung sind anzusehen: a) wenn dieselbe gegen das Oberhaupt oder gegen einen mit öffentlichem Charakter bekleideten Vertreter eines dem österreichischen Kaiserstaate in anerkannt völkerrechtlichem Verkehre stehenden Staates, oder b) wider Jemanden begangen wurde, zu welchem der Beleidiger in einem besonderen Verpflichtungs-Verhältnisse gestanden ist, oder gegen den er Pflichten der Ehrfurcht zu beobachten hat, oder wenn c) der Beleidigte dadurch einen Nachtheil oder eine Gefahr an seiner Freiheit, an seinem bürgerlichen Fortkommen oder Erwerbe erlitten hat, oder an der Geltendmachung anderer Rechte gehindert worden ist. §. 495. Strafgerichtliche Verfolgung finde nur auf Verlangung des Beleidigten Statt. In allen durch die §§. 487-494 bezeichneten Fällen hat jedoch die Untersuchung und Bestrafung nur auf Verlangen des beleidigten Theiles stattzufinden. War der Angriff gegen den Ruf eines Verstorbenen gerichtet, so sind dessen Blutsverwandte, Ehegatten, Wahl- und Ziehkinder, Mündel oder Verschwägerte in auf- und absteigender Linie, die Geschwister des Ehegenossen und die Ehegenossen der Geschwister berechtiget, zum Schutze des Andenkens des Verstorbenen die strafgerichtliche Verfolgung zu begehren. §. 496. Oeffentliche Beschimpfungen oder Mißhandlungen. Wer Jemanden öffentlich oder vor mehreren Leuten thätlich mißhandelt, oder, sei es auch in dessen Abwesenheit, mit Schimpfworten belegt, oder laut und um gehört zu werden, mit Misshandlungen bedroht, ist, wenn sich darin nicht eine schwerer verpönte strafbare Handlung darstellt, einer Uebertretung schuldig, und auf Verlangen des Beleidigten mit einfachem Arreste von drei Tagen bis zu einem Monate zu bestrafen. Es ist jedoch auf strengen Arrest bis zu drei Monaten zu erkennen, wenn die Beleidigung an einem Orte vor sich gegangen ist, der besondere Anständigkeit vorschreibt, oder wenn das Betragen absichtliche Geringschätzung gegen ganze Klassen oder Stände der bürgerlichen Gesellschaft, gegen Religionsgenossenschaften oder Nationalitäten an den Tag legt. §. 497. Vorwürfe wegen einer ausgestandenen oder erlassenen Strafe. Wer Jemanden wegen einer ausgestanden oder auch durch Nachsicht erlassenen Strafe, oder demjenigen, der nach einer strafgerichtlichen Untersuchung nicht schuldig gesprochen worden ist, so lange er sich rechtschaffen beträgt, in der Absicht, ihn zu schmähen, einen Vorwurf macht, ist für diese Uebertretung, wenn es der Geschmähte verlangt, mit Arrest von einem Tage bis zu einer Woche zu bestrafen. §. 498. Aufdeckung der Geheimnisse der Kranken von Seite der Heil-, Wundärzte u. dgl. Ein Heil- oder Wundarzt, Geburtshelfer oder eine Wehmutter, welche die Geheimnisse der ihrer Pflege anvertrauten Person Jemand Anderem, als der ämtlich anfragenden Behörde entdecken, sollen für diese Uebertretung das erste Mal mit Untersagung der Praxis auf drei Monate, das zweite Mal auf ein Jahr, das dritte Mal für immer bestraft werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 90 §. 499. Bestrafung eben dieser Uebertretung bei Apothekern. Wenn ein Apotheker die ihm mittelst der einkommenden Recepte bekannt werdenden Geheimnisse eines Kranken anderen Personen, als der ämtlich anfragenden Behörde mittheilt, begeht er eine Uebertretung, und soll, wenn er der Eigenthümer oder Provisor ist, für jeden Fall mit fünf bis fünfzig Gulden, der Gehilfe aber mit Arrest von einem bis zu vierzehn Tagen, der nach Umständen zu verschärfen ist, bestraft werden. Dreizehntes Hauptstück. Von Vergehen und Uebertretungen gegen die öffentliche Sittlichkeit. §. 