DEUTSCHE GRAMMATIK II DAS VERB (THEORIE & ÜBUNGEN) Materialienauswahl zur deutschen Verbmorphologie Version 2024 prof. PhDr. Iva Zündorf, Ph.D. 2 FACHBESCHREIBUNG Der Kurs integriert theoretische und praktische Aspekte der deutschen Morphologie im Rahmen des curricularen Bereichs der Auslandsgermanistik und bietet den Studierenden außer theoretischer Grundlagen auch Wiederholungen in Form von praktischen Aufgaben. Der Kurs setzt sich zum Ziel, vor allem diejenigen Fragen zu behandeln, die mit dem Fach Deutsch als Fremdsprache im unmittelbaren Zusammenhang sind. Der theoretische Teil bietet systematisch strukturierte theoretische Grundlagen der Verbmorphologie als linguistischer Disziplin, der praktisch ausgerichtete Übungsteil konzentriert sich auf die Bewusstmachung der zielsprachlichen grammatischen Stereotype. Diese Ausrichtung soll die Seminarteilnehmer zu Grundlagen der normativen Grammatik des Deutschen führen. Einen speziellen Bestandteil der korrektiven Übungen im Seminarprogramm sowie in Tutorien bildet das autonome Lernen. 3 ANFORDERUNGEN Die Studierenden sollen die Theorie zu den einzelnen Themen lernen, in diesem Sinne sollen sie auch fähig sein, alle Fachtermini zu erklären und wenn möglich sie auch an Beispielen zu zeigen. Sie sollen auch die einzelnen Aufgaben zu jeder Lektion ausarbeiten. Die schriftliche Prüfung überprüft Grundkenntnisse und ihre praktische Anwendung. Anforderungen (Ablauf einzelner Sitzungen)  aktive Teilnahme  Ausarbeitung der Aufgaben für jede Sitzung Prüfungsinhalte  Abschlusstest, bestanden mit min. 70%.  Der Test beinhaltet eine problemorientierte Wissensabfrage (Terminologie, Wortartenanalyse, Analyse der Verbformen) und praktische Aufgaben, die im Seminar bearbeitet wurden.   4 (EMPFOHLENE UND WEITERFÜHRENDE) LITERATUR Dreyer, H. Schmitt, R. Lehr-und Übungsbuch der deutschen Grammatik Duden 4. Die Grammatik. Mannheim 2009 und weitere Aufl. Duden Grundwissen Grammatik. Fit für das Bachelorstudium Hall, K. / Scheiner, B.: Übungsgrammatik für Fortgeschrittene Deutsch als Fremdsprache Helbig, G. / Buscha, J.: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Langenscheidt, 1991 Šemelík, M. et al. Deutsche Grammatik. Ein Übungsbuch für Fortgeschrittene. Karolinum, 2019 Weiterführende Literatur: Boetcher, Wolfgang: Grammatik verstehen. Teil I, Wort. Niemeyer, 2009. Eisenberg, P.: Grundriss der deutschen Grammatik. 3. Aufl. Metzler Verlag, 2006. Engel, U.: Deutsche Grammatik. 3. korr. Auflage. Julius Groos Verlag, 1996. Kessel, K./ Reimann, S.: Basiswissen Deutsche Gegenwartssprache5. Francke Verlag, 2017. Römer, Ch.: Morphologie der deutschen Sprache. Tübingen. Francke Verlag, 2015. Weitere Quellen: https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/Duden-Die-Grammatik https://grammis.ids-mannheim.de/progr@mm/3123 http://www.grammatischeterminologie.de/ https://mein-deutschbuch.de/ Hotařová, M. (2021) Deutsche Grammatik II Ondráková, J. (2014) Zur Morphologie des Deutschen Rykalová, G. (2009) Deutsche Morphologie Diese Literatur wurde zugleich als Quelle für das vorliegende Lernmaterial gebraucht. 5 1. DAS VERB Schlüsselbegriffe • Verbflexion (Verbalflexion) • infinite Verbform, finite Verbform • Infinitiv, Partizip I, Partizip II • schwaches Verb, starkes Verb, gemischtes Verb • Vollverb, Hilfsverb, Modalverb • Valenz, Rektion • transitives Verb, intransitives Verb • persönliches Verb, unpersönliches Verb • reflexives Verb, reziprokes Verb • imperfektives Verb, perfektives Verb Das Verb (Tätigkeitswort, Tuwort) hat die zentrale Aufgabe im Satz (= verbaler Kern). Das Verb bezeichnet: 1) Handlungen oder Tätigkeiten (sprechen, werfen, bauen) 2) Vorgänge (zerfallen, erkranken, vergessen) 3) Zustände (sitzen, liegen, aussehen) Wiederholung: https://www.youtube.com/watch?v=ovyZplooQpw 1.1 VERBFLEXION Schlüsselbegriffe • Verbflexion (manchmal auch