80 J. J. Balmer. Bildung einer elastischen leitenden Verbindung in dem Gase zwischen den Electrodenl), so könnte in beiden Fällen das Vorstehende als Beitrag zur theoretischen Untersuchung der Wirkung magnetischer Kräfte auf diese Entladungen gelten. Zittau, November 1884. V. Notix Über die Spectrallinien des Wasserstoffs; von «7. J. Balmer. (Aus den Verhandl. d. Naturforsch. Ges. zu Basel, Bd. 7, p. 548, mitgetheilt vom Hrn. Verfasser.) Ausgehend von den Messungen von H. W. Vogel und Huggins Uber die ultravioletten Linien des Wasserstoff spectrums habe ich versucht, eine Gleichung aufzusuchen, welche die Wellenlängen der verschiedenen Linien in befriedigender Weise ausdrückt, ich wurde dazu durch die Aufmunterung von Hrn.Prof. E.Hagenbach ermuthigt. Die sehr genauen Messungen Angström's der vier Wasserstofflinien ermöglichten es, für deren Wellenlängen einen gemeinschaftlichen Factor aufzusuchen, der zu den Wellenlängen in möglichst einfachen Zahlenverhältnissen stand. So gelangte ich denn allmählich zu einer Formel, welche wenigstens für diese vier Linien als Ausdruck eines Gesetzes gelten kann, durch welches deren Wellenlängen mit einer überraschenden Genauigkeit dargestellt werden. Der gemeinschaftliche Factor für diese Formel ist, wie er sich aus den Angström'schen Bestimmungen ableitet: (*- 3645,6 Man könnte diese Zahl die Grundzahl des Wasserstoffs nennen; und wenn es gelingen sollte, auch für andere 1) Hittorf, Pogg. Aon. 186. p. 215. 1869. Die von Hittorf beobachteten Spiralen des negativen Glimmlichtes unter Einwirkung eines Magnetpoles scheinen mit unseren kürzesten Linien auf Rotationskegeln gut übereinzustimmen. «/. «/. Balmer. 81 Elemente die entsprechenden Grundzahlen ihrer Spectral-Hnien zu finden, so wäre die Vermuthung gestattet, dass zwischen diesen Grundzahlen und den entsprechenden Atomgewichten bestimmte, wieder durch irgend eine Function ausdruckbare Beziehungen stattfinden. Die Wellenlängen der vier ersten Wasserstofflinien ergeben sich nun dadurch, dass die Grundzahl h = 3645,6 der Reihe nach mit den Coöfficienten 9j5\ *j9\ a6/8i u&cl 9U mul« tiplicirt wird. Scheinbar bilden diese vier Coefficienten keine gesetzmässige Reihe; sobald man aber den zweiten und den vierten durch vier erweitert, stellt sich die Gesetzmässigkeit her, und die Coefficienten erhalten zum Zähler die Zahlen 32, 42, §2, 62 und zum Nenner eine je um vier kleinere Zahl. Es ist mir aus verschiedenen Gründen wahrscheinlich, dass die vier eben genannten Coefficienten zwei Reihen angehören, sodass die zweite Reihe die Glieder der ersten Reihe noch einmal aufnimmt; und so komme ich dazu, die Formel für die Coefficienten allgemeiner so darzustellen: (mzjm2 — n2), wobei m und n stets ganze Zahlen sind. Für n= 1 erhält man die Reihe */s, %, l8/15, "/« etc., für n = 2 die Reihe %; »•/„; ««/ii! "Ini *7«i 9Ve0; 81/;rl I00/ee etc- ^D dieser zweiten Reihe ist je das zweite Glied schon in der ersten Reihe, aber hier in gekürzter Form vorhanden. Führt man mit diesen Coefficienten und der Grundzahl 3645,6 die Berechnung der Wellenlängen aus, so erhält man folgende Zahlen in 10~7 mm für dieselben. Es wird nach der Formel Angström hat Differenz Ma (C-Linie) « A - 6562,08 6562,10 +0,02 Hfi (.F-Linie) m % km 4860,8 4860,74 -0,06 Hr (vor Q) = M/M * - 4340 4340,1 +0,1 HÖ (Ä-Linie) - h - 4101,3 4101,2 -0,1 Die Abweichung der Formel von der Angstrüm'sehen Beobachtung beträgt also im ungünstigsten Falle noch nicht Vwooo der Wellenlänge, eine