500. Vergehen und Uebertretungen gegen die öffentliche Sittlichkeit. Die Sorgfalt der Gesetzgebung schränkt nach ihrer Absicht den Begriff einer Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit nicht bloß auf diejenigen Handlungen ein, welche an sich Abscheu und öffentliches Aergerniß zu erregen fähig sind; sie zieht darunter auch Handlungen, die nach ihrer Eigenschaft zur Verbreitung des Sittenverderbnisses beitragen, wie auch solche, womit Unordnungen und Ausschweifungen als gewöhnliche Folgen verbunden sind. Nach dieser Bestimmung sind als Vergehen oder Uebertretungen gegen die öffentliche Sittlichkeit in den hier ausgedrückten Fällen zu bestrafen: a) Unzucht; b) gröbliche und öffentliches Aergerniß verursachende Verletzung der Sittlichkeit oder Schamhaftigkeit; c) Betteln, d) verbotene Spiele; e) Trunkenheit; f) andere größere Unsittlichkeiten. §. 501. Unzucht zwischen Verwandten oder Verschwägerten. Unzucht zwischen voll- und halbbürtigen Geschwistern, mit den Ehegenossen der Eltern; der Kinder oder Geschwister ist als Uebertretung mit ein- bis dreimonatlichem Arreste, der nach Umständen verschärft werden soll, zu bestrafen. Diejenigen, die durch die Untersuchung als die Verführer erkannt werden, sind zum strengen Arreste von einem bis zu drei Monaten zu verurtheilen. Nach vollendeter Strafzeit ist von Amtswegen Vorsorge zu treffen, daß die Gemeinschaft zwischen den Schuldigen durch ihre Absonderung aufgehoben werde. §. 502. Ehebruch. Strafe. Eine verheirathete Person, die einen Ehebruch begeht, wie auch eine unverheirathete, mit welcher ein Ehebruch begangen wird, ist einer Uebertretung schuldig, und mit Arrest von einem bis zu sechs Monaten, die Frau aber alsdann strenger zu bestrafen, wenn durch den begangenen Ehebruch über die Rechtmäßigkeit der nachfolgenden Geburt ein Zweifel entstehen kann. §. 503. Wann eine Untersuchung gegen Ehebruch Platz greift. Der Ehebruch kann jedoch, den Fall des folgenden §. 510 ausgenommen, nie von Amtswegen, sondern nur auf Verlangen des beleidigten Theiles in Untersuchung gezogen und bestraft werden. Selbst dieser ist zu einer solchen Forderung ferner nicht berechtiget, wenn er die ihm bekannt gewordene Beleidigung ausdrücklich verziehen, oder von der Zeit an, da ihm solche bekannt geworden, durch sechs Wochen darüber nicht Klage geführt hat. Auch die bereits erkannte Strafe erlischt, sobald der beleidigte Theil sich erklärt, mit dem Schuldigen wieder leben zu wollen. Doch hebt eine solche Erklärung die schon erkannte Strafe in Ansehung der Mitschuldigen nicht auf. Strafgesetz 1852 (Österreich) 91 §. 504. Entehrung einer minderjährigen Anverwandten durch einen Hausgenossen. Strafe. Ein Hausgenosse, der eine minderjährige Tochter oder eine zur Haushaltung gehörige minderjährige Anverwandte des Hausvaters oder der Hausfrau entehrt, soll für diese Uebertretung nach Unterschied seines Verhältnisses zu der Familie mit strengem Arreste von einem bis zu drei Monaten bestraft werden. §. 505. Unzucht einer dienenden Frauensperson mit einem minderjährigen im Hause lebenden Sohne oder Anverwandten. Strafe. Gleiche Bestrafung ist zu verhängen gegen eine in einer Familie dienende Frauensperson, die einen minderjährigen Sohn oder einen im Hause lebenden minderjährigen Anverwandten zur Unzucht verleitet. Die Untersuchung und Bestrafung dieser beiden Uebertretungen findet aber nur auf Verlangen der Eltern, Anverwandten oder der Vormundschaft Statt. §. 