Verbalflexion) • Grammatische Kategorien des Verbs - verbale Kategorien: Person, Numerus, Tempus, Modus, Genus Bei der Flexion (Beugung), spielen morphosyntaktische Merkmale eine wichtige Rolle. Dabei unterscheidet man zunächst die: a) Nominalflexion – Deklination (und Komparation) b) Verbflexion – Konjugation 6 a) DEKLINATION: Flexion von Substantiven und Adjektiven (Kategorien: r Kasus, r Numerus, s Genus) b) KOMPARATION: Steigerungsformen des Adjektivs (Kategorien: r Positiv, r Komparativ, r Superlativ) c ) KONJUGATION: Flexion von Verben Verbale Kategorien : e PERSON, r NUMERUS, s TEMPUS, r MODUS, s GENUS - Pl. GENERA VERBI) 1.2 KLASSIFIKATION DER VERBEN Verben kann man nach unterschiedlichen Kriterien klassifizieren: 1. nach KONJUGATIONSART (morphologische Kriterien) 2. nach VERWENDUNG IM SATZ (syntaktische Kriterien) 3. nach BEDEUTUNG (semantische Kriterien) 1.2.1 KLASSIFIKATION NACH MORPHOLOGISCHEN KRITERIEN A) INFINITE Verbformen verändern ihre Form nicht, denn sie bieten keine Aussage über Person, Numerus, Modus und Tempus 1. r Infinitiv (werfen, regnen, wohnen, können) 2. s Partizip I (lachend, singend, jubelnd) andere Bezeichnung Partizip Präsens 3. s Partizip II (gelacht, gesungen, ausverkauft) andere Bezeichnung Partizip Perfekt 7 B) FINITE Verbformen (im Sg. auch Verbum Finitum) - reflektieren die grammatischen Kategorien des Verbs (Person, Numerus, Modus, Tempus, Genus), diese Formänderung heißt Konjugation. Nach der Art der Konjugation unterscheiden wir: a) REGELMÄßIGE Konjugation - regelmäßig werden die SCHWACHEN Verben konjugiert b) UNREGELMÄßIGE Konjugation - unregelmäßig konjugiert man die STARKEN und die GEMISCHTEN Verben Sind starke Verben unregelmäßige Verben? Auch wenn viele einfach nur von unregelmäßigen Verben sprechen, gibt es einen Unterschied zwischen starken und unregelmäßigen Verben, denn starke Verben haben Regelmäßigkeiten: Vokalwechsel in der 2. und 3. Person Singular Präsens. (siehe Ablautreihen) Endungen der starken Verben im Präsens sind: -e/-st/- t/-en/-t/-en. Evtl. Vokalwechsel im Präteritum und Perfekt, Endung des Partizips Perfekts:-en. Mehr dazu PIKIPON, wichtig und interessant! https://www.youtube.com/watch?v=hu9JKDHxHLI 1.2.1.1 WAS SIND DIE ABLAUTREIHEN? Das Phänomen des systematischen Vokalwechsels z. B. bei der Konjugation des Verbs, das es auch in anderen europäischen Sprachen gibt, bezeichnet man als Ablautreihe(n). 8 Der Begriff wurde 1819 von Jacob Grimm in die Sprachwissenschaft zur Bezeichnung des regelmäßigen Wechsels im Stammvokal bei der Flexion der germanischen starken Verben eingeführt. Beim Erlernen der älteren Sprachstufen des Deutschen kommt der Beschäftigung mit den Ablautreihen eine besonders wichtige Bedeutung zu. Im Germanischen gibt es Ablautreihen, innerhalb deren ein Vokal nach einer jeweils festen Regel ablautet (der ursprüngliche Grund dafür sind u. a. die nachfolgenden Konsonanten). Im Deutschen sind alle Ablautgruppen bis heute erhalten, wobei manche Verben im Laufe der Sprachgeschichte auch ihre Ablautgruppe gewechselt haben, oder schwach geworden sind, z. B. wird das Verb backen im Norddeutschen heute überwiegend schwach konjugiert (backen – backte – gebackt), während im süddeutschen Sprachraum noch öfter starkes Präteritum und Partizip II (backen – buk – gebacken) zu finden sind. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ablaut) Ein Ablaut ist also der Wechsel eines Vokals innerhalb eines Wortstamms. Beispiel: werfen Wortstamm: w_rf Vokalwechsel: e-a-o Infinitiv: werfen Präteritumstamm:warf Partizip II: geworfen Substantiv: der Wurf Müll bitte nicht auf den Boden werfen, alles wird lieber in den Müll geworfen! Die BernerSennehündin beim Nachbarn warf 7 Welpen. Ein guter Wurf ! Auf der Kirmes gibt´s Dosenwerfen, Hau den Lukas und viele andere Attraktionen. https://wiesnkini.de/attraktionen/https ://www.oktoberfest.de/ Die Grammatiken (z. B. Helbig/Buscha 2001: 32-35) klassifizieren die unregelmäßigen Verben in 8 Hauptgruppen, für Deutschlerner ist vor allem interessant, dass man bei den Formen der unregelmäßigen Verben bestimmte Formzusammenhänge erkennen kann. Beispiel: Ablautreihe ei – ie – ie bleiben – blieb – geblieben schreiben – schrieb – geschrieben steigen – stieg – gestiegen Die Ablautreihen lassen eine gewisse Systematik bei der Bildung der unregelmäßigen Verbformen erkennen, allerdings gibt es im heutigen Deutsch ziemlich viele Reihen, die jeweils nur wenige Verben enthalten z.B. bei a – i – a gibt es nur zwei Verben: fangen – fing – gefangen, empfangen – empfing – empfangen. ei – i – i 9 beißen – biss – gebissen gleichen – glich – geglichen gleiten – glitt – geglitten greifen – griff – gegriffen leiden – litt – gelitten pfeifen – pfiff – gepfiffen reiten – ritt – geritten reißen – riss – gerissen schleichen – schlich – geschlichen schleifen – schliff – geschliffen schmeißen – schmiss – geschmissen schneiden – schnitt – geschnitten streichen – strich – gestrichen streiten – stritt – gestritten weichen – wich – gewichen ei – ie – ie bleiben – blieb – geblieben gedeihen – gedieh – gediehen leihen – lieh – geliehen meiden – mied – gemieden reiben – rieb – gerieben scheiden – schied – geschieden scheinen – schien – geschienen schreiben – schrieb – geschrieben schreien – schrie – geschrien schweigen – schwieg – geschwiegen steigen – stieg – gestiegen treiben – trieb – getrieben i – a – u binden – band – gebunden dringen – drang – gedrungen empfinden – empfand – empfunden finden – fand – gefunden gelingen – gelang – gelungen klingen – klang – geklungen misslingen – misslang – misslungen ringen – rang – gerungen schlingen – schlang – geschlungen schwinden – schwand – geschwunden schwingen – schwang – geschwungen singen – sang – gesungen sinken – sank – gesunken springen – sprang – gesprungen stinken – stank – gestunken trinken – trank – getrunken winden – wand – gewunden ie – o – o fließen – floss – geflossen genießen – genoss – genossen gießen – goss – gegossen kriechen – kroch – gekrochen riechen – roch – gerochen schießen – schoss – geschossen schließen – schloss – geschlossen sprießen – spross – gesprossen ie – o – o (lang!) biegen – bog – gebogen bieten – bot – geboten fliegen – flog – geflogen fliehen – floh – geflohen frieren – fror – gefroren schieben – schob – geschoben verlieren – verlor – verloren wiegen – wog – gewogen ziehen – zog – gezogen e – a – o bergen – barg – geborgen bersten – barst – geborsten gelten – galt – gegolten helfen – half – geholfen schelten – schalt – gescholten sterben – starb – gestorben verderben – verdarb – verdorben werben – warb – geworben werfen – warf – geworfen e – a (lang!)- o brechen – brach – gebrochen stechen – stach – gestochen 10 schrecken – schrak – geschrocken sprechen – sprach – gesprochen treffen traf getroffen e – o – o fließen – floss – geflossen genießen – genoss – genossen gießen – goss – gegossen kriechen – kroch – gekrochen riechen – roch – gerochen schießen – schoss – geschossen schließen – schloss – geschlossen sprießen – spross – gesprossen i – a – o beginnen – begann – begonnen gewinnen – gewann – gewonnen rinnen – rann – geronnen schwimmen – schwamm – geschwommen spinnen – spann – gesponnen e (lang) – a – e geben – gab – gegeben genesen – genas – genesen geschehen – geschah – geschehen lesen – las – gelesen sehen – sah – gesehen treten – trat – getreten e – a – e essen – aß – gegessen fressen – fraß – gefressen messen – maß – gemessen vergessen – vergaß – vergessen a (lang) – u – a fahren – fuhr – gefahren graben – grub – gegraben laden – lud – geladen schlagen – schlug – geschlagen tragen – trug – getragen a – u – a backen – buk – gebacken schaffen – schuf – geschaffen wachsen – wuchs – gewachsen waschen – wusch – gewaschen a (lang)– ie – a