Abweichung, welche ganz wohl noch innerhalb der Grenzen der möglichen Beobachtungs-Ana, d. Phyd. u. Chem. N. F. XXV. fi 82 J. J, Balmer. fehler liegen dürfte und eher ein glänzendes Zeugniss für die grosse Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt ist, mit welcher Angström bei seinen Operationen zu Werke gegangen sein muss. Nach der Formel erhielte man für eine fünfte Wasserstofflinie *9/4» • 3645,6 « 3969,65.10-7 mm. Von einer solchen fünften Linie, die noch innerhalb des sichtbaren Theiles des Spectrums, ganz nahe vor Hg (welches nach Angström die Wellenlänge 3968,1 hat) liegen müsste, war mir nichts bekannt; und ioh musste entweder annehmen, dass die Temperaturverhältnisse zur Ent wickelung dieser Linie nicht günstig genug seien, oder dass dennoch die Formel keine allgemeine Geltung besitze. Auf meine Erkundigung theilte mir Hr. Prof. Hagen -bach mit, ee existire noch eine grössere Anzahl, namentlich von den Herren Vogel und Huggins gemessener Wasser-stofflinien im violetten und ultravioletten Theile des Wasserstoffspectrums und des Spectrums weisser Sterne; er war so freundlich, selbst eine Vergleichung der betreffenden Wellenlängenbestimmungen mit meiner Formel durchzuführen und mir das Ergebniss mitzutheilen. Trotzdem die Formel im allgemeinen etwas grössere Zahlen ergibt, als die Veröffentlichungen Vogel's und Huggin's sie enthalten, so ist der unterschied zwischen den berechneten und den beobachteten Wellenlangen so klein, dass die Uebereinstimmung im höchsten Grade überraschen muss. Vergleichnngen der Wellenlangebeetimmungen verschiedener Forscher zeigen im allgemeinen keine vollkommen genaue Uebereinstimmung; doch lassen sich die Beobachtungen des einen auf die des anderen durch eine kleine Reduction in ganz befriedigender Weise zurückfuhren. Auf umstehender Tabelle sind diese Messungen zusammengestellt und die Ergebnisse der Wellenlängen nach der Formel damit verglichen worden. Die Angaben von Vogel und Huggins fallen dabei immer noch etwas kleiner aus, als wenn man die Grundzahl für Wasserstoff auf 3645.10~7 mm reducirt. Tabelle der Wellenlänge für die Wasserstofflinien in lO-'mro. ! Fraunhofers Bezeichnung: 1« y ü B m m *, N hl H h hl st g h r *• u m ii > * Itra-i-m 1 tu r i o 1 e *« ü m t t •« n Mittelwerte der Grundzahl Ä Beobachter: Yau d. Willigen1) Ängströui . . . MeDdenhall . . Mascart .... Ditschciner . . j Huggins . . . . i Vogel.....( 1 ! 6565,6 6562,10 6561,62 6660,7 6559,5 4863,94 4860,74 4860,16 4859,8 4859,74 &r die l - 4342,80 4340,10 4338,60 jtr»YJol*Uer - 4103,8 4101,2 4100,0 H-Uoimt (£,»3971,3) (#, = 3968,1) (Ä/« 3967,2) (#,=3966,8) 3969 3887,5 3887 3834 3834 3795 3795 3767,5 6769 h k 3647,821 h = 3645,589 h m 3645,232 a = 3644,842 h m 3644,460 h = 3643,846 h = 3644,379 m. Formel; H= —,—h h - 3645,6 ä = 3645 »» m 3 6562,08 1 6561 tn =* 4 4860,8 4860 m — 5 4340 4339;SJ83 m - 6 4101,3 4100,625 » = 7 3969,65 3969 M =* 8 3888,64 3888 » = 9 3834,98 3834,35 4» « 10 3797,5 3796,875 »»11 3770,2 3769,615 1) Wenn man diesen, durchschnittlich um Vt&oo höher stehenden Werthen nur V* aovicl (Gewicht beilegt, wie den übrigen Beobachtungen, so erhalt man als genauen Mittelwerth für A:3645. 