506. Entehrung unter der Zusage der Ehe. Die Verführung und Entehrung einer Person unter der nicht erfüllten Zusage der Ehe soll als Uebertretung mit strengem Arreste von einem bis zu drei Monaten bestraft werden. Außerdem bleibt der Entehrten das Recht auf Entschädigung vorbehalten. §. 507. Eingehung einer gesetzwidrigen Ehe ohne Dispensation. Strafe. Wer sich mit Verschweigung eines ihm bekannten gesetzlichen Ehehindernisses trauen läßt, ohne vorher die ordentliche Dispensation erhalten zu haben; oder wer sich in ein fremdes Land begibt, um daselbst eine Ehe zu schließen, die nach den Landesgesetzen nicht stattfinden konnte, ist einer Uebertretung schuldig, und mit strengem Arreste von drei bis zu sechs Monaten, der Verführende aber stets strenger zu bestrafen. Der Arrest soll noch verschärft werden, wenn einem Theile das Hinderniß verheimlicht, und er solchergestalt schuldlos zu einer nichtigen Ehe verleitet worden. §. 508. Strafe der Eltern, die Kinder zu, nach den Gesetzen, nichtigen Ehen zwingen. Eben diese Strafe ist gegen die Uebertretung der Eltern zu verhängen, die durch Mißbrauch der elterlichen Gewalt ihre Kinder zu einer Ehe zwingen sollten, welche nach den Gesetzen nichtig ist. §. 509. Unzucht als Gewerbe. Strafe. Die Bestrafung derjenigen, die mit ihrer Körper unzüchtiges Gewerbe treiben, ist der Ortspolizei zu überlassen. Wenn jedoch die Schanddirne durch die Oeffentlichkeit auffallendes Aergerniß veranlaßt, junge Leute verführt, oder da sie wußte, daß sie mit einer venerischen Krankheit behaftet war, dennoch ihr unzüchtiges Gewerbe fortgesetzt hat, soll dieselbe für diese Uebertretung mit strengem Arreste von einem bis zu drei Monaten bestraft werden. §. 510. Unzüchtiges Gewerbe einer verheiratheten Person. Strafe. Eine verheirathete Person, welche mit der Unzucht Gewerbe treibt, unterliegt der oben gedachten Bestrafung nicht weniger als eine unverheirathete, obgleich von dem Manne deßhalb nicht Klage geführt wird. Der Umstand, daß die das Schandgewerbe treibende Person verheirathet ist, ist als erschwerend anzusehen. §. 511. Wenn der Mann einwilliget und davon Vortheil zieht. Strafe. Zeigt sich durch die Untersuchung, daß der Mann zu dem Schandgewerbe des Weibes eingewilliget, und an dem Erwerbe Antheil genommen oder sonst offenbar Vortheil daraus gezogen hat, so ist derselbe einer Uebertretung schuldig, und soll mit strengem Arreste von drei bis zu sechs Monaten, nach Umständen auch mit Verschärfung desselben bestraft werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 92 §. 512. Kuppelei. Die Uebertretung der Kuppelei machen sich schuldig diejenigen: a) welche Schanddirnen zur Betreibung ihres unerlaubten Gewerbes bei sich einen ordentlichen Aufenthalt oder sonst Unterschleif geben; b) welche vom Zuführen solcher Personen ein Geschäft machen; c) welche sonst sich zu Unterhändlern in unerlaubten Verständnissen dieser Art gebrauchen lassen. §. 513. Strafe. Die Strafe dieser Uebertretung ist strenger Arrest von drei bis zu sechs Monaten; sie ist aber zu verschärfen, wenn die Schuldigen das Gewerbe bereits durch längere Zeit fortgesetzt haben. §. 514. Strafe auf wiederholte Uebertretung. Eine wegen Kuppelei schon bestrafte Person ist bei abermaliger Betretung nach vollstreckter Strafe aus dem bisherigen Aufenthaltsorte, und wenn sie eine Fremde ist, aus sämmtlichen Kronländern des Reiches abzuschaffen. §. 515. Unterschleif zur Unzucht von Seite der Gast- oder Schankwirthe und ihrer Dienstleute. Strafe. Wenn Gast- oder Schankwirthe, außer den im §. 