blasen – blies – geblasen braten – briet – gebraten raten – riet – geraten schlafen – schlief – geschlafen a – ie – a fallen – fiel – gefallen halten – hielt – gehalten lassen – ließ – gelassen e – a – o befehlen – befahl – befohlen empfehlen – empfahl – empfohlen stehlen – stahl – gestohlen ü – o – o lügen – log – gelogen trügen – trog – getrogen au – ie – au laufen – lief – gelaufen hauen – hieb – gehauen 11 a – i – a fangen – fing – gefangen empfangen – empfing – empfangen 1.2.1.2 STARKE ODER SCHWACHE VERBFORM? Die starke und schwache Form unterscheiden sich in der Bedeutung: bewegen Der Wind bewegte leicht die Blätter, es war ein angenehmer Sommerabend. Die wunderbare Systematik der Grammatik bewog ihn dazu, ein grammatisches Thema für seine Bachelorarbeit zu wählen. (veranlassen, jn. dazu bringen, etw. zu tun) schaffen Die Studierenden haben ihr Lehrpensum geschafft. Sie hat zu Hause Ordnung geschaffen. Dafür ist sie wie geschaffen. Der Künstler hat eine neue Plastik geschaffen. scheren Er hat sich nie um Probleme anderer Menschen geschert. Der Schäfer hat die Schafe geschoren. gären Schon seit einiger Zeit hat es im Volk gegärt. Der Wein hat schon zu lange gegoren. schleifen Sie hat den Rucksack hinter sich geschleift. Der Opa hat die Sense gut geschliffen. wiegen Der junge Vater wiegte sein Baby. Die Ärztin wog es dann, es war schon ganz ruhig. (mit Waage Gewicht festellen) Weitere Beispiele Hall/Scheiner Übungsgrammatik S. 30-33 12 GEMISCHTE VERBEN Gemischte Verben sind starke Verben, die aber auch Merkmale der schwachen Verben aufweisen. Die gemischten Verben ändern den Stammvokal im Präteritum und im Partizip II, haben aber sowohl im Präteritum als auch im Partzip II die Endungen der schwachen Verben. brennen – du brennst – brannte – hat gebrannt bringen – du bringst – brachte – hat gebracht denken – du denkst – dachte – hat gedacht kennen – du kennst – kannte – hat gekannt nennen – du nennst – nannte – hat genannt rennen – du rennst – rannte – ist gerannt wissen – du weißt – wusste – hat gewusst – wüsste MODALVERBEN die Modalverben dürfen und mögen gehören zu den gemischten Verben, die anderen Modalverben haben regelmäßige Stammformen. Der Vollständigkeit halber und zum Vergleich werden hier alle Modalverben aufgeführt. dürfen – du darfst – durfte – gedurft – hat – dürfte können – du kannst – konnte – gekonnt – hat – könnte möchten – du möchtest mögen – du magst – mochte – gemocht – hat – möchte müssen – musst – musste – gemusst – hat – müsste sollen – sollst – sollte – gesollt – hat – sollte wollen – willst – wollte – gewollt – hat – wollte 13 Aufgaben 1. Zunächst eine Wiederholung - nennen Sie die grammatischen Kategorien des Substantivs! 2. Welche sind die grammatischen Kategorien des Verbs? 3. Wie lauten die richtigen Singular- und Pluralformen dieser grammatischen Begriffe: a) rod, číslo, pád b) osoba, číslo, čas, způsob, rod c) pády d) stupňování 4. Was sind finite und infinite Verbformen? Und wie heißen sie auf Tschechisch? 5. Wie werden Partizipien gebildet? 6. Kennen Sie bereits alle Formen der starken Verben? (siehe Liste) 7. Kennen Sie alle Formen der konjugierten Verben? 8. Was sind die Ablautreihen? 9. Konjugieren Sie: empfehlen, sich etw. ansehen, lügen, wachsen, hauen, stinken, spinnen 10. Übersetzen Sie: Podívej se na to! Hezky se vyspi. Odradil mě od toho. Udělal si doma pořádek. To se přece nezkazí. Rozhodčí zapískal a zápas začal. To je všechno lež. Často se hádali. Podařilo se to. Čerstvě natřeno! O problémy ostatních se nestaral. Prodavač zvážil zeleninu. Weitere Materialien zu Verbformen deutschlernerblog.de Starke und unregelmäßige Verben - Listen zum Lernen A1-C2 1100 unregelmäßige und starke deutsche Verben nach Sprachniveau Verben - Liste zum Deutschlernen mit Beispielsätzen Unregelmäßige Verben - Sprakuko - Deutsch lernen online sprachekulturkommunikation.com