84 J. J. Balmer. Aus diesen Vergleichungen ergibt sich zunächst, dass die Formel auch für die fünfte, nahe vor der ersten Fraun-hofer'schen //-Linie (welche dem Calcium zugehört) liegende Wasserstofflinie zutrifft. Ferner zeigt sich, dass die VogeT-schen Wasserstofflinien und die ihnen entsprechenden Hug-gins'schen Linien weisser Sterne durch die Formel sehr befriedigend dargestellt werden. Man dürfte fast als sicher voraussetzen, dass auch die nachfolgenden Linien weisser Sterne, welche Huggins noch weiter im ultravioletten Theile des Spectrums gefunden hat, mit durch die Formel ausgedrückt werden. Eine Kenntniss der betreffenden Wellenlängebestimmungen fehlt mir. Nach der Formel ergeben sich mittelst der Grundzahl 3645,6 folgende Bestimmungen für die neunte und die folgenden bis zur fünfzehnten Wasserstofflinie: 121/ /127 . A = 3770,24 226/ /221 . h = 3711,58 36/ .h ^ 3749,76 6*/ 193 .k « 3703.46 169/ /166 .h ^ 8733,98 889/ '285 Jl = 3696,76 «/ M8 .h = 3721,55 Ob die Wasserstofflinien der weissen Sterne auch noch so weit der Formel Recht geben, oder ob allmählich andere Zahlenverhältnisse an ihre Stelle treten, kann nur durch die Thatsachen selbst entschieden werden. Ich knüpfe an das Gesagte noch einige Fragen und Folgerungen. Sollte die obige Formel blos für das einzige chemische Element des Wasserstoffs Geltung haben und sich nicht auch in den Spectrallinien anderer einfacher Stoffe mit einer diesen Stoffen eigenthümlichen Grundzahl wieder finden? Wenn nicht, so dürfte man vielleicht annehmen, dass die dem Wasserstoff zukommende Formel ein besonderer Fall einer allgemeineren Formel sei, welche für gewisse Bedingungen eben in die Formel für die Wasserstofflinien übergehe. Von Wasserstofflinien, welche der Formel für n = 3, 4 etc. entsprächen, und welche man als Linien dritter, vierter Ordnung u. s. w. bezeichnen könnte, finden sich in den bis jetzt bekannt gewordenen Spectren keine vor; sie müssten J. J. Balmer. 85 sich etwa unter ganz neuen Temperatur- und Druckverhältnissen entwickeln, um wahrnehmbar zu werden. Ist die Formel fUr n = 2 für sämmtliche Hauptlinien des Wasserstoffspectrums richtig, so ginge aus derselben hervor, dass diese Spectrallinien sich nach der ultravioletten Seite hin der Wellenlänge 3645,6 immer mehr und in immer dichterer Folge nähern, aber diese Grenze nicht überschreiten können, während die C-Linie auch zugleich die äusserste mögliche Linie nach der rothen Seite hin darstellt. Nur wenn noch Linien höherer Ordnungen vorkämen, würden sich auch noch weitere Linien nach der infrarothen Seite hin ergeben. Mit dem aus sehr zahlreichen Linien bestehenden „Zweiten Wasserstoffspectrum", welches Hr. Hasselberg in den „Memoires de l'Academie des sciences de St.-Petersbourg", Jahrg. 1882, veröffentlichtet steht die Formel in keinem irgendwie nachweisbaren Zusammenhang. Es möchte also der Wasserstoff unter gewissen Verhältnissen des Druckes und der Temperatur sich so verändern, dass das Gesetz der Bildung der Spectrallinien ein vollständig anderes würde. Das Auffinden einer Grundzahl für andere chemische Elemente, Sauerstoff oder Kohlenstoff etc., vermittelst welcher sich aus der Formel deren Hauptspectrallinien ergäben, ist mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Nur die allergenau-sten und zuverlässigsten Wellenlängebestimmungen der hervorragendsten Linien eines Stoffes könnten zur Feststellung eines gemeinschaftlichen grössten Maasses dieser Wellenlängen fuhren und ohne ein solches Maass scheint alle Mühe des Probirens und Suchens umsonst. Vielleicht findet sich in einer anderen graphischen Construction der Spectral-tableaus das Mittel, auf dem Wege solcher Untersuchungen weiter zu kommen. Nachtrag. Aus einer mir durch gütige Vermittlung des Hrn. Prof. Hagenbach zugekommenen Notiz des Hrn. Huggins