509 bezeichneten Fällen der Uebertretung der Kuppelei, zur Unzucht Gelegenheit verschaffen, sind sie einer Uebertretung schuldig, und das erste Mal mit einer Geldstrafe von fünf und zwanzig bis zweihundert Gulden zu belegen. Bei weiterer Fortsetzung des Unterschleifes werden sie von dem Gast- und Schankgewerbe abgeschafft, und zu einem solchen Gewerbe für die Zukunft unfähig erklärt. Machen sich Dienstleute ohne Wissen des Gast- oder Schankwirthes dieser Uebertretung schuldig, so sind dieselben mit Arrest von acht Tagen bis zu drei Monaten zu bestrafen. §. 516. Gröbliches und öffentliches Aergerniß verursachende Verletzung der Sittlichkeit oder Schamhaftigkeit. Wer durch bildliche Darstellungen oder durch unzüchtige Handlungen die Sittlichkeit oder Schamhaftigkeit gröblich und auf eine öffentliches Aergerniß erregende Art verletzt, macht sich einer Uebertretung schuldig und soll zu strengem Arreste von acht Tagen bis zu sechs Monaten verurtheilt werden. Wurde aber eine solche Verletzung durch Druckschriften begangen, so ist sie als ein Vergehen mit strengem Arreste von sechs Monaten bis zu einem Jahre zu ahnden. §. 517. Betteln. Die Vorkehrung gegen das Betteln steht mit den Armenversorgungsanstalten in Verbindung, und ist im Allgemeinen der Ortspolizei übertragen. Das Betteln wird aber zu einer Uebertretung, wenn bei bestehenden Versorgungsanstalten eine mehrmalige Betretung, Hang zum Müssiggange und Furchtlosigkeit der geschehenen Abmahnung oder ersten Bestrafung bezeugt. §. 518. Strafe. In solchen Fällen ist die Strafe Arrest von acht Tagen bis zu einem Monate, die nach der öfteren Betretung auf drei Monate verlängert, und nach der hervorleuchtenden größeren Unverbesserlichkeit verschärft werden soll. Strafgesetz 1852 (Österreich) 93 §. 519. Betteln mit verstellten körperlichen Gebrechen. Ein Bettler hingegen, der, um größeres Mitleid zu erwecken, Verstellung von körperlichen Gebrechen, Wunden, Krankheiten und dergleichen anwendet, ist sogleich bei der ersten Betretung zu Arrest bis zu einem Monate zu verurtheilen. §. 520. Betteln der Kinder. Strafe. Wenn ein Kind unter vierzehn Jahren im Betteln betreten wird, sind die Eltern, oder Diejenigen, unter deren Aufsicht oder Pflege das bettelnde Kind steht, dafern sie davon Kenntniß gehabt oder es selbst dazu veranlaßt hätten, mit Arrest von acht Tagen bis zu einem Monate für diese Uebertretung zu bestrafen. §. 521. Verleihen der Kinder zum Betteln. Strafe. Diejenigen Eltern, so wie alle jene Personen, welchen die Erziehung, Pflege oder Obhut über Kinder obliegt, und welche Kinder herleihen, um von Anderen als Werkzeuge des Bettelns gebraucht zu werden, sind auf die im §. 518. ausgedrückte Art zu bestrafen. §. 522. Verbotene Spiele. Strafe. Das Spiel aller Hazard- oder reinen Glücksspiele, so wie aller derjenigen Spiele, welche durch besondere Vorschriften namentlich verboten sind, unterwirft sowohl alle Spielenden, als Denjenigen, der in seiner Wohnung spielen läßt, für jeden Fall dieser Uebertretung der Strafe von zehn bis neunhundert Gulden, wovon das eingebrachte Drittheil dem Anzeiger zufällt, und wäre er selbst im Falle der Strafe, auch diese ganz nachgesehen wird. Ausländer, welche wegen dieser Uebertretung in Strafe verfallen, sind aus dem Reiche abzuschaffen. §. 523. Trunkenheit. Strafe. Trunkenheit ist an demjenigen als Uebertretung zu bestrafen , der in der Berauschung eine Handlung ausgeübt hat, die ihm außer diesem Zustande als Verbrechen zugerechnet würde (§. 