Aus dem Vorwort: _ Fräulein Juliens trauriges Schicksal habe ich durch eine ganze Menge von Umständen motiviert: die Grundinstinkte der Mutter'; die falsche-^ Erziehung des Mädchens durch den_Vater; dasTeigene Naturell und die Suggestionen des Bräutigams auf das schwache degenerierte Hirn; sodann auch momentane: die Feststimmung der Johannisnacht: die AbwesenjTeJta^sTViters; die Beschäftigung mit dem Tiere; der aufregende Einfluß des Tanzes: die Dämmerung der Nacht: die starke, berauschende Wirkung der Blumen; und schließlich der Zufal), welcher die beiden in einen geheimen Raum zusammentreibt, sowtetlie aufregende Zudringlichkeit des Mannes. Ich bin also nicht einseitig physiologisch verfahren, auch nicht mojnoman psydiojogiscti, ich habe die Schuld nicht nur der Vererbung von der Mutter oder ausschließlich der »Unsittlichkeit« aufgebürdet, noch bloß Moral gep£eo1gT7" Dieser Mannigfaltigkeit der Motive will ich mich rühmen, da sie mit der Forderung der Zeit übereinstimmt! Und haben es andere schon vor mir so gemacht, so rühme ich mich mit meinen Paradoxen, wie alle Entdeckungen genannt werden, nicht allein zu stehen. Das Wort Charakter hat im Lauf der Zeiten eine mehrfache Bedeutung bekommen. Es bedeutete wohl ursprünglich den herrschenden Grundzug im Seelenkomplex und wurde mit Temperament verwechselt. Dann wurde es der Ausdruck der Mittelklasse für den Automaten; sodaß ein Individuum, welches ein für allemal bei seinem Naturell stehen geblieben ist oder sich einer gewissen Rolle im Leben angepaßt hat, welches also mit einem Wort gesagt, aufgehört hat zu wachsen, ein Charakter genannt wurde Meine Seelen Charaktere sind Konglomerate von vergangenen Kulturgraden und Brocken der angehenden Zeit, welche aus Büchern und Zeitungen entlehnt wurden, Stücke von Menschen, abgerissene Fetzen von Feiertagskleidern, welche zu Lumpen geworden sind, ganz wie die Seele zusammengeflickt ist. Julie. Warum setzen Sie sich nicht? Jean. Das darf ich mir in Ihrer Gegenwart nicht erlauben! Julie. Und wenn ich es befehle? Jean. Dann gehorche ich. / Julie. Setzen Sie sich! - Aber warten Sie! Können Sie mir nicht etwas zu trinken geben? Jean. Ich weiß nicht, was sich hier im Eisschrank vorfindet. Ich glaube, es ist nur Bier. Julie. Das ist nicht zu verachten! und ich meinesteils habe einen so einfachen Geschmack, daß ich es dem Wein vorziehe. Jean nimmt eine Bierflasche aus dem Eisschrank, welche er aufzieht; ersucht im Schrank nach einem Glas und einem Teller, auf dem er serviert. Darf ich bitten! Julie. Danke! Wollen Sie nicht auch trinken? Jean. Ich bin gerade kein Bierfreund, aber wenn das Fräulein befehlen! Julie. Befehlen? Mir scheint, als höflicher Kavalier könnten Sie Ihrer Dame Gesellschaft leisten. Jean, Das ist sehr richtig bemerkt! Er zieht noch eine Flasche auf und nimmt ein Glas. Julie. Trinken Sie nun auf mein Wohl! ^ Jean zögert. Julie. Ich glaube, der alte Kerl ist schüchtern! Jean auf den Knieen scherzhaft parodierend, erhebt sein Glas. DasJA/ohl meiner Herrin! Julie. Bravo! - Nun müssen Sie auch meinen Schuh küssen, dann ist es vollständig. Jean zögert, faßt dann aber preist ihren Fuß und küßt ihnftüchtig. Julie. Ausgezeichnet! Sie hätten Schauspieler werden sollen. Jean erhebt sich. Das geht nicht so weiter, Fräulein! Es könnte jemand kommen und uns sehen. Julie. Was thäte das? Jean. Die Leute würden ganz einfach darüber sprechen. Und wenn das Fräulein wüßten, wie die Mäuler schon vorhin gingen, dann - Julie. Was sagten sie denn? Erzählen Sie es mir! Aber setzen Sie sich!