vom 14. Sept. 1884 ergibt sich, dass allerdings auch noch weitere Wasserstofflinien sich im Spectrum 86 J. J. Balmer. weisser Sterne finden, über welche Hr. Huggins1) berichtet, Auch diese entsprechen sämmtlich der Formel mt/(ms—4).At wenn schon eine kleine, mit dem Coefficienten m wachsende Differenz zwischen den beobachteten und den nach der Formel berechneten Wellenlängen sich kundgibt. Hr. Prof. Hagenbach machte mich zuerst auf diesen letzteren Umstand aufmerksam. Er findet bei einer Vergleichung der mit h « 364$ berechneten und der von Hrn. Huggins beobachteten Wellenlängen folgende Differenzen. Nach der Formel v. Huggins Differenz berechnet beobachtet (B.— Hu rn = 5 4339,3 4340,1 -0,8 h 6 4100,6 4101,2 -0,6 Hl 7 3969,0 3968,1 +0,9 a 8 3883,0 3887,5 +0,6 ß 9 3334,3 3334,0 +0,4 Y 10 3796,9 8795,0 + 1,9] d 11 3769,6 8767,5 + 2,1/ e 12 3749,1 3745,5 + 8,6j 13 3733,3 3730,0 + 3,8 V 14 3720,9 3717,5 + 3,4> 15 3711,0 3707,5 +3,5 16 3702,9 8699,0 +8,91 Wenn man die Linien H„ und noch dazu nimmt, Bo sind es im ganzen 14 Linien, welche durch die vorgeschlagene Formel sich darstellen lassen, wenn man dem m die Werthe aller ganzen Zahlen von 3 bis 16 gibt. Ob nun die obigen Differenzen zeigen, dass die Formel nur annäherungsweise das Gesetz gibt, oder ob dieselben aus Beobachtungsfehlern sich erklären lassen, ist schwer zu beurtheilen. Die Messungen von Huggins sind mit ausserster Sorgfalt angestellt, doch mag die Schwierigkeit der Herstellung absolut gleicher Bedingungen bei der photographischen Aufnahme der Vergleichsspectra und der Sternspectra, von der Hr. Huggins auf p. 675 spricht, vielleicht die Abweichung erklären. — Der Umstand, dass die von Huggins gemessenen Wellenlängen sich auf Luft beziehen, ist nicht von Be- 1) Huggins, Phil. Trans. 171. II. p. 669. 1880. F. Vogtl 87 lang» denn wenn man mit den nach der Cauchy'sohen Dispersionsformel aus den Lorenz'schen Beobachtungen abgeleiteten Brechungsverhältnissen die Wellenlängen auf das Vacuum reducirt, so ergibt sich eine ganz unbedeutende Ver -grösserung, z. ß. bei der Linie < von 3699,0 auf 3700,1. Hr. Huggins citirt in einer Anmerkung seiner Ab» handlung die ihm von einem seiner Freunde mitgetheilte Berechnung der sogenannten harmonischen Verhältnisse der Schwingungszahlen der Wasserstofflinien. Dabei ist es notwendig, für dieselben (drei) getrennte Serien solcher harmonischen Reihen anzunehmen, zugleich wird der gemeinschaftliche Factor für jede Serie ziemlich klein, und die ganzzahligen Coöfficienten bilden keine gesetzmässigen Reihen. Beides macht es mir zweifelhaft, ob dieser Versuch, so interessant er an sich ist, wirklich einen inneren Zusammenhang der Erscheinungen anzugeben hat. Basel, 30. Januar 1885. VI. Aenderung der Lichtbrechung in Glas und Kalkspath mit der Temperatur; von Dr. Friedr. Vogel. Unter den bisher auf ihre Aenderung der Lichtbrechung untersuchten festen Körpern bieten Glas und Kalkspath ein erhöhtes Interesse, da ihr Brechungsindex mit steigender Temperatur zunimmt, während er bei anderen Körpern abnimmt. Die bisherigen Untersuchungen von Budberg1), Fizeau2) und Stefan3) beschränken sich auf geringere Temperaturintervalle. Die Berechnung setzt dann voraus, dass die Aenderungen proportional den Temperaturerhöhungen sind. Es war daher nicht ohne Interesse, diese Körper bei verschiedenen und höheren Temperaturen zu 1) Budberg, Pogg. Ann. 26. p. 291. 1832. 2) Fizeau, Ann. de chim. et de phys. (3) 66. p. 429. 3) Stefan, Wien. Ber. 63. Febr. 1871.