236). Die Strafe ist Arrest von einem bis zu drei Monaten. War dem Trunkenen aus Erfahrung bewußt, daß er in der Berauschung heftigen Gemüthsbewegungen ausgesetzt sei, so soll der Arrest verschärft, bei größeren Uebelthaten aber auf strengen Arrest bis zu sechs Monaten erkannt werden. §. 524. Eingealterte Trunkenheit. Strafe. Eingealterte Trunkenheit ist bei Handwerkern und Taglöhnern, welche auf Dächern und Gerüsten arbeiten, oder die mit feuergefährlichen Gegenständen umzugehen haben, sowie bei derjenigen Classe von Dienstpersonen, durch deren Fahrlässigkeit leicht Feuer entstehen kann, als Uebertretung mit Arrest von einem bis zu acht Tagen, bei Wiederholung auch bis zu einem Monate, und nach Umständen auch noch mit Verschärfung zu bestrafen. Die Bestrafung eingealterter Trunkenheit wird zwar bei Fällen, welche durch ihre Oeffentlichkeit zur obrigkeitlichen Kenntniß gelangen, von Amtswegen verhängt, außerdem aber nur, wenn Meister oder Dienstherren darüber bei der Behörde Beschwerde führen. Strafgesetz 1852 (Österreich) 94 §. 525. Wann Fälle, die sonst der häuslichen Zucht unterliegen, zu Uebertretungen gegen die öffentliche Sittlichkeit werden. Andere größere Unsittlichkeiten, als: Diebstähle und Veruntreuungen zwischen Verwandten , Verletzung der ehelichen Treue, thätige Verletzungen schuldiger Ehrerbietung der Kinder gegen die Eltern, der Dienstleute gegen die Dienstherren und dergleichen sind zwar, so lange sie im Inneren der Familien verschlossen bleiben, lediglich der häuslichen Zucht zu überlassen. Wenn aber diese Unordnungen so weit gehen, daß Eltern, Vormünder, Erzieher, Verwandte, Ehegenossen, Dienstherren u. a. dgl. sich bemüssiget sehen, die Hilfe der Behörden anzurufen, so werden sie Uebertretungen gegen die öffentliche Sittlichkeit. Die Behörden sind in solchen Fällen verpflichtet, zur Abwendung der Unordnung die Hand zu bieten, und nach gehöriger Untersuchung jene Strafe zu verhängen, die sie nach den Umständen zu einem wirksamen Erfolge am zweckmäßigsten erachten. Vierzehntes Hauptstück. Von Erlöschung der Vergehen und Uebertretungen und ihrer Strafen. §. 526. Erlöschung der Vergehen und Uebertretungen und ihrer Strafen. Die in diesem Strafgesetze vorkommenden Vergehen und Uebertretungen und ihre Strafen erlöschen durch den Tod des Schuldigen; durch die vollstreckte Strafe; durch Erlassung derselben, und durch Verjährung. §. 527. Durch den Tod des Schuldigen. Der Tod des Schuldigen hebt alle Untersuchung auf, und wenn bereits ein Urtheil ergangen ist, auch alle Wirkung desselben; außer in soferne dadurch auf Ersatz oder Entschädigung erkannt worden. §. 528. Durch die vollstreckte Strafe. Die vollstreckte Strafe tilgt Vergehen und Uebertretungen (§. 225). §. 529. Durch Erlassung der Strafe. Die Erlassung der Strafe, soweit dieselbe von der dazu berufenen öffentlichen Behörde oder von dem dazu berechtigten Ankläger nachgesehen worden, hat mit der vollstreckten Strafe gleiche Wirkung. §. 530. Zu allen denjenigen Fällen, wo die strafgerichtliche Verfolgung eines Vergehens oder einer Uebertretung nur auf Verlangen eines Betheiligten stattfinden darf, soll derjenige welcher nach dem Gesetze diesen Ansuchen zu stellen hat, hierzu nicht mehr berechtigt seyn, wenn er die ihm bekannt gewordene strafbare Handlung ausdrücklich verziehen, oder von der Zeit an, wo ihm die strafbare Handlung bekannt geworden ist, durch sechs Wochen darüber nicht Klage geführt hat, oder wenn die strafbare Handlung bereits durch Verjährung erloschen ist. Wenn jedoch der zur Anklage Berechtigte sein Ansuchen um Bestrafung noch vor der Kundmachung des Urtheiles an den Untersuchten widerruft, so hat es von jeder weiteren Untersuchung und strafgerichtlichen Verhandlung sowohl, als auch von jeder Wirkung des etwa bereits gefällten Urtheiles abzukommen; findet dagegen ein solcher Widerruf erst nach erfolgter Kundmachung des wenn auch noch nicht rechtskräftigen Urtheiles Statt, so kann derselbe in der Regel (§. 503) nur als ein Grund zur Milderung der Strafe bei der höheren Behörde, an welche das Urtheil im Berufungswege gelangt ist, angesehen werden. Strafgesetz 1852 (Österreich) 95 §. 531. Durch die Verjährung. Durch die Verjährung erlischt Untersuchung und Strafe, wenn der Schuldige von dem Zeitpuncte der begangenen strafbaren Handlung oder in dem Falle, wenn er deßhalb schon in Untersuchung gezogen worden ist, von der Zeit des Urtheiles, wodurch er rechtskräftig freigesprochen wurde, an zu rechnen, in der vom gegenwärtigen Gesetze bestimmten Zeit von einem inländischen Strafgerichte nicht in Untersuchung gezogen worden ist. Die Verjährung wird daher unterbrochen, wenn gegen den Thäter als Angeschuldigten eine Vorladung, ein Vorführungs- oder Verhaftsbefehl erlassen, oder wenn er als solcher bereit vernommen oder verhaftet, oder mittelst der Nachtheile oder durch Steckbriefe verfolgt worden war. Nebstbei darf aber der Thäter, um auf die Verjährung Anspruch machen zu können: a) aus dem Vergehen oder der Uebertretung keinen Nutzen mehr in Händen haben, ferner muß er, b) soweit es die Natur der strafbaren Handlung zugibt, Erstattung geleistet haben, welche Bedingung daher bei den Vergehen und Uebertretungen gegen die Sicherheit der Ehre nicht erforderlich ist, und c) in der zur Verjährung bestimmten Zeit weder ein Verbrechen, noch ein Vergehen oder eine Uebertretung begangen haben. §. 532. Zeit der Verjährung bei Vergehen und Uebertretungen. Die Zeit der Verjährung ist, in soweit nicht in dem Gesetze bei einzelnen Fällen eine kürzere Frist für die Geltendmachung des Klagerechtes insbesondere festgesetzt ist, bei Vergehen und Uebertretungen, worauf im Gesetze als höchste Strafe Arrest des ersten Grades ohne Verschärfung oder eine Geldstrafe bis fünfzig Gulden festgesetzt ist, drei Monate; wo Arrest des ersten Grades mit Verschärfung, oder eine Geldstrafe bis zweihundert Gulden bestimmt ist, sechs Monate; bei den sämmtlichen schwerer verpönten Vergehen und Uebertretungen, wie auch, wo Verlust von Rechten und Befugnissen als Strafe gesetzt ist, ein volles Jahr. Dieser Gesetzestext ist vollständig nach der Formatvorlage bearbeitet worden. Etwaige Formatierungsfehler bitte auf der Diskussionsseite vermerken! Hilf bitte mit, eine einheitliche Formatierung aller Gesetzestexte in Wikisource zu erstellen! Quellennachweise [1] http://alex.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=rgb&datum=18520004&seite=00000493 Quelle(n) und Bearbeiter des/der Artikel(s) 96 Quelle(n) und Bearbeiter des/der Artikel(s) Strafgesetz 1852 (Österreich)  Quelle: http://de.wikisource.org/w/index.php?oldid=1147147  Bearbeiter: AndreasPraefcke, Fg68at, FrobenChristoph, Jofi, Michail, StG, Trets, 41 anonyme Bearbeitungen Quelle(n), Lizenz(en) und Autor(en) des Bildes Datei:Justitia, Jost Amman.png  Quelle: http://de.wikisource.org/w/index.php?title=Datei:Justitia,_Jost_Amman.png  Lizenz: Public Domain  Bearbeiter: Crux, DenghiùComm, Leyo, 1 anonyme Bearbeitungen Lizenz Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 //creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/